Cembalo

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Cembalo


Ein verziertes Cembalo (flämischer Typ)
Klassifikation Chordophon
Tasteninstrument
Vorlage:Infobox Musikinstrument/Wartung/Parameter Tonumfang fehlt
Vorlage:Infobox Musikinstrument/Wartung/Parameter Klangbeispiel fehlt
Verwandte Instrumente

Klavier, Clavichord

Musiker
Kategorie:Cembalist, Liste von Cembalisten
Rosette eines Cembalos von Karl Conrad Fleischer; Hamburg, 1720

Das Cembalo (Plural Cembali) ist ein historisches Tasteninstrument, das seine Blütezeit vom 15. bis 18. Jahrhundert hatte. Von anderen Tasteninstrumenten hebt es sich vor allem durch seinen hellen, obertonreichen Klang ab. Im Gegensatz zum Klavier werden die Saiten beim Cembalo nicht mit Hämmerchen angeschlagen, sondern mit sogenannten Kielen gezupft.

Etymologie und Bezeichnungen

Cembalo ist ursprünglich eine Kurzform für Clavicembalo, wobei italienisch clavicembalo auf mittellateinisch clavicymbalum zurückgeht (mittellateinisch clavis „Taste“, cymbalumZimbel“).[1] Eine Nebenform im Italienischen war gravicembalo.

Die Bezeichnungen Zupfklavier, Kielklavier sowie Clavicembalo (oder eingedeutscht Klavizimbel)[2] sind mehr oder weniger veraltet.

Cembali mit der verbreiteten flügelförmigen Bauart werden auch Kielflügel genannt.[3]

Tonerzeugung

Funktionsweise der Cembalomechanik (schematisch)
Moderner Springer aus Metall: Mit Stellschrauben oben und unten kann die Auslösung reguliert werden
Springer Detail: Man sieht den Nylonkiel (weiß) und den Dämpfer (rot)

Man kann das Cembalo als „Zupfinstrument mit Klaviatur“ beschreiben. Die Tonerzeugung beruht darauf, dass die Saiten durch Kiele (dornförmige Plektren) angerissen werden. Die Kiele waren früher aus Federkielen (daher der Name Kielflügel) und sind heute meist aus Kunststoff. Sie stecken beweglich in Springern, die von den Tasten aufwärts gedrückt werden. Beim Loslassen der Taste fällt der Springer zurück und dämpft mit seinem Filz die Saite ab. Die Kiele unterliegen dem Verschleiß und sind vom Spieler selbst austauschbar.

Anders als beim Klavier beeinflusst der Anschlag die Tonlautstärke nicht. Wie eine Orgel kann ein Cembalo aber Register, d. h. verschiedene aus- und einschaltbare Sätze von Saiten haben. Dadurch lässt sich der Klang in Lautstärke und Farbe verändern. Da die Registrierung nur über größere Abschnitte geändert wird, gestaltet man den musikalischen Vortrag im Wesentlichen über die Artikulation und Agogik.

Manche Cembali verfügen über einen Lautenzug, eine zuschaltbare Dämpfung, die das zarte Zupfen einer Laute imitiert.

Bei nachbarocken Cembali wurden weitere Möglichkeiten der Tonbeeinflussung erprobt. So besitzen die zweimanualigen englischen Cembali (u. a. von Kirkman und Shudi) einen sogenannten Deckelschweller, der mittels eines Pedals geöffnet oder geschlossen werden kann. Die dynamische Wirkung ist mit der eines Schwellwerks einer Orgel aber nur bedingt zu vergleichen. Manche Cembali des 20. Jahrhunderts, meist in Rastenbauweise, lassen dynamische Änderungen zuweilen auch innerhalb eines Registers zu, indem sich die Stellung der Kiele zu den Saiten verändern lässt. So werden die Saiten einmal stärker, einmal schwächer angerissen. Diese Einrichtung hat sich jedoch nicht bewährt.

