„Hansschlegelia“ – Versionsunterschied

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'''''Hansschlegelia''''' ist eine [[Gattung (Biologie)|Gattung]] von [[Bakterium|Bakterien]]. Die Arten können [[Kohlenstoff]]-Verbindungen, die ein Kohlenstoffatom enthalten für das Wachstum nutzen.<ref name="The Prokaryotes" /> Zu derartigen Verbindungen zählt z.&nbsp;B. [[Methanol]]. Arten die solche Verbindungen nutzen, werden als [[Methylotroph|methylotrophe]] Bakterien bezeichnet. Die Art ''[[Hansschlegelia plantiphila]]'' wurde 2010 entdeckt, sie ist die erste beschriebene Art dieser Gattung ([[Typusart]]).<ref name="LPSN" />
'''''Hansschlegelia''''' ist eine [[Gattung (Biologie)|Gattung]] von [[Bakterium|Bakterien]]. Die [[Art (Biologie)|Arten]] (Spezies) können [[Kohlenstoff]]-Verbindungen, die ein Kohlenstoffatom enthalten (C1-Verbindungen), für das Wachstum nutzen.<ref name="The Prokaryotes" /> Zu derartigen Verbindungen zählt z.&nbsp;B. [[Methanol]]. Arten die solche Verbindungen nutzen, werden als [[Methylotroph|methylotrophe]] Bakterien bezeichnet. Die Art ''[[Hansschlegelia plantiphila]]'' wurde 2010 entdeckt, sie ist die erste beschriebene Art dieser Gattung ([[Typusart]]).<ref name="LPSN" />


== Merkmale ==
== Merkmale ==
Die Zellen von ''Hansschlegelia'' sind je nach Art stäbchen- oder [[Kokken|kokkenförmig]].<ref name="The Prokaryotes" /> Der [[Gram-Färbung|Gram-Test]] verläuft negativ. Bei der Art ''H. plantiphila'' treten auch Zellen in Paaren auf. Der Besitz von [[Flagellum|Flagellen]] ist je nach Art unterschiedlich, so fehlen Flagellen bei ''H. plantiphila'' während bei ''H. zhihuaiae'' Flagellen vorhanden sind.<ref name="zhihuaiae" />
Die Zellen von ''Hansschlegelia'' sind je nach Art [[Bazillen|stäbchen-]] oder [[Kokken|kokkenförmig]].<ref name="The Prokaryotes" /> Der [[Gram-Färbung|Gram-Test]] verläuft negativ. Bei der Art ''H. plantiphila'' treten auch Zellen in Paaren auf. Der Besitz von [[Flagellum|Flagellen]] ist je nach Art unterschiedlich, so fehlen Flagellen bei ''H. plantiphila'', während sie bei ''H. zhihuaiae'' vorhanden sind.<ref name="zhihuaiae" />


== Stoffwechsel und Wachstum ==
== Stoffwechsel und Wachstum ==
Die Arten von ''Hansschlegelia'' sind [[Aerobie|aerob]], d.&nbsp;h. sie benötigen Sauerstoff für das Wachstum. Sie können [[Methylotrophie|methylotroph]] wachsen, sie sind in der Lage als Kohlenstoffquelle Verbindungen mit nur einem Kohlenstoffatom (wie z.&nbsp;B. [[Methanol]]) zu nutzen. Der methylotrophe Stoffwechsel ist ein typisches Merkmal der [[Familie (Biologie)|Familie]] [[Methylocystaceae]], zu der ''Hansschlegelia'' gestellt wird.
Die Arten von ''Hansschlegelia'' sind [[Aerobie|aerob]], d.&nbsp;h. sie benötigen Sauerstoff für das Wachstum. Sie können [[Methylotrophie|methylotroph]] wachsen, sind also in der Lage als Kohlenstoffquelle C1-Verbindungen (mit nur einem Kohlenstoffatom wie z.&nbsp;B. [[Methanol]]) zu nutzen. Der methylotrophe Stoffwechsel ist ein typisches Merkmal der [[Familie (Biologie)|Familie]] [[Methylocystaceae]], zu der ''Hansschlegelia'' gestellt wird.


Die Art ''Hansschlegelia plantiphila'' zeigt hierbei gutes Wachstum in einen flüssigem Mineralsalzmedium mit entweder [[Methanol]], [[Methylamin]] oder [[Ameisensäure]] als Kohlenstoff- und Energiequelle. Die Art ''Hansschlegelia beijingensis'' kann Methanol, Ameisensäure und [[Formaldehyd]] nutzen.
Die Art ''Hansschlegelia plantiphila'' zeigt hierbei gutes Wachstum in einen flüssigem [[Mineralsalz]]medium mit entweder [[Methanol]], [[Methylamin]] oder [[Ameisensäure]] als Kohlenstoff- und Energiequelle. Die Art ''Hansschlegelia beijingensis'' kann Methanol, Ameisensäure und [[Formaldehyd]] nutzen.


Der methylotrophe Stoffwechsel bei ''H. plantiphila'' verläuft über dem [[Calvin-Zyklus]] (auch als Ribulose-Biphosphat-Zyklus bezeichnet) und wahrscheinlich in geringem Maße über den [[Serinweg]].<ref name="plantiphila" /> Bezüglich des Serinwegs wurde u.&nbsp;a. das Enzym [[Serin-Glyoxylat Aminotransferase]] gefunden. Darüber hinaus wurde die Aktivität der [[Phosphoenolpyruvatcarboxylase]] nachgewiesen, die am Serinweg der C1-Assimilation beteiligt und für die heterotrophe CO<sub>2</sub>-Fixierung verantwortlich ist. Ob der Serinweg eine untergeordnete oder ergänzende Rolle bei der C1-Assimilation spielt, ist allerdings noch nicht vollständig geklärt.<ref name="plantiphila" />
Der methylotrophe Stoffwechsel bei ''H. plantiphila'' verläuft über dem [[Calvin-Zyklus]] (auch als Ribulose-Biphosphat-Zyklus bezeichnet) und wahrscheinlich in geringem Maße auch über den [[Serinweg]].<ref name="plantiphila" /> Bezüglich des Serinwegs wurde u.&nbsp;a. das [[Enzym]] [[Serin]]-[[Glyoxylat]]-[[Aminotransferase]] gefunden. Darüber hinaus wurde die Aktivität der [[Phosphoenolpyruvatcarboxylase]] nachgewiesen, die am Serinweg der C1-Assimilation beteiligt und für die heterotrophe [[Kohlenstoffdioxid|CO<sub>2</sub>]]-Fixierung verantwortlich ist. Ob der Serinweg eine untergeordnete oder ergänzende Rolle bei der C1-Assimilation spielt, ist allerdings noch nicht vollständig geklärt (Stand 2007).<ref name="plantiphila" />


