Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

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Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.
(Volksbund)
Volksbund-Logo
Zweck: Die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen.
Vorsitz: N.N.
Gründungsdatum: 16. Dezember 1919
Mitgliederzahl: 98.874 Mitglieder und 239.684 Spender (2015)[1]
Mitarbeiter 540 (2020)
Sitz: Kassel und Repräsentanz Berlin[2]
Website: volksbund.de

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (Volksbund) wurde am 16. Dezember 1919 gegründet und ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit humanitärem Auftrag. Er erhält und betreut Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Kriegsgräberstätten) im Ausland. Er pflegt die Gräber von über 2,6 Millionen Kriegstoten des Ersten und Zweiten Weltkriegs auf 832 Friedhöfen in 45 Ländern.[1] Ferner werden Friedhöfe und Denkmäler der deutschen Kolonialzeit, des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 sowie der deutsch-dänischen Kriege von 1848/51 und 1864 gepflegt.[3]

Gründung 1919

Anfänge: Gedenkfeier im Reichstag 1932

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beschlossen am 10. September 1919 acht Männer in Berlin die Gründung einer deutschen Kriegsgräberorganisation. Unter ihnen waren der Architekt Heinrich Straumer, der bereits gegen Ende des Krieges in der Gräberbetreuung tätig gewesen war, und Siegfried Emmo Eulen, der während des Krieges in Polen und in der Türkei die Errichtung und Betreuung von Kriegsgräberstätten organisiert hatte.

Am 16. Dezember wurde der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. unter Berufung auf Artikel 224 des Vertrages von Versailles gegründet. Erster Präsident war Oberst a. D. Joseph Koeth (bis 1923). Am 23. August hatte Eulen den Entwurf für die Statuten einer „Internationalen Kriegsgräberfürsorge“ verfasst. Als ihr Sitz war Genf vorgesehen, um eine enge Zusammenarbeit mit dem Völkerbund zu ermöglichen. Diese Pläne wurden jedoch nicht verwirklicht.

Die damalige Reichsregierung war weder politisch noch wirtschaftlich in der Lage, sich um die Gräber der Gefallenen im Ausland zu kümmern. Heimkehrende Soldaten, Hinterbliebene der Opfer und andere Bürger suchten nach Wegen, um diesen von vielen als unerträglich empfundenen Zustand zu ändern. In Sorge um die Kriegsgräber im Ausland hatten sich in Deutschland bereits einige Organisationen gebildet, die sich um Grabpflege und Erteilung von Auskünften an Angehörige bemühten. So gab es in Bayern seit dem 14. September den „Deutschen Kriegsgräber-Schutzbund“, in Braunschweig den „Verein zur Erforschung und Erhaltung Deutscher Kriegsgräber e. V.“, in Salzwedel die „Deutsche Kriegsgräber-Interessenten-Vereinigung“ und in Hagen (Westfalen) den „Bund Heimatdank“.

Mitglieder, Geschäftsstellen

Präsidenten des Volksbundes ab 1919

Amtszeit Name
1919–1923 Joseph Koeth
1924–1928 Fritz Siems
1928–1932 Otto Geßler
1933–1945 Siegfried Emmo Eulen
1946–1949 Wilhelm Ahlhorn
1949–1952 Eberhard Hagemann
1952–1959 Gustav Ahlhorn
1960–1970 Walter Trepte
1970–1977 Willi Thiele
1977–1982 Josef Schneeberger
1982–1987 Eduard Haßkamp
1987–1998 Hans-Otto Weber
1998–2013 Reinhard Führer
2013–2016 Markus Meckel
2016 - Wolfgang Schneiderhan (kommissarisch)

Weimarer Republik

Im Jahr 1921 gab es 300 Ortsgruppen und 30.000 Mitglieder. Zum 10-jährigen Bestehen im Jahr 1929 war die Zahl der Mitglieder auf 133.033 gestiegen.

Zeit des Nationalsozialismus

Aus der anpassungsfreudigen Haltung des Volksbundes heraus beschloss dieser im Jahre 1933 eine neue Satzung, die neben den Toten des Weltkrieges auch die sogenannten Blutzeugen des Nationalsozialismus sowie die Toten der Nachkriegskämpfe in die eigene Arbeit integrierte.[4] Somit stellte sich der Volksbund ganz in den Dienst der nationalsozialistischen Heldenehrung. Im Rahmen der Gleichschaltung wurde Emmo Eulen dem Führerprinzip des Nationalsozialismus folgend zum Bundesführer.

