Heimatschutz (Bundeswehr)
Heimatschutz der Bundeswehr (HSch) umfasst die Aufgaben, die im Rahmen der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge zum Schutz Deutschlands und seiner sich auf deutschem Hoheitsgebiet befindlichen Bürger außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalls durch die Bundeswehr wahrzunehmen sind.[1]
Aktuell wird der Auftrag des Heimatschutzes durch nichtaktive Heimatschutzkompanien (HSchKp), die größtenteils mit Reservisten besetzt sind, erbracht. Seit 1. April 2025 gehören alle Heimatschutzkompanien zu jeweils einem von sechs Heimatschutzregimentern, welche wiederum einer Heimatschutzdivision und dem Kommando Heer unterstellt sind.[2][3][4]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kalter Krieg und Auflösung (1961–2007)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Bundeswehr begann 1961 der Aufbau einer Territorialreserve als Teil des Territorialheeres, die ab 1965 als Heimatschutztruppe bezeichnet wurde und in der hauptsächlich Reservisten dienten. Sie war mit der Heeresstruktur III ab Anfang der 1970er Jahre gegliedert in Heimatschutzkommandos und Heimatschutzregimenter, die 1981 im Rahmen der Heeresstruktur IV in Heimatschutzbrigaden umgegliedert wurden. Mit Ende des Kalten Krieges wurden sie mit der Heeresstruktur V (N) bis 1993 außer Dienst gestellt. Teile blieben als Heimatschutzbataillone bestehen, wurden jedoch bis zum 1. April 2007 aufgelöst. Die Heimatschutztruppe zählte in dieser Zeit zur Jägertruppe der Bundeswehr, war jedoch durch das Fehlen etwa einer schweren Jägerkompanie nur bedingt mit aktiven Jägerbataillonen vergleichbar.
Neuaufstellung (2012–2025)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die wesentliche Verkleinerung im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr zog 2011 politische Bedenken über die zukünftige Gewährleistung des Heimatschutzes nach sich. Mit der „Konzeption der Reserve (KdR)“ von 2012 wurde daraufhin die Aufstellung von Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräften (RSUKr) beschlossen. Am 15. Juni 2012 wurde in Bremen die erste Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie (RSUKp) als RSUKp Bremen aufgestellt. Die Aufstellung weiterer Kompanien erfolgte im Laufe des Jahres 2013, zuletzt am 22. November 2013 in Berlin.
Ein Pilotprojekt zur Wiederaufstellung von Heimatschutzverbänden in Form von Landesregimentern begann am 1. April 2019 mit dem Landesregiment Bayern. Die drei fränkischen der sieben bestehenden bayerischen RSU-Kompanien wurden dem Regiment unterstellt. Daraufhin wurde am 6. April 2021 die Aufstellung von fünf weiteren Regimentern bis 2025 bekanntgegeben. Die Heimatschutzregimenter sollen als Verbund den Kern der Territorialen Reserve darstellen und die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien bzw. Heimatschutzkompanien führen. Soldaten des Freiwilligen Wehrdienstes im Heimatschutz sollten ebenfalls dort eingesetzt werden.
