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„Large Hadron Collider“ – Versionsunterschied

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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 11. August 2013, 02:11 Uhr

Vorlage:LHC Der Large Hadron Collider (LHC, deutsche Bezeichnung Großer Hadronen-Speicherring)[1] ist ein Teilchenbeschleuniger am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf. In Bezug auf Energie und Häufigkeit der Teilchenkollisionen ist der LHC der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. An Planung und Bau waren über 10.000 Wissenschaftlern und Technikern aus über 100 Staaten beteiligt, in Kooperation mit hunderten Universitätslehrstühlen. Die maßgebliche Komponente ist ein Synchrotron in einem 26,7 Kilometer langen, unterirdischen Ringtunnel, in dem Protonen oder Bleikerne gegenläufig auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht werden.

Ziel der Forschungen am LHC sind die Erzeugung und genaue Erforschung bekannter und vermuteter Elementarteilchen und Materiezustände. Ausgangspunkt ist die Überprüfung des gegenwärtigen Standardmodells der Teilchenphysik. Besonderes Augenmerk liegt daher auf dem schon lange gesuchten Higgs-Boson, dem letzten bei Betriebsbeginn noch nicht experimentell nachgewiesenen Teilchen des Standardmodells. Darüber hinaus soll der LHC der Suche nach Physik jenseits des Standardmodells dienen, um möglicherweise Antworten auf die im Standardmodell offen gebliebenen Fragen zu finden. Vier große und zwei kleinere Detektoren registrieren die Spuren der bei den Kollisionen entstandenen Partikel. Durch die hohe Luminosität entstehen enorme Datenmengen, die mit Hilfe einer ausgeklügelten IT-Infrastruktur vorsortiert werden. Nur ein kleiner Teil der Daten wird mittels eines eigens aufgebauten, weltumspannenden Netzes zur Analyse an die beteiligten Institute weitergeleitet.

Die Experimente in dem neu erschlossenen Energiebereich begannen Ende 2009. Ein wesentliches Ergebnis der bisherigen Experimente (Stand: 2013) ist eine außerordentlich erfolgreiche Bestätigung des Standardmodells. Mehrere neue Hadronen wurden gefunden, ein Quark-Gluon-Plasma konnte erzeugt werden und erstmals wurde beim Bs0-Meson die CP-Verletzung bei seinem Zerfall in Kaonen und Pionen beobachtet sowie sein extrem seltener Zerfall in zwei Myonen. Der bislang größte Erfolg war der experimentelle Nachweis eines neues Elementarteilchen, bei dem es sich sehr wahrscheinlich um das lange gesuchte Higgs-Boson handelt.

Geschichte

Lage und Größe des LHC-Rings zusammen mit dem kleineren Ring des SPS

Der Vorläufer des LHC war der Ringbeschleuniger LEP (Large Electron-Positron Collider), der bis zum Jahr 2000 betrieben wurde und sich im selben Tunnel befand. Schon 1984, während der LEP noch im Bau war, begann die Planung des LHC.[2] Im LEP wurden Elektronen und Positronen, die zu den Leptonen zählen, zur Kollision gebracht. Im LHC kollidieren Hadronen, das heißt Protonen oder Atomkerne, woher der Name Large Hadron Collider rührt. Am 16. Dezember 1994 gab das CERN Council grünes Licht für den Bau. Zunächst sollte die Energie, mit der die Protonen kollidieren, 10 TeV betragen und später auf 14 TeV aufgerüstet werden. Nachdem Nichtmitgliedstaaten des CERN erklärt hatten, sich ebenfalls an der Finanzierung und Entwicklung des LHC und damit an seiner späteren Nutzung beteiligen zu wollen, wurde im Dezember 1996 entschieden, auf den Zwischenschritt von 10 TeV zu verzichten und direkt 14 TeV in Angriff zu nehmen. Schlagendes Argument für den Standort am CERN war der vorhandene Ringtunnel des LEP, bei dessen Planung bereits eine mögliche Weiternutzung durch den LHC berücksichtigt worden war.[3]

Offizieller Start des Beschleunigerbetriebs am LHC war der 10. September 2008, als zum ersten Mal ein Protonenpaket den gesamten Ring umrundete. Doch ein technischer Defekt führte bereits nach neun Tagen zu einem einjährigen Stillstand. Die Schweißnaht eines supraleitenden Kabels hielt der Belastung nicht stand und zerstörte einen Heliumtank des Kühlsystems, dessen Explosion wiederum einen der 30 Tonnen schweren Magneten um einen halben Meter verschob.[4][5] Bei diesem „Quenchen“ gingen sechs Tonnen flüssigen Heliums verloren, die betroffenen Magnete erwärmten sich sehr schnell um etwa 100°C.[6] Nach Wiederinbetriebnahme am 20. November 2009 fanden drei Tage später in den Teilchendetektoren die ersten Proton-Proton-Kollisionen statt, weitere sechs Tage später erreichte der Protonenstrahl mit 1,05 TeV die Energie des Tevatrons, des bis dahin stärksten Teilchenbeschleunigers. Während des Winters 2009/10 wurden am Teilchenbeschleuniger Verbesserungen vorgenommen, die 3,5 TeV pro Strahl, also eine Schwerpunktsenergie von 7 TeV, erlaubten.[7][8] Am 30. März 2010 fanden erstmals Kollisionen mit dieser Energie statt. Alle Verantwortlichen zeigten große Zufriedenheit, so auch CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer:[9]

“It’s a great day to be a particle physicist. A lot of people have waited a long time for this moment, but their patience and dedication is starting to pay dividends.”

„Heute ist ein großer Tag für Teilchenphysiker. Viele Leute haben lange auf diesen Moment gewartet, doch nun beginnt sich ihre Geduld und ihr Engagement auszuzahlen.“

Rolf Heuer, Generaldirektor des CERN

Die folgenden anderthalb Jahre hindurch, unterbrochen nur durch eine planmäßige Wartungspause im Winter 2010/11, konnten die Detektoren Proton-Proton-Kollisionen bei 7 TeV Schwerpunktsenergie beobachten. Dabei wurde die ursprünglich geplante Zahl an Kollisionen dank ständig verbesserter Strahlfokussierung übertroffen.[10] Der Betrieb im Protonen-Modus wurde am 30. Oktober 2011 unterbrochen, um bis zum nächsten Wartungsstillstand im Winter 2011/12 eine kurze Phase mit Kollisionen von Blei-Kernen einzufügen.