Der Instrumentenhersteller Roland aus Japan hat ein elektronisches Cembalo mit digitaler Klangerzeugung entwickelt, das nicht nur den Klang nachbildet, sondern auch das Design des klassischen Vorbildes berücksichtigt. Inzwischen sind schon einige Ensembles mit den Roland-Harpsichords aufgetreten.[4], [5]

Bauformen

Italienisches Cembalo von Pietro Faby 1677
Spinett nach französischem Vorbild
Virginal von Ruckers, 1583

Das Cembalo kommt in drei Haupt-Bauformen vor. Zwischen den beiden kleineren Formen, Spinett und Virginal, gab es allerdings gelegentlich Mischformen.

Kielflügel

Beim eigentlichen Cembalo in Flügelform („Kielflügel“) verlaufen die Saiten in der Verlängerung der Tasten; die Klaviatur mit der Mechanik befindet sich an einem Ende der Saiten. Vereinzelt kommen historisch[6] und in modernen Instrumenten auch Pedalklaviaturen vor. Eine hochkant stehende Flügelform hat das Clavicytherium.

Cembali haben oft zwei verschiedene Saitenbezüge (Register). Cembali mit zwei Manualen haben meist drei Saitenbezüge: Zwei davon klingen auf derselben Tonhöhe mit verschiedener Klangfarbe, der dritte klingt eine Oktave höher. In Anlehnung an die Pfeifenlängen tonhöhenanaloger Orgelregister werden diese Register als „Achtfuß“ und „Vierfuß“ bezeichnet. Nur wenige Cembali wurden mit einem vierten Register in Sechzehnfußlage gebaut.[7]

Spinett

Beim Spinett befindet sich die Tastatur ebenfalls an einem Ende der Saiten, aber diese verlaufen schräg zur Richtung der Tasten und sind meist kürzer als beim Kielflügel. Dadurch ergibt sich eine platzsparende, meist mehr oder weniger dreieckige Form des Instruments. Das Spinett ist ein Hausinstrument, klanglich dem Kielflügel ähnlich, aber mit fast immer nur einem Manual und einem Register.

Virginal

Beim Virginal, ebenfalls einem eher leisen Hausinstrument, verlaufen die Saiten quer zu den Tasten. Die Gehäuseform ist dementsprechend fast immer rechteckig mit der Tastatur an einer Längsseite, meist an deren linkem Ende. Auch Virginale haben meist nur ein Register. Der Klang unterscheidet sich aus Gründen der Konstruktion merklich vom Kielflügel- und Spinettklang.

Geschichte

Das Cembalo etablierte sich in der Renaissance (15. bis 16. Jahrhundert) und erlebte seine Blütezeit in der Barockmusik. Dabei wurde das Instrument nicht nur für Solo- oder kammermusikalische Werke eingesetzt, sondern auch zur Ausführung der Generalbass-Begleitung, welche bei der Musik dieser Zeit eine zentrale Rolle innehatte.

Abgesehen von den ca. 100 Jahre lang immer ziemlich gleich gebauten Ruckers-Instrumenten und deren Nachfolgern sind in England, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und Deutschland bis etwa zum Jahr 1700 vorwiegend dünnwandige, grundtönige Instrumente gebaut worden, fast immer aus einer für das Herkunftsland typischen Holzart (Nussbaum in Frankreich, Eiche in Großbritannien, Zypresse in Italien usw.). Ab 1700 wurden dann aus verschiedenen (jedoch selten musikalischen) Gründen die Cembali aus Weichholz gebaut, dafür wurde die Korpusstärke viel dicker. Der größere Umfang (der um ca. 1730–1750 fünf volle Oktaven erreichte) verlangte auch nach immer größeren Instrumenten, so dass der ursprüngliche, „knackige“ Ton langsam verlorenging; er wurde immer leiser und obertonreicher. Auch und gerade in Italien ist diese Entwicklung sichtbar an den erhaltenen Instrumenten.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Cembalo nach und nach durch das Hammerklavier (Fortepiano), verdrängt – doch rechnet z. B. Mozart vor allem in frühen und mittleren „Clavierwerken“ mit einer Wiedergabe auf dem Cembalo und auch die frühen und mittleren Klaviersonaten Beethovens sind original „für das Cembalo oder das Pianoforte“ (pour le clavecin ou pianoforte) tituliert. Wegen seines durchdringenden Klanges war das Cembalo zudem bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein weiterhin als Continuo-Instrument in der Oper in Gebrauch.