Während der Zeit des Nationalsozialismus stieg die Zahl der Mitglieder stark an: Ende 1934 gab es in 1.830 Ortsgruppen 151.110 Mitglieder, im Jahr 1936 4.747 Ortsgruppen mit 295.000 Mitgliedern und im Jahr 1943 993.572 Mitglieder. Der VDK profitierte während der 1930er Jahre von zahlreichen Großprojekten und errichtete sog. Totenburgen u. a. auf dem St. Annaberg in Oberschlesien und – für die rund 4.000 in den Piaveschlachten gefallenen deutschen Soldaten – in Quero, Norditalien.

Die Bundesgeschäftsstelle in Berlin wurde am 15. Februar 1944 zerstört, der Volksbund 1945 aufgelöst und die Neugründung in der DDR verboten.

Bundesrepublik Deutschland

In Oldenburg wurde 1946 eine provisorische Geschäftsstelle errichtet, in welcher Wilhelm Ahlhorn sich um den Wiederaufbau der Organisation bemühte. Auf Antrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern wurde der Volksbund am 4. September 1947 wieder zugelassen, die Geschäftsstelle im Mai 1948 nach Nienburg an der Weser verlegt. Ein Zusatzabkommen zum Genfer Abkommen sicherte nun das dauernde Ruherecht der Kriegstoten.[5] Im Mai 1951 verlegte der Volksbund seinen Sitz von Nienburg nach Kassel. Im Jahr 1952 wurde das „Gesetz über die Sorge für Kriegsgräber“ vom Bundestag verabschiedet. Für Kriegsgräber im Ausland ist seitdem der Volksbund zuständig, für Kriegsgräber im Inland die Bundesländer. Fast 600.000 Mitglieder wurden im Jahr 1956 geführt. Der Umbettungsdienst hatte im Jahr 1958 117 deutsche und 150 ausländische Mitarbeiter. Ab 1966 betreute der Volksbund auch die Kriegsgräber des Ersten Weltkrieges und des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 bis 1871.[6]

Wiedervereinigung

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden 1991 in den neuen Bundesländern fünf neue Landes- mit ihren Kreisverbänden gegründet. West- und Ostberlin wurden im Landesverband Berlin zusammengefasst. Die Mitgliederzahl in den Beitrittsländern liegt bei rund 13.000 Mitgliedern. Mitglieder werden über ihre toten Angehörigen informiert, Kommunen bei der Pflege der Kriegsgräber auf ihrem Gebiet beraten.[7]

Im Jahr 1995 betreute der Volksbund insgesamt 459 Friedhöfe mit 1,6 Millionen Kriegsgräbern in 34 Ländern.[8]

Volksbundpräsident Markus Meckel mit seinem Vorgänger Reinhard Führer

Aktuelle Organisation

Der Sitz des Volksbundes befindet sich in Kassel. Schirmherr ist der jeweils amtierende Bundespräsident. Der Präsident des Volksbundes war vom 12. Oktober 2013 bis zu seinem vorzeitigen Rücktritt am 22. September 2016 Markus Meckel. Er leitete die Geschäfte des Bundesvorstands.[9] Der Bundesvorstand führt die Geschäfte des Volksbundes. Die Mitgliederversammlung im Sinne des Vereinsrechts heißt Bundesvertretertag. Der Generalsekretär, gleichzeitig auch stimmberechtigtes Mitglied des Bundesvorstandes, setzt die Beschlüsse um und leitet die Geschäftsstelle des Volksbundes.

Der Volksbund arbeitet im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland und auch mit Mitteln des Auswärtigen Amtes.[10]

In jedem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland gibt es einen Landesverband, weitere Untergliederungen sind 24 Bezirks-, 295 Kreis- und 4.903 Ortsverbände.[1] Innerhalb der Landesverbände gibt es Jugendarbeitskreise (JAK) von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die von den hauptamtlichen Jugendreferenten betreut werden. Die 14 Jugendarbeitskreise engagieren sich in der Gräberpflege, Leitung der internationalen Workcamps und in der Öffentlichkeitsarbeit.