Ursprünglich sollte der LHC nach rund zweijährigem Betrieb Ende 2011 in eine längere Umrüstungsphase von 15 bis 18 Monaten gehen, um die bestehenden Verbindungen zwischen den Magneten auszutauschen und den Beschleuniger auf 7 TeV (Schwerpunktenergie 14 TeV) vorzubereiten. Im Januar 2011 wurde jedoch entschieden, die Laufzeit vor der Umrüstungsphase um ein Jahr zu verlängern, bis Ende 2012, später wurde dieser Termin auf Anfang 2013 verschoben. Der Grund für die Entscheidung war die hervorragende Leistung des Beschleunigers im ersten Betriebsjahr, sodass Anzeichen eventueller neuartiger Teilchen schon nach dreijähriger Laufzeit zu erwarten waren[11] – was sich dann mit der Entdeckung eines neuen Elementarteilchens bestätigte.

Vom 5. April 2012 bis 17. Dezember 2012 wurden wieder Proton-Proton-Kollisionen beobachtet. Dabei konnte die Schwerpunktsenergie auf 8 TeV gesteigert werden.[12][13] Danach folgten erneut Kollisionen von Bleikernen und zusätzlich Kollisionen zwischen Bleikernen und Protonen.

Seit Ende Februar 2013 befindet sich der LHC in der ersten längeren Umrüstungsphase, die voraussichtlich bis 2015 andauern wird.[veraltet] In dieser Zeit soll der Beschleuniger für seine maximale Energie vorbereitet werden.[14]

Aufbau, Betrieb und Funktionsweise

Tunnel des LHC vor Einbau der Magnete
Tunnel des LHC in fertigem Zustand
Prototyp eines Dipolmagneten

Beschleunigerring

Der LHC wurde in dem bereits vorhandenen Tunnel der Europäischen Kernforschungsanlage CERN errichtet, in dem zuvor der Large Electron-Positron Collider bis zu dessen Stilllegung im Jahr 2000 installiert war. Neben dem Tunnel konnten zwei Kammern des LEP weiter genutzt werden, lediglich die Kammern für die Detektoren ATLAS und CMS mussten praktisch neu gebaut werden.[3] Die Tunnelröhre hat einen Durchmesser von etwa 3,80 Metern und einen Umfang von 26,659 km und liegt, mit einer leichten Neigung von 1,4 %, in 50 bis 175 Meter Tiefe.[3][15] Der Beschleunigerring ist nicht exakt kreisförmig, sondern besteht aus acht Kreisbögen und acht geraden Abschnitten.[3] Große Teile der Beschleunigerringe und einige unterirdische Experimentierplätze befinden sich auf französischem Staatsgebiet, gehören jedoch administrativ zur Schweiz. Die größten Experimentiereinrichtungen, die Vorbeschleuniger und der Kontrollstand, befinden sich in Meyrin in der französischsprachigen Schweiz.

Der LHC-Tunnel enthält zwei benachbarte Strahlröhren, in denen zwei Hadronenstrahlen in entgegengesetzter Richtung umlaufen. Aus Platzgründen mussten beide Strahlröhren in einer gemeinsamen Röhre mit den Magneten und den Kühleinrichtungen untergebracht werden.[3] Um Kollision der Teilchen zu ermöglichen, kreuzen sich die Strahlröhren an vier Punkten des Rings. Beim Vorgänger, dem LEP, geschah dies noch an acht Stellen.[3] In den Strahlröhren herrscht ein Ultrahochvakuum, damit möglichst selten ein beschleunigtes Teilchen mit einem Gasmolekül der Restluft zusammenstößt. Der Restdruck dieses Vakuums lieg bei etwa 10−16 mbar, das ist weit weniger als der messbare Atmosphärendruck auf dem Mond. Auch die Magnete und die Helium-Versorgungsleitungen sind von einem Vakuum zur Isolation umgeben, um den Wärmefluss möglichst klein zu halten. Das Volumen des Isoliervakuums der Magnete entspricht etwa 9.000 m3.

Während im LEP Elektronen und Positronen, also die Antiteilchen zueinander, zur Kollision gebracht wurden, werden am LHC je nach Betriebsmodus entweder Protonen oder Bleikerne beschleunigt und zur Kollision gebracht. Aufgrund der viel größeren Masse der Hadronen verlieren sie weniger Energie durch Synchrotronstrahlung und können so eine weitaus größere Energie erreichen. Den limitierenden Faktor für die erreichbare Energie stellt jetzt die Feldstärke der Magnete dar, die für die Ablenkung sorgen. Um weniger starke Richtungsänderungen bewirken zu müssen, wären weniger gerade Sektionen und stattdessen längere, schwächer gekrümmte Bogensektionen im Ring besser gewesen. Aus Kostengründen wurde jedoch auf einen Tunnelumbau verzichtet. Die hochenergetischen Teilchen werden im LHC durch 1232 supraleitende Dipolmagnete aus Niob und Titan in ihrer Bahn gehalten, die mittels Stromstärken von 11.850 A ein Feld von bis zu 8,33  Tesla erzeugen.[3] Die Stärke des Magnetfeldes und die Frequenz des elektrischen Feldes werden ständig der steigenden Energie der Teilchen angepasst. Um die Teilchenstrahlen fokussiert zu halten und um die Kollisionsrate bei der Kreuzung der beiden Strahlen zu erhöhen, kommen 392 ebenfalls supraleitende Quadrupolmagnete zum Einsatz. Die Magnete werden in zwei Schritten auf ihre Betriebstemperatur von 1,9 K (−271,25 °C) heruntergekühlt, nahe dem absoluten Nullpunkt. Im ersten Schritt werden sie mit 10.080 Tonnen flüssigem Stickstoff auf 80 K (−193,2 °C) vorgekühlt, im zweiten Schritt mittels 100 Tonnen flüssigen Heliums auf ihre Endtemperatur gebracht.[16][17] Um die Magnete auf ihrer Betriebstemperatur zu halten, sind sie ständig von etwa 60 Tonnen flüssigem Helium im suprafluiden Zustand umgeben. In diesem Zustand hat das Helium eine besonders gute Wärmeleitfähigkeit. Insgesamt werden am LHC 140 Tonnen an Helium für Kühlzwecke bevorratet.[18] Der LHC ist daher der größte Kryostat, der bis jetzt gebaut wurde.