Zum 1. August 2021 wurden alle bisherigen RSU-Kompanien in Heimatschutzkompanien (HSchKp) sowie das Landesregiment Bayern in Heimatschutzregiment 1 umbenannt. Daraufhin wurden im Februar 2022 das Heimatschutzregiment 2 mit den Kompanien aus Nordrhein-Westfalen, im Oktober 2023 das Heimatschutzregiment 3 mit den Kompanien aus Niedersachsen sowie im September 2024 das Heimatschutzregiment 4 mit den Kompanien aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein aufgestellt. Am 11. Oktober 2024 wurde das Heimatschutzregiment 5 mit den hessischen Kompanien aufgestellt und im Oktober 2025 soll das Heimatschutzregiment 6 in Berlin aufgestellt werden.[5]
Heimatschutz beim Heer (seit 2025)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum 1. April 2025 wurden die Heimatschutzregimenter und Heimatschutzkompanien, die bisher den Landeskommandos des jeweiligen Bundeslands unterstellt waren, dem Kommando Heer unterstellt.[3] Übergeordnet wurde im Vorfeld eine Heimatschutzdivision aufgestellt. Alle Heimatschutzkompanien werden einem der sechs Heimatschutzregimenter zugeordnet.[4] Geplant ist mittelfristig die Aufstellung von bis zu zwölf Heimatschutzregimentern.[6]
Auftrag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Auftrag der Heimatschutzkräfte (HSchKr) ist nach Aktivierung der Einsatz zu Schutz- und Sicherungsaufgaben sowie den Objektschutz im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung bzw. im Verteidigungs- und Spannungsfall. Hinzu kommen Aufgaben bei der Unterstützung beim Host Nation Support befreundeter Streitkräfte sowie in der Unterstützung des zivilen Katastrophenschutzes bei schweren Naturkatastrophen oder Unglücksfällen.[7]
Jeder wehrrechtlich verfügbare Reservist kann in die Heimatschutzkräfte beordert werden. Der Aufwuchs wird durch eine für den Einsatz notwendige Ausbildung und Ausstattung lagegerecht begleitet. Regional zugeordnete Patentruppenteile unterstützen die Heimatschutzkräfte. Die Organisationsstrukturen berücksichtigen regionale Gegebenheiten und vorhandene personelle Potenziale. Sie können bei Bedarf flexibel angepasst werden.
Inhalte und Ausbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Umgang und Schießen mit Handwaffen
- Umgang mit Sperren und Kampfmitteln
- Orientieren im Gelände
- Gefechts- und Geländedienst, Biwak
- Wachausbildung
- Raum- und Objektschutz, Betreiben von Checkpoints
- Politische Bildung, Innere Führung, Wehrrecht
- Formaldienst
- Sanitätsausbildung Einsatzersthelfer
- Fernmeldeausbildung Truppenfernmeldedienst
- ABC-Abwehr und Brandschutz
- Individuelle Grundfertigkeiten (IGF) und körperliche Leistungsfähigkeit (KLF)
Personal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Heimatschutzregimenter bestehen aus mehreren Heimatschutzkompanien. Die Sollstärke einer Heimatschutzkompanie beträgt 135 Soldaten. Deutschlandweit sind derzeit etwa 4000 Dienstposten vorgesehen. Geplant sind bis zu 6000 Dienstposten.[2]
Das Personal generiert sich aus Reservisten. Diese waren zuvor aktive Soldaten (Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und freiwillig Wehrdienstleistende) oder erhielten ihre militärische Ausbildung im Rahmen der Ausbildung Ungedienter für die Reserve.
Die Teilnahme an Reservedienstleistungen (RDL) und Dienstlichen Veranstaltungen (DVag) im Heimatschutz ist nach bestandener Grundausbildung im Alter zwischen 17 und 65 Jahren möglich.
Ausrüstung und Uniform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausrüstung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Heimatschutzkompanien verfügen über eine begrenzte Anzahl eigener Ausrüstungsgegenstände, Fahrzeuge und Waffen. Diese werden je nach Auftrag und Lage durch die lokalen Partnerverbände ergänzt. Ziel ist es, die Heimatschutzkräfte im selben Maße wie die aktiven Verbände auszustatten.[8]
Die persönliche Ausrüstung der Soldaten aus dem „Ausstattungssoll Heimatschutz“ ist zu großen Teilen mit der der aktiven Truppe mit ähnlichem Auftrag identisch.
Uniform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Soldaten im Heimatschutz blieben bis zur Aufstellung der Heimatschutzdivision üblicherweise ihrer bisherigen Teilstreitkraft und Truppengattung zugeteilt und trugen die entsprechende Uniform und Kennzeichen (z. B. Waffenfarbe, Litze und Kopfbedeckung). Im Rahmen der „Tagung der Reserve der Bundeswehr 2023“ wurde ein Entwurf einer einheitlichen Kopfbedeckung für Heimatschutzkräfte vorgeschlagen und erörtert.[9] Im Februar 2025 trat der designierte Kommandeur der zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgestellten Heimatschutzdivision Generalmajor Andreas Henne erstmals mit dem neuen steingrau-oliven Barett und dem neuen Barettabzeichen, einem Eichenlaubumrandeten Eisernem Kreuz mit zwei gekreuzten Gewehren darunter, öffentlich auf.[10] Heeresuniformträger erhalten auf dem Dienstanzug zudem auf dem linken Ärmel das Wappen der Heimatschutzdivision.[11]
Gliederung und Standorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alle Heimatschutzkompanien sind seit 1. April 2025 einem von derzeit sechs Heimatschutzregimentern unterstellt, welche wiederum der neu aufgestellten Heimatschutzdivision unterstellt sind.
Dokumentationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 17 Tage intensive Ausbildung beim Heimatschutz in der Bundeswehr, Dokumentarfilm, Deutschland 2024, 30:38 Min., Eva Oswald, Christopher Paul, SWR im Rahmen der Landesschau Baden-Württemberg (Video bei YouTube)
- Im Einsatz für den Heimatschutz: Wie sich Freiwillige auf den Ernstfall vorbereiten, Dokumentarfilm, Deutschland 2024, 10:57 Min., ZDF (Video bei YouTube)
- Ausbildung zum Reservisten beim Heimatschutz der Bundeswehr, Dokumentarfilm, Deutschland 2024, 16:05 Min., SWR im Rahmen der Landesschau Rheinland-Pfalz (Video in der ARD-Mediathek)
- Übung der Heimatschutztruppe, Dokumentarfilm, Deutschland 1976, 9:22 Min., Bundeswehr (Video bei YouTube)
- Re: Plötzlich Soldatin beim Heimatschutz, Dokumentarfilm, Deutschland 2025, 30:16 Min., arte (Video in der arte-Mediathek)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Helmut R. Hammerich: „Gegen Elitekämpfer helfen nur Jäger, keine Hausschuh-Truppen“: Die Bundeswehr und der Kleine Krieg im Kalten Krieg, in: Helmut R. Hammerich/Uwe Hartmann/Claus von Rosen (Hg.): Jahrbuch innere Führung 2010. Die Grenzen des Militärischen, Berlin 2010, S. 161–173.
- Erich Vorwerck: Die Heimatschutztruppe. Organisation, Aufbau und Ausbildung. In: Wehrkunde, Nr. 15, 1966, S. 202–207.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heimatschutzdivision. Bundeswehr
- Offizielle Facebook-Seite. In: Facebook. Presse- und Informationszentrum des Heeres, abgerufen am 1. Oktober 2025.
- Freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz – „Dein Jahr für Deutschland“. BMVg
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Konzeption der Bundeswehr. (PDF) Bundesministerium der Verteidigung, 20. Juli 2018, abgerufen am 25. April 2021 (S. 26 f.).
- ↑ a b Bundeswehr der Zeitenwende: Kriegstüchtig sein, um abschrecken zu können. In: Bundesministerium der Verteidigung. 18. September 2024, abgerufen am 19. September 2024.
- ↑ a b Umbau der Bundeswehr beginnt – Verteidigungsfähigkeit als Maßstab. In: bundeswehr.de. 1. Oktober 2024, abgerufen am 2. Oktober 2024.
- ↑ a b Bundeswehr stellt Division für Heimatschutz auf. In: tagesschau.de. 11. Januar 2025, abgerufen am 13. Januar 2025.
- ↑ Die sechs Heimatschutzregimenter der Territorialen Reserve. In: bundeswehr-journal. 4. November 2024, abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ Sicherheit & Verteidigung: Die Zukunft der Heimatschutzkräfte - Struktur / Ausrüstung / Aufgaben. In: YouTube. 13. April 2025, abgerufen am 14. April 2025.
- ↑ Heimatschutz und Territoriale Reserve. In: bundeswehr.de. 24. Juni 2024, abgerufen am 20. September 2024.
- ↑ Nachgefragt: Die starke Rolle der Reserve. In: YouTube. Bundeswehr, 13. September 2024, abgerufen am 20. September 2024.
- ↑ Neues Barett für die Heimatschutz-Truppenteile? In: Soldat & Technik. 23. Oktober 2023, abgerufen am 20. September 2024.
- ↑ Personalwechsel bei der Heimatschutzdivision. In: Europäische Sicherheit & Technik. Mittler Report Verlag, 10. Februar 2025, abgerufen am 11. Februar 2025 (deutsch).
- ↑ D. Schachel: Heimatschutz jetzt auch am Oberarm. In: Facebook. 1./HSchRgt 1, 23. September 2025, abgerufen am 23. September 2025.