Der Volksbund hatte 2015 insgesamt 98.874 zahlende Mitglieder: davon 97.842 im Inland, 447 in Österreich und 585 im sonstigen Ausland. An zahlenden Spendern gab es im Jahr 2015 insgesamt 239.684: davon 237.762 im Inland, 1.062 aus Österreich und 860 aus dem sonstigen Ausland. Die Zahl der Kündigungen/Todesfälle von Mitgliedern ist größer als die Zahl der Zugänge durch neue Mitglieder.[1]

Finanzierung

Der Volksbund finanziert sich und seine Arbeit überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Sammlungen. Der Rest sind finanzielle Zuweisungen von Bund und Bundesländern. Zur Akquise von zusätzlichen Mitteln wurde im Jahr 2001 die Stiftung Gedenken und Frieden gegründet.

Tätigkeiten

Aus den satzungsgemäßen Verpflichtungen, das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt zu wahren, den Frieden unter den Völkern zu erhalten und die Würde des Menschen zu achten, leitet der Volksbund seine Aufgaben ab.[11]

Kriegstote, Kriegsgräber, Kriegsgefangenenfriedhöfe

  • Es bestehen 46 bilaterale Abkommen mit ausländischen Partnerländern. Die Partnerländer werden regelmäßig über den Stand der Bau-, Umbettungs- und Identifizierungsarbeiten auf ihrem Gebiet informiert. Rückfragen an den Volksbund über ausländische Kriegsgräber in Deutschland werden geklärt.[1]
  • Neubau, Substanzerhaltung und Pflege der Kriegsgräberstätten im Ausland im Auftrag der Bundesregierung durch das Referat Friedhofspflege und Bauunterhaltung. Im Jahr 2010 wurden mehr als 330 Kriegsgräberstätten des Ersten und Zweiten Weltkrieges und mehr als 800 Grabstätten/Denkmäler des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 gepflegt.[12]
  • Der Volksbund arbeitet mit der Deutschen Dienststelle (ehemalige Wehrmachtauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene – WASt) in Berlin zusammen und greift bei Nachforschungen auch auf deren Datenbestände zurück. Diese Dienststelle pflegt die Daten und Erkennungsnummern der im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Soldaten. Der Volksbund kooperiert außerdem mit anderen Suchdiensten, beispielsweise dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes. Der Volksbund stellt diesen Institutionen die Umbettungsprotokolle zur weiteren Identifizierung (z. B. anhand der Erkennungsmarken) bzw. zur Aktualisierung der Unterlagen zur Verfügung.
  • Der Umbettungsdienst birgt Kriegstote aus den Ursprungsgrablagen und bettet sie um auf Sammelfriedhöfe in Osteuropa, Deutschland und Westeuropa. Die Umbettung umfasst nach der Recherche die Sondierung, Exhumierung und mögliche Identifizierung und Überführung von Kriegstoten. Seit 1991 hat der Volksbund 796.053 Kriegstote auf 82 Kriegsgräberstätten umgebettet.[13] Im Jahre 2015 wurden 28.564 Exhumierungen, vorwiegend in Russland, Belarus (Weißrussland) und der Ukraine, durchgeführt.[1] Kriegstote werden durch Unterlagen der WASt, Zeitzeugen, historische Fotos von Grabfeldern durch ehemalige Kriegsteilnehmer, Unterstützung vor Ort, aber auch zufällig bei Bau- und Straßenarbeiten entdeckt.[12] Die Namen der Vermissten werden, z. B. in Rossoschka, auf großen Granitwürfeln für die Angehörigen und die Nachwelt festgehalten.
  • Für die spätere Identifizierung unbekannter Kriegstoter dokumentiert der Umbettungsdienst den Fundort, die Erkennungsmarke (sofern noch vorhanden), Kleiderreste und Fundgegenstände, Körpergröße, Skelettmerkmale und Gebisszustand in einer Umbettungskladde.[14]
  • 180 von den geschätzt 6.200 Kriegsgefangenenfriedhöfen wurden wieder hergerichtet (Stand 2011). Alle Kriegsgefangenenfriedhöfe sind nicht mehr zu erhalten, aber es wird in ausgewählten Anlagen der in Kriegsgefangenschaft Verstorbenen gedacht.[15]