''Hansschlegelia'' ist fakultativ methylotroph, es ist nicht auf den methylotrophen Stoffwechsel angewiesen. So kann ''H. plantiphila'' je nach [[Stamm (Biologie)#Innerhalb einer Mikroben- oder Viren-Spezies|Stamm]] einige andere Stoffe nutzen, wie z.&nbsp;B. [[Glycerin]], [[Inulin]], [[Bernsteinsäure|Succinat]], [[Fumarat]] und [[Essigsäure|Acetat]]. Die Menge der nutzbaren Verbindungen ist eingeschränkt, so werden keine anderen organischen Säuren, Zucker und Aminosäuren genutzt. Auch die getesteten Stoffe [[Aceton]], [[Pepton]], [[Dimethylsulfoxid]], [[Dimethylamin|Di-]] und [[Trimethylamin]] werden nicht umgesetzt.
''Hansschlegelia'' ist fakultativ methylotroph, d.&nbsp;h. es ist nicht auf den methylotrophen Stoffwechsel angewiesen. So kann ''H. plantiphila'' je nach [[Stamm (Biologie)#Bakterienstämme|Stamm]] einige andere Stoffe nutzen, wie z.&nbsp;B. [[Glycerin]], [[Inulin]], [[Bernsteinsäure|Succinat]], [[Fumarat]] und [[Essigsäure|Acetat]]. Die Menge der nutzbaren Verbindungen ist eingeschränkt, so werden keine anderen organischen Säuren, Zucker und Aminosäuren genutzt. Auch die getesteten Stoffe [[Aceton]], [[Pepton]], [[Dimethylsulfoxid]], [[Dimethylamin|Di-]] und [[Trimethylamin]] werden nicht umgesetzt.


''Hansschlegelia plantiphila'' kann auch mit [[Kohlenstoffdioxid|CO<sub>2</sub>]] und [[Wasserstoff|H<sub>2</sub>]] [[chemolithotrophie|chemolithotroph]] wachsen.<ref name="plantiphila" /><ref name="The Prokaryotes" />
''Hansschlegelia plantiphila'' kann auch mit [[Kohlenstoffdioxid|CO<sub>2</sub>]] und [[Wasserstoff|H<sub>2</sub>]] [[chemolithotrophie|chemolithotroph]] wachsen.<ref name="plantiphila" /><ref name="The Prokaryotes" />


Es folgt eine Tabelle mit einigen Merkmalen der Arten:<ref name="quercus" />
Es folgt eine Tabelle mit einigen Merkmalen der Arten:<ref name="quercus" />
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Erklärung
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== Systematik ==
== Systematik ==
Die Gattung ''Hansschlegelia'' wurde von Ekaterina Ivanova und Mitarbeitern 2010 [[Erstbeschreinung|beschrieben]]. Es zählt zu der [[Familie (Biologie)|Familie]] [[Methylocystaceae]] innerhalb der [[Proteobacteria]].
Die Gattung ''Hansschlegelia'' wurde von Ekaterina Ivanova und Mitarbeitern 2010 [[Erstbeschreibung|beschrieben]]. Sie gehört zu der [[Familie (Biologie)|Familie]] [[Methylocystaceae]] innerhalb der [[Alphaproteobacteria]].
Im Juli 2023 zählten 4 Arten zu der Gattung: <ref name="LPSN" />
Im Juli 2023 zählten 4 Arten zu der Gattung: <ref name="LPSN" />
* ''[[Hansschlegelia beijingensis]]'' {{Person|Zou et al.}} 2013
* ''[[Hansschlegelia beijingensis]]'' <small>{{Person|Zou}} ''et&nbsp;al.'' 2013</small>
* ''[[Hansschlegelia plantiphila]]'' {{Person|Ivanova et al.}} 2010
* ''[[Hansschlegelia plantiphila]]'' <small>{{Person|Ivanova}} ''et&nbsp;al.'' 2010</small>
* ''[[Hansschlegelia quercus]]'' {{Person|Agafonova et al.}} 2020
* ''[[Hansschlegelia quercus]]'' <small>{{Person|Agafonova}} ''et&nbsp;al.'' 2020</small>
* ''[[Hansschlegelia zhihuaiae]]'' {{Person|Wen et al.}} 2011
* ''[[Hansschlegelia zhihuaiae]]'' <small>{{Person|Wen}} ''et&nbsp;al.'' 2011</small>

Die Art mit der provisorischen Bezeichnung ''Hansschlegelia'' sp. CHL1 wurde inzwischen in eine eigene Gattung ''[[Chenggangzhangella]]'' innerhalb derselben Familie gestellt mit dem offiziellen Namen ''Chenggangzhangella methanolivorans'' <small>{{Person|Yang}} ''et&nbsp;al.'' 2016</small>.<ref name="NCBI_CHL1"/>


== Namensherkunft ==
== Namensherkunft ==
Das Bakterium ''Hansschlegelia'' ist zu Ehren des deutschen Mikrobiologen [[Hans Günter Schlegel]] benannt. Hans G. Schlegel ist für seine Forschung an [[Autotrophie|autotrophen]] Mikroorgansimen bekannt und schrieb deutsche Lehrbücher zum Thema Mikrobiologie.
Das Bakterium ''Hansschlegelia'' ist zu Ehren des deutschen Mikrobiologen [[Hans Günter Schlegel]] (1924–2013) benannt. Hans G. Schlegel ist für seine Forschung an [[Autotrophie|autotrophen]] Mikroorgansimen bekannt und schrieb deutsche [[Lehrbuch|Lehrbücher]] zum Thema Mikrobiologie.


