Friedrich Heckmann (Soziologe)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Oktober 2016 um 22:34 Uhr durch Stuttgart1950 (Diskussion | Beiträge) (/* neueste Datum nach oben). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Friedrich Heckmann (* 6. März 1941) ist Leiter des Instituts europäisches forum für migrationsstudien (efms)[1] an der Universität Bamberg und Professor (em.) für Soziologie in der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.

Die Hauptgebiete seiner Forschungs-, Lehr- und Beratertätigkeiten sind Migration und Integration. Heckmann leistete zusätzlich einen wesentlichen Beitrag zur Institutionalisierung dieser Forschung in Deutschland: erstens innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Soziologie durch die Initiierung einer Sektion Migration und ethnische Minderheiten (1985) und zweitens durch die Mitbegründung des efms im Jahre 1993 als eines der ersten Forschungsinstitute in Deutschland für Migration und Integration. Zugleich etablierte Heckmann das Fachgebiet als Studienschwerpunkt im Bereich der Bamberger Soziologieausbildung.

Leben

Heckmann studierte Soziologie, Geschichte und Ökonomie in Münster, Kiel, Lawrence, USA und Erlangen-Nürnberg. Zu seinen Lehrern gehörten Helmut Schelsky (Münster), Gerhard Wurzbacher (Kiel; Erlangen-Nürnberg) und Gary M. Maranell[2] (Lawrence). Als Fullbright Stipendiat erwarb er 1967 einen Master of Arts in Soziologie an der Staatsuniversität von Kansas in Lawrence. Während seiner Assistententätigkeit an der Universität Erlangen-Nürnberg promovierte er 1972 mit einer Arbeit zur Sozialisationsforschung. Heckmann war auch Forschungsleiter am Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum der Universität in Nürnberg und Lehrbeauftragter an der Universität Bamberg. 1980 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Bundesrepublik als Einwanderungsland an der Universität Bamberg. 1982 erhielt er einen Ruf an die Hochschule für Wirtschaft und Politik (heute Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik) und 1992 an die Universität Bamberg. Seit der Gründung des efms ist Heckmann in der Politikberatung und als Gutachter tätig für die Bundesregierung, die Europäische Kommission, Landesregierungen, Städte, Stiftungen und gesellschaftliche Organisationen. Friedrich Heckmann wurde ebenso zu einer Vielzahl von Vorträgen und Festveranstaltungen zur Integration, Migration und Migrationsforschung von namhaften Institutionen (Behörden, Organisationen und Trägern) sowohl regional, national wie international eingeladen.[3]

Beiträge zur Migrations- und Integrationsforschung

Nach Arbeiten im Bereich der Sozialisations- und Familienforschung sowie zur Geschichte der Soziologie konzentrierte sich die Forschungs- und Lehrtätigkeit Heckmanns mit der Habilitationsschrift (Die Bundesrepublik: Ein Einwanderungsland? Klett-Cotta, Stuttgart 1981) auf das Gebiet der Migrations- und Integrationsforschung. Über sozialstrukturelle Analysen wurde der Zugehörigkeitsstatus der so genannten Gastarbeiter und ihrer Familien gezeigt und mit Hilfe international und historisch vergleichender Arbeit frühzeitig nachgewiesen, dass die Bundesrepublik zu einem Einwanderungsland geworden war. In konzeptuellen und theoretischen Arbeiten entwickelte Heckmann u. a. eine Theorie ethnischer Minderheiten, das Konzept der ethnischen Kolonie, Dimensionen der Sozialintegration von Migranten sowie Bausteine zur Theorie von Vorurteilen als Einstellungen und gesellschaftlichen Ideologien. In dem auch als Lehrbuch genutzten Werk von 1992 Ethnische Minderheiten, Volk und Nation. Soziologie inter-ethnischer Beziehungen (Enke Verlag Stuttgart 1992) werden diese theoretischen Arbeiten systematisch dargestellt.

