Schiefe Ebene (Eisenbahnstrecke)

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Schiefe Ebene
Dampfsonderzug auf der Schiefen Ebene (2010)
Dampfsonderzug auf der Schiefen Ebene (2010)
Streckennummer:5100
Kursbuchstrecke (DB):512, 820, 850
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 25 
Höchstgeschwindigkeit:120 km/h
von Bamberg
74,4 Neuenmarkt-Wirsberg
nach Bayreuth
Schlömener Kurve von Bayreuth
Bundesstraße 303
Schiefe Ebene
Blockstelle Streitmühle[1]
81,8 Marktschorgast
nach Hof

Die Schiefe Ebene ist eine Eisenbahnstrecke mit starker Neigung im Verlauf der Ludwig-Süd-Nord-Bahn von Bamberg nach Hof (Saale) im Regierungsbezirk Oberfranken des deutschen Bundeslandes Bayern. Die Strecke ist zweigleisig ausgebaut und nicht elektrifiziert, die maximale Neigung ist 1:40.[2]

Lage

Die Schiefe Ebene liegt im Landkreis Kulmbach, sie beginnt östlich des Bahnhofs Neuenmarkt-Wirsberg und endet in Marktschorgast.

Geschichte und Beschreibung

Die Steilstrecke wurde zwischen 1844 und 1848 im Zuge der Ludwig-Süd-Nord-Bahn erbaut und am 1. November 1848 eröffnet. Wegen der zahlreichen Stützmauern, Einschnitte und Steindämme gilt sie als technische Meisterleistung ihrer Zeit. Die Baukosten betrugen 917 318 Gulden. Eine zunächst geplante Steilstrecke mit stärkerer Neigung und dem Einsatz von stationären Dampfmaschinen wurde zugunsten einer gestreckteren, flacheren Trassierung geändert. Die Rampe überwindet auf dem Weg zur Rhein-Elbe-Wasserscheide auf der Münchberger Hochfläche auf 6,8 Kilometern 157,7 Höhenmeter mit einer Steigung von bis zu 25 ‰.[3]

Abweichend von den bisherigen Gepflogenheiten wurde die Strecke nicht nach dem „englischen System“ mit Maximalsteigungen von 5 ‰ und Kurvenradien nicht unter 3000 Fuß (ca. 870 m) gebaut. Stattdessen wurde, dem Beispiel der Strecke der Baltimore and Ohio Railroad von Baltimore nach Wheeling folgend, dem „amerikanischen System“ der Vorzug gegeben. Das englische System sah Lokomotiven mit starren Achsen, flache Strecken und zur Überwindung größerer Steigungen gerade Rampen mit Seilwinden vor (so beispielsweise die 1841 eröffnete Steilrampe Erkrath–Hochdahl). Amerikanisches System bedeutete Lokomotiven mit drehbaren Gestellen, gleichmäßig verteilte Neigungen und dem Gelände angepasste enge Kurven.[4]

Die Schiefe Ebene auf einer Ansichtskarte, um 1906
Beginn der Schiefen Ebene östlich von Neuenmarkt, von rechts die Schlömener Kurve
Doppelbespannung mit BR 01, 1972
Schienenbus VT 98 des DDM unterhalb der Blockstelle Streitmühle
Ein ICE TD auf der Schiefen Ebene (März 2002)
Ausfahrt aus dem Bahnhof Marktschorgast: Schienenbus (auf dem Gegengleis) auf Talfahrt
Die Schiefe Ebene als Motiv des Notgelds von Marktschorgast von 1921

Bauausführend war die „Eisenbahnbau-Section Münchberg“. Wie die gesamte Ludwig-Süd-Nord-Bahn wurde die Schiefe Ebene zunächst eingleisig gebaut, die Verlegung eines zweiten Gleises wurde bei der Trassierung aber bereits berücksichtigt. Erst 1871 wurden die Gelder für das zweite Gleis zwischen Untersteinach und Oberkotzau bewilligt.[5]

Obwohl Angebote aus den Vereinigten Staaten vorlagen, wurden keine Lokomotiven mit beweglichen Gestellen beschafft. Vermutlich der Wunsch nach größtmöglicher Einheitlichkeit der Maschinen führte zur Bestellung von Schlepptenderlokomotiven mit festem Radstand. Für die Schiefe Ebene und die weitere Strecke über Hof zur Reichsgrenze wurden dreiachsige Lokomotiven beschafft. Sie gehörten den Klassen B (vier Treibräder, zwei Laufräder) für Personen- und C (sechs Treibräder) für Güterzüge und zum Vorspanndienst an.[6]

Die Strecke war zu Dampflokzeiten eine Herausforderung für Lokomotiven und Menschen. Die meisten Züge mussten durch starke Schiebelokomotiven nachgeschoben werden. Diese waren im Bahnbetriebswerk Neuenmarkt-Wirsberg stationiert. Darunter waren die berühmten Lokomotiven der Baureihen 95 und 96, aber auch Lokomotiven der Baureihen 57 und 50. Anfang der 1970er-Jahre war die Strecke einer der letzten Einsatzorte der Baureihe 01 der Deutschen Bundesbahn.