Beratung inländischer Stellen

Gräber aus Krieg und Gewaltherrschaft auf Gemeindefriedhöfen im Inland werden laut Gräbergesetz nicht vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, sondern aus öffentlichen Mitteln unterhalten. Die Toten haben dauerndes Ruherecht. Die von Angehörigen privat gepflegten Gräber gehören nicht dazu.[16]

Der Volksbund berät inländische Stellen bei der Aus- und Umgestaltung von inländischen Kriegsgräberstätten mit 1,8 Millionen deutschen und ausländischen Kriegstoten des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie bei rechtlichen Fragen zum Gräbergesetz. Die Beratungshilfe wird vorwiegend von ostdeutschen Bundesländern angenommen. Vom Volksbund werden in der Bundesrepublik Deutschland selber nur die Kriegsgräberstätte in Golm (Usedom)/Kamminke in Mecklenburg-Vorpommern, der Waldfriedhof Halbe in Brandenburg[17] und die Deutsche Kriegsgräberstätte Meersburg-Lerchenberg für 69 hierher aus der Schweiz überführte tote Soldaten des Ersten Weltkrieges und als Gedenkstätte für die Vermissten beider Weltkriege betreut.

Betreuung der Angehörigen

  • Das Referat Angehörigenbetreuung hilft bei der Suche nach den Kriegsgräbern, bei der Klärung von Kriegsschicksalen und informiert die Angehörigen.
  • Das Sachgebiet Gräbernachweis erfasst deutsche Kriegstote beider Weltkriege und ihre Gräber, bereitet Umbettungen vor und erstellt Grabkennzeichnungen, Gedenktafeln und Namensbücher der Gefallenen und Vermissten für die Gedenkräume der Kriegsgräberstätten in West- und Osteuropa.[1]
  • Zu den Gräbern werden Kriegsgräberreisen mit Gedenk- und Einweihungsveranstaltungen für die Angehörigen unternommen. Grabschmuck und Fotos der Gräber können beim Volksbund in Auftrag gegeben und Auszüge aus den Namensbüchern der Friedhöfe bestellt werden. Im Jahr 1999 besuchten etwa 800.000 Personen deutsche Kriegsgräberstätten.

Betreuung der Mitglieder und Stifter

  • Die Mitgliederzeitschrift frieden (Titel bis 2012: Stimme & Weg – Arbeit für den Frieden) hat eine Auflage von ca. 320.000 Exemplaren und berichtet halbjährlich über Gedenkveranstaltungen, Völkerverständigung, Grabpflege, Kriegsgräberstätten, Reisen zu den Kriegsgräberstätten, Hilfe durch Bundeswehr und Reservisten, Veröffentlichung von Zeitzeugenberichten.
  • Der Volksbund, Landesverband Berlin, betreut auf dem Waldfriedhof Heerstraße in Berlin in der Nähe des Olympiastadions eine Gemeinschaftsgrabstätte für Stifter.[18]

Pflege und Instandsetzung der Gräber

Bundeswehrsoldaten bei einem Einsatz auf dem Wiener Zentralfriedhof

Die Pflege erfolgt durch eigenes Personal, Firmen, kommunale Betriebe, Kirchengemeinden, Vereine oder Privatpersonen. Regelmäßig werden Friedhofsanlagen und Grabsteine ehrenamtlich in Stand gesetzt durch Angehörige der Bundeswehr, Reservisten, Angehörige des Technischen Hilfswerks, Seniorenkreise sowie durch internationale Teilnehmer an Jugend-Workcamps. Zur Pflege gehört auch die Grabzeichenbeschriftung. Pflege und Unterhaltung kosten jährlich mehr als 10 Millionen EUR (Stand 2015).[1]

Gräbersuche online

Der Volksbund hat eine frei zugängliche Onlinedatenbank mit Datensätzen (Stand 2015: über 4,7 Millionen) von gefallenen oder vermissten deutschen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges angelegt, die unter Volksbund Gräbersuche online[19] abgerufen werden können.[1]

Es handelt sich vorwiegend um deutsche Militärangehörige, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen sind und für die eine Grablage auf einer deutschen Kriegsgräberstätte bekannt ist. Davon betreffen etwa eine Million Datensätze die Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Datei wurde seit ihrer Erstveröffentlichung bedeutend erweitert. In den letzten Jahren kam eine große Anzahl weiterer in den Jahren des Zweiten Weltkrieges gestorbener Militärangehöriger ohne bekannte Grablage sowie Vermisster hinzu. Bei der Ergänzung der Datensätze half die Deutsche Dienststelle Berlin.

