Renata Boero

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Renata Boero, Foto von Emiliano Zucchini
Phasen der Pigmentgewinnung (Bari 1977)

Renata Boero (geboren 21. Dezember 1936 in Genua) ist eine italienische Künstlerin und Hochschullehrerin.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Boero verbrachte ihre Kindheit in Turin, wo ihr Vater an der Universität Turin Wirtschaftswissenschaften lehrte. Sie studierte zunächst Geisteswissenschaften in der Schweiz und wurde dort in die Schriften C. G. Jungs eingeführt. Anschließend studierte sie Kunst in Genua am Liceo Artistico Nicolò Barabino, wo sie Schülerin des Malers Emilio Scanavino war. Nach dem Studium experimentierte sie zunächst mit Ölmalerei. Von 1960 bis 1964 war sie Assistentin von Caterina Marcenaro, der Direktorin des Museums im Palazzo Rosso in Genua. Boero war an der Restaurierung des Palazzo beteiligt, was sie für ihre weitere künstlerische Arbeit, vor allem für den Einsatz von Naturmaterialien und Pigmenten, entscheidend prägte.[2][3] Zudem entdeckte sie während der Restaurierungsarbeiten die Wirkung, wenn Gemälde von Rahmen befreit werden. Fortan präsentierte sie ihre Bilder nur noch ohne Rahmen.[4]

Hochschullehrerin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende der 1960er Jahre wurde ihr in Genua der Lehrstuhl für Ornamentales Design am Liceo Artistico Nicolò Barabino übertragen. In den 1980er Jahren trat sie die Nachfolge von Luigi Veronesi als Dozentin an der Nuova Accademia di Belle Arti (NABA) in Mailand an, wo sie den Lehrstuhl für Chromatologie innehatte. 1986 übernahm sie den Lehrstuhl für Malerei an der Accademia di Belle Arti di Brera, ließ sich dauerhaft in Mailand nieder und eröffnete ihr Atelier in der Via Borsieri.[2][4]

Im Jahr 2005 wurde sie als Gastprofessorin an die University of San Diego in Kalifornien eingeladen. Dort entwickelte sie eine Serie von Aquarellen, die sie in der Ausstellung Borderline an der Universität präsentierte. In den Jahren 2010 bis 2011 hielt sie eine Reihe von Vorträgen in Argentinien und stellte auch dort aus.[4]

Künstlerin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In ihrer künstlerischen Praxis hat Boero unterschiedliche Zyklen geschaffen: Chromogrammi, Spiegel, Prisenti, Schädel, Holzblau, Architekturen, Keimungen und Ctò-nio-graphie. Sie selbst fasst diese unterschiedlichen Phasen ihres künstlerischen Schaffens zusammen, indem sie sagt, dass sich alle darin gleichen, dass sich die Werke durch natürliche Prozesse verändern.[5] Beccaro betitelt Boeros Werk als „lyrisch-abstrakt“ und hebt die rhythmisierten Formen und erdigen Farben hervor.[1]

1965 begann Boero damit, aus Naturmaterialien wie Wurzeln, Blüten, Samen oder Pflanzengrün Pigmente zu extrahieren, um einen Zyklus von großformatigen Leinwänden mit dem Titel „Cromogrammi“ (wörtlich: Farbschriften) zu schaffen.[5] Sie wurden 1970 in Toulouse auf Einladung des Dichters und Kunstkritikers Jacques Lepage, 1972 in der Galerie Martano in Turin und 1976 im Internationaal Cultureel Centrum (I.C.C.) in Antwerpen ausgestellt.[6][7] 1974 begann sie mit dem Zyklus „Specchi“ (Spiegel), dem sie sich neben den Cromogrammi zehn Jahre lang widmete. Ihrer eigenen Aussage nach konnte sie damit für ihre Cromogrammi zusätzliche Dimensionen der Freiheit erreichen. Erstmals stellte sie Spiegel 1978 im International Cultureel Centrum in Antwerpen und 1982 auf der Biennale von Venedig aus.[4]

1985 nutzte sie eine zufällige Entdeckung für eine neue Serie. Sie stellte fest, dass die Pigmente einer bestimmten Wurzel sich beim Trocknen blau färbten. So entstand der Zyklus „Blu di legno“ (Holzblau). Daraus wurden die Themen „Architetture“ (Architekturen) und „Enigmi“ (Rätsel) weiterentwickelt. 1988 präsentierte sie in den Musei Civici di Monza und 1992 in der Casa del Mantegna in Mantua ihre künstlerische Entwicklung.[4]

1992 wurde sie von dem Bildhauer Pietro Consagra nach Gibellina eingeladen, wo der Bürgermeister Ludovico Corrao sie bat, eines der „Prisenti“ zu entwerfen. Dabei handelt es sich um große Wandteppiche, die bei Prozessionen getragen werden und die, einer alten Tradition folgend, seit 1981 von Stickerinnen des Ortes unter Mitwirkung von Künstlern hergestellt werden. Boeros „Prisenti“, ein Wandteppich von 200 × 585 cm Größe, wurde aus Leinwand und Schaumstoff gefertigt, die Stickereien bildeten den Grundriss des 1968 zerstörten und nun neu aufgebauten Gibellina ab. Der Wandteppich wurde 1993 auch auf der Biennale in Venedig ausgestellt.[4]