== Ökologie ==
== Ökologie ==
Zu der Erstbeschreibung der methylotrophen Bakterienart ''Hansschlegelia plantiphila'' wurden 3 Stämme genutzt, die aus Fliederknospen, Lindenknospen und Blaufichtennadeln im Winter bei −17 °C isoliert wurden. Methylotrophe Bakterien sind häufig in der [[Phyllosphäre]] (auf Blättern) und [[Rhizosphäre]] (im Wurzelbereich) von Pflanzen zu finden. Die meisten Pflanzen produzieren Methan, Methanol und andere C1-Verbindungen und geben diese Verbindungen in die Atmosphäre ab. Die methylotrophen Bakterien können diese Moleküle aufnehmen und für Energiegewinnung und für Bildung von Zellmaterial nutzen. Bei der u.&nbsp;a. aus Blaufichtennadeln isolierten Art ''H. plantiphila'' kann man hierbei von einer Symbiose sprechen. Es wurde nachgewiesen, das ''H. plantiphila'' die [[Phytohormone]] [[Auxin]]e, [[Cytokin]]ine und [[Vitamin B12]] produziert. Da die Pflanzen kein B12 synthetisieren können, kann die Art sie mit diesem auch für Pflanzen wichtigen [[Vitamin]] versorgen. Im Gegenzug bietet die Pflanze dem Bakterium einen Lebensraum und versorgt es mit den für den Stoffwechsel benötigten Verbindungen.<ref name="plantiphila" />
Zu der Erstbeschreibung der methylotrophen Bakterienart ''Hansschlegelia plantiphila'' wurden drei Stämme genutzt, die aus [[Flieder]]knospen, [[Linden (Gattung)|Lindenknospen]] und [[Blaufichte]]nnadeln im Winter bei -17&nbsp;°C isoliert wurden. Methylotrophe Bakterien sind häufig in der [[Phyllosphäre]] (auf Blättern) und [[Rhizosphäre]] (im Wurzelbereich) von Pflanzen zu finden. Die meisten Pflanzen produzieren Methan, Methanol und andere C1-Verbindungen und geben diese Verbindungen in die Atmosphäre ab. Die methylotrophen Bakterien können diese Moleküle aufnehmen und für Energiegewinnung und für Bildung von Zellmaterial nutzen. Bei der u.&nbsp;a. aus Blaufichtennadeln isolierten Art ''H. plantiphila'' kann man hierbei von einer Symbiose sprechen. Es wurde nachgewiesen, das ''H. plantiphila'' die [[Phytohormone]] [[Auxin]]e, [[Cytokin]]ine und [[Vitamin B12|Vitamin B<sub>12</sub>]] produziert. Da die Pflanzen kein B<sub>12</sub> synthetisieren können, kann die Art sie mit diesem auch für Pflanzen wichtigen [[Vitamin]] versorgen. Im Gegenzug bietet die Pflanze dem Bakterium einen Lebensraum und versorgt es mit den für den Stoffwechsel benötigten Verbindungen.<ref name="plantiphila" />


''[[Hansschlegelia beijingensis]]'' wurde aus der Rhizosphäre von [[Wassermelone]]n isoliert, die in einem Gewächshaus im Daxing-Distrikt von [[Beijing]], in [[China]], angepflanzt worden waren. ''Hansschlegelia zhihuaiae'' wurde aus einem verunreinigten Ackerboden in der [[Jiangsu]] Province, China, isoliert. Das Isolat von ''Hansschlegelia quercus'' stammte von [[Eiche]]nblättern (''Quercus'' ist der wissenschaftliche Name für die Gattung Eiche).
''Hansschlegelia beijingensis'' wurde aus der Rhizosphäre von [[Wassermelone]]n isoliert, die in einem Gewächshaus im [[Daxing]]-Bezirk von [[Beijing]], [[China]], angepflanzt worden waren.
''Hansschlegelia zhihuaiae'' wurde aus einem verunreinigten Ackerboden in der [[Jiangsu]]-Provinz, China, isoliert.
Das Isolat von ''Hansschlegelia quercus'' stammte von [[Eiche]]nblättern (''Quercus'' ist der wissenschaftliche Name für die Gattung der Eichen).


