Reszel

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Reszel
Wappen von Reszel
Reszel (Polen)
Reszel (Polen)
Reszel
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Powiat: Kętrzyn
Fläche: 3,81 km²
Geographische Lage: 54° 3′ N, 21° 9′ OKoordinaten: 54° 3′ 0″ N, 21° 9′ 0″ O
Einwohner: 4535
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 11-440
Telefonvorwahl: (+48) 89
Kfz-Kennzeichen: NKE
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DW 590: BarcianyKorszeBiskupiec
DW 593: MiłakowoDobre Miasto → Reszel
DW 594: BisztynekKętrzyn
Eisenbahn: kein Bahnanschluss
Nächster int. Flughafen: Danzig
Szymany
Gmina
Gminatyp: Stadt- und Landgemeinde
Fläche: 178,71 km²
Einwohner: 7464
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 42 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 2808053
Verwaltung (Stand: 2012)
Bürgermeister: Marek Janiszewski
Adresse: Rynek 24
11-440 Reszel
Webpräsenz: www.reszel.pl



Reszel ([ˈrɛʃɛl]/?, deutsch Rößel) ist eine Kleinstadt im Norden der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.

Geographische Lage

Die Stadt liegt in der historischen Region Ostpreußen, am Nordhang des Baltischen Höhenrückens am Übergang zur Schippenbeiler Tiefebene, nicht weit von den sich östlich erstreckenden Großen Masurischen Seen, etwa 55 Kilometer nordöstlich von Allenstein (Olsztyn).

Das Stadtgebiet befindet sich über den Steilhängen des Zaine-Ufers (Sajna), einem kleinen Fluss, der in nordwestlicher Richtung an der Stadt vorbeifließt. Im Ort treffen mehrere untergeordnete Landstraßen zusammen, die entweder zur etwa 20 Kilometer westlich verlaufenden Landesstraße 57 (Bartoszyce (Bartenstein) - Szczytno (Ortelsburg)) oder zu den Nachbarorten Korsze (Korschen), Kętrzyn (Rastenburg) und Biskupiec (Bischofsburg) führen.

Geschichte

Rößel (Rössel) nordöstlich von Allenstein und westlich von Rastenburg auf einer Landkarte von 1908.
Rathaus
Die Burg. Der rechte Teil wurde im 19. Jahrhundert zur evangelischen Kirche umgebaut.
Brücke über die Zaine (Sajna).
Stadtansicht um 1820

1241 wurde an der Stelle der heutigen Stadt, deren Name pruzzischer Herkunft ist, eine hölzerne Wehranlage der Ritter des Deutschen Ordens errichtet, die den wichtigen Handelsweg vom Frischen Haff über Heilsberg nach Polen schützen sollte. Während der Pruzzenaufstände wurde die Anlage in den Jahren 1242 und 1262 zerstört. Nach der Niederschlagung der Aufstände wurde 1273 eine feste Burg errichtet, die danach dem ermländischen Fürstbischof als Stützpunkt diente. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann unter der Leitung des Lokators Elerus von Braunsberg die Besiedlung des Burgvorlandes, hauptsächlich durch Braunsberger Einwohner. 1337 hatte sich die Ansiedlung so gefestigt, dass ihr unter dem Namen Rößel das Stadtrecht verliehen werden konnte. Die Burg wurde 1347 von den litauischen Großfürsten eingenommen und erneut zerstört. Unter den Bischöfen Johann von Meißen und Johann Stryprock wurde in den Jahren von 1350 bis etwa 1371 eine neue, heute noch vorhandene Burganlage errichtet.

1347 hatten sich Augustinermönche niedergelassen, die in der Nähe der Burg ein kleines Kloster und die Johanniskirche errichteten. 1353 ging die Stadt in das Eigentum der Bischöfe von Ermland über. Von 1373 bis 1401 wurde eine Stadtmauer mit Wehrtürmen errichtet. Am südlichen Rand der Stadt entstand in den Jahren von 1360 bis 1381 eine dreischiffige Hallenkirche, die heutige Pfarrkirche St. Peter und Paul. 1440 wurde die Stadt an den Deutschen Orden verpfändet. 66 Jahre später befand sich Rößel wieder unter ermländischer Obrigkeit und kam damit zu Polen, zum so genannten „Königlichen Preußen“. 1520 übergab Sigismund I. die Burg an tschechische Söldner, die von dort aus die Umgebung plünderten. Während des „Reiterkrieges“, der letzten militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Orden und Polen, war Rößel von 1520 bis 1521 ein polnischer Militärstützpunkt, von welchem aus Angriffe gestartet wurden.

