Augarten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. März 2016 um 03:34 Uhr durch 91.115.95.156 (Diskussion) (→‎Geschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Palais Augarten
Porzellanmanufaktur
Eine Karte des Augartens

Der Augarten ist ein 52,2 Hektar großer, öffentlicher Park mit der ältesten barocken Gartenanlage Wiens und befindet sich in der Leopoldstadt, dem zweiten Wiener Gemeindebezirk.

Allgemeines

Lage und Verkehr

Der Augarten grenzt (im Uhrzeigersinn gesehen) nordöstlich an den Nordwestbahnhof, südöstlich an das Nordbahnviertel um den Volkertmarkt, südwestlich an das Karmeliterviertel und nordwestlich an den 20. Wiener Gemeindebezirk, die 1900 vom 2. Bezirk getrennte Brigittenau. Nach Nordwesten und Nordosten bildet die Parkmauer die Bezirksgrenze 2/20. Der Augarten bildet mit den umliegenden Straßenzügen das Augartenviertel, einen zehn Zählsprengel umfassenden Zählbezirk der Leopoldstadt.

Die von der Augartenbrücke über den Donaukanal auf das Haupttor des Augartens zulaufende Straße wird als Untere Augartenstraße bezeichnet. Die den Park an seiner Südwestseite auf volle Länge begleitende Straße heißt Obere Augartenstraße. Die Untere und der an sie Richtung Nordwesten anschließende Teil der Oberen Augartenstraße werden von der Straßenbahnlinie 31 (SchottenringStammersdorf) der Wiener Linien befahren. Nahe der Südspitze des Augartens befindet sich seit 2008 die U-Bahn-Station Taborstraße der U-Bahn-Linie U2. Im Nordosten führt die Straßenbahnlinie 5, 1897 als erste Tramwaylinie Wiens elektrifiziert, in der Rauscherstraße an der Parkmauer entlang.

Beschreibung

Die Gartenanlage[1] im französischen Stil bietet neben einem gepflegten Parterregarten mit aufwändigen Blumenlandschaften auch ein weitläufiges, von schattigen Alleen aus Kastanien, Rüstern, Linden, Eschen und Ahornbäumen durchzogenes Gebiet, das für die Bevölkerung und für touristische Besucher Raum zur Erholung, aber auch zur sportlichen Betätigung bietet. Wie in fast allen Bundesgärten in Wien ist der Zugang in der Nacht nicht möglich, da die fünf Parktore vom Einbruch der Dunkelheit bis zum frühen Morgen geschlossen sind; Metallschilder mit den saisonabhängigen Öffnungszeiten sind an den Toren angebracht.

Im Augarten befinden sich das Augartenpalais, Sitz der Wiener Sängerknaben, das historische Schloss Augarten mit der Porzellanmanufaktur Augarten, das Atelier Augarten mit der eingemieteten Kunstgalerie Thyssen Bornemisza Art Contemporary (TBA 21 Augarten), das Filmarchiv Austria, ein Altersheim, der Lauder Chabad Campus, ein Kinderfreibad und mehrere Sportplätze. 2012 kam der MuTh genannte Konzertsaal der Sängerknaben an der Südspitze des Areals des Augartenspitz dazu. Historische Relikte sind die beiden hohen Flaktürme aus dem Zweiten Weltkrieg.

Neben mehreren Trinkwasserbrunnen stehen im Augarten zwei gastronomische Betriebe zur Verfügung, einer (zum Teil in einem Kriegsbunker) im Parterre an der südwestlichen Parkmauer, einer im Verbund mit dem Atelier Augarten.

Die barocke Gartenanlage, das Palais und der erhaltene Teil der ursprünglichen Augartenmauer aus dem frühen 18. Jahrhundert stehen seit dem Jahr 2000 unter Denkmalschutzf3. Der Park selbst gehört zu den bedeutendsten gartenarchitektonischen Denkmalen Österreichs und steht als solcher explizit unter Denkmalschutz (Nr. 46 im Anhang zu § 1 Abs. 12 DMSG).