Bei einer Untersuchung von 20000–35000 Jahre alten [[Permafrost]]proben (erdgeschichtlich aus dem späten [[Pleistozän]] stammend) wurde das enthaltene [[Metagenom]], also die enthaltenen Spuren der 16S rRNA-Gene, bestimmt. Das Bohrloch befindet sich im Wassereinzugsgebiet des Mittellaufs des Flusses [[Bolshaya Chukochya]] (Lat. 69°29′ N, Long. 156°58′ E) in der [[Kolyma]]-Ebene. Die hier untersuchte RNA-Spuren stammte vor allem von Vertretern der Gattungen ''[[Arthrobacter]]'' und ''[[Bradyrhizobius]]''. Andere Gattungen waren ''[[Williamsia]]'', ''[[Bradyrhizobium]]'' und ''[[Filomicrobium]]''. Auch 16S-rRNA, die stark der RNA von ''Hansschlegelia'' ähnelt, wurde bestimmt. Es handelte sich um eine Übereinstimmung mit 95,3 % der 16S-rRNA von ''Hansschlegelia zhihuaiae''. Bei dieser Untersuchung wurden auch elektronenmikroskopische Aufnahmen von in der Probe eingefrorener und sehr gut erhaltener Bakterienzellen veröffentlicht.<ref name="Permafrost" />
Bei einer Untersuchung von 20000 bis 35000 Jahre alten [[Permafrost]]proben (erdgeschichtlich aus dem späten [[Pleistozän]] stammend) wurde das enthaltene [[Metagenom]], also die enthaltenen Spuren der [[16S-rRNA]]-Gene, bestimmt. Das Bohrloch befindet sich im Wassereinzugsgebiet des Mittellaufs der [[Große Tschukotschja|Großen Tschukotschja]] ({{ruS|Bolschaja Tschukotschja|en=Bolshaya Chukochya}} Lat./Long. {{Coordinate|NS=69/29/00/N|EW=156/58/00/E|type=waterbody|region=RU|text=DMS|name=Große Tschukotschja}}) in der [[Kolyma]]-Ebene. Die hier untersuchte [[RNA]]-Spuren stammten vor allem von Bakterien der Gattungen ''[[Arthrobacter]]'' und ''[[Bradyrhizobium]]''; andere Gattungen waren ''[[Williamsia]]'', ''[[Bradyrhizobium]]'' und ''[[Filomicrobium]]''. Auch den ''Hansschlegelia''-Arten stark ähnelnde 16S-rRNA wurde bestimmt. Es handelte sich um eine Übereinstimmung mit 95,3 % der 16S-rRNA von ''Hansschlegelia zhihuaiae''. In dieser Studie wurden auch [[elektronenmikroskop]]ische Aufnahmen von in der Probe eingefrorener und sehr gut erhaltener Bakterienzellen veröffentlicht.<ref name="Permafrost" />


== Nutzung ==
== Nutzung ==
[[Datei:Bensulfuron-methyl Structural Formula V1.svg|mini|Bensulfuron-methyl]]
[[Datei:Bensulfuron-methyl Structural Formula V1.svg|mini|Bensulfuron-methyl]]
''Hansschlegelia zhihuaiae'' ist in der Lage das zu den [[Sulfonylharnstoffe]]n zählende [[Pestizid]] [[Bensulfuron-methyl]] abzubauen.<ref name="Pestizid" /><ref name="Microbial" /> Es wurde hierzu das Gen [[suIE]] isoliert, das erfolgreich in ''[[Saccharomyces cerevisiae]]'' eingebaut werden konnte. Hiermit konnte durch ''Saccharomyces cerevisiae'' der Sulfonylharnstoff abgebaut werden. Dies geschieht durch die Trennung der [[Esterbindung]] innerhalb des [[Molekül]]s durch eine [[Esterase]]. Dies ist von Interesse in der [[Bioremediation]] von mit Sulfonylharnstoffen verseuchten [[Ökosystem]]en<ref name="Microbial" />
''Hansschlegelia zhihuaiae'' ist in der Lage das zu den [[Sulfonylharnstoffe]]n zählende [[Pestizid]] [[Bensulfuron-methyl]] abzubauen.<ref name="Pestizid" /><ref name="Microbial" /> Der Abbau geschieht durch die Trennung der [[Esterbindung]] innerhalb des [[Molekül]]s durch eine [[Esterase]]. Das isolierte Gen ''[[suIE]]'' konnte erfolgreich in die Bäckerhefe ''[[Saccharomyces cerevisiae]]'' eingebaut werden, so dass dise dann ebenfalls in der Lage war den Sulfonylharnstoff abzubauen. Dies ist von Interesse in der [[Bioremediation]] mit Sulfonylharnstoffen verseuchter [[Ökosystem]]e.<ref name="Microbial" />


Die 2020 beschriebene Art ''Hansschlegelia quercus'' kann für die Trennung von [[Seltenerdmetalle]]n genutzt werden.<ref name="quercus" /><ref name="Scinexx" /><ref name="Nature" />
Die 2020 beschriebene Art ''Hansschlegelia quercus'' kann für die Trennung von [[Seltenerdmetalle]]n genutzt werden.<ref name="quercus" /><ref name="Scinexx" /><ref name="Nature" />
Die einzelnen Elemente sind von industriellen Nutzen, so werden z.B bestimmte Seltenerdmetalle für die Herstellung von Windrädern benötigt. Die einzelne Elemente dieser chemischen Gruppe lassen sich allerdings nur schwer und mit relativ großen Aufwand von einander trennen, von daher wird nach alternativen Wegen gesucht. Bei ''Hansschlegelia quercus'' wurde ein spezielles Protein gefunden, das hierfür eingesetzt wer-den kann. Es handelt sich um ein [[Lanmodulin]]-Protein. Das Protein bindet verschiedene Seltenerd-Elemente unterschiedlich stark. Es wurde von dem Wissenschaftsteam weiter verfeinert, so das es für die Trennung von [[Neodym]] und [[Dysprosium]] eingesetzt werden, da es fast ausschließlich Neodym bindet (die Genauigkeit liegt bei ca. 98 %).<ref name="Scinexx" /><ref name="Nature" />
Die einzelnen Elemente sind von industriellen Nutzen, so werden z.&nbsp;B bestimmte Seltenerdmetalle für die Bauteile ([[Magnet]]e) von [[Windkraftanlage#Verwendung von Seltenerdmagneten|Windrädern]] benötigt. Die einzelne Elemente dieser chemischen Gruppe lassen sich allerdings nur schwer und mit relativ großen Aufwand von einander trennen, von daher wird nach alternativen Wegen gesucht. Bei ''Hansschlegelia quercus'' wurde ein für diesen Zweck geeignetes spezielles Protein gefunden, ein sog. [[Lanmodulin]]-Protein. Dieses Protein bindet verschiedene Seltenerd-Elemente unterschiedlich stark. Die Methode wurde von dem Wissenschaftsteam weiter verfeinert, so kann es für die Trennung von [[Neodym]] und [[Dysprosium]] eingesetzt werden, da es fast ausschließlich Neodym bindet (die Genauigkeit liegt bei ca. 98 %).<ref name="Scinexx" /><ref name="Nature" />


