Katholikentag

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Besucher auf dem Deutschen Katholikentag Mannheim

Der Katholikentag ist eine mehrtägige Zusammenkunft primär römisch-katholischer Christen des jeweiligen Landes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in einem mehrjährigen Turnus stattfindet (in Deutschland in der Regel alle zwei Jahre). Ihre Ursprünge liegen im Verbandskatholizismus und den Laienbewegungen des 19. Jahrhunderts. Mehr und mehr hat er sich "ein[em] für die Identität der Katholiken wichtige[n] Glaubensfest" entwickelt.[1]

In Deutschland gibt es den Katholikentag seit 1848, in Österreich seit 1877 und in der Schweiz seit 1903.

Deutscher Katholikentag

Geschichtliche Entwicklung

Teilnahmekarte am Deutschen Katholikentag 1907, in Würzburg, mit den Frankenaposteln Kilian, Kolonat und Totnan; entworfen von Matthäus Schiestl

Der erste deutsche Katholikentag fand vom 3. Oktober bis zum 6. Oktober 1848 in Mainz als „Generalversammlung des katholischen Vereins Deutschlands“ statt, inspiriert von der Demonstration des Glaubens 1844, bei der aus ganz Deutschland eine Million Pilger zur Ausstellung des heiligen Rocks nach Trier kamen, begeistert von der bürgerlich-demokratischen Revolution ab März 1848 und als Gegenreaktion zur Unterdrückung der katholischen Bevölkerung durch die protestantischen Regierungen seit dem Wiener Kongress 1814–1815, die später in den Kulturkampf mündete. Damals war der Katholikentag eine reine Delegierten-Versammlung, zu der 87 Vereinsabgeordnete sowie rund weitere 100 Geistliche und Laienteilnehmer kamen. Von da an gab es fast jedes Jahr einen Katholikentag, 1849 wurden sogar zwei in einem Jahr veranstaltet. Die Katholikentage 1905 in Straßburg und 1913 in Metz fanden zweisprachig (deutsch und französisch) statt.[2] Straßburg und Metz lagen 1871 bis 1918 im Reichsland Elsaß-Lothringen. In den Jahren 1914 bis 1920 und 1933 bis 1947 gab es keine Katholikentage.[3] Seit 1950 gibt es diese Veranstaltung alle zwei Jahre.

Auf dem Katholikentag 1966 in Bamberg wurden erstmals Diskussionen über eine Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils geführt.[4]

Als Einschnitt gilt der 82. Deutsche Katholikentag in Essen 1968: Er stand unter dem Leitwort „Mitten in dieser Welt“; unter dem Eindruck der 68er-Bewegung erhob sich hier zum ersten Mal offener Widerstand gegen die Amtskirche.[4]

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Katholikentag zu einer von Laien organisierten Großveranstaltung entwickelt – im Stil eines Kongresses, verbunden mit öffentlichen Events und Begegnungen. Zahlreiche kirchliche Gruppen stellen sich auf Ausstellungsständen vor und bieten Informationsmaterial. Während der meist fünftägigen Veranstaltung finden zahlreiche religiöse, kulturelle, wissenschaftliche, gesellschaftspolitische und spirituelle Veranstaltungen statt. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist seit 1970 Träger des Katholikentags.[5]

Im Juni 1990, vier Monate vor der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, fand der Katholikentag in Berlin statt.[6] 1992 fand in Karlsruhe der erste Katholikentag nach der Deutschen Wiedervereinigung statt.

Die evangelische Entsprechung zum deutschen Katholikentag ist der Deutsche Evangelische Kirchentag, der stets in einem anderen Jahr als der Katholikentag abgehalten wird. Eine weitere kirchliche Großveranstaltung ist der Ökumenische Kirchentag, der erstmals 2003 in Berlin und dann 2010 in München stattfand. Veranstalter dieser Ereignisse sind das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Deutsche Evangelische Kirchentag gemeinsam.

Der 100. Katholikentag fand vom 25. bis 29. Mai 2016 in Leipzig statt. Der nächste Katholikentag wird 2018 in Münster geplant. [7]

Zentrale Elemente

Die fünftägige Veranstaltung folgt seit längerem einem festen Rhythmus. Sie findet jeweils von Mittwoch bis Sonntag statt, in der Regel über Fronleichnam oder Christi Himmelfahrt. Eine zentrale Eröffnungskundgebung am Mittwochabend und ein großer allgemeiner Abschlussgottesdienst am Sonntagvormittag umrahmen das Geschehen, am Donnerstag werden mehrere zentrale Gottesdienste gefeiert. Während des Katholikentags in Osnabrück 2008 stand erstmals auch ein zentraler ökumenischer Gottesdienst am Freitagabend auf dem Programm (anstelle der bis dahin üblichen Katholikentags-Hauptkundgebung).