1995 unternahm Boero eine ausgedehnte Reise nach Südafrika und Kenia, wo sie zusammen mit Sarenco Arbeiten mit afrikanischen Künstlern realisierte. Sie begann an dem Zyklus „Skulls“ (Schädel) zu arbeiten. Nach ihrer Rückkehr aus Mali produzierte sie „Africa“, ein Künstlerbuch aus eigenen Werken, mit einer Einführung des Kunsthistorikers Paolo Fossati und Texten von Charles Carrère, einer führenden Persönlichkeit der französischsprachigen afrikanischen Literatur. Das Künstlerbuch wurde in einer Faksimile-Ausgabe des Verlags Eidos veröffentlicht und 1999 auf der Turiner Buchmesse vorgestellt.[4]

In den 2000er Jahren realisierte Boero die Zyklen „Germinazioni“ (Keimungen) und „Ctò-nio-graphie“ (unterirdische Schriften). Für die Keimungen trug sie Farbe auf Papier auf und impfte es mit einem Parasiten. Durch die Intervention des Parasiten veränderte sich die Farbe mit der Zeit und das Werk wurde so ein Symbol für das Leben.[8] Für die unterirdischen Schriften wählte sie lange Leinwandstreifen, tauchte sie in Pigmente, faltete sie und vergrub sie in Erde. Dadurch kam es zu Mazeration und Verbrennungen. Es entstanden gedämpfte und erdige Farben.[9]

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gruppenausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kunstwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Boeros Werke sind unter anderem vertreten in den Sammlungen der Galleria d'Arte Moderna (GAM) in Genua, des Museo d'Arte Moderna (Gibellina),[22] der Musei Civici (Monza), des Musée d’art moderne de la Ville de Paris, der Galerie für Moderne Kunst von Grita Insam (Wien) oder des Museums van Hedendaagse Kunst Antwerpen (MHKA).[23][1]

Monografien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Boero hat folgende Bücher herausgegeben:

  • Alfabeto. Edizioni Martano, Turin 1978.
  • Journal. 1982.
  • Ventisettesimi. Edizione Martano, Turin 1973.
  • Cromolibro. Edizioni Synergon, Brüssel 1986.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monografien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pierangela Rossi Sala: La cucina del senso. Arte tra linguaggio e realtà. Martano, Turin 1978, OCLC 499301126.
  • Achille Bonito Oliva: Il tallone di Achille, sull'arte contemporanea. Feltrinelli, Mailand 1988, ISBN 978-88-07-10098-7.
  • Fondazione Istituto Gramsci Ligure (Hrsg.): Dall'archivio degli artisti liguri contemporanei. Genova 1988, OCLC 887036694.
  • Paolo Fossati: Renata Boero. Essegi, Ravenna 1997, ISBN 978-88-7189-232-0.
  • Paolo Fossati, Charles Carrère: Africa - immagini di Renata Boero. Eidos, 1999, ISBN 978-88-98997-24-4.
  • Martina Corgnati: Artiste. Dall'impressionismo al nuovo millennio. Bruno Mondadori, 2004, ISBN 978-88-424-9375-4.
  • Marilena Pasquali: Renata Boero. Cambi, Poggibonsi 2011, ISBN 978-88-6403-099-9 (italienisch, englisch).
  • Arturo Carlo Quintavalle: Fuoco nero. Materia e struttura attorno e dopo Burri. Skira, 2014, ISBN 978-88-572-2204-2.

Kataloge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paolo Biscottini: Renata Boero. Katalog der Ausstellung in den Musei civici, Monza, vom 27. November 1989 bis 21. Januar 1990. 24 Ore Cultura, 1989, ISBN 978-88-7179-001-5.
  • Boero. In: Musei Civici di Monza (Hrsg.): Katalog der Ausstellung in den Musei Civici, Serrone della Villa Reale di Monza, 27. November 1989 bis 21. Januar 1990. Federico Motta Editore, Mailand 1989, ISBN 978-88-7179-001-5.
  • Vittorio Fagone: La Grande scala. Teleri italiani e altri grandi formati di artisti contemporanei. Katalog der Ausstellung in der Galleria d'Arte Moderna e Contemporanea Bergamo. 1995, S. 24.
  • Raffaele Morelli: Renata Boero: Cromogrammi. Katalog der Ausstellung in Sarzana 2007. Cardelli & Fontana, Sarzana 2007.
  • Marilena Pasquali: Renata Boero. Katalog der Ausstellung in der Galleria in Cattedrale al Castello Aragonese di Ischia 2011. Carlo Cambi editore, Poggibonsi 2011, ISBN 978-88-6403-099-9.
  • Women's roundabout: Delphine Boël, Renata Boero, Patrizia Bonanzinga, Martine Canneel, Anne De Bodt, Hélène De Gottal, Edith de Vries, Eva Fuka, Shirley Kaneda, Patrizia Kinard, Noelle Koning, Barbara & M.Leisgen, Donna Moylan, Angelika Platen, Anne & P.Poirier, Judy Rifka, Sylvie Ronflette, Lucia Sammarco Pennetier, Miriam Schapiro, Karen Shaw, Reesey Shaw, Tapta, Arlette Vermeiren. Katalog der Ausstellung Artiscope vom 20. Oktober 2012 bis 20. Januar 2013 in Brüssel. In: Artiscope. Brüssel 2013, OCLC 1222647698.
  • Paolo Biscottini, Francesco Tedeschi, Arturo Carlo Quintavalle, Maria Concetta Sala, Giuseppe Marcenaro, Elio Carmi, Mario Canepa: Contaminazioni. Museo Diocesano Milano, 2014.
  • Daria Carmi, Franco La Cecla: Inclusioni. Ausstellungskatalog. Sinagoga e Museo Ebraico, Casale Monferrato (AL) 2015.
  • Tenzing Barshee, Camila McHugh: Renata Boero at Federico Vavassori. 2020.
  • Michele D’Aurizio: Renata Boero. Catalogo Mostra Nulla è perduto. Arte e materia in trasformazione. GAMeC, Bergamo 2021.