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
<ref name="NCBI_CHL1">
<ref name="LPSN">J.P. Euzéby: ''[[List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature]] (LPSN) ''[https://lpsn.dsmz.de/genus/hansschlegelia Genus ''Hansschlegelia''] (Stand: 5 Juli 2023)</ref>
''[[National Center for Biotechnology Information|NCBI]]'' Taxonomy Browser: [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?mode=Info&id=1437009 ''Chenggangzhangella methanolivorans'' Yang et&nbsp;al. 2016] (species, includes: ''Hansschlegelia'' sp. CHL1.
</ref>
<ref name ="LPSN">J.&nbsp;P. Euzéby: ''[[List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature]] (LPSN) ''[https://lpsn.dsmz.de/genus/hansschlegelia Genus ''Hansschlegelia''] (Stand: 5. Juli 2023).
</ref>
<ref name="The Prokaryotes">
<ref name="The Prokaryotes">
Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt und Fabiano Thompson: ''The Prokaryotes''. ''Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria'' ISBN 978-3-642-30197-1
Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompson: ''The Prokaryotes: Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria'', ISBN 978-3-642-30197-1; [[doi:10.1007/978-3-642-30197-1]].
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<ref name="plantiphila">
<ref name="plantiphila">
Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: ''Hansschlegelia plantiphila gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants'' In: ''Systematic and Applied Microbiology'' (2007), Band 30, S. 444–452. {{DOI|10.1016/j.syapm.2007.03.001}}</ref>
Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: ''&#x220B;''Hansschlegelia plantiphila'' gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants.'' In: ''Systematic and Applied Microbiology'', Band 30, Nr.&nbsp;6, 10. September 2007, S.&nbsp;444-452; [[doi:10.1016/j.syapm.2007.03.001]].
</ref>
<ref name="Pestizid">
<ref name="Pestizid">
Hao Zhang, Qi-feng Chen, Na Shang, Na Li, Qiu-hong Niu, Qing Hong, Xing Huang: ''The enhanced mechanisms of Hansschlegelia zhihuaiae S113 degrading bensulfuron-methyl in maize rhizosphere by three organic acids in root exudates'' In: ''Ecotoxicology and Environmental Safety'' Band 223, 15 Oktober 2021, 112622 {{DOI|10.1016/j.ecoenv.2021.112622}}
Hao Zhang, Qi-feng Chen, Na Shang, Na Li, Qiu-hong Niu, Qing Hong, Xing Huang: ''The enhanced mechanisms of ''Hansschlegelia zhihuaiae'' S113 degrading bensulfuron-methyl in maize rhizosphere by three organic acids in root exudates'' In: ''Ecotoxicology and Environmental Safety'' Band 223, 15. Oktober 2021, 112622 [[doi:10.1016/j.ecoenv.2021.112622]].
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</ref>
<ref name="Microbial">
<ref name="Microbial">
Jiandong Jiang und Shunpeng Li: ''Microbial Degradation of Chemical Pesticides and Bioremediation of Pesticide-Contaminated Sites in China'' (2018) {{DOI|10.1007/978-981-10-6029-8_40}} In: Y. Luo C. Tu (Hrsg.): ''Twenty Years of Research and Development on Soil Pollution and Remediation in China.'' Springer, Singapore {{DOI|10.1007/978-981-10-6029-8}} ISBN 978-981-10-6028-1</ref>
Jiandong Jiang, Shunpeng Li: ''Microbial Degradation of Chemical Pesticides and Bioremediation of Pesticide-Contaminated Sites in China'', [[doi:10.1007/978-981-10-6029-8_40]], Epub 18. Januar 2018. In: Yongming Luo, Chen Tu (Hrsg.): ''Twenty Years of Research and Development on Soil Pollution and Remediation in China.'' Springer, Singapore (2018), [[doi:10.1007/978-981-10-6029-8]], ISBN 978-981-10-6028-1.
</ref>
<ref name="Nature">
<ref name="Nature">
Joseph A. Mattocks, Jonathan J. Jung,que Chi-Yun Lin, Ziye Dong, Neela H. Yennawar, Emily R. Featherston, Christina S. Kang-Yun, Timothy A. Hamilton, Dan M. Park, Amie K. Boal und Joseph A. Cotruvo Jr: ''Enhanced rare-earth separation with a metal-sensitive lanmodulin dimer'' In: ''Nature'' Band 618, 1 Juni 2023 {{DOI|10.1038/s41586-023-05945-5}}</ref>
Joseph A. Mattocks, Jonathan J. Jung,que Chi-Yun Lin, Ziye Dong, Neela H. Yennawar, Emily R. Featherston, Christina S. Kang-Yun, Timothy A. Hamilton, Dan M. Park, Amie K. Boal und Joseph A. Cotruvo Jr: ''Enhanced rare-earth separation with a metal-sensitive lanmodulin dimer'' In: ''Nature'', Band 618, 1. Juni 2023, S.&nbsp;87–93; [[doi:10.1038/s41586-023-05945-5]].
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Nadja Podbregar:
Nadja Podbregar:
[https://www.scinexx.de/news/geowissen/naturstoff-erleichtert-seltenerd-trennung/ Scinexx] Naturstoff erleichtert Seltenerd-Trennun</ref>
[https://www.scinexx.de/news/geowissen/naturstoff-erleichtert-seltenerd-trennung/ Naturstoff erleichtert Seltenerd-Trennung]. Auf [[scinexx.de]] vom 14. Juni 2023.
</ref>
<ref name="quercus">
<ref name="quercus">
Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev and Nina V. Doronina: ''Hansschlegelia quercus sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds''
Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev and Nina V. Doronina: ''&#x200B;''Hansschlegelia quercus'' sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds.''
In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology.'' Band 70, S. 4646–4652
In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology'', Band 70, S.&nbsp;4646&#x200B;–4652; [[doi:10.1099/ijsem.0.004323]].
</ref>
{{DOI|10.1099/ijsem.0.004323}}</ref>
<ref name="zhihuaiae">
<ref name="zhihuaiae">
Ya Wen, Xing Huang, Yu Zhou, Qing Hong und Shunpeng Li:
Ya Wen, Xing Huang, Yu Zhou, Qing Hong und Shunpeng Li:
''Hansschlegelia zhihuaiae sp. nov., isolated from a polluted farmland soil'' In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology'' (2011), Band 61, S. 1114–1117 {{DOI|10.1099/ijs.0.021543-0}}</ref>
''&#x200B;''Hansschlegelia zhihuaiae'' sp. nov., isolated from a polluted farmland soil'' In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology'', Band 61, 1. Mai 2011, S.&nbsp;1114–1117; [[doi:10.1099/ijs.0.021543-0]].
</ref>
<ref name="Permafrost">
<ref name="Permafrost">
B. Kudryashovaa, E. Yu. Chernousovab, N. E. Suzinaa, E. V. Ariskinaa und D. A. Gilichinsky:
B. Kudryashovaa, E. Yu. Chernousovab, N. E. Suzinaa, E.&nbsp;V. Ariskinaa, D.&nbsp;A. Gilichinsky:
''Microbial Diversity of Late Pleistocene Siberian Permafrost Samples'' In: ''Microbiology'', 2013, Band 82, Ausgabe 3, S. 341–351. {{DOI|10.1134/S0026261713020082}}
''Microbial Diversity of Late Pleistocene Siberian Permafrost Samples.'' In: ''Microbiology'', Band 82, Nr.&nbsp;3, 8. Juni 2013, S.&nbsp;341–351; [[doi:10.1134/S0026261713020082]].
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</references>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt und Fabiano Thompson: ''The Prokaryotes''. ''Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria'' ISBN 978-3-642-30197-1
* Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompson: ''The Prokaryotes: Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria'', ISBN 978-3-642-30197-1; [[doi:10.1007/978-3-642-30197-1]].
* Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: ''Hansschlegelia plantiphila gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants'' In: ''Systematic and Applied Microbiology'' (2007), Band 30, S. 444–452. {{DOI|10.1016/j.syapm.2007.03.001}}
* Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: ''&#x200B;''Hansschlegelia plantiphila'' gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants.'' In: ''Systematic and Applied Microbiology'', Band 30, Nr.&nbsp;6, 10. September 2007, S.&nbsp;444-452; [[doi:10.1016/j.syapm.2007.03.001]].
* Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev and Nina V. Doronina: ''Hansschlegelia quercus sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds'' In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology.'' Band 70, S. 4646–4652 {{DOI|10.1099/ijsem.0.004323}}
* Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev, Nina V. Doronina: ''&#x200B;''Hansschlegelia quercus'' sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds''. In: ''International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology'', Band 70, S.&nbsp;4646&#x200B;–4652; [[doi:10.1099/ijsem.0.004323]].


