„Rolf Bossi“ – Versionsunterschied

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'''Rolf Bossi''' (* [[10. September]] [[1923]] in [[Karlsruhe]]) ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Jurist]] und [[Publizist]]. Er war einer der bekanntesten [[Strafverteidiger (Deutschland)|Strafverteidiger]] Deutschlands.
'''Rolf Bossi''' (* [[10. September]] [[1923]] in [[Karlsruhe]], † [[22. Dezember]] [[2015]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Jurist]] und [[Publizist]]. Er war einer der bekanntesten [[Strafverteidiger (Deutschland)|Strafverteidiger]] Deutschlands.


== Jugend und Studium ==
== Jugend und Studium ==

Version vom 22. Dezember 2015, 22:29 Uhr

Rolf Bossi (2008)

Rolf Bossi (* 10. September 1923 in Karlsruhe, † 22. Dezember 2015) war ein deutscher Jurist und Publizist. Er war einer der bekanntesten Strafverteidiger Deutschlands.

Jugend und Studium

Bossis Vater war Beamter im Innenministerium der Republik Baden und engagiertes Mitglied der katholischen Zentrumspartei, dann während des Zweiten Weltkrieges Verwaltungsoffizier bei der Luftwaffe. Er wurde 1942 von einem Standgericht wegen „Wehrkraftzersetzungzum Tode verurteilt und sollte erschossen werden.[1] Bossi machte im selben Jahr in München Abitur. Als Offiziersanwärter der Wehrmacht wurde er an der Ostfront verwundet. Das Schicksal des Vaters motivierte ihn, während der Genesung im Lazarett das Jurastudium aufzunehmen.[2]

Bossi begann eine Doktorarbeit mit dem Thema Die Teilnahme Dritter an der Abtreibung. Er schloss die Dissertation aber nie ab, weil die Rechtslage zwischenzeitlich durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes eindeutig geklärt worden war.[3]

Anwaltstätigkeit

Bossi wurde 1952 in München als Anwalt zugelassen und arbeitete dort zunächst in der Kanzlei des Strafverteidigers Adolf Mier.[2]

Bekannt wurde er insbesondere durch die Verteidigung der Schauspielerin Ingrid van Bergen, die ihren Lebensgefährten erschossen hatte. Bossi vertrat im Laufe seiner Karriere noch andere Prominente, darunter Romy Schneider, aber auch äußerst kontroverse Fälle wie den Kindermörder Jürgen Bartsch, den Serienmörder Fritz Honka, den Oetker-Entführer Dieter Zlof, den Entführer Dieter Degowski aus dem Gladbecker Geiseldrama, DDR-Grenzer im sogenannten Mauerschützenprozess, den Prozess um den Hamburger Callgirl-Ring oder den Hochstapler Gert Postel.

Nachdem ihm 2004 nach langem verwaltungsgerichtlichem Streit der Führerschein entzogen worden war, verurteilte ihn im April 2007 das Landgericht München I wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, bei denen er sich auf die berufliche Notwendigkeit der Fahrten berufen hatte, zu einer Geldstrafe von 18.000 Euro. Eine Verurteilung durch das Amtsgericht Augsburg wegen übler Nachrede gegenüber drei Richtern zu 12.000 Euro und durch das Amtsgericht Ingolstadt zu 24.000 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung eines Vergewaltigungsopfers als „schäbige, eine kriminelle Drecksperson von nicht zu übertreffender Charakterlosigkeit“ folgten.[4][5]

Ende 2008 zog sich Rolf Bossi aus seiner Kanzlei zurück. Im März 2011 gab er seine Anwaltszulassung zurück.

Standpunkte

1980 trat Bossi der CSU bei, sah sich selbst dort jedoch an deren linkem Rand.[6] Als Sachbuchautor positionierte er sich mit verschiedenen rechtspolitischen Forderungen. So forderte er den Gesetzgeber dazu auf, nicht nur die Unrechtsurteile der NS-Zeit, sondern auch ungerechte Urteile aus der Nachkriegszeit aufzuheben, die von Richtern gesprochen wurden, die noch immer in der Tradition der NS-Zeit urteilten.[7] Auch tat er sich durch seine Vorschläge zur Änderung der Strafprozessordnung hervor; so schlägt Bossi unter anderem vor, in allen Strafverfahren eine zweite Tatsacheninstanz zuzulassen und ein exaktes Wortprotokoll zu führen.[8] In seinem 2006 erschienenen Buch Die gemachten Mörder setzt sich Bossi umfassend mit den Ursachen der wachsenden Jugendgewalt in unserer Gesellschaft auseinander. Seit er den Schauspieler Günter Lamprecht und seine Lebensgefährtin, die 1999 von einem jugendlichen Amokläufer schwer verletzt worden waren, als Nebenkläger vor Gericht vertreten hatte, beschäftigt den Anwalt, wie prekäre Familienverhältnisse, Mängel im Bildungswesen, schädliche Medieneinflüsse und die in seinen Augen verfehlte bundesdeutsche Integrationspolitik immer mehr Jugendliche zu hoffnungs- und perspektivlosen Gewalttätern – und manchmal eben auch zu Mördern – machten. In einem Interview vom August 2008 mit dem Focus befürwortete er die Todesstrafe für Täter mit einem „sadistisch-perversen Tötungsimpuls“.[9] Dieser Darstellung seiner Aussagen widersprach Bossi allerdings in mehreren folgenden Interviews vehement, etwa im Deutschlandradio.[10]

