Mittlerer Binomialkoeffizient

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Ein Mittlerer Binomialkoeffizient oder auch Zentralbinomialkoeffizient ist ein in der mittigsten Spalte des Pascalschen Dreieckes vorhandener Binomialkoeffizient. Somit sind die Mittleren Binomialkoeffizienten exakt diejenigen Binomialkoeffizienten, die auf der Symmetrieachse dieses Dreiecks liegen. Zugleich ist der Mittlere Binomialkoeffizient eine nicht elementare mathematische Funktion, die als Quotient der Fakultät der Verdopplungsfunktion dividiert durch das Quadrat der Fakultät der Identischen Abbildungsfunktion definiert ist.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mathematik ist der -te mittlere Binomialkoeffizient für eine nichtnegative ganze Zahl gegeben durch:

Verallgemeinert hat ein Binomialkoeffizient generell diese Definition:

Die Gaußsche Pifunktion, definiert als Gammafunktion der Nachfolgerfunktion bringt somit eine Definition des mittleren Binomialkoeffizienten für alle komplexen Zahlen hervor.

Das Kürzel CBC[1][2] steht für den englischen Begriff Central Binomial Coefficient und wurde unter anderem durch die Mathematiker David Kessler and Jeremy Schiff eingeführt.

Die Fakultätsfunktion beziehungsweise Gaußsche Pifunktion ist nach Weierstraß für alle komplexen Werte durch diese Formel[3] gegeben:

Dieser Ausdruck für die Fakultätsfunktion wird Weierstraßsches Produkt genannt.

Dabei stellt der kleine griechische Gammabuchstabe die Euler-Mascheroni-Konstante dar.

Somit kann der Zentralbinomialkoeffizient auch direkt als unendliches Produkt definiert werden:

Ebenso kann für x jenseits von den ungeraden Vielfachen der Zahl Einhalb auch folgende Definition aufgestellt werden:

Diese Definition ergibt sich mit dem Eulerschen Ergänzungssatz.

Der Name „mittlerer Binomialkoeffizient“ kommt daher, dass diese Binomialkoeffizienten im Pascalschen Dreieck genau in der Zeilenmitte liegen:

                                       
                                     
                                   
                                 
                               
                             
                           
                         
                       

Die ersten mittleren Binomialkoeffizienten sind also (Folge A000984 in OEIS):

1, 2, 6, 20, 70, 252, 924, 3432, 12870, 48620, …

Darstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gilt

Der Bruch ist verwandt mit dem Wallis-Produkt.

Nach der Vandermonde-Faltung gilt

Funktionalgleichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den Mittleren Binomialkoeffizienten gelten diese Formeln:

Deswegen gilt:

Basierend auf dem Eulerschen Ergänzungssatz kann folgende Formel hervorgerufen werden:

Der Zentralbinomialkoeffizient erfüllt außerdem folgenden weiteren Grenzwert:

Dieser Grenzwert geht direkt aus der Stirlingschen Formel hervor.

Mit Hilfe dieser Formel erhält man die für alle Werte gültige Abschätzungsformel:

Also gilt (zur Notation siehe Landau-Symbol):

Wertelisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funktionswerte für ganze Abszissenwerte:

Elementare und lemniskatische Funktionswerte für Bruch-Abszissenwerte:

Äquianharmonische Funktionswerte für Bruch-Abszissenwerte:

Weitere mit elliptischen Integralen erster Art darstellbare CBC-Werte von rationalen Abszissenwerten:

Dabei steht der Buchstabe K für das vollständige Elliptische Integral erster Art:

Siehe hierzu auch den Artikel Wallissches Produkt!

Zahlentheoretische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Satz von Wolstenholme gilt für Primzahlen

(für die Symbolik siehe Kongruenz (Zahlentheorie)).

Außerdem kommen keine ungeraden Zahlen außer vor.

Weiterhin gilt, dass die Zahlen für nie quadratfrei sind, siehe Satz von Sárkőzy.

Integraldarstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Integraldarstellung lautet wie folgt:

[4]

Auch für die Kehrwerte der Zentralbinomialkoeffizienten gibt es eine kurze gültige Formel:

Mit diesem Ausdruck kann man auch Summenreihen mit dem Kehrwert des mittleren binomialen Koeffizienten bezüglich des Summenindex beweisen.

Unendliche Summe von den Kehrwerten der Mittleren Binomialen Koeffizienten:

Eine weitere unendliche Summe mit einem elementar darstellbaren Wert:

Eine unendliche Summe mit einem nicht elementar darstellbaren Wert:

Und generell gilt für alle Werte diese Formel:

Mit dem Kürzel wird der Polylogarithmus dargestellt.