Beim Betrieb der Beschleunigeranlage müssen neben den Gezeiten, die den Umfang des Rings um etwa 1 mm verändern, der Wasserstand des Genfer Sees und andere Störeinflüsse von Außen berücksichtigt werden.

Protonenmodus

Für den Protonenmodus im LHC war eine Schwerpunktsenergie von 14 TeV vorgesehen. Dies entspricht 99,9999991 % der Lichtgeschwindigkeit. Bis dato wurden 8 TeV erreicht, ab 2015 sollen Kollisionen mit etwa 13 TeV möglich sein[veraltet]. Um solche Energien zu erreichen, werden die Protonen nacheinander durch eine Reihe von Systemen beschleunigt. Zuerst werden die Protonen in einem Linearbeschleuniger auf eine Energie von 50 MeV (0,05 GeV) gebracht. Danach werden sie mittels der bereits vor dem Bau des LHC existierenden Ringe des Proton Synchrotron Booster, des Proton Synchrotron und des Super Proton Synchrotron auf 450 GeV (0,45 TeV) beschleunigt, bis sie schließlich in den Hauptring des LHC eingefädelt werden und dort ihre endgültige Energie erreichen. Die Beschleunigung der Protonen erfolgt nach dem Synchrotronprinzip durch ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld und dauert etwa 20 Minuten.

Die Protonen werden in den Strahlröhren zu Paketen gebündelt. Die Länge dieser Pakete beträgt einige Zentimeter, der Durchmesser etwa 1 mm – in der Nähe der Kollisionszone wird der Strahl auf eine Breite von etwa 16 µm komprimiert. Jedes Paket enthält über 100 Milliarden Protonen. Im Vollbetrieb soll der LHC mit etwa 2800 Paketen gefüllt werden, die mit einer Frequenz von 11 kHz umlaufen. Ein Protonenpaket kann bis zu einem Tag in der Strahlröhre bleiben und dabei eine Strecke von 26 Milliarden Kilometern zurücklegen, das entspricht dem sechsfachen Abstand zwischen Erde und Neptun.

Werden die Strahlen gekreuzt, durchdringen sich in der Kollisionszone alle 25 Nanosekunden zwei Protonenpakete. Dabei treffen etwa je 20 Protonen beider Pakete tatsächlich aufeinander, das sind dann bis zu 800 Millionen Kollisionen pro Sekunde. Die Luminosität soll 1034 cm−2s−1 erreichen.[19] Die bisher in Proton-Kollisionen erreichte maximale Luminosität liegt bei 0,76·1034 cm−2s−1 mit 1374 Paketen.[20]

Bleimodus

Zur Herstellung eines Strahls von Blei-Atomkernen wird zunächst hochreines Blei auf etwa 550°C erhitzt und der entstehende Bleidampf von einem Elektronen-Strahl ionisiert. Unter den zahlreichen unterschiedlichen Ladungszuständen werden die am häufigsten auftretenden 208Pb29+-Ionen ausgewählt und auf 4,2 MeV pro Nukleon beschleunigt. Danach dient eine Kohlenstoff-Folie als „Stripper“, das heißt beim Durchgang durch die Folie verlieren die meisten Bleiionen weitere 25 Elektronen, liegen also jetzt als Pb54+-Ionen vor. Diese Bleiionen werden im Low Energy Ion Ring (LEIR) auf 72 MeV pro Nukleon beschleunigt, nachfolgend im Proton Synchrotron (PS) auf 5,9 GeV pro Nukleon. Beim Flug durch eine zweite Stripperfolie verlieren die Bleikerne alle noch verbliebenen Elektronen und liegen danach als Pb82+ vor. Schließlich werden diese Kerne im Super Proton Synchrotron (SPS) auf 117 GeV pro Nukleon beschleunigt und in den LHC eingespeist, der sie auf 2,76 TeV pro Nukleon bringt.[21] Insgesamt findet die Kollision der Bleikerne somit bei einer Schwerpunktenergie von 1146 TeV statt.

LHC im Vergleich zu LEP und Tevatron

Im Tevatron, dem anderen großen Ringbeschleuniger mit gegenläufigen Strahlen, liefen Teilchen mit entgegengesetzten Ladungen in entgegengesetzter Richtung in den beiden Strahlrohren um. Nach demselben Prinzip arbeitete der LHC-Vorgänger LEP. Alle Teilchen bewegen sich auf ihrer Bahn durch ein gleich gerichtetes Magnetfeld. Durch die relativistische Lorentzkraft erfahren sie dadurch die erforderliche Ablenkung nach innen und werden so auf ihrer ringförmigen Bahn gehalten. Beim LHC tragen die gegenläufigen Protonen bzw. Bleiionen jedoch die gleiche Ladung. In den beiden Strahlrohren muss daher das Magnetfeld in entgegengesetzte Richtungen zeigen, um alle Teilchen nach innen abzulenken. Nach dem Konzept von John Blewett (1971) wird dies durch ein etwa ringförmiges Magnetfeld erreicht, welches das eine Strahlrohr von oben nach unten und das andere von unten nach oben durchdringt.[3]

Die im Vergleich zu den vorherigen Experimenten höhere Schwerpunktsenergie ermöglicht die Erforschung neuer Energiebereiche. Durch die Entscheidung für Protonen statt Antiprotonen im zweiten Strahl, wie etwa am Tevatron, konnte darüber hinaus eine hohe Luminosität erreicht werden. Die hohe Teilchendichte an den Wechselwirkungspunkten führt zu den erwünschten, hohen Ereignisraten in den Teilchendetektoren und ermöglicht es, größere Datenmengen in kürzerer Zeit zu sammeln.

Detektoren

Datei:CMScollaborationPoster.png
CMS-Detektor mit 21 m Länge und 16 m Durchmesser.
Datei:CMS Slice.gif
Teilschnitt durch den CMS-Detektor (siehe unten links) mit eingezeichneten möglichen Teilchenspuren in den verschiedenen Detektorsektionen.
Simulierte Detektion von Teilchen nach Protonenkollision im CMS-Detektor.