Während des 16. Jahrhunderts entwickelte sich in Rößel das Handwerk. Vor allem Rüstungen und Waffen wurden hergestellt. Später kamen Kunsttischler und Goldschmiede hinzu, deren Fertigkeiten über die Stadt hinaus geschätzt wurden. 1632 übernahmen Jesuiten das seit über hundert Jahren verlassene Augustinerkloster und richteten dort ein Kolleg ein, das in den ersten Jahren 15 Schüler kostenlos unterrichtete. Aus ihm entwickelte sich später ein staatliches Gymnasium. 1656 und 1704 wurde Rößel von den Schweden besetzt und war 1772 mit etwa 3030 Einwohnern nach Braunsberg und Heilsberg die drittgrößte Stadt im Ermland, noch größer als Allenstein (1770 Einwohner). Im selben Jahr kam Rößel im Ergebnis der ersten Teilung Polens zusammen mit dem gesamten Fürstbistum Ermland zum preußischen Staat. Die vom Bistum aufgegebene Burg wurde 1780 zu einem Zuchthaus umgebaut.

Am 27. und 28. Mai 1806 wurde die Stadt durch einen großen Brand zerstört, in dessen Folge sie fast ganz neu aufgebaut werden musste. Erst 1816 waren das Rathaus und 1817 die Pfarrkirche wiederhergestellt. Die ebenfalls zerstörte Burg überließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. der evangelischen Gemeinde, die sich dort nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel eine Kirche und Wohnungen für Pfarrer und Kantor errichtete. Insgesamt dauerte der Wiederaufbau der Stadt bis 1840. Den Brand lastete man ungerechtfertigterweise der Magd Barbara Zdunk an, die ihn durch Zauberkraft entfacht haben sollte. Von 1818 bis 1862 befand sich das Landratsamt des Kreises Rößel in der Stadt, danach wurde es nach Bischofsburg verlegt, da der neue Landrat sein Gut in dessen Nähe hatte. Im Rahmen des um 1850 beginnenden Ausbaus des Straßennetzes in der Region wurde Rößel an die spätere Reichsstraße 141 angeschlossen, die sie mit Rastenburg und Bischofsburg verband.

Rößel hatte eine höhere Schule; 1865 wurde das bisherige Progymnasium durch ministerielle Verfügung in ein Gymnasium umgewandelt.[2] Die erste Abiturientenprüfung fand 1867 statt.[3] Im Jahre 1885 hatte Rößel 4627 überwiegend katholische Einwohner und hatte als Gymnasialstadt eine gewisse Bedeutung erlangt. Das Wirtschaftsleben wurde durch Webkammherstellung, Landmaschinenbau, durch eine Eisengießerei und zwei Mühlen geprägt. Erst 1908 wurde Rößel als zweitletzte Stadt Ostpreußens durch die Bahnlinie Heilsberg—Rastenburg an das Schienennetz angeschlossen. Während des Ersten Weltkrieges hatten Hindenburg und Ludendorff vom 7. bis 11. September 1914 ihr Generalstabsquartier in der Taubstummenanstalt von Rößel eingerichtet, und leiteten von dort aus die Schlacht an den masurischen Seen.

Nach dem Ersten Weltkrieg fand aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags am 11. Juli 1920 in der Stadt eine Volksabstimmung über die zukünftige staatliche Zugehörigkeit Rößels statt. Zur Wahl standen der Verbleib in Deutschland oder der Anschluss an Polen. In Rößel, das zum Abstimmungsgebiet Allenstein gehörte, stimmten 97,90 % der Bevölkerung für den Verbleib bei Deutschland.[4]

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte am 29. Januar 1945 die Rote Armee Rößel ohne größere Kampfhandlungen.[5] Da die Einwohner nicht evakuiert worden waren, wurden viele von ihnen Opfer gewalttätiger Übergriffe durch die sowjetischen Soldaten. Der Stadt blieb im Gegensatz zu den meisten anderen Städten in Ostpreußen eine flächendeckende Zerstörung erspart. Bald nach der Übernahme durch die Rote Armee wurde die Stadt unter polnische Verwaltung gestellt. Es begann danach der Zuzug polnischer Zivilisten, die sich der Behausungen und Anwesen der deutschen Stadtbevölkerung bemächtigten und die Einwohner daraus verdrängten. Soweit die deutschen Einheimischen nicht geflohen waren, wurden sie mit Ausnahme des Krankenhauspersonals bereits am 10. Februar 1945 größtenteils aus der Stadt vertrieben.