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [https://www.spektrum.de/news/design-protein-trennt-seltene-erden/2147214 Spektrum.de] Design-Protein trennt strategische Metalle, 2. Juni 2023
* Lars Fischer: [https://www.spektrum.de/news/design-protein-trennt-seltene-erden/2147214 Design-Protein trennt strategische Metalle]. Auf: [[spektrum.de]] vom 2. Juni 2023.
* [https://www.scinexx.de/news/geowissen/naturstoff-erleichtert-seltenerd-trennung/ Scinexx] Naturstoff erleichtert Seltenerd-Trennung
* Nadja Podbregar: [https://www.scinexx.de/news/geowissen/naturstoff-erleichtert-seltenerd-trennung/ Naturstoff erleichtert Seltenerd-Trennung]. Auf [[scinexx]].de vom 14. Juni 2023.
* [https://www.spektrum.de/news/schwierige-trennung/1362558 SELTENE ERDEN: Schwierige Trennung] Spektrum.de, 26. August 2015
* XiaoZhi Lim: [https://www.spektrum.de/news/schwierige-trennung/1362558 SELTENE ERDEN: Schwierige Trennung]. Auf: [[spektrum.de]] vom 26.8.2015.

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Version vom 1. August 2023, 18:27 Uhr

Hansschlegelia
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Proteobacteria
Klasse: Alphaproteobacteria
Ordnung: Hyphomicrobiales
Familie: Methylocystaceae
Gattung: Hansschlegelia
Wissenschaftlicher Name
Hansschlegelia
Ivanova et al. 2010

Hansschlegelia ist eine Gattung von Bakterien. Die Arten (Spezies) können Kohlenstoff-Verbindungen, die ein Kohlenstoffatom enthalten (C1-Verbindungen), für das Wachstum nutzen.[1] Zu derartigen Verbindungen zählt z. B. Methanol. Arten die solche Verbindungen nutzen, werden als methylotrophe Bakterien bezeichnet. Die Art Hansschlegelia plantiphila wurde 2010 entdeckt, sie ist die erste beschriebene Art dieser Gattung (Typusart).[2]

Merkmale

Die Zellen von Hansschlegelia sind je nach Art stäbchen- oder kokkenförmig.[1] Der Gram-Test verläuft negativ. Bei der Art H. plantiphila treten auch Zellen in Paaren auf. Der Besitz von Flagellen ist je nach Art unterschiedlich, so fehlen Flagellen bei H. plantiphila, während sie bei H. zhihuaiae vorhanden sind.[3]

Stoffwechsel und Wachstum

Die Arten von Hansschlegelia sind aerob, d. h. sie benötigen Sauerstoff für das Wachstum. Sie können methylotroph wachsen, sind also in der Lage als Kohlenstoffquelle C1-Verbindungen (mit nur einem Kohlenstoffatom wie z. B. Methanol) zu nutzen. Der methylotrophe Stoffwechsel ist ein typisches Merkmal der Familie Methylocystaceae, zu der Hansschlegelia gestellt wird.

Die Art Hansschlegelia plantiphila zeigt hierbei gutes Wachstum in einen flüssigem Mineralsalzmedium mit entweder Methanol, Methylamin oder Ameisensäure als Kohlenstoff- und Energiequelle. Die Art Hansschlegelia beijingensis kann Methanol, Ameisensäure und Formaldehyd nutzen.