Die Kollision der Protonen durch Kreuzung der beiden Protonenstrahlen erfolgt in vier unterirdischen Kammern entlang des Beschleunigerrings. In den Kammern befinden sich die vier großen Teilchendetektoren ATLAS, CMS, LHCb und ALICE. Die Detektoren TOTEM und LHCf sind sehr viel kleiner und befinden sich in den Kammern des CMS- beziehungsweise ATLAS-Experimentes. Sie untersuchen nur Teilchen, die einander bei den Kollisionen streifen statt aufeinander zu prallen. Daneben sind noch weitere spezielle Experimente mit dazugehörigen Detektoreinheiten geplant, wie zum Beispiel MoEDAL für die Suche nach magnetischen Monopolen, Relikten mikroskopischer Schwarzer Löcher und supersymmetrischer Teilchen.

Die Zielrichtung der vier großen Detektorsysteme lässt sich grob folgendermaßen zusammenfassen:

Detektor Beschreibung
ATLAS Suche nach dem Higgs-Boson, Supersymmetrie und nach etwaigen Substrukturen der derzeit kleinsten bekannten Teilchen, Leptonen und Quarks. Am ATLAS-Experiment nehmen etwa 7000 Forscher aus über 200 Instituten weltweit teil.
CMS Suche nach dem Higgs-Boson und Supersymmetrie, Studium der Kollisionen schwerer Ionen. Die CMS-Gruppe umfasst etwa 3200 Personen aus 200 wissenschaftlichen Instituten.
ALICE Untersuchung des extrem dichten und energiereichen Quark-Gluon-Plasmas, dem Materiezustand unmittelbar nach dem Urknall. Über 1000 Mitarbeiter (Physiker, Ingenieure und Techniker).
LHCb Unter anderem spezialisiert auf die Untersuchung von Zerfällen von Hadronen, die ein bottom- oder charm-Quark enthalten, Präzisionsmessungen zur CP-Verletzung oder zu seltenen Zerfällen als sensitive Tests des Standardmodells.

Die komplexe innere Struktur der Protonen führt dazu, dass in Kollisionen oft viele verschiedene Teilchen entstehen. Dies führt zu hohen Anforderungen an die Detektorsysteme, die diese Teilchen und ihre Eigenschaften möglichst vollständig erfassen sollen. Da die entstehenden Teilchen sehr vielfältig in ihren Eigenschaften sind, werden verschiedene Detektorkomponenten benötigt, die spezifisch für bestimmte Fragestellungen geeignet sind. Eine Ausnahme bilden lediglich die entstehenden Neutrinos, die nicht direkt detektiert werden können. Dabei ist die Bestimmung des Ursprungsortes der jeweiligen Kollisionsprodukte von entscheidender Bedeutung, dieser muss nicht mit dem Kollisionspunkt der Protonen übereinstimmen, da ein Teil der kurzlebigen Produkte noch beim Flug durch den Detektor zerfällt.

Der Grundaufbau der Detektoren besteht aus einer Aneinanderreihung von verschiedenen Detektoren unterschiedlicher Bauart und Wirkungsprinzipien, welche nach dem Zwiebelschalenprinzip den Kollisionspunkt möglichst vollständig umgeben. Große Magnetfelder supraleitender Magneten sorgen für eine Ablenkung der geladenen Teilchen. Aus der Bahnkrümmung lassen sich spezifische Ladung und Impuls geladener Teilchen bestimmen. Die innerste Schicht ist der sogenannte Spurdetektor, ein Halbleiterdetektor mit feiner Ortsauflösung. Ihn umgeben ein elektromagnetisches und ein hadronisches Kalorimeter und ein Spektrometer für Myonen.

Der ATLAS-Detektor mit 45 m Länge und 22 m Durchmesser.

Die Bleikerne werden hauptsächlich im ALICE-Detektor zur Kollision gebracht, der eigens für die Messung dieser Kollisionen gebaut wurde. In geringerem Umfang untersuchen ATLAS und CMS Schwerionen-Kollisionen. Darüber hinaus können Bleikerne mit Protonen zur Kollision gebracht werden, was von allen vier großen Detektoren untersucht werden kann.

Datenanalyse

Die Datenmenge, die im Betrieb durch aufgezeichnete Detektorsignale oder Computersimulationen anfällt, wird auf 15 Millionen Gigabyte pro Jahr geschätzt.[22] Die Datenmenge wäre wesentlich größer, wenn nicht ausgeklügelte Trigger auf Hard- und Softwareebene einen Großteil der Messignale bereits vor der Verarbeitung oder dauerhaften Speicherung verwerfen würden. Allein die Datenmenge des CMS-Detektors ist mit der einer 70 Megapixel-Kamera vergleichbar, die 40 Millionen Bilder pro Sekunde macht. Ohne Trigger wären solche Datenmengen mit aktueller Technik nicht beherrschbar. So werden am ATLAS-Detektor in der ersten Triggerstufe von den Daten der 40 Millionen Strahlkreuzungen pro Sekunde etwa 75.000 ausgewählt. Von diesen passieren weniger als 1.000 die zweite Triggerstufe, und nur diese Ereignisse werden vollständig analysiert. Letzten Endes werden etwa 200 Ereignisse pro Sekunde dauerhaft gespeichert.[23]

Um diese reduzierte Datenmenge zu verarbeiten, ist die benötigte Rechnerleistung immer noch so groß, dass dafür etwa 150 weltweit verteilte Computercluster nötig sind, die zu einem Computer-Netzwerk verbunden sind, dem LHC Computing Grid.[24] Für die Simulation der Teilchenbahnen werden im LHC@Home-Projekt Computerbesitzer eingebunden, die nach dem Prinzip des verteilten Rechnens die Rechenleistung ihres Privatcomputers zur Verfügung stellen.

Stromversorgung

Haupteinspeisepunkt für die Versorgung des CERN mit elektrischer Energie ist das 400 kV-Umspannwerk Prevessin, das über eine kurze Stichleitung mit dem 400 kV-Umspannwerk Bois-Toillot in Verbindung steht. Eine weitere Einspeisung erfolgt mit 130 kV in der Station Meyrin. Von diesen Einspeisepunkten führen 66 kV- und 18 kV-Erdkabel zu den größeren Umspannpunkten, wo eine Umspannung auf die Betriebsspannung der Endgeräte (18 kV, 3,3 kV und 400 V) erfolgt.[25] Für den Fall eines Stromausfalls sind in den Experimentierstationen Notstromaggregate mit Leistungen von 275 kVA und 750 kVA installiert, für besonders empfindliche Geräte ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet.