Von 1945 bis 1975 war Reszel Sitz eines Kreises (1948: 2135 Einwohner), danach Stadtgemeinde in der Wojewodschaft Olsztyn, und seit 1999 ist die Stadt wieder Sitz eines Powiats (Kreis). Etwa 250 Einwohner gehören dem Verband der deutschen Minderheit an.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner Anmerkungen
1782 3.065 einschließlich der Vorstädte, ohne die Garnison (ein Bataillon Infanterie)[6]
1831 2.708 Deutsche[7]
1875 3.557 [8]
1880 3.590 [8]
1890 3.474 davon 987 Evangelische, 2.397 Katholiken und 90 Juden[8]
1933 4.766 [8]
1939 5.045 [8]

Sehenswürdigkeiten

  • Altstadt, die zu den am besten erhaltenen der Region zählt
  • katholische Kirche St. Peter und Paul (Ursprung 14. Jahrhundert)
  • Jesuitenkollegium (17. Jahrhundert, später erweitert)
  • Burg Rößel ehemalige Bischofsburg, 1350 bis 1401 im Stil der Backsteingotik errichtet, teilweise öffentlich zugänglich, teilweise Hotel
  • Rathaus (19. Jahrhundert)
  • Kloster (18. Jahrhundert)
  • Kirche Johannes des Täufers (18. Jahrhundert)

Bedeutende Personen

Nach Geburtsjahr geordnet

Gemeinde

Zu Stadt- und Landgemeinde Reszel gehören die Ortschaften:

Polnischer Name Deutscher Name
(bis 1945)
Polnischer Name Deutscher Name
(bis 1945)
Polnischer Name Deutscher Name
(bis 1945)
Bertyny Bertienen Lipowa Góra Lindenberg Śpigiel Spiegels
Bezławecki Dwór Mała Bertynówka Śpiglówka Spieglowken
1938–45 Spiegelswalde
Bezławki Bäslack Mnichowo Groß Mönsdorf Staniewo Ottoswalde
Biel Weißensee Mojkowo Stąpławki Adlig Stumplack
1928–45 Stumplack
Czarnowiec Schwarzenberg Niewodnica Fischbach Święta Lipka Heiligelinde
Dębnik Damerauwald Pasterzewo Pastern Tolniki Małe Tollnigk
Grodzki Młyn Burgmühle Pieckowo Pötschendorf Wanguty Wangotten
Grzybowo Pilec Pülz Widryny Widrinnen
Kępa Tolnicka Atkamp Plenowo Plönhöfen Wola Dürwangen
Klewno Klawsdorf Pudwągi Paudling Wólka Pilecka Stechernsruh
Kocibórz Kattmedien Ramty Ramten Wólka Ryńska Rheindorfshof
Łabędziewo Labendzowo
1932–45 Schwanau
Reszel Rössel Worpławki Worplack
Leginy Legienen Robawy Robawen
1938–45 Robaben
Zawidy Soweiden
Łężany Loszainen
1936–45 Loßainen
Siemki Scharfs

Städtepartnerschaften

Literatur

  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 22.
  • August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 509–102, Nr. 102.

Weblinks

Commons: Reszel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Lilienthal: Die Erweiterung des Kgl. Progymnasiums zu Rößel zu einem vollständigen Gymnasium. In: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde des Ermlands. Band 5, Braunsberg 1870, S. 495–509.
  3. . L. Wiese: Das höhere Schulwesen in Preußen. Historisch-statistische Darstellung. Band II: 1864-1868 (1869), Berlin 1869, S. 94
  4. Erwin Poschmann: Der Kreis Rößel. Ein ostpreußisches Heimatbuch. 3. Auflage. Heimatbund des Kreises Rößel, Kaltenkirchen/Holstein 1991
  5. Günter Böddeker: Die Flüchtlinge. Die Vertreibung der Deutschen im Osten. 3. Auflage, Berlin/Wien 1997, S. 43.
  6. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 22.
  7. August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 509–102, Nr. 102.
  8. a b c d e http://www.verwaltungsgeschichte.de/roessel.html