Nosferatu – Phantom der Nacht

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Film
Titel Nosferatu – Phantom der Nacht
Produktionsland Deutschland, Frankreich
Originalsprache Deutsch, Englisch, Rumänisch
Erscheinungsjahr 1979
Länge 107 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Werner Herzog
Drehbuch Werner Herzog
Produktion Werner Herzog
Musik Popol Vuh
Florian Fricke
Charles Gounod
Richard Wagner
Kamera Jörg Schmidt-Reitwein
Schnitt Beate Mainka-Jellinghaus
Besetzung

Nosferatu – Phantom der Nacht ist Werner Herzogs Horrorfilm aus dem Dracula-Stoff und eine Hommage an Friedrich Wilhelm MurnausNosferatu – Eine Symphonie des Grauens“.

Handlung

Jonathan Harker, der mit seiner Frau Lucy im Wismar des 19. Jahrhunderts lebt, wird beauftragt, nach Transsilvanien zu reisen, um mit Graf Dracula über den Verkauf eines Hauses zu verhandeln. In der Nähe des Schlosses lebende „Zigeuner“ warnen ihn vor dem Grafen und weigern sich, Harker bei seiner Weiterreise zu helfen, so dass er allein zum Schloss geht. Dort wird er von Graf Dracula empfangen und bewirtet. Ohne den Vertragstext gelesen zu haben, unterzeichnet Dracula, nachdem er ein Bildnis von Harkers Frau Lucy gesehen hat. In der kommenden Nacht wird Harker von Dracula heimgesucht und gebissen. Der Vampir reist nun per Schiff in einem Sarg nach Wismar. Der schwer erkrankte und bleicher werdende Harker kehrt ebenfalls in seine Heimatstadt zurück, allerdings auf dem Landweg.

Als das Schiff in Wismar anlegt, ist die gesamte Besatzung tot; nur Ratten scheinen auf dem Schiff zu leben. In der Stadt breitet sich nun die Pest aus. Als Harker die Stadt erreicht, erkennt er in seinem fiebrigen Zustand seine Frau nicht mehr. Lucy liest sein Tagebuch und sein mitgeführtes Buch über den Untoten Nosferatu; sie versucht sodann Doktor van Helsing zu überzeugen, dass der nachts umherschleichende Dracula die Ursache der Seuche ist. Als dieser den vermeintlichen Aberglauben ablehnt, fasst sie den Entschluss, Dracula selbst zu töten, indem sie ihn bis zum Morgengrauen bei sich hält. Tatsächlich verpasst der Vampir den Morgen und sinkt, vom ersten Sonnenstrahl getroffen, in sich zusammen. Doktor van Helsing, der die gebissene, tote Lucy entdeckt, erkennt seinen Irrtum und tötet Dracula endgültig, indem er ihm einen Holzpfahl durchs Herz treibt. Jonathan Harker, dessen Verwandlung in einen Vampir inzwischen abgeschlossen ist, lässt van Helsing verhaften und reitet davon.

Hintergrund

Mantel und Schuhwerk des Nosferatu, Filmmuseum Düsseldorf
Ohren, Finger und Zähne des Nosferatu, Filmmuseum Düsseldorf

Herzog orientierte sich an Murnaus Original. Auch wenn er die Namen des Stoker-Romans verwendet, zitiert er die Charaktere Murnaus fast eins zu eins. Ausstattung und Kameraeinstellung sind in vielen Szenen mit der Murnaus identisch. Das Motiv der sich ausbreitenden Pest wird hervorgehoben. Auch die Anleihen aus wissenschaftlichen Filmen werden übernommen: Während Murnau mikroskopische Aufnahmen zeigt, präsentiert Herzog Zeitlupenaufnahmen des Fledermausfluges.

Herzog löst sich erst am Ende des Filmes von Murnau und Stoker, indem er seinem Film ein eigenes, pessimistisches Ende gibt. Lucy Harker besiegt den Vampir ebenso, wie es bei Murnau der Fall war, aber das „Virus“ Vampirismus überlebt im gebissenen Jonathan Harker, der zum neuen Nosferatu wird.

Bei keinem anderen ist der Vampir so übermächtig wie bei Herzog. Sein Biss allein reicht zur Infektion und damit zur Verbreitung der Seuche, der Pest, die Herzog mit einer Unzahl von Ratten noch eindrucksvoller darstellt, als dies Murnau möglich war.

Der Film ist die zweite Zusammenarbeit Herzogs mit Klaus Kinski, welcher den Vampir hier ähnlich überzeugend und furchterregend darstellt wie Max Schreck im Original.