Der Speicherring benötigt eine elektrische Leistung von 120 MW. Zusammen mit dem Kühlsystem und den Experimenten ergibt sich ein Leistungsbedarf von etwa 170 MW. Wegen der höheren Stromkosten wird der LHC im Winter teilweise abgeschaltet, so dass sich die benötigte Leistung auf 35 MW reduziert. Der maximale Jahresenergieverbrauch des LHC wird mit 700–800 GWh angegeben. Zum Vergleich: im Kanton Genf werden etwa 11.400 GWh im Jahr verbraucht.[26][27] Dabei ist der Energieverbrauch des LHC durch den Einsatz supraleitender Magnete geringer als bei Vorgängerexperimenten wie dem LEP.[28]

Kosten

Die unmittelbaren Kosten für das LHC-Projekt, ohne die Detektoren, belaufen sich auf etwa 3 Milliarden Euro. Bei der Bewilligung der Konstruktion im Jahr 1995 wurde ein Budget von 2,6 Milliarden Schweizer Franken (damals entsprechend 1,6 Milliarden €) für den Bau des LHC und der unterirdischen Hallen für die Detektoren veranschlagt. Doch bereits 2001 wurden zusätzliche Kosten von 480 Millionen Schweizer Franken (etwa 300 Millionen €) für den Beschleuniger veranschlagt,[29] wovon allein 180 Millionen Schweizer Franken (120 Millionen €) auf die supraleitenden Magnete entfielen. Weitere Kostensteigerungen entstanden aufgrund technischer Schwierigkeiten beim Bau der unterirdischen Halle für den Compact Muon Solenoid, teilweise aufgrund von defekten Teilen, die von den Partnerlaboratorien Argonne National Laboratory, Fermilab und KEK zur Verfügung gestellt worden waren.[30]

Forschungsziele und bisherige Ergebnisse

Grundlagenforschung

Die Wissenschaftler erhoffen sich von den Experimenten am LHC die Beantwortung fundamentaler Fragen zu den Grundkräften der Physik, der Struktur von Raum und Zeit sowie dem Zusammenhang zwischen Quantenphysik und Relativitätstheorie. Die Daten des LHC werden entweder die Vorhersagen des gängigen Standardmodells der Elementarteilchenphysik bestätigen oder aufzeigen, dass gravierende Korrekturen im physikalischen Weltbild nötig sind.

Die hohe Kollisionsenergie des LHC hat zur Folge, dass nicht die Protonen als Ganzes, sondern unabhängig voneinander deren einzelne Bestandteile, Quarks und Gluonen, miteinander reagieren. In den meisten Fällen sind von jedem der beiden Protonen jeweils nur ein einziges Quark oder Gluon am Stoß beteiligt. Zwar hat die Energie der Protonen vor der Kollision einen exakt definierten Wert, doch können Energie und Impuls einzelner Quarks oder Gluonen entsprechend der Parton-Verteilungsfunktionen in einem großen Bereich variieren, sodass die Kollisionsenergie der beiden eigentlich relevanten Stoßpartner nicht genau festgelegt werden kann. Aufgrund dessen ist es einerseits möglich, trotz konstanter Energie der Protonen in einem großen Energiebereich nach neu erzeugten Teilchen zu suchen, weshalb der LHC als eine „Entdeckungsmaschine“ bezeichnet wird. Andererseits wird die Möglichkeit eingeschränkt, die Eigenschaften dieser neuen Teilchen präzise zu vermessen. Aus diesem Grund wird bereits über den International Linear Collider als möglichen Nachfolger des LHC nachgedacht, in dem, wie früher bereits im LEP, Elektronen und Positronen zur Kollision gebracht werden sollen.[31] Deren Energie ist exakt einstellbar und im Gegensatz zu Protonen haben sie keine bekannte Substruktur.

Das Higgs-Boson

Feynman-Diagramm der Vektorbosonfusion, einem prominenten Prozess zur Erzeugung von Higgs-Bosonen

Eine der Hauptaufgaben des LHC ist die Suche nach dem Higgs-Boson, dem letzten noch nicht endgültig nachgewiesenen Teilchen des Standardmodells der Teilchenphysik. Am 4. Juli 2012 berichteten die Forschergruppen an den Detektoren ATLAS und CMS, dass sie ein neues Boson gefunden haben. Ob dieses das vom Standardmodell beschriebene Higgs-Boson ist, muss durch Vermessung seiner Eigenschaften noch geklärt werden. Das Higgs-Boson würde die Theorie der spontanen Symmetriebrechung bestätigen, mittels derer die Massen der Elementarteilchen in das Standardmodell beziehungsweise in die Glashow-Weinberg-Salam-Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung eingeführt werden können.[32][33] Vereinfacht gesagt bestätigt das Higgs-Boson die Existenz des sogenannten Higgs-Feldes. Dieses Feld ist im Universum allgegenwärtig und führt durch Wechselwirkung mit den Elementarteilchen zu deren Masse.

Quark-Gluon-Plasma

Der im Vergleich zu Protonenkollisionen seltener angewandte Betriebsmodus der Kollision von Bleikernen dient dazu, kurzzeitig ein sehr hochenergetisches Plasma quasifreier Quarks und Gluonen zu erzeugen, ein sogenanntes Quark-Gluon-Plasma. Am Detektor ALICE werden auf diese Weise die Bedingungen nachgebildet und untersucht, wie sie gemäß dem Urknallmodell kurz nach dem Urknall geherrscht haben.[34]