Auch Kriegsgräberstätten und Kriegstote des Ersten und Zweiten Weltkriegs im Inland werden in der Datenbank dokumentiert. Es sind 897.953 namentlich bekannte Kriegstote auf 13.080 Friedhöfen und Gräberfeldern, Stand 2011.[20] Darunter sind nach Deutschland überführte Kriegstote oder in der Heimat Verstorbene. Im Allgemeinen werden allerdings nur jene genannt, die in separaten Ehrenfriedhöfen innerhalb ziviler Friedhöfe und nicht in zivilen Einzel- bzw. Familiengräbern bestattet sind.

Des Weiteren sind im Datenbestand Opfer des Bombenkriegs, Kriegs- und Zivilgefangene, teilweise auch ausländische Angehörige deutscher Hilfstruppen des Zweiten Weltkrieges und sogar einige vor dem Zweiten Weltkrieg gestorbene Wehrmachtangehörige zu finden.

Für die noch ungeklärten Schicksale deutscher Soldaten kann ein Grabnachforschungsantrag in Papierform oder online beim Volksbund gestellt werden. Wegen der Häufigkeit mancher Nachnamen ist es wichtig, dass möglichst alle Vornamen und das Geburtsdatum des Vermissten angegeben werden. Weiterhin benötigt werden nach Möglichkeit das Todesdatum, der letzte Truppenteil und die letzte eingegangene Nachricht. Bei Rückzugsgefechten konnten die Toten oft nicht mehr bestattet werden. Detaillierte Unterlagen zu den Kriegstoten des Ersten Weltkrieges wurden in Berlin während des Zweiten Weltkrieges vernichtet,[14] als im Februar 1945 die Bestände des Zentralnachweiseamts für Kriegerverluste und Kriegsgräber (ZNA) dem Bombenkrieg zum Opfer fielen.[21]

Friedhofsuche online

Der Volksbund hat eine Übersicht der Deutschen Kriegsgräberstätten erstellt. Für jeden aufgeführten Friedhof ist die geographische Lage, Anfahrtbeschreibung, die Zahl der Toten, die militärischen Ereignisse im Gebiet und die architektonische Gestaltung erfasst.[22]

Totengedenken

Das folgende Totengedenken wird alljährlich während der offiziellen Feierstunden zum Volkstrauertag verlesen, und zwar sowohl bei der zentralen Veranstaltung im Bundestag (hier vom Schirmherrn, dem Bundespräsidenten) als auch bei den zahlreichen lokalen Gedenkfeiern, die der Volksbund durchführt:

„Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.

Wir trauern mit den Müttern und mit allen, die Leid tragen um die Toten. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt.“

Jugendarbeit

Jugendliche aus verschiedenen Ländern engagieren sich in der Jugendarbeit des Volksbundes, d. h. bei der Friedensarbeit, der Gräberpflege, beim Erforschen der geschichtlichen Zusammenhänge und beim Erkennen der europäischen Integration.[1]

  • Jugendbildung: Kriegsgräber- und Gedenkstätten werden den Jugendlichen im Sinne der demokratischen Erinnerungskultur bekannt gemacht.
  • Friedenspädagogik an Schulen und Hochschulen: Projekttage und pädagogische Module zu Kriegsgräberstätten unterstützen das Thema Frieden.
  • Workcamps: In Deutschland, West- und Osteuropa engagieren sich Jugendliche zwischen 12 und 26 Jahren aus 32 Ländern (Stand 2015) durch Workcamps bei der Pflege und Instandsetzung von Kriegsgräber- und Gedenkstätten. Durch die Begegnung untereinander und mit der Bevölkerung des Gastlandes werden Vorurteile abgebaut.
  • Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten (JBS): In Lommel in Belgien, Niederbronn-Les-Bains in Frankreich, Ysselsteyn in den Niederlanden, auf dem Golm (Kamminke, Insel Usedom) sowie in Halbe/Brandenburg in Deutschland wird das Zusammentreffen von Jugendlichen zum Thema Frieden möglich gemacht.