Der Film wurde stellenweise zweisprachig (englisch und deutsch) gedreht. Primärsprache war jedoch Englisch, sodass besonders aufwendige Szenen, Dialoge mit Darstellern, die weder englisch noch deutsch sprechen konnten, und Szenen, in denen die Originalsprache nicht sofort ersichtlich ist (z.B. weite Kameraentfernung) nachsynchronisiert wurden. Einige Darsteller mussten aufgrund ihres Akzents auch in der englischen Fassung nachsynchronisiert werden. Isabelle Adjani konnte wegen ihrer deutschen Mutter ihren Text ebenfalls auf deutsch sprechen, musste in der endgültigen deutschen Fassung aber wegen ihres Akzentes synchronisiert werden. Auch Details wie Jonathans Tagebuch wurden in den beiden Fassungen berücksichtigt. Die englische Fassung wurde ursprünglich gekürzt, ist aber auf DVD wieder komplett enthalten. Die Leistung mancher Darsteller soll in der englischen Version schlechter sein als in ihrer Muttersprache. Die deutsche Version lief auch in den USA mit Untertiteln im Kino und ist auf der britischen Doppel-DVD von Anchor Bay enthalten.[1]

Neben Kinski ist ein weiterer legendärer Dracula-Darsteller an Herzogs Nosferatu beteiligt, zumindest in der italienischen Synchronfassung: In ihr leiht Arturo Dominici dem Darsteller des Professor van Helsing, Walter Ladengast, seine Stimme. Dominici spielte den Dracula-Javutich in Mario Bavas Horrorfilmklassiker La maschera del demonio (Die Stunde, wenn Dracula kommt) aus dem Jahr 1960.

Als Filmmusik werden auch klassische Werke benutzt: Es sind Passagen aus dem Sanctus der Cäcilienmesse von Charles Gounod und Passagen aus Richard Wagners Oper Das Rheingold zu hören. Ebenso fand „Zinskaro“ des Gordela Vokal Ensembles Verwendung im Soundtrack.

Die Anfangssequenz besteht aus Bildern von Mumien aus dem Museo de las Momias in Guanajuato.

Drehorte

Herzog wählte als Drehorte die holländische Stadt Delft, die Partnachklamm bei Garmisch-Partenkirchen, landschaftliche Kulissen in der Slowakei, sowie die Burg Pernštejn in Mähren und die Salzspeicher in Lübeck aus.

Auszeichnungen

Kritiken

Neben den Leistungen der Hauptdarsteller, allen voran Kinski, wird vor allem die surreal-gespenstische Atmosphäre des Films gelobt. Dazu zählen neben den Szenen im Schloss die Einstellungen zur Pest – die allgegenwärtigen Ratten und Särge in der verlassenen Stadt – und die beiden Szenen, in denen Lucy und Dracula direkt aufeinandertreffen. Diese beiden Szenen sind genaue Murnau-Zitate; es wird gerätselt, ob sogar ein Fehler (der Vampir ist einmal kurz im Spiegel zu sehen) beabsichtigt war, weil er im Original auch auftritt.

  • „[…] in wunderschöne, fiebrige Bilder umgesetzt; manchmal allzu poesietrunken, meist genial metaphorisierend. Kinski faszinierend in der Titelrolle.“ (Wertung: sehr gut)[2]
  • „Trotz der Qualitäten, die Lotte Eisner ihm – vor allem aber seinem Regisseur – bescheinigt, muß ‚Nosferatu – Phantom der Nacht‘ als Fehlschlag gewertet werden. Anstatt seinen eigenen ‚Nosferatu‘ zu drehen, hat Herzog Murnaus Film mit Farbe, einer Tonspur und neuen Darstellern ausgestattet – fast schon eine barbarische, sicherlich aber eine anmaßende Methode. […] Klaus Kinski hat als Dracula einige unfreiwillig komische Dialogstellen und ist – im Gegensatz zu dem eher rätselumwobenen Max Schreck im Jahre 1922 – einfach zu populär für diese Gestalt, die ohne das Anonyme, Unfaßbare und Überirdische, das von ihr in Murnaus Film ausgeht, den größten Teil seiner [sic!] potentiellen Wirkung eingebüßt.“[3]

Trivia

Der Autor und Biologe Maarten ’t Hart erzählte 2010 in der niederländischen Fernsehsendung „Zomergasten“ über seine Mitwirkung als Rattenexperte beim Film. Gemäß ’t Hart wurden entgegen seiner Empfehlung 12.000 Ratten aus Ungarn in die Niederlande verfrachtet, wo eine Pestszene gedreht werden sollte. Entsetzt stellte ’t Hart fest, dass die Tiere auf der dreitägigen Reise weder mit Essen noch mit Trinken versorgt worden waren und sich deshalb gegenseitig auffraßen. Da die Ratten weiß und nicht wie von Herzog gewünscht schwarz waren, habe der Regisseur sie färben lassen. Für diesen Prozess seien die Tiere in kochendes Wasser getaucht worden, wobei ungefähr die Hälfte umkam. ’t Hart habe sich daraufhin vom Projekt zurückgezogen. In der Sendung bezeichnete er das Vorgehen Herzogs als „unmoralisch“.[4]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nosferatu – Phantom der Nacht. schnittberichte.com, abgerufen am 7. Juli 2007.
  2. Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in: Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 614.
  3. William K. Everson: Klassiker des Horrorfilms. (OT: Classics of the Horror Film). Goldmann, München 1982, ISBN 3-442-10205-7, S. 202–207.
  4. Maarten ’t Hart in der Fernsehsendung „Zomergasten“ (VPRO, NL), 1. August 2010