Präzisierung von Standardmodellparametern

Im Vergleich zu früheren Beschleunigern verfügt der LHC über einen höheren Energiebereich sowie über eine höhere Datenrate. Somit ist er geeignet, die Eigenschaften bereits nachgewiesener Elementarteilchen des Standardmodells genauer zu bestimmen als dies in Vorgängerexperimenten möglich war. So konnte am Vorgängerexperiment Tevatron das schwerste der bisher bekannten Elementarteilchen, das Top-Quark, zwar nachgewiesen, seine Eigenschaften aber aufgrund der geringen Anzahl der produzierten Teilchen und der daraus resultierenden schlechten Statistik nur sehr ungenau bestimmt werden. Am LHC dagegen werden Top-Quarks in großer Anzahl erzeugt, was ein genaueres Studium der Eigenschaften dieses Teilchens ermöglicht. Er ist damit die erste sogenannte „t-Fabrik“.[35] Darüber hinaus wurden am LHC mehrere neue Hadronen gefunden.[36][37][38]

Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die Erforschung der Materie-Antimaterie-Asymmetrie im Universum die von den gängigen Urknalltheorien nicht erklärt wird. Unter Asymmetrie wird die Tatsache verstanden, dass das sichtbare Universum ausschließlich aus Materie und nicht aus Antimaterie aufgebaut ist. Das Studium der B-Physik, schwerpunktmäßig am LHCb-Experiment, soll helfen, die CKM-Matrix genauer zu vermessen. Diese Matrix enthält einen CP-verletzenden Anteil, der einen wichtigen Baustein für die Erklärung der Materie-Antimaterie-Asymmetrie darstellt. Die Größe der durch das Standardmodell vorhergesagten CP-Verletzung kann jedoch die beobachtete Asymmetrie nicht erklären, sodass die Messungen auch dazu dienen, nach Abweichungen vom Standardmodell zu suchen.[39] Dabei konnte die LHCb-Kollaboration erstmals CP-Verletzung bei Bs-Mesonen nachweisen.[40]

Zu den Tests des Standardmodells zählt zudem die Erforschung des seltenen Zerfalls des Bs0-Mesons in zwei Myonen, der erstmals am LHC beobachtet wurde.[41] Die Vorhersage, dass etwa drei von einer Milliarde Bs0-Mesonen auf genau diese Weise zerfallen, wurde im LHCb-Detektor und danach von CMS bestätigt.[42] Ganz ohne diesen Zerfall wäre ein solches Messergebnis ansonsten lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 0,001 % möglich.

Physik jenseits des Standardmodells

Prozess in einem supersymmetrischen Modell: Ein Gluon g und ein Down-Quark wandeln sich in ihre jeweiligen Superpartner um. Diese zerfallen in die leichtesten Superpartner , die durch fehlenden Gesamtimpuls indirekt registriert werden können.

Über die Überprüfung des Standardmodells und die genauere Vermessung seiner Parameter hinaus wird am LHC intensiv nach Hinweisen für Physik jenseits des Standardmodells (englisch Physics beyond the Standard Model) gesucht. Der mit Abstand größte Aufwand wird dabei für das Auffinden von Hinweisen auf Supersymmetrie betrieben. Die Theorie der Supersymmetrie liefert direkte Erweiterungen des Standardmodells, etwa das minimale supersymmetrische Standardmodell. Die in diesen Modellen neu auftauchenden Teilchen wie der leichteste Superpartner stellen eine mögliche teilchenphysikalische Erklärung für die in der Astrophysik postulierte Dunkle Materie dar. Des Weiteren ist Supersymmetrie Bestandteil der meisten Modelle, welche die drei Wechselwirkungen des Standardmodells vereinigen – sogenannte Große vereinheitlichte Theorien – und zudem notwendig für die Superstringtheorie ist. In Fachkreisen wird angenommen, dass viele Superpartner eine Masse im Bereich von ungefähr 100 GeV bis 1 TeV haben und somit prinzipiell am LHC erzeugt und vermessen werden können. Ein typisches Signal für Supersymmetrie wäre die Erzeugung elektrisch neutraler leichtester Superpartner.[43] Diese möglichen Teilchen dunkler Materie können vom Detektor zwar nicht direkt registriert werden, machen sich jedoch bei der Rekonstruktion des gesamten Kollisionsprozesses über den fehlenden Impuls bemerkbar.

Ein weiteres Forschungsobjekt innerhalb der Physik jenseits des Standardmodells sind aufgrund ihrer geringen Größe bislang unentdeckte Raumdimensionen. Diese Extradimensionen könnten sich bemerkbar machen durch verstärkte Wechselwirkung mit Gravitonen,[44] durch den Nachweis von Kaluza-Klein-Teilchen oder durch die Erzeugung kurzlebiger mikroskopischer schwarzer Löcher.[45]

Zukunft

Die Laufzeit des LHC wird voraussichtlich 2030 enden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehen jedoch vielfältige Planungen. Seit Februar 2013 läuft die erste Umrüstungsphase, die bis 2015[veraltet] andauern soll.[46] Danach soll die Protonenenergie voraussichtlich 6,5 TeV erreichen, außerdem soll die Luminosität ihren Designwert erreichen.

Für 2018[veraltet] ist eine längere Umrüstungsphase von 12 bis 15 Monaten geplant um die Luminosität noch weiter zu steigern. Dazu werden neue Quadrupole eingesetzt, deren Prototypen bereits heute in Konstruktion sind. Durch die neuen Quadrupole kann der Teilchenstrahl zwar besser fokussiert werden, andererseits kollidieren die Teilchenpakete jedoch nicht mehr frontal, sondern unter einem bestimmten Winkel, und die Protonenpakete durchdringen sich nicht vollständig. Ein anderes Konzept sieht daher vor, durch spezielle Kavitäten, sogenannte Crab Cavities, die länglichen Teilchenpakete kurz vor dem Interaktionspunkt so zu drehen, dass sie möglichst zentral kollidieren. Zudem werden die inneren Detektoren von ALICE, CMS und LHCb ersetzt, um eine höhere Auflösung zu erhalten.

Für die fernere Zukunft sind weitere Verbesserungen vorgesehen. Welche davon umgesetzt werden, wird unter anderem von den bis dahin gemachten Entdeckungen abhängen. Ein Konzept sieht die Umrüstung des LHC auf noch höhere Energien (High Energy LHC) vor. Dazu müssten die Feldstärke sämtlicher Dipolmagnete von gegenwärtigen 8,3 Tesla auf 20 Tesla erhöht und neuartige Quadrupole eingesetzt werden, wodurch Energien von 16,5 TeV (Schwerpunktenergie: 33 TeV) erreicht werden könnten. Darunter würde allerdings die Luminosität leiden, da nur noch halb soviele Teilchenpakete beschleunigt werden könnten. Ein anderes Konzept sieht weitere Erhöhungen der Luminosität vor, ohne die Energie zu erhöhen. Dazu könnte die Zahl der umlaufenden Teilchen sowie ihre Fokussierung weiter gesteigert werden. Auch eine Umrüstung zu einem Electron-Hadron-Collider wäre möglich.