Seit der Gründung des efms leitet Heckmann zahlreiche empirische Forschungs- und Praxis bezogene Projekte und arbeitet an diesen forschend mit. Sie liegen im Bereich der Migrationstheorie, der Migrationsberichterstattung, der Migrationspolitik, der Staatsangehörigkeit, der Integration in Städten, der Integration im Bildungswesen, der Diskriminierung sowie der Evaluation von Praxismaßnahmen (siehe näher hierzu link auf efms.de). Ein großer Teil der Projekte wird in europäischer Zusammenarbeit durchgeführt.

Integration - ein Prozess

Heckmann zeigt, dass soziale Integration ein komplexer "personaler und sozialer Prozess" (Gerhard Wurzbacher) ist. Integration beinhaltet ein Paket von "Handlungsfeldern" (Friedrich Fürstenberg); sie beginnt mit dem Schutz der Grundbedürfnisse, wie Bildung, Ernährung, Erwerb der Sprache und Gesundheit. In einem weitergehenden strukturbildenden Prozess geht es um die Eingliederung, Förderung und Mitgliedschaft in gesellschaftlichen Institutionen, Kernbereiche der Gesellschaft wie der Arbeitsmarkt und das Bildungswesen und die kulturelle Partizipation. Partizipation ist durchaus auch bipolar, indem die einheimische Bevölkerung Impulse der Migranten in ihrem Alltag aufnimmt. Im Kern ist Integration ein sozialer Prozess, ein kultureller Prozess und ein Public-Health-Prozess. Auch die Nation entwickelt und vertieft sich durch diese gesellschaftlichen Prozesse,[4] die sich durchaus auch konfliktreich gestalten (Ralf Dahrendorf).

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Integration von Migranten. Einwanderung und neue Nationenbildung. Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-06979-7,
  • Willkommenskultur – Was ist das, und wie kann sie entstehen und entwickelt werden? Europäisches Forum für Migrationsstudien, Bamberg 2012. (empf paper 12/7. PDF, 1 MB)
  • mit Doris Lüken-Klaßen: Intercultural Policies in European Cities.[5] European Union Foundation, Dublin 2010.
  • mit Dominique Schnapper (Hrsg.): The Integration of Immigrants in European Societies. National Differences and Trends of Convergence. Lucius und Lucius, Stuttgart 2003.
  • mit Veronica Tomei (Hrsg.): Freizügigkeit in Europa. Migrations- und europapolitische Aspekte des Schengen Vertrags.[6] Europa Union, Bonn 1995.
  • mit Wolfgang Bosswick (Hrsg.): Migration Policies: a Comparative Perspective. With a foreword by Richard v. Weizsäcker.[7] Enke, Stuttgart 1995.
  • Ethnische Minderheiten, Volk und Nation. Soziologie inter-ethnischer Beziehungen. Enke, Stuttgart 1992, ISBN 3-432-99971-2.
  • mit Friedhelm Kröll: Einführung in die Geschichte der Soziologie. Enke, Stuttgart 1984, ISBN 3-432-94081-5.
  • Die Bundesrepublik: ein Einwanderungsland? Zur Soziologie der Gastarbeiterbevölkerung als Einwandererminorität. Habilitationsschrift. Klett-Cotta, Stuttgart 1981, ISBN 3-12-912090-4.
  • Die Analyse von Sozialisationsprozessen in Ausbildungskursen: Beschreibung, Theorie und methodische Verfahren, dargestellt am Beispiel der Sozialisation von Entwicklungshelfern. Dissertation. Universität Nürnberg, 1972, DNB 730600971.

Quellen

  1. Europäisches Forum für Migrationsstudien, abgerufen am 21. April 2012.
  2. Deutsche Forschungsgemeinschaft, abgerufen am 21. April 2012.
  3. europäisches forum für migrationsstudien, abgerufen am 18. September 2016
  4. Interview bei 3sat, abgerufen am 17. September 2016.
  5. Lüken-Klaßen, Doris, Heckmann, Friedrich: Intercultural policies in European Cities, abgerufen am 1. Mai 2012.
  6. European Economic and Social Committee, abgerufen am 26. April 2012.
  7. University Centre of the Westfjords, abgerufen am 26. April 2012.

Weblinks