Im Jahr 2006 nahm er eine von der Zeitschrift Tempo fingierte Ehrendoktorwürde der nicht existierenden Deutschen Nationalakademie an. Zu diesem Zweck erklärte er sich mit dem Programm der Akademie einverstanden, ohne zu merken, dass es mit etlichen Zitaten aus Hitlers Mein Kampf und NPD-Leitlinien gespickt war. Aufgrund der Berichterstattung kündigte er rechtliche Schritte gegen das Blatt an und bestritt, dass die Zitate dem Brief an ihn beigelegt waren.[11] Der ebenfalls in die Irre geführte Prof. Julian Nida-Rümelin bestätigte diese Darstellung.[12]

Film und Fernsehen

Bossi wirkte gelegentlich an Filmproduktionen mit. So beriet er 1969 die Lisa-Film-Produktionsgesellschaft bei der Herstellung des Streifens „Ehepaar sucht gleichgesinntes“ nicht nur rechtlich, sondern übernahm darin auch eine Nebenrolle als Anwalt. In dem 1971 produzierten Tatort Der Richter in Weiss verkörperte er einen Strafverteidiger. Lange Zeit war er häufiger Gast bei Talkrunden.

Privates

Bossis erste Ehefrau verstarb im Jahr 2000 an Krebs, seine Tochter aus der Ehe mit ihr 2006 an Krebs.[13][14]

2002 heiratete Bossi seine gleichfalls verwitwete Lebenspartnerin.[15] Er lebte zeitweise im Münchener Stadtteil Bogenhausen, verlegte nach Eintritt des Ruhestands aber seinen Lebensmittelpunkt ganz zum Wohnort seiner Ehefrau in Gevelsberg. Seit Dezember 2014 lebt das Ehepaar Bossi in Düsseldorf.

Der Münchner Bildhauer Nicolai Tregor porträtierte ihn in einer Bronzebüste und auf einer Bronzegussmedaille.[16]

Veröffentlichungen

  • Ich fordere Recht. 24 Jahre Strafverteidiger in Deutschland. Bertelsmann, München/Gütersloh/Wien 1975, ISBN 3-570-02141-6
  • Ich fordere Recht. Erinnerungen eines Strafverteidigers. Heyne, München 1977, ISBN 3-453-00769-7
  • Halbgötter in Schwarz. Deutschlands Justiz am Pranger. Eichborn, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-8218-5609-2
  • Die gemachten Mörder. Wenn Jugendliche zu Tätern werden. Wege aus der Gewaltspirale. Lübbe, Bergisch Gladbach 2007, ISBN 3-7857-2279-6
  • Hier stehe ich. Späte Bekenntnisse zu Glaube, Wahrheit und Gerechtigkeit. Gütersloher Verlag, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-06992-0

Einzelnachweise

  1. Halbgötter in Schwarz, S. 211.
  2. a b Referentenbiografie aus Jura Perspektiven 2007 – Facebook (PDF; 2,2 MB), hrsg. vom Verein zur Förderung der juristischen Ausbildung an der Universität zu Köln (JAK e.V.), S. 17, eingesehen am 7. April 2008.
  3. Erinnerungen eines Strafverteidigers, S. 46.
  4. Holger Sabinsky: Bossi sucht den Frieden, Augsburger Allgemeine (Online) vom 9. September 2008, abgerufen am 3. Januar 2012.
  5. Dietmar Hipp und Markus Verbeet: Star-Anwalt Bossi – Halbgott in Schwarz, Spiegel-Online vom 26. Januar 2007, abgerufen am 3. Januar 2012.
  6. Parteieintritt: Rolf Bossi, Der Spiegel 21/1980, S. 284.
  7. Halbgötter in Schwarz, S. 257.
  8. Halbgötter in Schwarz, S. 275–279.
  9. Rolf Bossi plädiert für Todesstrafe, Focus, 17. August 2008.
  10. „Ich bin nicht für die Todesstrafe“, Deutschlandradio Kultur, 10. September 2008.
  11. Ralf Schönball, Marc Felix Serrao: Schmutziger Journalismus? Reporter, Scoops, Lügen: Die „Nationalakademie“ von „Tempo“ und die Folgen. In: Tagesspiegel. 8. Dezember 2006.
  12. Julian Nida-Rümelin: Ich empfinde die Aktion als albern. Ehrendoktor-Affäre: Ein Ex-Staatsminister wehrt sich. In: Berliner Zeitung, 14. Dezember 2006.
  13. Justiz: Herr Bossi sucht den Frieden, Augsburger Allgemeine, 9. September 2008
  14. Bossi-Töchter streiten sich ums Grab der Mutter, Münchner Merkur, 27. April 2009
  15. Bossi: Hochzeit mit 78 , Hamburger Abendblatt, 6. August 2002.
  16. 63-Jähriger fuhr 27 Jahre lang ohne Führerschein, tz, 10. November 2011