Gegner

Da am LHC eventuell mikroskopische schwarze Löcher oder seltsame Materie erzeugt werden könnten, gibt es vereinzelte Warnungen vor möglichen Risiken der LHC-Experimente.[47][48][49] Eine Gruppe um den Biochemiker Otto Rössler reichte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage gegen die Inbetriebnahme des LHC ein. Der damit verbundene Eilantrag wurde im August 2008 vom Gericht abgewiesen.[50] Das deutsche Bundesverfassungsgericht lehnte die Annahme einer Verfassungsbeschwerde im Februar 2010 wegen fehlender grundsätzlicher Bedeutung und mangelnder Aussicht auf Erfolg ab.[51] Fachwissenschaftler stellten wiederholt fest, dass vom LHC und anderen Teilchenbeschleunigern keine Gefahren ausgehen. Tragende Argumente sind hierbei, dass erstens die theoretisch möglichen, mikroskopischen schwarzen Löcher unmittelbar zerstrahlen würden, anstatt wie befürchtet immer mehr Masse bzw. Energie aus der Umgebung aufzunehmen, und dass zweitens die natürliche kosmische Strahlung ständig mit noch höherer Energie als im LHC auf die Erdatmosphäre und auf andere Himmelskörper trifft, ohne dabei Katastrophen zu verursachen.[52][53][54][55][56][57]

Weblinks

Commons: Large Hadron Collider – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Large Hadron Collider – in den Nachrichten

Literatur

  • CERN Kommunikationsgruppe (Übersetzung Th. Naumann): LHC ein Leitfaden. CERN, 2009 (PDF-Datei; 26 MB, abgerufen am 30. Juli 2013).