Geschichte

Kupferstich vom Eingang des Augartens um 1782. Links im Hintergrund sind der Kahlenberg und der Leopoldsberg zu sehen.
Ein Kupferstich des Augartens im Mai 1783
Augarten um 1830

Im Jahr 1614 ließ Kaiser Matthias in der Wolfsau, einem Teil des damaligen kaiserlichen Jagdgebietes, der dazumals noch eine unberührte Aulandschaft war, ein kleines Jagdschloss erbauen. Um 1650 entstand unter Ferdinand III., der zu diesem Zweck den Anteil Am Tabor hinzu kaufte, nächst dem Jagdschloss eine (verglichen mit den späteren Ausmaßen des Augartens kleine) Gartenanlage in holländischem Stil, und das Jagdschloss wurde erweitert. Daran grenzten Palais und Garten des Grafen Johann Franz von Trautson, entworfen von Filiberto Luchese[2].In den 1660er-Jahren erwarb Leopold I. aus Privatbesitz die angrenzenden Trautson’schen Gärten und es entstand ein barocker Lustpark an deren Stelle. Das trautsonsche Gartenpalais ließ Leopold I. um 1677 zu einem kleinen Schloss umbauen, welchem er den Namen Kaiserliche Favorita verlieh. Später hat sich der Name Alte Favorita für das kaiserliche Lustschloss etabliert. Im Zuge der zweiten Wiener Türkenbelagerung im Jahr 1683 wurde die gesamte Anlage zerstört. Von den Gebäuden blieben lediglich Teile der Mauern stehen.

Erst 1705 wurden unter Kaiser Joseph I. das Schloss und ab 1708 die Gartenanlage durch den Gartenarchitekten Jean Trehet wieder hergestellt. Der damals errichtete Gartensaal ist heute Firmensitz der Augarten-Porzellanmanufaktur, der zweitältesten Porzellanmanufaktur Europas. Wenige Jahre später, im Jahr 1712, beauftragte der neue Regent Karl VI. Trehet, der auch die Gartenanlagen des Schönbrunner Schlosses und des Belvedere realisierte, eine neue, aufwändigere Gartenanlage in französischem Stil anzulegen. Der heutige Augarten entspricht in seiner Form weitgehend dieser Anlage.[1]

Haupttor-Inschrift

Nach der Öffnung des Wiener Praters für die Öffentlichkeit im Jahre 1766 wurde auch der Augarten am 1. Mai 1775 von Joseph II. der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Anlässlich dieses Ereignisses wurden auch Nachtigallen ausgesetzt und deren Jagd unter Strafe gestellt. Der Eingang wurde damals noch von Militär bewacht und im Gelände selbst waren Invalide zur Wahrung der Ordnung gegenwärtig. Noch heute ist die Inschrift „Allen Menschen gewidmeter Erlustigungs-Ort von Ihrem Schaetzer“ auf dem ebenfalls 1775 von Isidore Canevale errichteten Hauptportal des Augartens zu lesen, das direkt zum Schloss Augarten (dem Firmensitz der Porzellanmanufaktur) führt. Um diesem Leitspruch gerecht zu werden beherbergte der Augarten damals neben dem Eingang auch ein Gebäude mit Speisesälen, Erfrischungsräumen, Tanzsälen und Billardzimmer, für das der Traiteur Ignaz Jahn verantwortlich war.

Hochwassermarke

Beim verheerenden Hochwasser, das in der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1830 die nahe der Donau gelegenen Gebiete Wiens heimsuchte, wurde der gesamte Augarten 1,75 Meter hoch überflutet. Zwei Gedenktafeln, eine davon an der Innenseite des Hauptportals und eine beim Tor nächst der Castellezgasse angebracht, erinnern noch heute an dieses Ereignis. Von 1860 bis 1870 fand die Regulierung des Donaustroms und somit die Abtrennung des Augartens von der Donau statt. Aus dem vormaligen Augebiet wurde damit eine Kulturlandschaft, die nicht mehr durch regelmäßige Hochwässer bedroht ist.