Ableitung und Integrale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ableitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mittlere Binomialkoeffizient wird so abgeleitet:

Mit dem Buchstaben H wird die Harmonische Reihenfunktion ausgedrückt:

Alternativ hierzu kann die Ableitung der Zentralbinomialkoeffizientenfunktion auch mit der Digammafunktion ausgedrückt werden:

Denn zwischen der Harmonischen Reihenfunktion und der Digammafunktion besteht folgender Zusammenhang:

Integral vom Zentralbinomialkoeffizienten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprungsstammfunktion der Zentralbinomialkoeffizientenfunktion wird so hervorgerufen:

Denn diese Ableitung ist für diese Ursprungsstammfunktion gültig:

Und der Zentralbinomialkoeffizient hat diese Integralidentität:

Beispielrechnung:

Integral vom Kehrwert des Zentralbinomialkoeffizienten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprungsstammfunktion vom Kehrwert des Zentralbinomialkoeffizienten wird jedoch auf folgende Weise hervorgerufen:

Denn diese Ableitung ist gültig:

Und der Kehrwert vom Zentralbinomialkoeffizienten hat diese Integralidentität:

Beispielrechnung:

Verallgemeinerte Summenreihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Taylorsche Reihen mit Zentralbinomialkoeffizienten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für viele elementare Funktionen und auch für viele nicht elementare Funktionen können die zugehörigen Taylor-Reihen beziehungsweise MacLaurin-Reihen vereinfacht mit Hilfe der Mittleren Binomialen Koeffizienten dargestellt werden. Dies ist die erzeugende Funktion für die mittleren Binomialkoeffizienten:

Um den inneren Faktor 4 gestreckt ergibt sich ein Analogon, aus welchem durch Integration und weitere Abwandlungen noch mehr erzeugende Funktionen von Abwandlungen der Zentralbinomialkoeffizietnen ergeben. Durch Quadratur dieser mittleren Binomialkoeffizienten erhält man weitere Summenreihen mit ihren zugehörigen Funktionen. Im Folgenden werden einige Identitäten nach diesem Muster aufgelistet:

Summenreihen mit Koeffizienten des Musters :

Summenreihen mit Koeffizienten des Musters :

Summenreihen mit Koeffizienten des Musters :

Summenreihen mit Koeffizienten des Musters :

Dabei stellt die Bezeichnung den Arkussinus Lemniscatus, der Buchstabe das vollständige elliptische Integral zweiter Art und das Kürzel das Arkustangensintegral dar.

Ramanujansche Summenreihen für die Kreiszahlberechnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mathematiker Srinivasa Ramanujan erforschte die und schrieb in seinen Aufzeichnungen im Jahre 1914 exemplarische Resultate dieser Formeln nieder, die zur Ermittlung sehr schnell konvergierender Summenreihen für die Kreiszahl dienen.

Folgende Formel ist für die nachfolgende hypergeometrische Funktion gültig:

Dieser Ausdruck löst folgende Differentialgleichung:

Dabei gilt:

Exemplarisch durch Einsetzen des Wertes in die soeben genannte Differentialgleichung gilt beispielsweise somit:

Die hier gezeigte Gleichung führt direkt zur bekanntesten Kreiszahlformel, durch welche Srinivasa Ramanujan Weltruhm erlangte:

Exemplarisch durch Einsetzen des Wertes in die soeben genannte Differentialgleichung gilt beispielsweise somit:

Die hier gezeigte Gleichung führt zu einer weiteren Kreiszahlformel, welche Srinivasa Ramanujan entdeckte:

Die Mathematiker Borwein, Bailey und Beeler schrieben Ramanujans wichtigste Formeln sukzessiv in ihren Werken nieder und erläuterten zusätzlich Ramanujans Recherchen zu den elliptischen Integralen erster und zweiter Art sowie zu den Hypergeometrischen Funktionen und ihren zugehörigen Differentialgleichungen.

Konkrete Summenreihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Summenreihen mit algebraischen Resultaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemein gilt (bei Divergenz der Reihe für mit der Gammafunktion berechnete regularisierte Werte):

mit

Zudem gilt für Partialsummen (Folge A285388 in OEIS):

Reihen mit Kehrwerten der Zentralbinomialkoeffizienten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gilt:

Die einzelnen Nachkommastellen bilden Folge A073016 in OEIS.

Einige weitere ähnliche Reihen sind:

vgl. Folge A073010 in OEIS, Folge A086463 in OEIS, -, Folge A086464 in OEIS, -. Dabei bezeichnet die Digamma-Funktion, die Trigammafunktion und allgemein die -te Polygammafunktion; die Riemannsche Zetafunktion, die Kreiszahl und die Gieseking-Konstante.

Verallgemeinerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ganz allgemein gilt folgende Formel:

für , wobei die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion bezeichnet; vgl.[5]

Auch die entsprechenden alternierenden Reihen konvergieren, und zwar zu folgenden Grenzwerten:

vgl. Folge A086465 in OEIS, Folge A086466 in OEIS, Folge A086467 in OEIS, Folge A086468 in OEIS.

Analog lässt sich allgemein schreiben:

Vandermondesche Identität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vandermondesche Identität lautet wie folgt:

Im kombinatorischen Kugelmodell der Binomialkoeffizienten entspricht die rechte Seite der Formel der Anzahl von -elementigen Teilmengen einer -elementigen Menge von Kugeln. Im Folgenden wird ein Modell mit roten Kugeln und grünen Kugeln aufgestellt. Eine -elementige Teilmenge besteht dann aus einer gewissen Anzahl von roten Kugeln und vielen grünen. Für jedes mögliche gibt der entsprechende Summand auf der linken Seite die Anzahl der Möglichkeiten für solch eine Aufteilung in rote und grüne Kugeln an. Die Summe liefert die Gesamtzahl.

Eine weitere Veranschaulichung liefert der Binomischen Lehrsatz direkt:

Die zweite von den drei standardisierten Potenzgesetzen wird im Folgenden angewendet:

Durch Aufsummandisierung entstehen die Binomialkoeffizienten vor den x-Potenzen an den jeweiligen Summanden.

Wenn zwei Summen miteinander multipliziert werden, dann entsteht die Summe aller Einzelprodukte, bei welchen jeweils ein Faktor des betroffenen Einzelproduktes als Summand aus dem einen Summenprodukt und der andere Faktor desselben Einzelproduktes analog als Summand aus dem anderen Summenprodukt genommen wird.

Im Spezialfall ergibt sich aus der Vandermondeschen Identität folgende Formel für die Quadratsummen:

Mit dem Kürzel wird der Mittlere Binomialkoeffizient (Zentralbinomialkoeffizient, Central Binomial Coefficient) gekennzeichnet.

Verwandte Begriffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eng mit den mittleren Binomialkoeffizienten verwandt sind die Catalan-Zahlen . Sie sind gegeben durch

Verallgemeinerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Pascalschen Dreieck haben nur die Zeilen mit geradzahligem Index einen eindeutigen mittleren Eintrag, die Zeilen mit ungeradzahligem Index haben dagegen zwei in der Mitte liegende Einträge. Da diese beiden Einträge jedoch stets übereinstimmen, werden sie gelegentlich in die Definition des mittleren Binomialkoeffizienten mit einbezogen, sie lautet dann:

für .

Die erste Definition erhält man, wenn man hier die geraden Zahlen betrachtet.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Beeler, M. et al. Item 140 in Beeler, M.; Gosper, R. W.; and Schroeppel, R. HAKMEM. Cambridge, MA: MIT Artificial Intelligence Laboratory, Memo AIM-239, p. 69, Feb. 1972. http://www.inwap.com/pdp10/hbaker/hakmem/pi.html#item140.
  • Borwein, J. M.; Borwein, P. B.; and Bailey, D. H. "Ramanujan, Modular Equations, and Approximations to Pi, or How to Compute One Billion Digits of Pi." Amer. Math. Monthly 96, 201-219, 1989.
  • Borwein, J. and Bailey, D. Mathematics by Experiment: Plausible Reasoning in the 21st Century. Wellesley, MA: A K Peters, 2003.
  • Bailey, D. H.; Borwein, J. M.; Calkin, N. J.; Girgensohn, R.; Luke, D. R.; and Moll, V. H. Experimental Mathematics in Action. Wellesley, MA: A K Peters, 2007.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wang's bounds on the central binomial coefficient. 13. Juli 2018, abgerufen am 26. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  2. Thomas Koshy: The Central Binomial Coefficient. 9. November 2008, doi:10.1093/acprof:oso/9780195334548.003.0002 (oup.com [abgerufen am 26. Dezember 2022]).
  3. Archiv der Mathematik und Physik. B. G. Teubner, 1844 (google.de [abgerufen am 30. Januar 2023]).
  4. V. H. Moll: Some Questions in the Evaluation of Definite Integrals. MAA Short Course, San Antonio, TX. Jan. 2006. Archivierte Kopie (Memento vom 2. April 2008 im Internet Archive)
  5. S. Plouffe: The Art of Inspired Guessing. (Memento vom 29. März 2008 im Internet Archive). In: lacim.uqam.ca. 7. August 1998, abgerufen am 30. Januar 2023.