Einzelnachweise

  1. LHC - Der Große Hadronen-Speicherring. (PDF; 1,1 MB) CERN - Europäische Organisation für Kernforschung, Juni 2006, abgerufen am 3. August 2013 (deutsch).
  2. LHC-Milestones. DSU - Communication Group, 2008, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  3. a b c d e f g h Lyndon Evans, Philip Bryant: LHC Machine. In: Journal of Instrumentation. Band 3, Nr. 8, 2008, S. 1–2, doi:10.1088/1748-0221/3/08/S08001.
  4. Ulrich Ellwanger: Vom Universum zu den Elementarteilchen: Eine erste Einführung in die Kosmologie und die fundamentalen Wechselwirkungen. 2. Auflage. Springer, 2011, ISBN 978-3-642-15798-1, S. 108.
  5. Anaïs Schaeffer: Please use the emergency exit. CERN Bulletin, 6. Mai 2013, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  6. CERN Press Office: CERN releases analysis of LHC incident. 16. Oktober 2008, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  7. Teilchenbeschleuniger verdreifacht Energie-Rekord. Spiegel Online, 19. März 2010, abgerufen am 30. Juli 2013 (deutsch).
  8. CERN Press Office: LHC sets new record – accelerates beam to 3.5 TeV. 19. März 2010, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  9. CERN Press Office: LHC research programme gets underway. 30. März 2010, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  10. CERN Press Office: LHC proton run for 2011 reaches successful conclusion. 31. Oktober 2011, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  11. CERN Press Office: CERN announces LHC to run in 2012. 31. Januar 2011, abgerufen am 31. Juli 2013 (englisch).
  12. 2013 LHC & Injector Schedule. (PDF; 257 kB) 31. Juli 2012, abgerufen am 25. November 2012 (englisch).
  13. CERN Press Office: The first LHC protons run ends with new milestone. 17. Dezember 2012, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  14. Jason Palmer: LHC switches off for two-year break. In: BBC News. BBC, 14. Februar 2013, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  15. CERN Kommunikationsgruppe: LHC ein Leitfaden. CERN 2009 (PDF-Datei; 26 MB, abgerufen am 30. Juli 2013), S. 20.
  16. weltmaschine.de: LHC – Zahlen und Fakten. Abgerufen am 30. Juli 2013.
  17. Lyndon Evans, Philip Bryant: LHC Machine. In: Journal of Instrumentation. Band 3, Nr. 8, 2008, S. 88–89, doi:10.1088/1748-0221/3/08/S08001.
  18. Barth K., Benda V., Claudet S., Pezzetti M., Pirotte O., Vullierme B.: Upgrade of the Liquid Helium Storage for the Large Hadron Collider. (PDF-Datei; 314 kB) 24th International Cryogenic Materials Conference, Fukoaka, Japan 2012 (CERN-ATS-2013-002).
  19. Oliver Sim Brüning (Ed.) u. a.: LHC design report. Volume I: The LHC main ring. CERN, Genf 2004. (online, CERN 2004-003-V1, PDF-Datei), S. 21.
  20. LHC performance and Statistics. 29. November 2012, abgerufen am 15. Juli 2013 (englisch).
  21. CERN Kommunikationsgruppe: LHC ein Leitfaden. CERN 2009 (PDF-Datei; 26 MB, abgerufen am 30. Juli 2013), S. 13.
  22. Computing. CERN, 2013, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  23. Datenverarbeitung. In: lhc-facts.ch. Adrian Schmitz, abgerufen am 6. August 2013 (deutsch).
  24. The Tier Sites. In: Worldwide LHC Computing Grid. 2011, abgerufen am 6. August 2013 (englisch, Angegebene Zahl ist Summe der 12 Tier-1 und ≈ 140 Tier-2 Cluster).
  25. CERN EN/EL Group: CERN Electrical Network short Description. Abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  26. lhc-facts.ch: LHC Parameter und Daten. Abgerufen am 30. Juli 2013.
  27. weltderphysik.de: Welchen Energieverbrauch hat der LHC? Abgerufen am 30. Juli 2013.
  28. Florian Freistetter: Der kälteste Ort im Universum... ScienceBlogs, 1. Juli 2008, abgerufen am 30. Juli 2013.
  29. Luciano Maiani: LHC Cost Review to Completion. CERN, 16. Oktober 2001, abgerufen am 17. Juni 2004. Fehler beim Aufruf der Vorlage:Cite web: Archiv im Parameter URL erkannt. Archive müssen im Parameter Archiv-URL angegeben werden.
  30. Toni Feder: CERN Grapples with LHC Cost Hike. In: Physics Today. 54. Jahrgang, Nr. 12, Dezember 2001, S. 21, doi:10.1063/1.1445534 (physicstoday.org [abgerufen am 30. Juli 2013]).
  31. G. Weiglein u. a.: Physics interplay of the LHC and the ILC. In: Physics Reports. Band 426, Nr. 2–6, 2006, S. 47–358; hier S. 1–10, doi:10.1016/j.physrep.2005.12.003, arxiv:hep-ph/0410364 (PDF-Datei).
  32. M. Spira, A. Djouadi, D. Graudenz, R. M. Zerwas: Higgs boson production at the LHC. In: Nuclear Physics B. Band 453, Nr. 1–2, 1995, S. 17–82, doi:10.1016/0550-3213(95)00379-7, arxiv:hep-ph/9504378.
  33. CERN Press Office: CERN experiments observe particle consistent with long-sought Higgs boson. 4. Juli 2012, abgerufen am 30. Juli 2013 (englisch).
  34. Ker Than: Densest Matter Created in Big-Bang Machine. National Geographic News, 24. Mai 2012, abgerufen am 30. Juli 2013.
  35. W Bernreuther: Top-quark physics at the LHC. In: Journal of Physics G: Nuclear and Particle Physics. Band 35, Nr. 8, 2008, S. 083001, doi:10.1088/0954-3899/35/8/083001, arxiv:0805.1333 [abs].
  36. ATLAS Collaboration: Observation of a new chi_b state in radiative transitions to Upsilon(1S) and Upsilon(2S) at ATLAS. 21. Dezember 2011, abgerufen am 21. Juli 2013.
  37. LHCb Collaboration: Observation of excited Lambdab0 baryons. 27. Oktober 2012, abgerufen am 21. Juli 2013.
  38. CMS Collaboration: Observation of a new Xi(b) baryon. 21. Juni 2012, abgerufen am 21. Juli 2013.
  39. P. Ball u. a.: B Decays at the LHC. (PDF; 1,6 MB), CERN, 25. März 2000, arxiv:arXiv:hep-ph/0003238v3 [arXiv:hep-ph] arXiv:hep-ph/0003238v3, S. 105.
  40. CERN Press Office: LHCb experiment observes new matter-antimatter difference. 24. April 2013, abgerufen am 21. Juli 2013.
  41. CERN Press Office: CERN experiments put Standard Model to stringent test. 19. Juli 2013, abgerufen am 21. Juli 2013.
  42. CMS Collaboration: Measurement of the B0s → µ+µ- branching fraction and search for B0 → µ+µ- with the CMS experiment. 21. Juli 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
  43. I. Hinchliffe, F. E. Paige, M. D. Shapiro, J. Söderqvist, W. Yao: Precision SUSY measurements at CERN LHC. In: Physical Review D. Band 55, Nr. 9, 1997, S. 5520–5540, doi:10.1103/PhysRevD.55.5520, arxiv:hep-ph/9610544.
  44. Gouranga C Nayak: Graviton and Radion Production at LHC: From pp and PbPb Collisions. In: High Energy Physics – Phenomenology. 2002, arxiv:hep-ph/0211395.
  45. Savas Dimopoulos, Greg Landsberg: Black Holes at the Large Hadron Collider. In: Physical Review Letters. Band 87, Nr. 16, 2001, S. 161602, doi:10.1103/PhysRevLett.87.161602, arxiv:hep-ph/0106295.
  46. First three-year LHC running period reaches a conclusion. CERN, 14. Februar 2013, abgerufen am 6. März 2013.
  47. Adrian Kent: A Critical Look at Risk Assessments for Global Catastrophes. In: Risk Analysis. Band 24, Nr. 1, 2004, S. 157–168, doi:10.1111/j.0272-4332.2004.00419.x.
  48. Rainer Plaga (10. August 2008): On the potential catastrophic risk from metastable quantum-black holes produced at particle colliders (PDF; 139 kB). (englisch)
  49. Felix Knoke: Angst vor Weltuntergang – Amerikaner klagt gegen Teilchenbeschleuniger. In: Spiegel Online. 31. März 2008, abgerufen am 23. August 2011.
  50. Holger Dambeck: Gericht weist Eilantrag gegen Superbeschleuniger ab. In: Spiegel Online. Abgerufen am 23. August 2011.
  51. Bundesverfassungsgericht: BVerfG lehnt Maßnahmen gegen Superbeschleuniger ab. 2 BvR 2502/08 vom 18. Januar 2010, abgerufen am 31. Juli 2013.
  52. J.-P. Blaizot u. a.: Study of potentially dangerous events during heavy-ion collisions at the LHC. (PDF; 176 kB), CERN Theoretical Physics Division, 28. Februar 2003, abgerufen am 31. Juli 2013.
  53. Arnon Dar, Alvaro De Rújula, Ulrich Heinz: Will relativistic heavy-ion colliders destroy our planet?, Phys. Lett. B 470, 1999, S. 142–148.
  54. W. Busza u. a.: Review of speculative „disaster scenarios“ at RHIC. Rev. Mod. Phys. 72, 2000, S. 1125–1140.
  55. S. B. Giddings/M. L. Mangano (20. Juni 2008): „Astrophysical implications of hypothetical stable TeV-scale black holes“, Proceedings of APS/DPF/DPB Summer Study on the Future of Particle Physics, Snowmass, Colorado, 2001, S. P328.
  56. Stellungnahme zu den Behauptungen von Prof. Rössler (PDF-Datei; 82 kB), Komitee für ElementarTeilchenphysik (KET), 30. Juli 2008, abgerufen am 31. Juli 2013.
  57. J. Ellis, G. F. Giudice, M. L. Mangano, I. Tkachev, U. Wiedemann: Review of the Safety of LHC Collisions. In: Journal of Physics G: Nuclear and Particle Physics. Vol. 35, 115004 (2008).

Koordinaten: 46° 14′ 0″ N, 6° 3′ 0″ O; CH1903: 492881 / 121160

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