Zwischen 1934 und 1936 wohnte der damalige Bundeskanzler Kurt Schuschnigg im Palais Augarten. Bis zum Zweiten Weltkrieg verlief die Geschichte des Augartens dann relativ ruhig. Gegen Ende des Krieges sollte sich das aber ändern, denn die Kriegsstrategen von Adolf Hitler hatten den Augarten aufgrund seiner geographischen Lage als idealen Standort für die Errichtung von Flaktürmen zum Schutz der Wiener Innenstadt auserkoren. Im Sommer 1944 wurde mit dem Bau von zwei der Wiener Flaktürme (einem Gefechtsturm mit einer Höhe von 55 Metern und einem Leitturm mit einer Höhe von 51 Metern) begonnen, die durch ihre bizarre Erscheinung inmitten des Gartens mittlerweile zu einem Charakteristikum des Augartens geworden sind. Der Bau der Wiener Flaktürme mit den einhergehenden destruktiven Erscheinungen (Verlegung von 16 Eisenbahngeleisen, Errichtung umfangreicher Barackensiedlungen für die Bauarbeiter usw.) setzte dem Augarten alleine schon sehr arg zu, doch darüber hinaus wurden während des Krieges auch noch hunderte Kubikmeter Schutt deponiert, fuhren Panzerfahrzeuge kreuz und quer durch die Gartenanlage und es wurden Massengräber angelegt, in denen viele hundert Kriegsopfer beigesetzt worden sein sollen.

Ende der 1960er Jahre wurde versucht, einen der beiden Flaktürme zu sprengen. Der Turm wurde zwar erheblich beschädigt – die Risse sind noch gut zu sehen – blieb jedoch stehen. Bis auf die de facto unzerstörbaren Türme ist von den Kriegstagen aber heute nichts mehr zu sehen.

Kulturelle Bedeutung

Am 26. Mai 1782 fand im Gartensaal des Schloss Augarten das erste der Morgenkonzerte unter der Leitung von Wolfgang Amadeus Mozart statt, das Haus bot aber auch Raum für zahlreiche andere Feste und Konzerte. Die Morgenkonzerte wurden eine Zeit lang von Mozart selbst dirigiert, danach wechselten sich verschiedene Dirigenten ab, bis 1795 dem berühmten Violinisten Ignaz Schuppanzigh die Leitung der Konzerte übertragen wurde. Auch Ludwig van Beethoven ließ mehrere seiner Werke unter der Leitung von Schuppanzigh im Augarten aufführen.

In den Jahren 1820 bis 1847 fanden im Gartensaal des Schlosses die vielbesuchten 1.-Mai-Konzerte statt, in deren Rahmen vorwiegend Kompositionen von Johann Strauß (Vater) dargebracht wurden.

Von 1998 bis 2007 beheimatete die Wiese vor dem Gefechtsturm jeweils in den Sommermonaten Juli und August ein Freiluft-Kino unter dem Namen Kino unter Sternen. Seit 2008 läuft im südlichsten Teil des Augartens (dem Augartenspitz) als indirekter Nachfolger das Kino wie noch nie, ein Projekt des Filmarchivs Austria.[3] Im Rahmen dieser Veranstaltung werden typischerweise internationale Filme abseits des Hollywood-Mainstreams gezeigt, überwiegend in Originalfassung.

Ab 2010 wurde, trotz heftiger Proteste von Anrainern und Bürgerinitiativen, am Augartenspitz eine Konzert- und Mehrzweckhalle für den Verein Wiener Sängerknaben errichtet, der das Areal gepachtet hat. Unter der Bezeichnung MuTh (für Musik und Theater) wurde das Gebäude am 9. Dezember 2012 eröffnet.

