Unterlüß

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Wappen Deutschlandkarte
Unterlüß
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Unterlüß hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 52° 51′ N, 10° 17′ O keine Zahl: Ungültiger Metadaten-Schlüssel 03351020Koordinaten: 52° 51′ N, 10° 17′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Celle
Höhe: 108 m ü. NHN
Fläche: 77,53 km2
Einwohner: Ungültiger Metadaten−Schlüssel 03351020 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: Fehler im Ausdruck: Unerkanntes Wort „span“ Einwohner je km2
Postleitzahl: 29345
Vorwahl: 05827
Kfz-Kennzeichen: CE
Gemeindeschlüssel: 03 3 51 020
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Urwaldschneise 1
29345 Unterlüß
Website: www.unterluess.de
Bürgermeister: Kurt Wilks (parteilos)
Lage der Gemeinde Unterlüß im Landkreis Celle
KarteLandkreis CelleNiedersachsenLandkreis HeidekreisLandkreis UelzenLandkreis GifhornRegion HannoverFaßbergSüdheideEschedegemeindefreies Gebiet LohheideBergenWinsenWietzeHambührenCelleAdelheidsdorfHagenWathlingenBröckelEicklingenWienhausenLanglingenHohneLanglingenEldingenAhnsbeckBeedenbostelLachendorf
Karte

Unterlüß ist eine Gemeinde im Landkreis Celle im Land Niedersachsen. Sie liegt im Naturpark Südheide.

Geografie

Geografische Lage

Unterlüß liegt inmitten des 7500 ha großen Lüßwaldes. Der Lüßwald, ein Mischwald mit Kiefern, Fichten, Buchen, Eichen und Birken, ist eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands. Der Lüßwald ist Teil des Landschaftsschutzgebietes Südheide (LSG-CE 25).

Zur Gemeinde gehören die Ortschaften bzw. Gehöfte: Altensothrieth, Lünsholz (Forsthaus), Lutterloh, Neuensothrieth (Forsthaus), Neu-Lutterloh (eine Neubauernsiedlung, gegründet 1955), Neuschröderhof, Schafstall (Forsthaus), Schröderhof, Siedenholz (früher Forsthaus, heute Jugendwaldheim) und Theerhof.

Flächennutzung

Die Flächennutzung in Unterlüß verteilt sich wie folgt:[2]

Nutzungsart Größe Nutzungsart Größe
Wald 6478 ha Wasserfläche 19 ha
Gebäudefläche 239 ha Landwirtschaft 600 ha

Landvermessung durch C. F. Gauß

Gaußstein auf dem Breitehorn
Der Lüßwald nahe Unterlüß
Fuchs-und-Hase-Brunnen vor dem Rathaus

1820 beauftragte der damalige König Georg IV. den Professor der Astronomie und Direktor der Sternwarte der Universität Göttingen, Carl Friedrich Gauß, das Königreich Hannover zu vermessen. Der Mathematiker Gauß benutzte für die Landvermessung auch den Berg “Breitehorn” (118 m über NN), südlich von Unterlüß, als einen der Dreieckspunkte zum weiter westlich bei Wardböhmen liegenden Falkenberg (150 m über NN) und zu dem nördlich gelegenen Wilseder Berg (169 m über NN), als weitere Dreieckspunkte. Zusätzliche Dreieck bildeten Breitehorn, der Haußelberg und der Falkenberg; Breitehorn, Scharnhorst und Falkenberg; sowie Breitehorn, Haußelberg und Wilseder Berg. 1828 wurde an dem Vermessungspunkt auf dem Breitehorn ein “Gaußstein” errichtet.[3]

Man muss davon ausgehen, dass die Punkte Breitehorn, Haußelberg oder Falkenberg, die heute alle im Wald liegen, damals auf freien, unbewaldeten Hügelkuppen lagen, wahrscheinlich umgeben von Heidelandschaft. Erst die großen systematischen Aufforstungen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts führten zum heutigen bewaldeten Landschaftsbild.

