Molybdofornacit

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Molybdofornacit
Molybdofornacit von der Typlokalität, der Tsumeb Mine in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia (Sichtfeld: 1 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1982-062[1]

IMA-Symbol

Mfor[2]

Chemische Formel
  • Pb2Cu[OH|(Mo,Cr)O4|(As,P)O4][3]
  • Pb2Cu(AsO4,PO4)(MoO4,CrO4)(OH)[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/F.02
VI/F.02-030

7.FC.10
43.04.03.03
Ähnliche Minerale Fornacit
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14
Gitterparameter a = 8,10 Å; b = 5,95 Å; c = 17,65 Å
β = 109,2°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Zwillingsbildung selten „Butterfly“-Kontaktzwillinge im Winkel von 120°
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 4[5]
Dichte (g/cm3) 6,6 (berechnet)[5]
Spaltbarkeit keine[5]
Bruch; Tenazität muschlig; sehr spröde[5]
Farbe leuchtend hellgrün bis olivgrün[5]
Strichfarbe gelbweiß[5]
Transparenz durchsichtig[5]
Glanz Diamantglanz[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,05(2)
nβ = nicht definiert
nγ = 2,15(2)
Doppelbrechung δ = 0,12(1) (gemessen)
Optischer Charakter zweiachsig, positiv/negativ nicht bestimmbar[5]
Achsenwinkel 2V = nicht bestimmbar[5]
Pleochroismus deutlich von X = Y = blassgelb nach Z = grüngelb
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten Auflösung in kalter verdünnter HCl unter Bildung eines weißen Rückstandes[5]

Molybdofornacit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Pb2Cu[OH|(Mo,Cr)O4|(As,P)O4][3] mit Mo > Cr und As > P.[5] Damit ist das Mineral ein Blei-Kupfer-Molybdat-Arsenat mit zusätzlichen Hydroxidionen (OH).

Molybdofornacit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt bis zu einem Millimeter lange, prismatische bis leistenförmige, nach der b-Achse gestreckte Kristalle mit hoher Lichtbrechung und deutlichem Diamantglanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Entdecker des Molybdofornacits gilt der Mineraliensammler A. Deininger aus Windhoek (Namibia), der das Untersuchungsmaterial für die Typpublikation zur Verfügung gestellt hat und erstmals auf die unidentifizierte Phase, die sich später als Molybdofornacit erwies, aufmerksam machte.[5] Das Mineral wurde von einem Forscherteam an der Universität Bochum um Olaf Medenbach, K. Abraham und W. Gebert untersucht. Nachdem es durch die International Mineralogical Association (IMA) im Jahre 1982 anerkannt wurde, erfolgte 1983 die offizielle Erstbeschreibung. Die Autoren benannten das Mineral aufgrund der chemischen Zusammensetzung und der strukturellen Verwandtschaft mit Fornacit.

Die Holotypstufe (Typmaterial) befindet sich in der Sammlung des Instituts für Mineralogie, Geologie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum.[5][4]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Molybdofornacit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ (sowie einige Selenate und Tellurate) und dort zur Abteilung der „Chromate“, wo er zusammen mit Deanesmithit, Edoylerit, Fornacit, Phönikochroit, Santanait, Vauquelinit und Wattersit die „Phönikochroit-Vauquelinit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/F.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Molybdofornacit in die Klasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Chromate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit und Art der zusätzlichen Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit PO4, AsO4, SiO4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Fornacit die Fornacitgruppe mit der System-Nr. 7.FC.10 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Molybdofornacit dagegen in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate“ ein. Hier ist er in der „Vauquelinitgruppe“ mit der System-Nr. 43.04.03 und den weiteren Mitgliedern Vauquelinit und Fornacit innerhalb der Unterabteilung „Zusammengesetzte Phosphate etc., (Wasserfreie zusammengesetzte Anionen mit Hydroxyl oder Halogen)“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Molybdofornacit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 8,100 Å; b = 5,946 Å; c = 17,65 Å und β = 109,17° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Molybdofornacit ist isotyp (isostrukturell) zu Fornacit und Vauquelinit, d. h., dass er mit der gleichen Kristallstruktur wie Fornacit kristallisiert. Im Fornacit sind die beiden nicht äquivalenten Pb-Ionen von neun O-Atomen umgeben. Das Cu2+-Ion weist die Koordination 4+2 auf. (As,P) und Cr sind tetraedrisch von O-Atomen umgeben. Die Struktur des Fornacits lässt sich als aufgebaut aus dicken Schichten von miteinander kantenverbundenen Pb[9]-Polyeder, parallel zu (001) durch z ≈ 0 und c/2, und aus Zickzackketten von kantenverbundenen CuO4(OH)2-Pseudo-Oktaedern parallel [010] (längs der Schraubenachse) beschreiben. Die AsO4- und die CrO4-Tetraeder verknüpfen die Schichten aus den Pb-Polyedern sowie die Cu-Ketten zu einem dreidimensionalen Netzwerk. Das Fehlen von Vorzugsrichtungen erklärt auch die schlechte Spaltbarkeit des Minerals.[6][3]

