Ste-Anne (Gassicourt)

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Pfarrkirche Sainte-Anne in Gassicourt
Glockenturm

Die katholische Pfarrkirche Sainte-Anne in Gassicourt, einem Stadtteil von Mantes-la-Jolie im Département Yvelines in der französischen Region Île-de-France, wurde Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahrhunderts im Stil der Romanik errichtet. Aus romanischer Zeit stammen das Westportal und die Kapitelle des Langhauses. Im Chor und in den Querschiffarmen sind Bleiglasfenster aus dem 13. Jahrhundert erhalten.

Geschichte

Die Kirche von Gassicourt gehörte einst zu einem dem hl. Sulpicius II. von Bourges geweihten Priorat der Benediktinerabtei Cluny. Im Jahr 1074 erhielt das Kloster Cluny eine Schenkung vom Grafen von Mantes, Simon von Crépy, worauf die Mönche in Gassicourt mit dem Bau von Klostergebäuden, eines Kreuzgangs und der heutigen Kirche begannen. Im 13. Jahrhundert wurde das Querschiff mit einem Kreuzrippengewölbe versehen und der rechteckige Chor erneuert. 1295 bestätigte Papst Bonifatius VIII. in einer Päpstlichen Bulle die Umwandlung des Priorats in eine Kommende. Berühmte Pröpste des Priorats waren Jacques Bénigne Bossuet (1627–1704), Bischof von Meaux, und sein Neffe Jacques Bénigne Bossuet (1664–1743), Bischof von Troyes. 1739 wurde das Kloster, in dem nur noch drei oder vier Mönche lebten, aufgehoben. Die Kirche wurde anschließend als Pfarrkirche genutzt, die Konventsgebäude wurden verkauft und teilweise abgerissen. 1862 wurde die Kirche, die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts der hl. Anna geweiht war, als Monument historique in die Liste der Baudenkmäler in Frankreich aufgenommen.

Im 19. Jahrhundert wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt. Die Fassade und der Glockenturm wurden restauriert und das nördliche Seitenschiff erneuert. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche durch Bombardierungen beschädigt. Bei der anschließenden Renovierung ersetzte man das im 16. Jahrhundert in das Hauptschiff eingezogene Flamboyantgewölbe durch eine Holzdecke, ähnlich der, mit der das romanische Hauptschiff ursprünglich gedeckt war.

Westfassade
Archivolten des Portals

Architektur

Außenbau

An der Westfassade befindet sich das romanische, von Archivolten gerahmte Hauptportal. Es wird seitlich von zwei mächtigen Strebepfeilern eingefasst. Das Tympanon ist in kleine Quadrate eingeteilt, deren Flächen mit Sternen gefüllt sind. Darüber wölben sich mit Rundstäben verzierte Archivolten. Diese werden von einem Band gerahmt, dessen Dekor aus zwei Reihen kreisrunder, von feinen Linien umschlungenen Öffnungen besteht. In den äußeren Bogen sind ebenfalls feine Linien geritzt, die in Kragsteine mit skulptierten Köpfen münden. Über dem Portal öffnen sich zwei schmale Rundbogenfenster und in der Mitte ein von profilierten Schmuckrahmen eingefasstes Rundfenster, an dem seitlich und unten zwei kleine Figuren angebracht sind.

Über der Vierung erhebt sich der quadratische, knapp 24 Meter hohe Glockenturm. Er ist auf allen vier Seiten von drei rundbogigen Klangarkaden durchbrochen. Unter dem Ansatz des Satteldaches verläuft ein Blendbogenfries, der auf skulptieren Kragsteinen aufliegt.

Langhaus
Kapitell

Innenraum

Das dreischiffige Langhaus ist in fünf Joche gegliedert. Einfach gestufte Rundbogenarkaden auf kräftigen Säulen trennen das Hauptschiff von den beiden Seitenschiffen. Die romanischen Kapitelle der Säulen sind wuchtig und mit schlichten geometrischen Motiven verziert. Das Mittelschiff ist auf beiden Seiten von fünf Rundbogenfenstern durchbrochen.

An den Wänden und am Gewölbe des südlichen Querhauses sind Reste von Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Der Chor ist rechteckig geschlossen und von gotischen Maßwerkfenstern durchbrochen.

Bleiglasfenster

Das Fenster des nördlichen Querhauses besitzt sechs Scheiben aus dem 13. Jahrhundert. Sie erinnern an die Heiligen Drei Könige und an die Tötung der Unschuldigen Kinder. Das Fenster des südlichen Querschiffarms erzählt das Martyrium der drei Diakone, des hl. Vinzenz, des hl. Stephanus und des hl. Laurentius.

Das zentrale Chorfenster besteht aus vier Lanzetten mit je sechs Medaillons, auf denen Szenen der Passion und der Auferstehung Christi dargestellt sind. Auf dem Sechspassfenster des Bogenfeldes thront eine Majestas Domini. Das Fenster aus dem 13. Jahrhundert wurde mehrmals aus- und wieder eingebaut, wobei die Anordnung der einzelnen Szenen verändert wurde.

Die seitlichen Chorfenster haben eine Höhe von 5,40 Meter und sind für die kleine Kirche ungewöhnlich groß. Die Fenster wurden 1260/70 geschaffen und stellen jeweils vier Heilige dar. Das nördliche Fenster ist Johannes dem Täufer, dem Evangelisten Johannes, dem hl. Sulpicius, dem ursprünglichen Schutzpatron des Priorats, und dem hl. Nikolaus gewidmet. Auf dem südlichen Fenster sind unten der hl. Eligius und der hl. Hugo und oben die Apostel Petrus und Paulus dargestellt. Die Dreipassfenster des Bogenfeldes stellen links Maria mit dem Jesuskind auf einem Thron sitzend dar und rechts eine Person, die eine andere segnet. Die Bleiglasfenster der Kirche waren ein Geschenk des französischen Königs, Ludwig IX. und seiner Mutter Blanka von Kastilien. Die Bordüren der Fenster sind mit Lilien und Burgen verziert, den Emblemen der Stifter.

Holzgeschnitzter Kopf am Chorgestühl

Ausstattung

  • Die Kalksteinschale des Taufbeckens stammt aus dem 13. Jahrhundert. Sie hat die Form eines unregelmäßigen Achtecks. Der obere Rand ist mit einem Weinlaubfries verziert.
  • Die Liegefigur eines Bischofs oder Abtes wird in die Zeit um 1170/80 datiert.
  • In der Kirche befindet sich die Grabplatte des Priors Thoumas Debreinne, der nach der darauf eingemeißelten Inschrift im Jahr 1278 gestorben ist.
  • Die 32 aus Eichenholz geschnitzten Chorstühle stammen aus dem späten 15. Jahrhundert und waren ehemals im Schiff aufgestellt. Armlehnen und Misericordien sind mit figürlichen Szenen versehen.
  • Die holzgeschnitzten Chorschranken stammen aus dem 17. Jahrhundert und sind mit Tiermotiven verziert.

Literatur

  • Anne Prache: Romanik der Île-de-France (Paris und Umgebung). Echter Verlag, Würzburg 1987, S. 239–241, ISBN 3-429-01029-2
  • Sainte-Anne de Gassicourt. Hgg. von der Pfarrei Gassicourt-Val Fourré, Éditions Bayard, Issy-les-Moulineaux 2002

Weblinks

Commons: Ste-Anne (Gassicourt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 0′ 8,1″ N, 1° 41′ 52″ O