Lexika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Boero, Renata. In: Dizionario illustrato dei pittori, disegnatori e incisori italiani moderni e contemporanei. 1 (Aa-Cau). Patuzzi, Mailand 1970.
  • Boero, Renata. In: Bolaffi internationaler Katalog moderner Kunst. Band 19, 1983.
  • Boero, Renata. In: Catalogo dell'arte moderna italiana. Band 24, 1988, ISSN 1971-5544.
  • Boero, Renata. In: Beringheli. 1991.
  • Raffaella Beccaro: Boero, Renata. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 12, Saur, München u. a. 1995, ISBN 3-598-22752-3, S. 187.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Renata Boero – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m n o Raffaella Beccaro: Boero, Renata. In: AKL. Band 12, 1995, S. 187.
  2. a b c d Renata Boero. AF Gallery, abgerufen am 29. Juli 2023 (italienisch, englisch).
  3. a b c Giorgia Basili: Intervista a Renata Boero. Artribune, 28. Juni 2021, abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  4. a b c d e f g h i j k l Renata Boero. Galleria Stefano Forni, abgerufen am 13. August 2023 (italienisch).
  5. a b L'arte di Renata Boero è la sublimazione della natura. Harper’s Bazaar, 2. April 2020, abgerufen am 30. Juli 2023 (italienisch).
  6. a b Renata Boero - Cromogrammi. Albergo Il Monastero, 2011, archiviert vom Original am 5. August 2017; abgerufen am 11. Juli 2023 (italienisch).
  7. Massimo Biava: Renata Boero - Cromogrammi e Ctoniografie. Abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  8. a b Massimo Biava: Renata Boero - kromo kronos. Abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  9. a b Massimo Biava: Renata Boero - Germinazioni. Abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  10. a b c d e Renata Boero. In: Ambrogio contemporaneo. 33 artisti per un padre della chiesa. Di Baio Editore, Mailand 1996, ISBN 88-7080-699-5, S. 28 f.
  11. Undicesima Quadriennale di Roma. Archivio Bibliotheca Quardriennale, 1986, abgerufen am 10. Juli 2023 (italienisch).
  12. XIII Quadriennale Proiezioni Duemila. Lo spazio delle arti visive nella civiltà multimediale. Archivio Bibliotheca Quardriennale, 1999, abgerufen am 10. Juli 2023 (italienisch).
  13. Eventi passati. Castello Aragonese d'Ischia, abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  14. Renata Boero. Contaminazioni. Museo Diocesano Milano, archiviert vom Original am 5. August 2017; abgerufen am 7. Februar 2023.
  15. VIII Quadriennale Nazionale d'Arte di Roma. Archivio Bibliotheca Quardriennale, 1959, abgerufen am 10. Juli 2023 (italienisch).
  16. a b c Museo del Novecento: Renata Boero. Abgerufen am 6. Juli 2023.
  17. a b c d Lara Conte: Le «sindoni» vegetali di Renata Boero. Il Giornale, 11. September 2011, abgerufen am 11. August 2023.
  18. a b Galleria Open Art presenta Renata Boero | MemeCult.it. Abgerufen am 17. August 2023 (italienisch).
  19. Kunst heilt Medizin – Zehn Werke. Universität Graz, abgerufen am 12. August 2023.
  20. Io dico Io – I say I - Mostra - Roma - Galleria Nazionale d’Arte Moderna e Contemporanea - Arte.it. arte.it, abgerufen am 12. August 2023 (italienisch).
  21. Massimo Biava: Cardelli e Fontana arte contemporanea. 2022, abgerufen am 29. Juli 2023 (italienisch).
  22. 06. Dalla Transavanguardia ai nuovi scenari dell’Arte Contemporanea. Museo d'Arte Moderna (Gibellina), abgerufen am 11. Juli 2023 (italienisch).
  23. Renata Boero. MHKA, abgerufen am 29. Juli 2023 (englisch).