Kraftwerk Voerde

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Kraftwerk Voerde
Kraftwerk Voerde
Kraftwerk Voerde
Kraftwerk Voerde
Lage
Kraftwerk Voerde (Nordrhein-Westfalen)
Kraftwerk Voerde (Nordrhein-Westfalen)
Koordinaten 51° 34′ 40″ N, 6° 40′ 57″ OKoordinaten: 51° 34′ 40″ N, 6° 40′ 57″ O
Land Deutschland Deutschland
Gewässer Rhein
Daten
Typ Kohlekraftwerk
Primärenergie Fossile Energie
Brennstoff Steinkohle
Leistung 2234 MW[1] Installierte Leistung Brutto
2030 MW Netto
Eigentümer 75% STEAG GmbH, 25% RWE
Betreiber STEAG
Betriebsaufnahme 1971
Kessel 2 Kohlestaub-gefeuerte Benson-Kessel – flüssige Entaschung (2x 980 t/h) &

2 Kohlestaub-gefeuerte Benson-Kessel – Trockenentaschung (2x 2.160 t/h)

Schornsteinhöhe 250 m (1982; außer Betrieb seit 2005)
230 m (Neubau 2005)
218 (1970) m
Eingespeiste Energie 2011 7.521 [1] GWh
Website www.steag.com
f2

Das Kraftwerk Voerde ist ein Steinkohlekraftwerk in Voerde (Niederrhein) im Kreis Wesel und liegt unmittelbar am Rhein.

Geschichte

Kraftwerk Voerde vor dem Bau des dritten Kamins mit nur 2 Schornsteinen, im Vordergrund die Emschermündung in den Rhein

1970/71 wurde am Standort Voerde das Kraftwerk West mit zwei Blöcken (West I und West II) zu je 350 Megawatt Leistung ohne Rauchgasreinigungsanlagen errichtet, die zu diesem Zeitpunkt zwar technisch realisierbar aber noch nicht gesetzlich vorgeschrieben waren.

1982 und 1985 kam es am Standort Voerde zu einer Erweiterung um die Blöcke Voerde A und Voerde B mit je 710 Megawatt Leistung, die mit einer nun gesetzlich vorgeschriebenen Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) ausgestattet wurden.

2005 wurde im Dezember eine neue REA mit einem neu errichteten Schornstein in Betrieb genommen um die strengeren gesetzlichen Grenzwerte trotz veralteter Kraftwerksblöcke noch einhalten zu können. Da der Bau eines dritten Schornsteins billiger war, wurde die zusätzliche Nutzung des 165 m hohen Naturzug-Kühlturms zur Reingaseinleitung (Nutzung des Kühlturms als Schornstein) im Jahr 2005 aus Kostengründen nicht realisiert. Bei Umbau des Kühlturms (Einleitung Rauchgasrohr in Kühlturmmitte) wäre für die Blöcke Voerde A und B kein Schornstein mehr nötig gewesen. Zusätzlich wurde durch den Umbau im Jahr 2005 auch die Gesamtleistung des Kraftwerks um 114 Megawatt erhöht (West I und II je 6 MW, Voerde A und B je 51 MW). [1]

Im Herbst 2015 forderte die RWE, als 25% Anteilseigner, die STEAG dazu auf, die zwei Kraftwerksblöcke (Voerde A und B) bis Ende September 2016 vom Netz zu nehmen. Die RWE begründet ihre Forderung mit den niedrigen Großhandelspreisen.[2] Die Stilllegung der Blöcke Voerde A und Voerde B soll im Frühjahr 2017 erfolgen. [3]

Technische Daten

Die vier Kraftwerksblöcke (West I und II, Voerde A und B) haben zusammen eine installierte Leistung (Bruttoleistung) von 2234 Megawatt (siehe Tabelle).[4][1] Es ist damit das größte Kraftwerk des Betreibers Steag.

Bei einer Stromproduktion in Höhe von 11.000 GWh verbraucht die Gesamtanlage ca. 4 Millionen Tonnen Steinkohle.[5] Ein Kohlelager neben dem Kraftwerk mit einem Fassungsvermögen von 350.000 Tonnen gleicht Liefer- und Verbrauchsschwankungen aus.

Die nutzbare Stromabgabe lag im Jahr 2007 bei 10.991 GWh.[4] Im Jahr 2010 wurden aufgrund der veränderten Bedingungen auf dem Strommarkt nur noch 8.414 GWh.[6] produziert. Im Jahr 2011 reduzierte sich die Stromproduktion erneut auf insgesamt 7.521 GWh.[1]

Das Kraftwerk Voerde verfügt über einen 250 Meter hohen Schornstein (außer Betrieb seit 2005), einen 230 Meter hohen Schornstein (Neubau 2005) und einen 218 Meter hohen Schornstein. Der 230 Meter hohe Schornstein wurde im Zeitraum 2004/2005 im Rahmen der Teilerneuerung der Rauchgasreinigungsanlage neu gebaut um die Anforderungen der vom Gesetzgeber novellierten 13. Bundes-Immissionsschutzverordnung zu erfüllen. Der 218 Meter hohe Schornstein gehört zu den Blöcken West I und West II, der 230 Meter hohe Schornstein (Neubau 2005) wird von den Blöcken Voerde A und B genutzt und ersetzt den alten 250 Meter hohen Schornstein. Der nun nicht mehr benötigte 250 Meter hohe Schornstein wurde lediglich oben verschlossen, die alten Rauchgasleitungen der Blöcke A und B wurden zum neuen Schornstein umgeleitet. Ein Rückbau des inaktiven Schornsteins wird aus Kostengründen nicht geplant.

Luftbild mit Schornsteinabdeckung auf Altkamin der Blöcke Voerde A & B und Rohrleitungen zum neuen Ersatzkamin
Block West I West II Voerde A Voerde B
Inbetriebnahme 1971 1971 1982 1985
Feuerungswärmeleistung[7] 900,15 MW 900,15 MW 1869,44 MW 1869,44 MW
Bruttoleistung (Nominalleistung
Dampfturbine)
356,00 MW 356,00 MW 761,00 MW 761,00 MW
Eigenstromverbrauch zum Betrieb des Kraftwerks (pro Block) 38,00 MW 34,00 MW 66,00 MW 66,00 MW
Eigenstromverbrauch zum Betrieb des Kraftwerks (Gesamt) 9,2 % der Gesamtleistung (206,00 MW)
Netto-Nennleistung[8](elektrisch) 318,00 MW 322,00 MW 695,00 MW 695,00 MW
Kraft-Wärme-Kopplung Keine Nutzung der Energie zur Erzeugung von Fernwärme oder Prozessdampf für externe Nutzer[8]
aktive Kamine (Höhe) 1 × 218 m 1 × 230 m (Neubau 2005)
inaktive Kamine (Höhe) 0 1 × 250 m (seit 2005 außer Betrieb)
Kühlturm (Höhe) 1 × 165 m Naturzug-Nasskühlturm
Wirkungsgrad Gesamtanlage 38,7 %[9]

Der Netzanschluss erfolgt über das Umspannwerk Möllen Stromnetz des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Die Blöcke West I und II speisen dabei in die 220-kV-Höchstspannungsebene und die Blöcke Voerde A und B auf der 380-kV-Höchstspannungsebene ein.[8]

Durch das Kraftwerk führt die Landesstraße 396, die Voerde mit Dinslaken und Duisburg-Walsum verbindet.

Im Kraftwerk arbeiten 180 Mitarbeiter (Stand 2016), die sich auf die Blöcke Voerde A & B (110 Mitarbeiter) und West I & 2 (70 Mitarbeiter) verteilen. [10]

Das Kraftwerk ist außerdem ein Standort der Themenroute „Großchemie und Energie“ der Route der Industriekultur.

Emissionen

Luftschadstoffe und Wasserschadstoffe

Kohlekraftwerke stehen aufgrund ihres Schadstoffausstoßes in der Kritik. Auch nach dem Einbau von Filteranlagen in den 1980er Jahren, die den Großteil des Schwefels aus den Abgasen entfernen, stoßen Kohlekraftwerke weiterhin relevante Mengen Schwefeldioxid aus. Neben Schwefeldioxid gelangen umwelt- und gesundheitsschädliche Stickstoffoxide sowie gesundheitsschädliche Feinstäube, darin enthaltene Schwermetalle und PAK in die Umwelt. In Deutschland trug die Energiewirtschaft 2010 mit 71 % (6,571 Tonnen) zur Gesamt-Quecksilberemission bei.[11]

Die Schadstoffemissionen aller großen Industriebetriebe sind im Europäischen Schadstoffemissionsregister (PRTR) über das deutsche Portal www.thru.de veröffentlicht.

Emissionen unterhalb der berichtspflichtigen Mengenschwelle sind in der Tabelle mit „<“ neben dem Grenzwert aufgeführt.

Kohlendioxid, Wasser- und Luftschadstoffe (Berichtsjahre 2007 und 2011) des Kraftwerks Voerde[12]
Jahr Kraftwerks-blöcke Produzierte Strommenge Kohle-verbrauch Kohlendioxid (CO2) Chloride -Abwasser- Stickoxide (NOx/NO2) Fluoride (als Gesamt-F) -Abwasser- Schwefeloxide (SOx/SO2) Feinstaub Anorganische Fluor-verbindungen als HF Distickoxid (N2O) Ammoniak (NH3) Benzol (C6H6) Kupfer (Cu) -Abwasser- Zink (Zn) -Abwasser- Blei (Pb) Nickel (Ni) Chrom (Cr) Quecksilber (Hg) Arsen (As) Cadmium (Cd)
2011 Voerde A & B keine Daten keine Daten 5.680.000 t 2.580 t 4.430 t 3.150 kg 2.800 t <100 t 38.500 kg 30.500 kg <10.000 kg <1.000 kg 1.130 kg 275 kg <200 kg <50 kg <100 kg 73,3 kg <20 kg <10 kg
2011 West I & II keine Daten keine Daten 1.240.000 t <2.000 t 963 t 2.140 kg 1.040 t <100 t 19.400 kg <10.000 kg <10.000 kg <1000 kg <50 kg <100 kg <200 kg <50 kg <100 kg 21,6 kg <20 kg <10 kg
2011 Gesamtmenge 7.521 GWh keine Daten 6.920.000 t >2.580 t - keine genauen Daten 5.393 t 5.290 kg 3.480 t keine genauen Daten 57.900 kg >30.500 kg - keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten >1130 kg - keine genauen Daten >275 kg - keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten 94,9 kg keine genauen Daten keine genauen Daten
2011 Menge pro GWh 1 GWh keine Daten 920,090 t keine genauen Daten 0,717 t 0,703 kg 0,463 t keine genauen Daten 7,698 kg keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten 0,0126 kg keine genauen Daten keine genauen Daten
2007 Voerde A & B keine Daten keine Daten 6.930.000 t 3.720 t 4.390 t 3.450 kg 3.380 t <100 t 44.300 kg 37.000 kg 13.000 kg 1.840 kg 738 kg <100 kg <200 kg 72,8 kg <100 kg 40,8 kg <20 kg <10 kg
2007 West I & II keine Daten keine Daten 3.250.000 t 2.780 t 2.220 t 2.830 kg 2.860 t 195 t 49.000 kg 17.300 kg 12.200 kg <1000 kg <50 kg <100 kg <200 kg 153 kg <100 kg 21,8 kg 35,2 kg <10 kg
2007 Gesamtmenge 10.991 GWh 4.000.000 t 10.180.000 t 6.500 t 6.610 t 6.280 kg 6.240 t >195 kg - keine genauen Daten 93.300 kg 54.300 kg 25.200 kg >1840 kg - keine genauen Daten >738 kg - keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten 225,8 kg keine genauen Daten 62,6 kg >35,2 kg - keine genauen Daten keine genauen Daten
2007 Menge pro GWh 1 GWh 363,63 t 926,212 t 0,591 t 0,601 t 0,571 kg 0,568 t keine genauen Daten 8,489 kg 4,940 kg 2,293 kg keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten keine genauen Daten 0,021 kg keine genauen Daten 0,0057 kg keine genauen Daten keine genauen Daten

Volkswirtschaftliche Kosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden

Die Europäische Umweltagentur hat die volkswirtschaftlichen Kosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden der ungefähr 28.000 größten Industrieanlagen in Europa anhand der im PRTR gemeldeten Emissionsdaten (Berichtsjahr 2009) im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie berechnet.

Grundlage für die Berechnungen lieferten neben den Emissionsdaten aus dem Europäischen Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister weitere epidemiologische Studien zu den Gesundheitsfolgen von Feinstaub. Zusätzlich wurden Kosten für die Behandlung von Erkrankungen durch die freigesetzten Schadstoffe und den Arbeitsausfall durch diese Erkrankungen berechnet.[13] Diese Studie wurde von der EU-Kommission beauftragt, die Schadenskosten für die Kraftwerksblöcke West I & II sowie Voerde A & B wurden separat berechnet.[14]

Volkswirtschaftliche Umwelt- und Gesundheitsschäden[14]
Berichtsjahr Verursacher Schadenskosten pro Jahr Einheit
2009 Kraftwerk Voerde (Blöcke West I & II) 84-137 Millionen Euro
2009 Kraftwerk Voerde (Blöcke Voerde A & B) 183-272 Millionen Euro
2009 Kraftwerk Voerde (Gesamtsumme Kraftwerk Voerde) 267-410 Millionen Euro
2009 Kraftwerk Voerde (Anteil Kraftwerk Voerde an Gesamtsumme) 0,26-0,24 Prozentsatz
2009 Gesamtsumme ca. 28.000 Industrieanlagen in Europa 102.000–169.000 Millionen Euro

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kraftwerk Voerde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Kraftwerk Voerde auf steag.com
  2. RWE fordert Stilllegung von Kraftwerksblöcken auf rp-online.de
  3. Kraftwerk: Teilstilllegung besiegelt. In: derwesten.de. FUNKE MEDIEN NRW GmbH, 2. Juni 2016, abgerufen am 11. Juli 2016.
  4. a b Kraftwerk Voerde auf kohlekraftwerke.de
  5. Kraftwerk Voerde auf metropoleruhr.de.de
  6. Kraftwerk Voerde auf derwesten.de
  7. Wolfgang Konrad: Kraftwerksstandort Voerde. (PDF-Datei, 1,6 MiB) Stadt Voerde. Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 15.09.2009. Abgerufen am 4. Dezember 2014.
  8. a b c Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen) Stand 29.10.2014. (Microsoft-Excel-Datei, 322 KiB) Abgerufen am 4. Dezember 2014.
  9. http://www.steag-energyservices.com/fileadmin/user_upload/steag-energyservices.com/unsere_leistungen/energy_technologies/plant_process_engeneering/refblatt_voerde_rea_d_neu.pdf
  10. Kraftwerk: Teilstilllegung besiegelt. In: derwesten.de. FUNKE MEDIEN NRW GmbH, 2. Juni 2016, abgerufen am 11. Juli 2016.
  11. Emissionsentwicklung 1990 - 2010, Schwermetalle Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen seit 1990, Umweltbundesamt (Excel-Tabelle), 2012
  12. www.Thru.de - Emissionsdaten zum Kraftwerk Voerde
  13. Kosten-Nutzen-Analyse zur Luftreinhaltepolitik, Clean Air for Europe (CAFE) Programm, Europäische Kommission
  14. a b Revealing the costs of air pollution from industrial facilities in Europe (Offenlegung der Kosten der Luftverschmutzung aus Industrieanlagen in Europa), Europäische Umweltagentur, Kopenhagen, 2011