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Molybdofornacit ist das molybdändominante Analogon zum chromdominierten Fornacit und ferner auch das arsendominante Analogon zu einem unbenannten phosphordominierten Analogon.[7] Er hat die gemessene Zusammensetzung Pb1,97Cu0,98(As0,86P0,23)Σ=1,09O4(Mo0,77Cr0,17)Σ=0,94O4(OH),[4] die Mischkristallen von Molybdofornacit mit Fornacit entspricht. Für Tsumeb gilt, dass die von dort stammenden Kristalle einen Gehalt von 60–80 Mol-% Molybdofornacit-Endglied enthalten, was auf einen intensiven chemischen Zonarbau im Inneren der Kristalle zurückzuführen ist.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Molybdofornacit bildet bis 1 mm lange, prismatische bis leistenförmige, nach [010] gestreckte Kristalle, die leicht abgeplattet und in Richtung der b-Achse auch gestreift sind. Aufgrund der Kleinheit ließen sich an ihnen keine Flächenformen identifizieren. Sie sind einzeln aufgewachsen oder in losen Büscheln aggregiert. Selten sind V-förmige, im Winkel von 120° miteinander verwachsene Kontaktzwillinge, die den „Butterfly-Zwillingen“ des Calcits ähneln.[5][4]

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kristalle des Molybdofornacit sind leuchtend hellgrün bis olivgrün, die Strichfarbe des Minerals wird als gelbweiß beschrieben. Die durchsichtigen Kristalle weisen einen ausgeprägten diamantartigen Glanz auf, was sich auch in der vergleichsweise hohen Lichtbrechung von 2,08 bis 2,12 widerspiegelt.

Das Mineral weist keine Spaltbarkeit auf, bricht aber aufgrund seiner Sprödigkeit ähnlich wie Glas oder Quarz schon bei geringer mechanischer Beanspruchung, wobei die Bruchflächen muschelig ausgebildet sind. Mit einer zwischen 3 und 4 liegenden Mohshärte gehört Molybdofornacit zu den mittelharten Mineralen und liegt damit zwischen den Referenzmineralen Calcit und Fluorit. Die berechnete Dichte liegt bei 6,6 g/cm³.

Molybdofornacit löst sich in kalter verdünnter HCl unter Bildung eines weißen Rückstandes.[5]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Krusten aus gelblichgrünen Molybdofornacit-Kristallen zusammen mit Malachit aus der „Miniera San Pablo“ bei Inca de Oro, Region Atacama, Chile (Sichtfeld: 4 mm)

Molybdofornacit bildet sich sekundär und trat in der unteren Oxidationszone der in Dolomitsteinen sitzenden hydrothermalen polymetallischen Erzlagerstätte Tsumeb auf. Der genaue Herkunftsort der ca. 2 × 3 cm messenden Typstufe Molybdofornacit innerhalb der Lagerstätte Tsumeb ist nicht bekannt. Begleitminerale des Molybdofornacits sind bis 1 mm große Dioptas-Kristalle und hellgrüner Duftit in feinkristallinen Aggregaten. Die Stufe besteht aus einem feinkörnigen, lockeren Gemenge von Quarz, Calcit und pulverigen Fe-Hydroxiden, wie es für viele Dioptas-Stufen aus der tiefen Oxidationszone von Tsumeb charakteristisch ist.[5] Zu der sehr typischen Vergesellschaftung von Molybdofornacit mit Dioptas und Eisenoxiden tritt auf anderen Stufen häufig noch Wulfenit hinzu.[8]

Als sehr seltene Mineralbildung ist Molybdofornacit nur von einigen wenigen Fundorten beschrieben worden. Bisher (Stand 2016) sind lediglich ca. 15 Fundorte bekannt. Als Typlokalität gilt die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia.[9][10] In Deutschland trat Molybdofornacit aus einem verkieselten Barytgang am Punkt 5.0 an der Borsteinklippe bei Reichenbach, Ortsteil von Lautertal (Odenwald) im Odenwald (Hessen), sowie am Raubschloss (Grube Alte Burg) bei Gräfenroda im Thüringer Wald, Thüringen, auf. In der Schweiz kam das Mineral in dem ehemaligen Cu-Ag-Pb-Bergwerk Gosan, Saint-Luc, Val d’Anniviers, Kanton Wallis, vor. Fundorte in Österreich sind unbekannt.