Der methylotrophe Stoffwechsel bei H. plantiphila verläuft über dem Calvin-Zyklus (auch als Ribulose-Biphosphat-Zyklus bezeichnet) und wahrscheinlich in geringem Maße auch über den Serinweg.[4] Bezüglich des Serinwegs wurde u. a. das Enzym Serin-Glyoxylat-Aminotransferase gefunden. Darüber hinaus wurde die Aktivität der Phosphoenolpyruvatcarboxylase nachgewiesen, die am Serinweg der C1-Assimilation beteiligt und für die heterotrophe CO2-Fixierung verantwortlich ist. Ob der Serinweg eine untergeordnete oder ergänzende Rolle bei der C1-Assimilation spielt, ist allerdings noch nicht vollständig geklärt (Stand 2007).[4]

Hansschlegelia ist fakultativ methylotroph, d. h. es ist nicht auf den methylotrophen Stoffwechsel angewiesen. So kann H. plantiphila je nach Stamm einige andere Stoffe nutzen, wie z. B. Glycerin, Inulin, Succinat, Fumarat und Acetat. Die Menge der nutzbaren Verbindungen ist eingeschränkt, so werden keine anderen organischen Säuren, Zucker und Aminosäuren genutzt. Auch die getesteten Stoffe Aceton, Pepton, Dimethylsulfoxid, Di- und Trimethylamin werden nicht umgesetzt.

Hansschlegelia plantiphila kann auch mit CO2 und H2 chemolithotroph wachsen.[4][1]

Es folgt eine Tabelle mit einigen Merkmalen der Arten:[5]

H. quercus H. zhihuaiae H. plantiphila H. beijingensis
Zellmorphologie Kurze Stäbchen Kokken Kurze Stäbchen Kurze Stäbchen
Nitratreduktion (+) (+) + +
Nutzung von:
Methylamine + - + nb
Succinat + - (+) -
Fructose + - + nb
Pyruvat + - - nb
Stärke - + - -
Temperatur 10-30°C 25-30°C 12-37 25-40
pH-Werte 6,0-6,9 6,0-9,0 5,0-9,0 6,0-9,0
NaCl Toleranz <1,0 <0,5 <2,0 <1,0

Erklärung:

  • + / - = ja / nein
  • (+) = schwach
  • nb = nicht bestimmt

Systematik

Die Gattung Hansschlegelia wurde von Ekaterina Ivanova und Mitarbeitern 2010 beschrieben. Sie gehört zu der Familie Methylocystaceae innerhalb der Alphaproteobacteria. Im Juli 2023 zählten 4 Arten zu der Gattung: [2]

Die Art mit der provisorischen Bezeichnung Hansschlegelia sp. CHL1 wurde inzwischen in eine eigene Gattung Chenggangzhangella innerhalb derselben Familie gestellt mit dem offiziellen Namen Chenggangzhangella methanolivorans Yang et al. 2016.[6]

Namensherkunft

Das Bakterium Hansschlegelia ist zu Ehren des deutschen Mikrobiologen Hans Günter Schlegel (1924–2013) benannt. Hans G. Schlegel ist für seine Forschung an autotrophen Mikroorgansimen bekannt und schrieb deutsche Lehrbücher zum Thema Mikrobiologie.

Ökologie

Zu der Erstbeschreibung der methylotrophen Bakterienart Hansschlegelia plantiphila wurden drei Stämme genutzt, die aus Fliederknospen, Lindenknospen und Blaufichtennadeln im Winter bei -17 °C isoliert wurden. Methylotrophe Bakterien sind häufig in der Phyllosphäre (auf Blättern) und Rhizosphäre (im Wurzelbereich) von Pflanzen zu finden. Die meisten Pflanzen produzieren Methan, Methanol und andere C1-Verbindungen und geben diese Verbindungen in die Atmosphäre ab. Die methylotrophen Bakterien können diese Moleküle aufnehmen und für Energiegewinnung und für Bildung von Zellmaterial nutzen. Bei der u. a. aus Blaufichtennadeln isolierten Art H. plantiphila kann man hierbei von einer Symbiose sprechen. Es wurde nachgewiesen, das H. plantiphila die Phytohormone Auxine, Cytokinine und Vitamin B12 produziert. Da die Pflanzen kein B12 synthetisieren können, kann die Art sie mit diesem auch für Pflanzen wichtigen Vitamin versorgen. Im Gegenzug bietet die Pflanze dem Bakterium einen Lebensraum und versorgt es mit den für den Stoffwechsel benötigten Verbindungen.[4]

Hansschlegelia beijingensis wurde aus der Rhizosphäre von Wassermelonen isoliert, die in einem Gewächshaus im Daxing-Bezirk von Beijing, China, angepflanzt worden waren. Hansschlegelia zhihuaiae wurde aus einem verunreinigten Ackerboden in der Jiangsu-Provinz, China, isoliert. Das Isolat von Hansschlegelia quercus stammte von Eichenblättern (Quercus ist der wissenschaftliche Name für die Gattung der Eichen).