Einrichtungen im Augarten

Das Schmidtsche Votivkreuz
  • Wiener Sängerknaben: Seit 1948 sind die Wiener Sängerknaben im Palais Augarten angesiedelt. Neben einem Gymnasium mit Internat ausschließlich für die Sängerknaben sind im Palais noch ein Kindergarten und eine private Volksschule mit Öffentlichkeitsrecht untergebracht, die auch musikbegeisterten Kindern beider Geschlechter offenstehen. Im Dezember 2012 wurde die Konzerthalle MuTh für die Sängerknaben im Augarten fertiggestellt.
  • Porzellanmanufaktur: Die Porzellanmanufaktur Augarten hat ihren Firmensitz im ehemaligen Gartensaal des Schlosses Augarten (Eingang von der Oberen Augartenstraße). Hier wird bis heute in Handarbeit hochwertiges Porzellan angefertigt.
  • Ambrosimuseum / Thyssen-Bornemisza: Das Atelier des Künstlers Gustinus Ambrosi nahe dem Eingang Lampigasse / Scherzergasse ist seit 1955 im Bereich des Englischen Gartens etabliert. Neben einem Skulpturengarten findet sich hier auch das Gustinus- Ambrosi-Museum. Im ehemaligen Wohnhaus und Atelier des Künstlers stellt seit 2012 die von Francesca Habsburg-Lothringen geleitete Stiftung Thyssen Bornemisza Art Contemporary aus und nennt die Einrichtung TBA21 - Augarten.[4] Francesca Habsburg kündigte im November 2015 an, TBA21 nach Zürich zu verlegen, wenn der bis Ende 2017 geltende Mietvertrag für die Räume im Augarten ausläuft.[5]
  • Filmarchiv: Das Filmarchiv Austria ist seit 1997 in den Wirtschaftsgebäuden des Palais Augarten an der Oberen Augartenstraße zu Hause.
  • Votivkreuz: Nahe der nördlichen Umfassung (Eingang Wasnergasse) steht das Schmidtsche Votivkreuz, das 1758 gestiftet und 1890 hier aufgestellt wurde.
  • Haus Augarten: Das Haus (2., Rauscherstraße 16) ist ein im Jahr 1975 eröffnetes Seniorenheim. Direkt daran angebaut ist das Café Haus Augarten.
  • Lauder-Chabad-Campus: Der Campus (2., Rabbiner-Schneerson-Platz 1 / Rauscherstraße) wurde 1998 erbaut. Er umfasst eine Krabbelstube, einen Kindergarten, eine Volksschule, eine Mittelschule und einen Hort. Der Campus verfügt über eine eigene pädagogische Akademie und eine Synagoge.
  • Flaktürme: Ein Flaktürme-Paar, die Flaktürme Augarten, sind unverkennbare Bestandteile der Silhouette des Parks.
  • Sportplätze: Vier Bundesspielplätze werden vor allem von Schülern intensiv genutzt, zumal viele Wiener Schulen über keine eigenen Sportanlagen verfügen und den Turnunterricht daher im Augarten abhalten.
  • Familienfreibad: Im nördlichen Teil des Augartens betreibt die Wiener Stadtverwaltung unweit der Wasnergasse ein Familienfreibad.
  • Kirche: Die kleine Muttergotteskirche im Augarten befindet sich Ecke Wasnergasse / Gaußplatz / Obere Augartenstraße.
  • Kinderspielplätze und Pflanzenzucht: Zahlreiche Kinderspielplätze und gärtnerisch genutzte Flächen, die den Bundesgärten zur Heranzucht der für die Gartengestaltung benötigten Pflanzen dienen, zählen ebenso zum Augarten.

Fotogalerie

Literatur

  • Eva Berger: Historische Gärten Österreichs: Garten- und Parkanlagen von der Renaissance bis um 1930. Band 3 Wien. Böhlau, Wien 2004, ISBN 978-3-205-99353-7, Wien, Schloßpark, Alte Favorita (Augarten), S. 97 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

historisch:

  • Simon Bunke (Hrsg.): Der Augarten bey Wien (1795). Eine erotische Erzählung; mit einem Materialienanhang zur Geschichte des Wiener Augartens. Neuauflage Wehrhahn, Hannover 2014, ISBN 978-3-86525-159-6.
  • Franz Weller: Die kaiserlichen Burgen und Schlösser in Wort und Bild. Hof-Buchdruckerei, Wien 1880 (archive.org).

Weblinks

Commons: Augarten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Lit. Berger 2004.
  2. Luchese, Filiberto . Künstlerverzeichnis Artisti Italinani Austriani, uibk.ac.at.
  3. Kino wie noch nie (kinowienochnie.at)
  4. Website der Stiftung
  5. Olga Kronsteiner: Kunstsammlung TBA21: Francesca Habsburg plant Umzug nach Zürich, Meldung auf der Website der Wiener Tageszeitung Der Standard vom 4. November 2015

Koordinaten: 48° 13′ 34″ N, 16° 22′ 35″ O