Friedensarbeit

  • Internationale Zusammenarbeit in allen Angelegenheiten der Kriegsgräberfürsorge
  • Verständigung und Aussöhnung mit den Gegnern von einst („Versöhnung über den Gräbern“)
  • Gestaltung des Volkstrauertages oder Mitwirkung daran

Die Helfer

Berichterstattung in der Presse

In Presse, Internet und Ausstellungen wird über den Volksbund, die Workcamps, die Friedhöfe, Klärung von Vermisstenschicksalen und die Friedensarbeit berichtet. Der Volksbund unterstützt die Berichterstattung durch Presseinformationen, Zusammenarbeit mit Redaktionen und Journalistenreisen.

Spender und Erstattungen

Die rund 50 Millionen Euro Ausgaben des Volksbundes (Stand 2015) werden zu knapp Dreiviertel durch Mitglieder, Spender, Gemeinden/Kirchen/Schulen, Nachlässe, Geldauflagen/Bußgelder und Sammlungen finanziert und nur zu einem guten Viertel durch die Erstattung seitens der Bundesregierung (Kriegsgräber), der Bundesländer (Gräberpflege Inland) und für Workcamps.[1]

Hilfe durch Bundeswehr und Reservisten

Angehörige der Bundeswehr und Reservisten helfen freiwillig bei Straßensammlungen, Arbeiten an den Kriegsgräberstätten und bei dem Transport der Workcampteilnehmer.

Workcamps

In Workcamps (Jugendlagern) in Deutschland sowie in Workcamps in West- und Osteuropa mit Teilnehmern aus vielen Ländern werden deutsche Kriegsgräberstätten, Kriegsgräberstätten anderer Nationen und KZ-Gedenkstätten im Sinne der internationalen Jugendbegegnung instand gesetzt. Ferner werden Seminare zur historisch-politischen Bildung gehalten und Jugendgruppenleiter ausgebildet.

Selbstbild und Außenwirkung

Während der Volksbund selbst unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ arbeitet, wurde er von Teilen der Bevölkerung in Deutschland keineswegs immer als Bestandteil der „Friedensbewegung“ wahrgenommen.[23] Die Gründergeneration des Volksbundes bestand größtenteils aus Soldaten des Ersten Weltkriegs. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit als Teil der kriegsvorbereitenden Propaganda des Nationalsozialismus weitgehend aus. Zudem blieb es im Programm des Volksbundes bei einer vagen „Mahnung zum Frieden“, ohne hieraus konkrete politische Forderungen abzuleiten. Heute pflegt der Verband bewusst enge Kontakte nicht nur zur Bundeswehr, sondern auch zu den Streitkräften zahlreicher Nationen und wirkt dem eigenen Anspruch nach durch internationale Zusammenarbeit bei der Pflege von Gedenkstätten insbesondere für die Völkerverständigung in der jungen Generation. Die Mitgliederschaft weist allerdings einen relativ hohen Altersdurchschnitt auf, viele gehören noch der sogenannten 'Kriegsgeneration' des Zweiten Weltkrieges an. Kritiker führen an, dass in der Vergangenheit in einigen Fällen Alt- oder Neonazis Mitglied oder sogar Mitarbeiter beim Volksbund waren. Der Volksbund selbst distanziert sich jedoch von rechtsradikalen Bestrebungen. So wurden beispielsweise Ende 2007 mehrere Landtagsabgeordnete der NPD aus dem Volksbund ausgeschlossen, die im Laufe des Jahres Mitglied geworden waren. Zur Begründung hieß es, die Mitgliedschaft in der NPD sei „mit den Zielen des Volksbundes unvereinbar“.[24]

Auszeichnungen

Partnerorganisationen im Ausland

Daten über die Kriegsopfer und Kriegsopferorganisationen anderer Länder der beiden Weltkriege sind im Internet zugänglich:

  • Russland: Verband der Soldatengedenkstätten Wojennyje memorialy (Военные мемориалы).
  • Österreich: Der österreichische Staat hat im Kriegsgräberfürsorgegesetz und im Staatsvertrag für die Pflege und Erhaltung der in Österreich befindlichen Kriegsgräber festgelegt, dass die österreichischen Kriegsgräberstätten vom Österreichischen Schwarzen Kreuz gepflegt werden. Kriegsgräber auf dem Wiener Zentralfriedhof werden weiterhin vom Volksbund gepflegt.[30]
  • Belgien: Institut des Vétérans – Institut National des Invalides de Guerre, Anciens Combattans et Victimes de Guerre (IV-INIG) mit Gräber-Datenbank.[32][33]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Arbeitsbilanz 2014. April 2015, S. AB 1-AB 12. (PDF; 660 kB).
  2. markus-meckel.de
  3. Bau, Instandsetzung und Pflege. auf: volksbund.de
  4. Meinhold Lurz: Kriegerdenkmäler in Deutschland. Band 5: Drittes Reich. Heidelberg 1986, ISBN 3-88326-154-8, S. 72.
  5. Olav Teichert: Im Wandel der Zeitschrift. 90 Jahre Mitgliederzeitschrift des Volksbundes – 1921–1950. In: Stimme & Weg. 1/2011, S. 10–13.
  6. Im Wandel der Zeitschrift. 90 Jahre Mitgliederzeitschrift des Volksbundes – 1951–1966. In: Stimme & Weg. 2/2011, S. 12–13.
  7. Martin Dodenhoeft: Historisches Datum. Der Volksbund in den neuen Bundesländern. In: Stimme & Weg. 4/2011, S. 20–21.
  8. Im Wandel der Zeitschrift. In: Stimme & Weg. 4/2011, S. 14–15.
  9. Fritz Kirchmeier: Markus Meckel ist neuer Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Pressemitteilung. In: volksbund.de. 12. Oktober 2013.
  10. Guido Westerwelle: Brief an Reinhard Führer. In: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (Hrsg.): Briefe an den Präsidenten. Kassel 2014, S. 227.
  11. Satzung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, § 3 – Aufgaben und Rechtsgrundlagen
  12. a b Arbeitsbilanz 2010. In: Stimme & Weg. 2/2011, S. AB 1-AB 12.
  13. Interview mit Markus Meckel, in: Katholische Nachrichten-Agentur, 14. November 2014, S. 32.
  14. a b Beate Kalbhenn: Der Name ist entscheidend. Grabnachforschung durch den Volksbund. In: Stimme & Weg. x/1997, S. 24–25.
  15. Kriegsgefangenenfriedhöfe
  16. Gräbergesetz – Gesetz über die Erhaltung der Gräber von Krieg und Gewaltherrschaft vom 1. Juli 1965.
  17. Beratung bei der Pflege von Kriegsgräbern im Inland
  18. Gemeinschaftsgrabstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Berlin
  19. Volksbund Gräbersuche online
  20. Arbeitsbilanz 2011. S. 13: Rechtliche Beratung in Fragen der Kriegsgräberfürsorge (PDF; 660 kB)
  21. clio online, Themenportal Erster Weltkrieg
  22. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. – Beschreibung der Kriegsgräberstätten in alphabetischer oder geographischer Reihenfolge (Land, Friedhof)
  23. Vgl. Internationale der Kriegsdienstgegner e. V. (Hrsg.): Die Kehrseite der Medaille – Dokumentation über den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. Berlin 1972.
  24. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge: Stimme und Weg 1/2008.
  25. Jugendpreisträger 2014: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. – Jugendarbeit
  26. Deutscher Nationalpreis 2016, abgerufen am 27. Juni 2016.
  27. (fr) Ministère de la Défense, SGA Sépultures de guerre (Gräberdatei der gefallenen französischen Soldaten)
  28. (fr) Office National des Anciens Combattants et Victimes de Guerre (onac-vg.fr)
  29. (fr) Webseite des Souvenir français
  30. Österreich betreut Kriegsgräberstätten. In: Stimme & Weg. 2/2011, S. 24.
  31. Webseite der Niederländischen Oorlogsgravenstichting
  32. Kontaktgruppe Kriegsgräberdienste. In: frieden. Mai 2016, S. 33.
  33. Belgische Gräber-Datenbank