Bei einer Untersuchung von 20000 bis 35000 Jahre alten Permafrostproben (erdgeschichtlich aus dem späten Pleistozän stammend) wurde das enthaltene Metagenom, also die enthaltenen Spuren der 16S-rRNA-Gene, bestimmt. Das Bohrloch befindet sich im Wassereinzugsgebiet des Mittellaufs der Großen Tschukotschja (russisch Bolschaja Tschukotschja, englisch Bolshaya Chukochya Lat./Long. 69° 29′ 0″ N, 156° 58′ 0″ O) in der Kolyma-Ebene. Die hier untersuchte RNA-Spuren stammten vor allem von Bakterien der Gattungen Arthrobacter und Bradyrhizobium; andere Gattungen waren Williamsia, Bradyrhizobium und Filomicrobium. Auch den Hansschlegelia-Arten stark ähnelnde 16S-rRNA wurde bestimmt. Es handelte sich um eine Übereinstimmung mit 95,3 % der 16S-rRNA von Hansschlegelia zhihuaiae. In dieser Studie wurden auch elektronenmikroskopische Aufnahmen von in der Probe eingefrorener und sehr gut erhaltener Bakterienzellen veröffentlicht.[7]

Nutzung

Bensulfuron-methyl

Hansschlegelia zhihuaiae ist in der Lage das zu den Sulfonylharnstoffen zählende Pestizid Bensulfuron-methyl abzubauen.[8][9] Der Abbau geschieht durch die Trennung der Esterbindung innerhalb des Moleküls durch eine Esterase. Das isolierte Gen suIE konnte erfolgreich in die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae eingebaut werden, so dass dise dann ebenfalls in der Lage war den Sulfonylharnstoff abzubauen. Dies ist von Interesse in der Bioremediation mit Sulfonylharnstoffen verseuchter Ökosysteme.[9]

Die 2020 beschriebene Art Hansschlegelia quercus kann für die Trennung von Seltenerdmetallen genutzt werden.[5][10][11] Die einzelnen Elemente sind von industriellen Nutzen, so werden z. B bestimmte Seltenerdmetalle für die Bauteile (Magnete) von Windrädern benötigt. Die einzelne Elemente dieser chemischen Gruppe lassen sich allerdings nur schwer und mit relativ großen Aufwand von einander trennen, von daher wird nach alternativen Wegen gesucht. Bei Hansschlegelia quercus wurde ein für diesen Zweck geeignetes spezielles Protein gefunden, ein sog. Lanmodulin-Protein. Dieses Protein bindet verschiedene Seltenerd-Elemente unterschiedlich stark. Die Methode wurde von dem Wissenschaftsteam weiter verfeinert, so kann es für die Trennung von Neodym und Dysprosium eingesetzt werden, da es fast ausschließlich Neodym bindet (die Genauigkeit liegt bei ca. 98 %).[10][11]

Einzelnachweise

  1. a b c Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompson: The Prokaryotes: Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria, ISBN 978-3-642-30197-1; doi:10.1007/978-3-642-30197-1.
  2. a b J. P. Euzéby: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN) Genus Hansschlegelia (Stand: 5. Juli 2023).
  3. Ya Wen, Xing Huang, Yu Zhou, Qing Hong und Shunpeng Li: Hansschlegelia zhihuaiae sp. nov., isolated from a polluted farmland soil In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 61, 1. Mai 2011, S. 1114–1117; doi:10.1099/ijs.0.021543-0.
  4. a b c d Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: Hansschlegelia plantiphila gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants. In: Systematic and Applied Microbiology, Band 30, Nr. 6, 10. September 2007, S. 444-452; doi:10.1016/j.syapm.2007.03.001.
  5. a b Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev and Nina V. Doronina: Hansschlegelia quercus sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 70, S. 4646​–4652; doi:10.1099/ijsem.0.004323.
  6. NCBI Taxonomy Browser: Chenggangzhangella methanolivorans Yang et al. 2016 (species, includes: Hansschlegelia sp. CHL1.
  7. B. Kudryashovaa, E. Yu. Chernousovab, N. E. Suzinaa, E. V. Ariskinaa, D. A. Gilichinsky: Microbial Diversity of Late Pleistocene Siberian Permafrost Samples. In: Microbiology, Band 82, Nr. 3, 8. Juni 2013, S. 341–351; doi:10.1134/S0026261713020082.
  8. Hao Zhang, Qi-feng Chen, Na Shang, Na Li, Qiu-hong Niu, Qing Hong, Xing Huang: The enhanced mechanisms of Hansschlegelia zhihuaiae S113 degrading bensulfuron-methyl in maize rhizosphere by three organic acids in root exudates In: Ecotoxicology and Environmental Safety Band 223, 15. Oktober 2021, 112622 doi:10.1016/j.ecoenv.2021.112622.
  9. a b Jiandong Jiang, Shunpeng Li: Microbial Degradation of Chemical Pesticides and Bioremediation of Pesticide-Contaminated Sites in China, doi:10.1007/978-981-10-6029-8_40, Epub 18. Januar 2018. In: Yongming Luo, Chen Tu (Hrsg.): Twenty Years of Research and Development on Soil Pollution and Remediation in China. Springer, Singapore (2018), doi:10.1007/978-981-10-6029-8, ISBN 978-981-10-6028-1.
  10. a b Nadja Podbregar: Naturstoff erleichtert Seltenerd-Trennung. Auf scinexx.de vom 14. Juni 2023.
  11. a b Joseph A. Mattocks, Jonathan J. Jung,que Chi-Yun Lin, Ziye Dong, Neela H. Yennawar, Emily R. Featherston, Christina S. Kang-Yun, Timothy A. Hamilton, Dan M. Park, Amie K. Boal und Joseph A. Cotruvo Jr: Enhanced rare-earth separation with a metal-sensitive lanmodulin dimer In: Nature, Band 618, 1. Juni 2023, S. 87–93; doi:10.1038/s41586-023-05945-5.

Literatur

  • Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompson: The Prokaryotes: Alphaproteobacteria and Betaproteobacteria, ISBN 978-3-642-30197-1; doi:10.1007/978-3-642-30197-1.
  • Ekaterina Ivanova, Nina Doronina, Yuri Trotsenko: Hansschlegelia plantiphila gen. nov. sp. nov., a new aerobic restricted facultative methylotrophic bacterium associated with plants. In: Systematic and Applied Microbiology, Band 30, Nr. 6, 10. September 2007, S. 444-452; doi:10.1016/j.syapm.2007.03.001.
  • Nadezhda V. Agafonova, Elena N. Kaparullina, Denis S. Grouzdev, Nina V. Doronina: Hansschlegelia quercus sp. nov., a novel methylotrophic bacterium isolated from oak buds. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 70, S. 4646​–4652; doi:10.1099/ijsem.0.004323.

Weblinks