Von Donnerstagmittag bis Samstagabend herrscht allgemeiner Katholikentagsbetrieb: Vertreter aus Kirche, Politik und Wissenschaft tauschen sich in Podiumsdiskussionen zu aktuellen gesellschaftlichen, kirchlichen, kulturellen und politischen Themen aus; daneben gestalten verschiedenste kirchliche Verbände und Gruppen Workshops und Mitmachaktionen. In den letzten Jahren hat sich dabei zunehmend eine Ausdifferenzierung in verschiedene, räumlich getrennte Bereiche ergeben, die „Zentren“. Je nach persönlicher Situation und Interesse trifft man sich im Familienzentrum, im Frauen- und Männerzentrum (Genderfragen), im Jugendzentrum (in Osnabrück erstmals mit eigener Jugendkirche), im Geistlichen Zentrum, im Eine-Welt-Zentrum, im Ökumenezentrum oder in den Zentren für christlich-jüdischen und christlich-islamischen Dialog.[8]

Eine weitere feste Einrichtung ist seit den 1990er Jahren die „Kirchenmeile“, auf der sich katholische und weitere Verbände, Einrichtungen, Medien, Ordensgemeinschaften, Bistümer, Hilfswerke u. a. an Ständen präsentieren. Eine Besonderheit dabei ist die Breite der kirchlich-weltanschaulichen Ausrichtungen, die sich sonst bei kaum einem religiösen Ereignis in Deutschland finden lässt: Konservative Gruppen wie die Legio Mariae sind ebenso selbstverständlich vertreten wie kritische Organisationen, etwa die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche.

Darüber hinaus haben sich weitere öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen im Rahmen des Katholikentags in den letzten Jahren etabliert: jeweils am ersten Abend ein „Abend der Begegnung“, an dem sich das gastgebende Bistum mit seinen regionalen Besonderheiten und kulinarischen Spezialitäten auf Bühnen und an Ständen vorstellt; am Freitagabend ein Eine-Welt-Rockkonzert von BDKJ und Misereor; teilweise auch ein Abend der interkulturellen Begegnung (Hamburg, Osnabrück), dessen Programm von den lokalen ausländischen Kulturvereinen gestaltet wird.

Briefmarken

Einsatzleitwagen auf dem Katholikentag 2006 in Saarbrücken

Schweizerischer Katholikentag

Der erste Katholikentag in der Schweiz fand vom 27. bis 29. September 1903 in Luzern statt. In der Folgezeit wurden in unregelmäßigen Abständen zehn Katholikentage veranstaltet, zumeist in katholisch dominierten Orten. Der bisher letzte Katholikentag fand 1954 statt.

  1. 1903: Luzern
  2. 1906: Freiburg
  3. 1909: Zug
  4. 1913: St. Gallen
  5. 1921: Freiburg
  6. 1924: Basel
  7. 1929: Luzern
  8. 1935: Freiburg
  9. 1949: Luzern
  10. 1954: Freiburg

Österreichischer Katholikentag

Seit 1877 werden Österreichische Katholikentage abgehalten. Allerdings gab es schon davor in österreichischen Städten Katholikentage (1850 und 1856 in Linz an der Donau, 1853 in Wien, 1857 in Salzburg und 1867 in Innsbruck), die aber zu den Deutschen Katholikentagen gezählt werden.

  1. 1877: Wien
  2. 1889: Wien
  3. 1892: Linz
  4. 1896: Salzburg
  5. 1905: Wien
  6. 1907: Wien
  7. 1910: Innsbruck
  8. 1913: Linz
  9. 1923: Wien
  10. 1933: Wien
  11. 1952: Wien „Freiheit und Würde des Menschen“
  12. 1962: Salzburg „Löscht den Geist nicht aus!“
  13. 1974: Wien „Versöhnung“
  14. 1983: Wien „Hoffnung leben – Hoffnung geben“ (Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich)

Mitteleuropäischer Katholikentag

Zum Abschluss des Mitteleuropäischen Katholikentags mit dem Motto „Christus – Hoffnung Europas“ im Rahmen der „Wallfahrt der Völker“ (21.–23. Mai 2004) in Mariazell kamen fast 80.000 Pilger aus den acht teilnehmenden Staaten, nämlich Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Österreich. Höhepunkt war am Samstag ab 11:00 Uhr die zweistündige Eucharistiefeier auf dem Feld des Sportflugplatzes in St. Sebastian mit dem Leitmotiv „Was Er euch sagt, das tut“. Zum Abschluss der Feiern, welche unter der Leitung von Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano in Vertretung von Papst Johannes Paul II. stattfanden, wurde eine „Botschaft von Mariazell“ verabschiedet.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gert Pickel, Yvonne Jaeckel, Alexander Yendell: Glauben feiern, Spaß haben und über Politik diskutieren - Der Katholikentag und seine Facetten. Eine religionssoziologische Studie zum Besuch des Katholikentags in Regensburg. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2016, ISBN 978-3-95645-820-0, S. 77.
  2. Christof Beckmann: Katholikentag in Metz 1913: Am Vorabend der Katastrophe. In: unitas 3/2013, S. 170f.
  3. Kirche, Krieg und Katholiken: Geschichte und Gedächtnis im 20. Jahrhundert von Karl-Joseph Hummel (Hgg.: Christoph Kösters), S. 21
  4. a b Ferdinand Oertel: Aufstand der Laien (PDF). In: Die Politische Meinung Nr. 378 (Mai 2001), S. 39–44.
  5. Katholikentag. Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), abgerufen am 9. Juni 2015.
  6. zeit.de / Hansjakob Stehle 1. Juni 1990: Große Worte, kleine Tröstungen
  7. Homepage Bistum Münster - Deutscher Katholikentag 2018 nach Münster eingeladen. In: www.bistum-muenster.de. Abgerufen am 2. Juni 2016.
  8. Vgl. das Programm des Katholikentags in Osnabrück 2008

Weblinks

Commons: Katholikentag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien