Marienstraße (Berlin)

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Marienstraße
Wappen
Wappen
Straße in Berlin
Marienstraße
Marienstraße
Marienstraße (v.l.: 26, 25, 24, 23, 22, 21) im Jahr 1984
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Berlin-Mitte
Angelegt 19. Jahrhundert
Querstraßen Albrechtstraße,
Luisenstraße
Nutzung
Nutzergruppen Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr
Technische Daten
Straßenlänge 300 Meter

Die Marienstraße im Berliner Ortsteil Mitte ist eine etwa 300 Meter lange, um 1827 in der damaligen Friedrich-Wilhelm-Stadt angelegte, Wohnstraße. Ihre als durchgängiger Straßenzug errichteten Gebäude entstanden zwischen 1830 und 1840. Als einzige Berliner Straße dieser Epoche ist sie fast vollständig erhalten.

Geschichte

Friedrich-Wilhelm-Stadt mit Marienstraße, 1905 (Meyers Konversations-Lexikon)

Auf dieser Fläche der früheren Spandauer Vorstadt von Alt-Berlin befanden sich noch bis in das 18. Jahrhundert Wiesen und Morast.[1] Durch die preußische Siedlungspolitik bei etwa zeitgleich beginnender Industrialisierung wurde eine Stadterweiterung notwendig, es entstand ab 1825 die Friedrich-Wilhelm-Stadt. Die neuen Straßen erhielten Bezeichnungen nach Adligen der damaligen Zeit. Der Name der Marienstraße leitet sich von Prinzessin Marie Luise Alexandrine von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808–1877) ab, die bei der Benennung der Straße noch Verlobte von Prinz Carl von Preußen war und einige Wochen später die Schwiegertochter des Königs Friedrich Wilhelm III. wurde. In amtlichen Dokumenten wird der 16. April 1827 als Tag der Namensvergabe angegeben.[2]

Die Wohnbauten der Marienstraße gehen größtenteils auf Pläne von August Stüler zurück, einem Schüler Schinkels. Die drei- oder viergeschossigen Häuser entsprachen den Vorstellungen der damaligen Zeit und zeigen vor allem Elemente des Spätklassizismus, die in klar gegliederten Giebeln, Friesen und Blumenreliefs bestehen. Bereits ab 1860 wurden erste Wohnhäuser rekonstruiert, wobei einige Gebäude aufgestockt wurden. Fassaden wurden dem Zeitgeschmack angepasst, so dass aus früheren rechteckigen Mitteltoren nun Rundbogentore entstanden und Tordekore geändert wurden. Um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, erhielten einige Häuser Seitenflügel. In die Mietwohnungen zogen mehr und mehr Studenten, Mitarbeiter der Charité, Künstler und Intellektuelle – man sprach von einem „Quartier Latin“.[1]

Während der Revolution 1848 soll es an der Ecke zur Albrechtstraße eine Barrikade gegeben haben.[3][4]

Der Zweite Weltkrieg hatte in der Berliner Innenstadt schwere Schäden angerichtet, die Marienstraße blieb jedoch in ihrer Grundsubstanz erhalten. Der Ost-Berliner Magistrat hatte 1970 eine umfassende Rekonstruktion der gesamten Friedrich-Wilhelm-Stadt beschlossen und die Wohnhäuser unter Bestandsschutz gestellt. Zwischen 1970 und 1973 erhielten die Fassaden frische Farbanstriche in den früheren Originalttönen Steingrau, Rosé und Lindgrün, Schmuckelemente wurden ausgebessert. Gleichzeitig erhielten die Wohnungen modernen Wohnkomfort wie Zentralheizung oder Warmwasser. Seit dieser ersten Restaurierung gilt die Marienstraße als architektonisches Kleinod und fast ihre gesamten Häuser sind seither in der Berliner Denkmalliste verzeichnet.

Bekannte ehemalige Bewohner der Marienstraße

Adolph von Menzel: Blick aus einem Fenster in der Marienstraße
  • Marienstraße 4: Jean Sibelius, finnischer Komponist, lebte hier während seines Studiums 1889. Am 23. April 2008 wurde an dem Haus eine Gedenktafel eingeweiht.
  • Marienstraße 6: Michail Iwanowitsch Glinka, russischer Komponist, wohnte im Sommer 1856 hier.
  • Marienstraße 14: Johannes Tropfke, Mathematiklehrer und Stadtverordneter, lebte hier. Am Haus befindet sich eine Gedenktafel.
  • Marienstraße 22: Adolph von Menzel, realistischer Maler, lebte von 1865 bis 1867 (nach anderen Angaben von 1860 bis 1864[1]) hier. Er verewigte das Haus in seinem Gemälde Blick aus einem Fenster in der Marienstraße. Auch an diesem Gebäude wurde eine Gedenktafel angebracht, die allerdings falsche Jahreszahlen angibt.[5][6]
  • Marienstraße 24: Angela Merkel, deutsche Bundeskanzlerin und CDU-Bundesvorsitzende, wohnte in den 1980er Jahren hier. In einem Interview mit dem SZ-Magazin bekannte Merkel, die leerstehende Wohnung zwar illegal renoviert und bewohnt – aber dennoch Miete an die kommunale Wohnungsverwaltung überwiesen zu haben.[7][8]
  • Marienstraße 28: Siegfried Dehn, Musiktheoretiker und Kontrapunktlehrer, lebte von 1855 bis 1857 hier.
  • Marienstraße 32/ Luisenstraße 39: Mori Ôgai, japanischer Militärarzt, Dichter und Übersetzer, lebte von 1887 bis 1888 hier. Seit 1989 ist in dem Haus die Mori-Ôgai-Gedenkstätte beheimatet.

Bekannte Institutionen in der Marienstraße

  • Marienstraße 11: Clubräume des Chaos Computer Club Berlin [9]

Übersicht der einzelnen Hausnummern

Haus-
nummer
Baujahr Sanierungen Wohn-
einheiten
Objekt-Nr.[10] Sonstige Angaben Foto
Marienstraße 1 2002 Bauherr: VTG der IG Bauen Agrar Umwelt; Bauart: Stahlbeton, Mauerwerk; Grundstücksfläche: 995 m²; Überbaute Fläche: 604 m²; Bruttogeschossfläche: 2443 m²; Investitionssumme: 7.5 Mio. DM[11]
Marienstraße 2 1843 2002 8 09095863 Johann Rolapp, Bildhauer; Wohnfläche: rund 1150 m² / Gewerbefläche: rund 200 m²; Gebäude war von Milieuschutzsatzung 1999 nicht betroffen.[12]
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Marienstraße 3 1840 1870 09095864 Bauherr: Jeremias Rudolph
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Marienstraße 4 1838 09095865 Bauherr: Jeremias Rudolph
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Marienstraße 5 1838 1870 09095866 Bauherr: Fritz Florentin Niedlich, Kgl. Geh. Kanzlei Secretair
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Marienstraße 6 1838 1870, historisierend überformt[13] 09095867 Bauherr: Jeremias Rudolph
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Marienstraße 7 1827 09095868 Hier befand sich im Revolutionsjahr 1848 ein Studentenkeller, der als Treffpunkt der bürgerlich-demokratischen Studentenbewegung der Berliner Universität diente.[1]
Nr. 7 am 29.  Dezember 1959
Nr. 7 am 29.  Dezember 1959
Marienstraße 8 1874 um 1890, historisierend überformt[13] 09095869 Bauherr: Johann Gottlieb Gieps, Fuhrwerkbesitzer
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Marienstraße 9 1883 1890, historisierend überformt[13] 09095870 Bauherr: Gustav Gieps, Landwirt
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Marienstraße 10 1828 09095871 Bauherr: Karl-Wilhelm Schweder, Justizrat.
Treppen im Original erhalten[13]
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Marienstraße 11 1828 09095872 Bauherr: Johann Christian Possart, Kaufmann
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Marienstraße 12 1827 2002 09095873 Bauherr: David Broege, Fuhrherr; Gewerbefläche: rund 700 m²
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Marienstraße 13 2000 Bauherr: Regional Hausbau GmbH; Architekt: Wimmeler; Bauart: Stahlbeton, Putzfassade; Grundstücksfläche: 795 m²; Überbaute Fläche: 446 m²; Bruttogeschossfläche: 2583 m²; Investitionssumme: 3.7 Mio. Euro[14]
Marienstraße 14 1827 2000 20 09095875 Bauherr: Theodor Wilhelm Franz Tropfke, Tischler; Wohnfläche: rund 1300 m².
Die historische Treppe ist erhalten[13]
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Marienstraße 15 1828 09095876 Bauherr: Schüttler, Maurer
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Marienstraße 16–17 1909–1910 09095844 Hotel Albrechtshof, Bauherr: Zentralverwaltung des Vereins für Berliner Stadtmission
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Marienstraße 18
Marienstraße 19/20 1842 09095877 Bauherr: Wolf Hagelberg, Papier-Fabrikant.
In der Fassadenmitte weist ein Medaillon mit einer Merkurbüste auf die Handelstätigkeit des Hausbesitzers hin.[13]
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Marienstraße 21 1838 09095878 Hier ist die historische Treppe ebenfalls erhalten.[13]
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Marienstraße 22 1827 09095879
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Marienstraße 23 1828 1870 09095880 Bauherr: Friedrich Accum, Professor der Chemie & Lehrer an der Bauakademie
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Marienstraße 24 1886 09095881 Bauherr: Clemens, Maurer
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Marienstraße 25 1885 09095882 Bauherr: Gustav Boehme & Carl Diechmann, Glaser
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Marienstraße 26 1893 09095883 Bauherr: Franz Klein, Maurer
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Marienstraße 27 1831 09095884 Bauherr: Carl Friedrich Winckelmann, Butterhändler
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Marienstraße 28 1840 1999 10 09095885 Bauherr: Heinrich Wilhelm Salge, Maurerpolier; Wohnfläche: rund 740 m²
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Marienstraße 29 1841 1870 09095886 Bauherr: Heinrich Wilhelm Salge, Maurerpolier
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Marienstraße 30
Marienstraße 31 1840 09095887 Bauherr: Johann Carl Klauck, Tafeldecker
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Marienstraße 32 rechts: Blick in die Marienstraße
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Die Marienstraße in den Medien

  • 2009 drehte das Berliner Popduo 2raumwohnung in der Marienstraße das Musikvideo zu ihrem Song Der letzte Abend auf der Welt. In dem Video spaziert die Sängerin Inga Humpe die Straße von der Luisenstraße in Richtung Albrechtstraße hinunter, gefilmt in einer einzigen Einstellung.[15]
  • 2011 wählte die Schauspielerin und Sängerin Angela Winkler die Marienstraße für das Cover ihres ersten Albums Ich liebe Dich kann ich nicht sagen.[16]
  • 2012 filmte die Kino-Kette Cinemaxx einen Werbespot in der Marienstraße.[17]

Stolpersteine in der Marienstraße

Am 20. Oktober 2014 wurden in der Marienstraße 7, 15, 25 und 27 durch den Künstler Gunter Demnig Stolpersteine für die in der Zeit des Nationalsozialismus deportierten und ermordeten jüdischen Bewohner der Straße Max Mosche Katzper, Bianka Levy, Adolf Zadek, Minna Seeliger, Edith Reiss, Nelly Henriette Reiss, Hermann Sziff und Klara Habel verlegt. Bei der Gedenkveranstaltung nahmen neben vielen Anwohnern der Straße und Gästen auch Familienangehörige der Familie Habel[18] aus England und Israel sowie der britische Botschafter in Deutschland, Simon McDonald (KCMG), die Holocaust-Überlebende Margot Friedlander und der Militärattaché der Botschaft Israels in Berlin, Erez Katz, teil.

Literatur

  • Dorothee Dubrau: Architekturführer Berlin-Mitte. Band 2. Berlin 2009, ISBN 978-3-938666-07-4.
  • Wolfgang Feyerabend: Quer durch Mitte. Die Friedrich-Wilhelm-Stadt. Berlin 2000, ISBN 3-7759-0463-8.
  • Hermann Zech: Die Friedrich-Wilhelm-Stadt in Berlin-Mitte. Berlin 1997.
  • Hans Prang: Durch Berlin zu Fuß. Leipzig 1990.
  • Heinrich Trost et al.: Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Hauptstadt Berlin I. Berlin (DDR) 1983.
  • Dieter Bolduan et al.: Berlin, Hauptstadt der DDR. Bauten unter Denkmalschutz. Berlin (DDR) 1982.

Weblinks

Commons: Marienstraße (Berlin-Mitte) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Ullrich Winkler: Streifzug durch eine Straße – reich an historischen Gebäuden. Geschichtliches und Gegenwärtiges über ein 150jähriges Viertel. In: Neues Deutschland, 23./24. Mai 1981
  2. Marienstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  3. Chronik Koepjohann’sche Stiftung. Abgerufen am 25. September 2012. Die Quelle geht zurück auf ein Poster in der Berliner Stadtbibliothek. Dort ist leider unsauber zitiert: „Nach [Hartmann] auf der Grundlage von Plan von Berlin, entworfen und gezeichnet von C. Zirbeck Berlin, 1828 [vergr. Ausschnitt].“ Die Quelle „Hartmann“ konnte bislang nicht gefunden werden.
  4. 1848 – Barrikadenkämpfe in Berlin. Blog „Auguststraße“, abgerufen am 25. September 2012.
  5. Michael Bienert, Elke Linda Buchholz: Kaiserzeit und Moderne. Ein Wegweiser durch Berlin. S. 190.
  6. In den Quellen herrscht Uneinigkeit über die Jahreszahlen von Menzels Aufenthalt in der Marienstraße 22. Das Berliner Adressbuch listet für Nummer 22 einen „Menzel, Professor“ in den Jahren 1865–1867 sowie 1870: Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1864, Teil 2, S. 118 (kein Eintrag). Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1865, Teil 2, S. 125. Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1866, Teil 2, S. 132. Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1867, Teil 2, S. 136. Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1868, Teil 2, S. 146 (kein Eintrag). Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1870, Teil 2, S. 167. Marienstraße 22. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1871, Teil 2, S. 175 (kein Eintrag). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Satz und die Drucklegung der Adressbücher bereits einige Monate vor dem entsprechenden Jahr fertig werden mussten.
  7. Merkel war früher Hausbesetzerin. In: Der Tagesspiegel, 29. Februar 2008.
  8. Und es war Sommer. In: SZ-Magazin, 9/2008, Abgerufen am 22. Oktober 2010.
  9. https://berlin.ccc.de/wiki/Chaos_Computer_Club_Berlin_e.V.
  10. Objekt-Nummer in der Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamtes Berlin
  11. Marienstraße 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Abgerufen am 22. Oktober 2010.
  12. Friedrich-Wilhelm-Stadt: Verdrängung trotz Milieuschutz. Berliner Mieterverein. Abgerufen am 7. Juli 2014.
  13. a b c d e f g Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 323 f.
  14. Projekt Marienstraße 13/13a. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Abgerufen am 22. Oktober 2010.
  15. Der letzte Abend auf der Welt. MySpace-Video. Abgerufen am 9. Mai 2012.
  16. Ich liebe Dich kann ich nicht sagen. Abgerufen am 30. Juli 2011.
  17. Emotionen sind das schönste Geschenk. Abgerufen am 10. März 2012.
  18. Winchester man walks in footsteps of aunt who died in the Holocaust. In: Hampshire Chronicle, 18. November 2014

Koordinaten: 52° 31′ 19,2″ N, 13° 22′ 55,4″ O