Die Wiederentdeckung des Cembalos im frühen 20. Jahrhundert ist mit der Wiederentdeckung der Barockmusik verbunden. Hierbei ist das Wirken der Pianistinnen und Cembalistinnen Wanda Landowska und Eta Harich-Schneider hervorzuheben, welche durch rege Konzert- und Lehrtätigkeit das Instrument einer breiten Masse bekannt machten. Der bald einsetzende Cembalo-Boom brachte allerdings Instrumente hervor, die sich wenig an historischen Vorbildern, sondern am zeitgenössischen Klavierbau orientierten. So wurden Metallrahmen und andere moderne Materialien eingesetzt, zumeist um die Klangstärke zu erhöhen. Dass der Cembaloklang lange Zeit als leblos und starr verschrien war, ist vor allem diesen Neubauten zuzuschreiben.

Mit dem Aufkommen der historischen Aufführungspraxis für Alte Musik erfolgte auch eine Rückbesinnung auf die instrumentenbauliche Tradition und eine Hinwendung zu historischen Baumaterialien und Handwerksprozessen.

Damit gibt es zwei verschiedene Bauweisen des Cembalos:

  • Die moderne Bauweise (sog. „Rastenbauweise“) hat einen orgelartigen, metallisch tieftönigen und nicht besonders weit tragenden Ton. Es geht auf den Wettbewerb zur Pariser Weltausstellung 1889 zurück und beruht auf der damaligen Konstruktionsweise des Konzertflügels. Großen Einfluss auf den Cembalobau im 20. Jahrhundert hatte das von der Firma Pleyel im Jahre 1912 nach Wanda Landowskas Wünschen entwickelte Modell mit vier Registern (16′, 8′, 4′; 8′). Diese Variante des Cembalos verliert immer mehr an Bedeutung, ist aber das „Originalinstrument“ für Cembalokompositionen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (z. B. Manuel de Falla, Bohuslav Martinů, Francis Poulenc, Hugo Distler, Bertold Hummel).
  • Die historische Bauweise („Kastenbauweise“) hat einen sehr präsenten, weit tragenden, weniger metallischen, dafür aber lebhaften Ton. Die historischen Vorbilder für diese Bauart sind z. B. Instrumente von Ruckers (flämisch, 17. Jahrhundert), Mietke (norddeutsch, Anfang 18. Jahrhundert) oder Taskin (französisch, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts).

Bedeutende Komponisten

Hersteller (Auswahl)

Weitere finden sich in der Kategorie:Cembalobauer.

Cembalisten

siehe Liste von Cembalisten und Kategorie:Cembalist

Ähnliche Instrumente

Literatur

  • Igor Kipnis (Hrsg.): Harpsichords and Clavichords. Band 2 von Encyclopedia of Keybord Instruments. New York und Oxford: Routledge, 2007, ISBN 0-415-93765-5

Weblinks

Commons: Cembali – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Cembalo – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Duden online: Cembalo und Clavicembalo
  2. Duden online: Klavizimbel
  3. Duden online: Kielflügel
  4. Homepage zu Roland-Cembali
  5. Ansichten der Roland-Cembali, abgerufen am 16. Juni 2016.
  6. Martin-Christian Schmidt: Das Pedalcembalo – ein fast vergessenes Tasteninstrument. In: Cöthener Bachhefte, 8. Beiträge des Kolloquiums zum Pedalcembalo am 18./19. September 1997. Herausgeber: Bachgedenkstätte Schloss Köthen und Historisches Museum für Mittelanhalt. Köthen 1998. Inhaltsangabe. (PDF; 87 kB) Abgerufen am 28. Dezember 2011.
  7. Martin-Christian Schmidt: Das 16’-Register im deutschen Cembalobau des 18. Jahrhunderts. Groteske oder beachtenswerte Erscheinung mit aufführungspraktischer Relevanz? In: Eszter Fontana (Hrsg.): Festschrift für Rainer Weber. Halle 1999, ISBN 3-932863-98-4. S. 63–72. (= Scripta Artium, Bd. 1. Schriftenreihe der Kunstsammlungen der Universität Leipzig).