Ferner ist das Mineral aus dem „Filon Ste Barbe“ in der „Mine des Montmins“, Échassières, Ébreuil, Département Allier, Auvergne, Frankreich sowie aus der „Miniera San Pablo“, Inca de Oro, Provinz Chañaral, der „Miniera Dulcinea de Llampos“, Distrikt Cachiyuyo de Llampos, Provinz Copiapó, beide Región de Atacama, Chile, und einer größeren Anzahl von Fundstellen in den Vereinigten Staaten bekannt. Zu diesen gehören in Arizona die „Charleston Lead Mine“, die „Empire Mine“ und Tombstone, alle im Tombstone District, Tombstone Hills, Cochise County, die „Moon Anchor Mine“ bei Hummingbird Spring und die „Tonopah-Belmont Mine“ bei Belmont Mountain, Tonopah, beide im Osborn District, Big Horn Mts, Maricopa County, sowie die „Rawhide Mine“, Buckskin Mts, Mohave County, ferner in Nevada die „Alice Mine“ bei Goodsprings im gleichnamigen District, Spring Mts, Clark County (Nevada), die „Silver Coin Mine“ bei Valmy, Iron Point District, Humboldt Co., sowie die „Belmont Mine“ bei Belmont im gleichnamigen Distrikt, Toquima Range, Nye County, und schließlich in New Mexico der „Comfort Claim“ in der Mahoney Mining Area, Tres Hermanas District, Luna County.[10]

Gelegentlich wird als Fundpunkt für Molybdofornacit auch die 3 km nordwestlich von Magdalena bei Silver Hill liegende „Bullfrog No. 2 Mine“, North Magdalena District, Socorro County, New Mexico,[4] angegeben – das hier gefundene Mineral hat sich aber als Fornacit erwiesen.[11]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einem PbO-Gehalt von rund 56 Gew.-%[4] wäre Molybdofornacit ein reiches Bleierz. Aufgrund seiner extremen Seltenheit ist das Mineral jedoch ausschließlich für Sammler interessant.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Olaf Medenbach, K. Abraham, W. Gebert: Molybdofornacit, ein neues Blei-Kupfer-Arsenat-Molybdat-Hydroxid von Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie. Monatshefte. Band 10, 1983, S. 289–295.
  • Pete J. Dunn, George Y. Chao, Joel D. Grice, James A. Ferraiolo, Michael Fleischer, Adolf Pabst, Janet A. Zilczer: New mineral names. Molybdofornacite. In: American Mineralogist. Band 69, 1984, S. 565–569 (minsocam.org [PDF; 642 kB; abgerufen am 12. Januar 2017]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Molybdofornacit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 417.
  4. a b c d e f Molybdofornacite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 12. Januar 2017]).
  5. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Olaf Medenbach, K. Abraham, W. Gebert: Molybdofornacit, ein neues Blei-Kupfer-Arsenat-Molybdat-Hydroxid von Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie. Monatshefte. Band 10, 1983, S. 289–295.
  6. G. Cocco, L. Fanfani, P. F. Zanazzi: The crystal structure of fornacite. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 124, 1967, S. 385–397 (rruff.info [PDF; 667 kB; abgerufen am 12. Januar 2017]).
  7. Ernest H. Nickel, G. J. Hitchen: The phosphate analog of molybdofornacite from Whim Creek, Western Australia. In: Mineralogical Record. Band 25, Nr. 3, 1994, S. 203–204.
  8. Georg Gebhard: Tsumeb. eine deutsch-afrikanische Geschichte. 1. Auflage. Gebhard-Giesen, Reichshof 1991, ISBN 978-3-925322-02-0, S. 259.
  9. Mindat – Anzahl der Fundorte für Molybdofornacit
  10. a b Fundortliste für Molybdofornacit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  11. Mindat – Minerale der Bullfrog No. 2 Mine, New Mexico