Zwei Kilometer unterhalb von Marktschorgast, bei Kilometer 79,7, stehen zwei Pfeiler, die aus jeweils neun Betonsegmenten bestehen, beidseitig der Strecke. Es handelt sich um eine Fallkörpersperre, die 1983,[7] in der Zeit des Kalten Kriegs, gebaut wurde. Im Ernstfall wäre in einem darunterliegenden Hohlraum befindlicher Sprengstoff zur Explosion gebracht worden, die Betonsegmente wären auf die Gleise gestürzt. Damit hoffte man, anrückende Truppen des Warschauer Pakts aufhalten zu können. Die Anlage steht heute unter Denkmalschutz.[8]

Auf dem sich an die stark geneigte Strecke anschließenden Abschnitt zwischen Marktschorgast und Stammbach wurde das zweite Streckengleis inzwischen zurückgebaut. Östlich des Bahnhofs Neuenmarkt-Wirsberg wurde für den schnellen Neigetechnikverkehr 2001 die sogenannte Schlömener Kurve eröffnet. Somit ist eine Umfahrung dieses Bahnhofs auf dem Weg von Bayreuth nach Hof möglich.

In den Jahren 2001 bis 2003 wurde die Schiefe Ebene auch von modernen ICE-TD-Triebwagen (DB-Baureihe 605) mit Neigetechnik befahren.[9] Diese Züge wurden wegen technischer Probleme auf Anordnung des Eisenbahn-Bundesamtes abgestellt. Bis 2004 wurden ersatzweise umlackierte Neigetechniktriebwagen der DB-Baureihe 612 als Intercity eingesetzt.[9] Auch heute werden noch Züge der Baureihe 612 verwendet, die stündlich wechselnd die Regional-Express-Linien Hof–Würzburg und Hof–Lichtenfels sowie die Regional-Express-Linie Nürnberg–Hof–Dresden bedienen. Seit Dezember 2014 endet diese Linie bereits in Hof, da bis Dresden nur noch elektrische angetriebene, lokomotivbespannte Wendezüge ohne Neigetechnik als Regional-Express eingesetzt werden.

Unglück im Jahre 1944

Am 27. Dezember 1944 ereignete sich ein schweres Eisenbahnunglück. Damals entgleiste ein Militärzug im Bahnhof Neuenmarkt, nachdem auf der Schiefen Ebene die Bremsen des Zuges nicht ausreichend Geschwindigkeit abbauen konnten. Die genauen Ursachen sind unbekannt. Der Zug war mit einer Lokomotive der Baureihe G 12 (58 2813) bespannt. Bei dem Unfall kamen der Heizer, der Lokführer und ein Unteroffizier ums Leben. Außerdem gab es mehrere Schwer- und Leichtverletzte.[10]

Museum

Am Fuß der Rampe im ehemaligen Betriebswerk des Bahnhofs Neuenmarkt-Wirsberg in Neuenmarkt befindet sich das Deutsche Dampflokomotiv-Museum. Neben seiner ständigen Ausstellung veranstaltet es in unregelmäßigen Abständen, meist in Zusammenarbeit mit anderen Museen und Lokomotivbetreibern, Sonderfahrten mit Dampflokomotiven über die Schiefe Ebene.

In der Bergstation, im ehemaligen Wartesaal des Bahnhofs Marktschorgast, gibt es ein kleines Museum und ein Informationszentrum zur Geschichte der Schiefen Ebene; dort ist der Eintritt frei.

Der Bahnhof Marktschorgast ist der Anfangspunkt eines eisenbahngeschichtlichen Wanderweges, der an der Schiefen Ebene entlangführt und auf Schautafeln die Geschichte der Strecke erzählt. Die Wanderung endet am Eingang des Dampflokomotiv-Museums. Der Wanderweg sollte mit festem Schuhwerk begangen werden und ist in wenigen Stunden zu bewältigen (Länge 7–8 km, bergiges Gelände). An der Straßenseite des Marktschorgaster Bahnhofs hängt eine Übersichtstafel zum Wanderweg, die erste Schautafel befindet sich an der Straßenseite des ehemaligen Güterschuppens, etwa 20 m nordöstlich in Richtung Hof neben dem Bahnhofsgebäude.

Literatur

  • Steffen Lüdecke: Die Schiefe Ebene. Eine legendäre Eisenbahnstrecke. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 1993, ISBN 3-88255-833-4

Weblinks

Commons: Schiefe Ebene – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Streckenbeschreibung bei die bahn kommt
  2. Schiefe Ebene bei dampflokmuseum.de, abgerufen am 2. September 2014
  3. Im DB-Streckenindex wird die Strecke entsprechend in der Katorie "25 bis <30" geführt. Vgl. [1]
  4. Gernot Dietel, Roland Fraas: Eisenbahn in Münchberg 1848–1998. 1. Auflage. Münchberg-Helmbrechtser Zeitung Verlag, Münchberg 1998, ISBN 3-938463-01-5, S. 32 ff.
  5. Gernot Dietel, Roland Fraas: Eisenbahn in Münchberg 1848–1998, Seite 162
  6. Gernot Dietel, Roland Fraas: Eisenbahn in Münchberg 1848–1998, Seite 191 ff
  7. Steffen Lüdecke: Die Schiefe Ebene. Die legendäre Steilrampe in Oberfranken. 4. Auflage. EK-Verlag, Freiburg 2016, ISBN 978-3-88255-594-3, S. 292.
  8. Meister der Sperren und Brücken im Nordbayerischen Kurier vom 30. Oktober 2014, S. 21
  9. a b Netzwerk – Sachsen-Franken-Magistrale. Chronologie. Sächsisch-Bayerisches Städtenetzwerk, abgerufen am 22. Mai 2015.
  10. Jürgen Goller, Wolfram Alteneder: Eisenbahnknotenpunkt Neuenmarkt-Wirsberg; Herausgeber: Verein der Freunde des DDM

Koordinaten: 50° 4′ 31,2″ N, 11° 36′ 52,6″ O