Bei der Vermessung verwendete Carl Friedrich Gauß, die Methode der kleinsten Quadrate zum Ausgleich der Beobachtungsfehler. Mit einem Theodolit von Georg Friedrich von Reichenbach und dem von ihm eigens erfundenen Vize-Heliotrop zur Nutzung des Sonnenlichtes für Vermessungssignale. Ein Teil des Dreiecksnetzes der Gaußschen Gradmessung und der Vize-Heliotrop waren auch auf der Rückseite der 10-DM-Banknote der vierten Serie der Deutschen Mark abgebildet. [4]

Geschichte

  • 1847: Entstehung des Ortes durch den Bau der Bahnstrecke Lehrte–Harburg (Hannover–Hamburg) und Anlage des Bahnhofs
  • 1889: Heinrich Ehrhardt gründet in Düsseldorf die „Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik Actiengesellschaft“ und beginnt, beruhend auf seinem Patent, mit der Produktion von Kanonenrohren für das kaiserliche Heer
  • 1899: Anlage des Rheinmetall-Schießplatzes in Unterlüß
  • 1910: der Ort wird selbstständige Gemeinde
  • 1914–1918: Erster Weltkrieg, Einsatz französischer Kriegsgefangener
  • 1919: Versailler Vertrag, Rheinmetall muss auf zivile Produktion umstellen und betreibt ein landwirtschaftliches Mustergut; Ersatzarbeitsplätze z. T. in der Kieselgurindustrie
  • 1934: Werkserweiterung im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht; Rheinmetall und Borsig verstaatlicht und fusioniert zu Rheinmetall-Borsig
  • 1936: Bau der Rheinmetall-Borsig-Werkssiedlungen im heutigen Ortsteil Hohenrieth (1942 eingemeindet)
  • 1939: Beginn des Zweiten Weltkrieges, Beginn des Einsatzes polnischer Zwangsarbeiter
  • 1941: Ostfeldzug, Beginn des Einsatzes sowjetischer Zwangsarbeiter
  • 1944: ungarische Jüdinnen werden durch Rheinmetall-Borsig in einem Außenlager Unterlüß des KZ Bergen-Belsen eingesetzt
  • 1945: Kriegsende, britische Besatzung und Beschlagnahme der teilweise zerstörten Werksanlagen sowie zeitweise auch der Werkssiedlungen; im Ort existieren etwa 20 Barackenlager für etwa 4.000 ausländische Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene (etwa 2.500 Polen, 1.000 aus der UdSSR, 500 Jugoslawen, 1.000 aus anderen Ländern)
  • 1951: Rheinmetall Berlin AG reprivatisiert; als zweiter Industriebetrieb in Unterlüß entsteht die Textilmaschinenfabrik Artos
  • 1955: Abzug der Briten, Wiederaufrüstung, Rheinmetall produziert nun für die Bundeswehr
  • 1972 13. November: Im Lüßwald bei Unterlüß, einem der größten zusammenhängenden Waldgebiete in der Südheide, richtete der Orkan Quimburga besonders großen Schaden an
  • 1974: Verkauf der Artos an den britischen Maschinenbaukonzern Babcock, der daraufhin das Werk in Unterlüß schließt
  • 1986: mit Steuergeldern des Landes Niedersachsen errichtet Rheinmetall das Technologiezentrum Nord (TZN) für militärische Forschung, die auch zivil nutzbar sein soll
  • 1990: Wiedervereinigung, Verkleinerung der Bundeswehr führt zu Auftragseinbrüchen und Abbau von Arbeitsplätzen bei Rheinmetall
  • 1997: 150. Ortsjubiläum
  • 1999: 100. Firmenjubiläum der Firma Rheinmetall am Standort Unterlüß

Eingemeindungen

Am 1. Januar 1973 wurden Teilgebiete der Gemeinde Weesen mit damals etwa 300 Einwohnern eingegliedert.[5]

Ausgliederungen

Am 1. März 1973 wurde ein Gebiet mit damals weniger als 50 Einwohnern an die Nachbargemeinde Eschede abgetreten.[5]

Bevölkerung

Religionen

Baptistenkapelle Unterlüß

Im Ort existieren zwei lutherische, eine evangelisch-freikirchliche bzw. baptistische) und eine katholische Kirchengemeinde.

Die neuapostolische Kirchengemeinde besteht nicht mehr.

Einwohnerentwicklung

Im Jahr 2007 hatte Unterlüß 3.887 Einwohner. Der sprunghafte Anstieg der Einwohnerzahlen nach dem Zweiten Weltkrieg ist im Wesentlichen durch den Zuzug Vertriebener bedingt.

Jahr Einwohner Jahr Einwohner Jahr Einwohner
1940 2.500 1970 4.700 2005 4.115
1945 8.200 1980 4.600 2006 3.922
1950 4.100 1990 4.300 2007 3.887
1960 4.250 2000 4.350 2008 3.817

Politik

Gemeinderat

Der Rat der Gemeinde Unterlüß setzt sich aus 14 (2001: 15) Abgeordneten sowie dem direkt gewählten hauptamtlichen Bürgermeister zusammen. Nach den Kommunalwahlen seit 2001 setzte sich der Gemeinderat jeweils wie folgt zusammen:

CDU SPD parteilos FÜR Unterlüß Gesamt
2001 Sitze 9 6 0 0 15 Sitze
2006[6] Sitze 8 4 2 0 14 Sitze
2011 Sitze 6 3 0 (siehe FÜR) 5 14 Sitze
2011 Stimmenanteil (45,2 %) (18,3 %) (36,5 %)

letzte Kommunalwahl am 11. September 2011[7]

Bürgermeister seit 1945

  • 1945–1948: Erich Müller, SPD (durch die britische Besatzungsmacht eingesetzt)
  • 1948-1949: Heinrich Leifels, CDU
  • 1949-1951: Walter Gähle, CDU
  • 1951-1956: Heinrich Meyer
  • 1956-1957: Wilhelm Schmidt, CDU
  • 1957–1970: Robert Busse, CDU
  • 1970–1991: August Biermann, CDU
  • 1991–2005: Eberhard Staiger, CDU
  • seit 2005: Kurt Wilks, parteilos

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 fiel das Amt des Bürgermeisters und des Gemeindedirektors zusammen. Dieses Amt bekleidet derzeit der am 22. Mai 2005 mit 63 % der Stimmen gewählte Kurt Wilks, ein parteiloser Dipl.-Verwaltungswirt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirchen

  • Evangelisch-lutherische Friedenskirche (Schulstraße 7)
  • Evangelisch-Freikirchliches Gemeindehaus (Baptisten), 1980 eröffnet (Erfurter Weg 7)
  • Katholische Kirche St. Paulus (Müdener Straße 33), 1926 erbaut und heute zur Pfarrgemeinde St. Johannes der Täufer in Celle-Vorwerk gehörend
  • Neuapostolische Kirche (Heidkamp 9), 1988 erbaut und inzwischen geschlossen


Museen

  • Das Albert-König-Museum, das einzige reine Kunstmuseum der Lüneburger Heide, ist dem Maler und Graphiker Albert König gewidmet, dessen Nachlass die Gemeinde Unterlüß geerbt hat

Musik

  • Liedertafel „Frohsinn“ (Gesangverein)
  • Gospelkonzerte der Evangelischen Friedenskirche
  • Klassikkonzerte im Albert-König-Museum
  • Chor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde

Sport

  • Turn- und Sportverein (TuS) Unterlüß e. V. (verschiedene Sparten)
  • DLRG (Schwimmsport), Schul- und Vereinsbad
  • Keglervereinigung Unterlüß
  • FC Unterlüß

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Schützenfest in Unterlüß, seit 1952 jeweils am letzten Wochenende im Juli
  • Schützenfest in Lutterloh, alljährlich am Himmelfahrtstag
  • Unterlüßer Dorffest, seit 1981 jeweils am letzten Wochenende im August
  • Sportwoche
  • Waldweihnachtsmarkt, jeweils am Samstag vor dem 1. Advent

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Unterlüß verfügt über einen Bahnhof und liegt an der Bahnstrecke Hannover–Hamburg. Diese wird von der Metronom-Eisenbahngesellschaft bedient, Züge nach Hannover/Göttingen und Uelzen/Hamburg verkehren im Stundentakt.

Im Straßenverkehr liegt Unterlüß 8 km von der Bundesstraße 191 entfernt. So sind die Städte Celle (37 km) und Uelzen (35 km) jeweils in einer guten halben Stunde zu erreichen.

Ansässige Unternehmen

  • Rheinmetall, ein Unternehmen der Rüstungsindustrie, seit 1899 am Standort, heute der einzige größere Arbeitgeber des Ortes und der ganzen Region mit rund 1.000 Beschäftigten
  • Grafix-Zerstäubungstechnik GmbH, ein Unternehmen zur Herstellung von Komponenten für Druckmaschinen. Grafix ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das in Unterlüß nur einen von vielen Standorten betreibt

Wirtschaftsverbände

  • Gewerbeverein Unterlüß e. V. (seit 1980 ist die Mehrzahl der Unterlüßer Unternehmen Mitglied)

Bildung

  • Kindergarten „Noahs Arche“ (ev.-luth.)
  • Kindergarten/-krippe „Regenbogen“ (DRK)
  • Grund- und Hauptschule „Waldschule“: Als zunächst 3-jähriges Projekt (bis 2012) können die Schüler/-innen, die die 10. Klasse in Unterlüß besuchen, je nach persönlichen Fähigkeiten entweder einen Realschulabschluss oder einen Sekundarabschluss I (erweiterter Hauptschulabschluss) erwerben
  • Außenstelle der Volkshochschule Celle (beherbergt in Grund- und Hauptschule)

Siehe auch

Literatur

  • Jürgen Gedicke: Chronik der Gemeinde Unterlüß. Von den Anfängen als Eisenbahnsiedlung im Jahre 1847 bis zur selbständigen Gemeinde im Jahre 1910. 1997. ISBN 3-930374-10-2
  • Jürgen Gedicke: Chronik der politischen Gemeinde Unterlüß. Band 2: Von der selbständigen Gemeinde im Jahre 1910 bis zum Ende des 2. Weltkrieges im Jahre 1945. Unterlüß 2002. ISBN 3-927399-37-X
  • Karl-Heinz Grotjahn: Meiler, Mühlen und Monarchen. Kleine Geschichte des Kieselgurbergbaus in der Lüneburger Heide 1836–1994 (= Veröffentlichung des Albert-König-Museums 30), Unterlüß 1999
  • Nils Köhler: Zwangsarbeit in der Lüneburger Heide. Organisation und Alltag des „Ausländereinsatzes“ 1939–1945. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004, 2. Auflage. ISBN 3-89534-537-7
  • Rainer Schulze (Hrsg.): Unruhige Zeiten. Erlebnisberichte aus dem Landkreis Celle 1945–49. München 1990. ISBN 3-486-54981-2
Commons: Unterlüß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2023 (Hilfe dazu).
  2. Webseite der Gemeinde Unterlüß.
  3. *Übersicht der gemessenen Dreieckssysteme
  4. 10 DM-Schein mit Vize-Heliotrop und Dreiecksnetz
  5. a b Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 223.
  6. Endergebnis Kommunalwahl 2006.
  7. Endergebnis Kommunalwahlen 2011.