„Schienenverkehr im Iran“ – Versionsunterschied
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Version vom 3. Dezember 2015, 20:49 Uhr
Der Schienenverkehr im Iran wird von der Eisenbahngesellschaft der Islamischen Republik Iran (persisch: شركت راه آهن جمهوری اسلامی ایران sherikat-e rah ahan jomhuri-ye eslami-ye iran) betrieben.
Geschichte
Politische Blockade
Im 19. Jahrhundert befand sich der Iran (damals: „Persien“) im Interessenkonflikt zwischen dem Russischen Kaiserreich, das von Norden her Zugang zum Persischen Golf suchte, und Großbritannien, dass das im Interesse seiner Kolonie Britisch Indien verhindern wollte. Alle Eisenbahnprojekte dieser Zeit im Iran sind unter diesem Interessenkonflikt zu sehen. Es gab so zwar seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Pläne zum Bahnbau im Iran, deren Ausführung scheiterte aber an wechselseitiger Blockade der Großmächte. So kam es bis zum Ersten Weltkrieg lediglich zur Errichtung von kleineren Inselbetrieben wie der Teheran-Abd-al-Azim Eisenbahn nach Ray. Diese erste persische Eisenbahn, wurde 1888 unter Nāser ad-Din Schah gebaut. Sie war 8.7 km lang, meterspurig und eine Pferdebahn im Süden von Teheran, die später auf Dampfbetrieb umgestellt und 1962 stillgelegt wurde. Auch wurden grenznahe iranische Städte an benachbarte Bahnnetze angeschlossen: Täbris an das russische Netz im Kaukasus und Zahedan an das anglo-indische Netz (heute: Pakistan). Die Eisenbahnstrecke von Täbris bis zum iranisch / russischen (später: sowjetischen) Grenzbahnhof Dscholfa (1916) war die erste Fernstrecke des Landes.[1]
Transiranische Eisenbahn
Das erste große inner-iranische Bahnprojekt war die Transiranische Eisenbahn. Nachdem Russland durch die Oktoberrevolution als Großmacht ausgefallen war, stellten Eisenbahnprojekte im Iran für Großbritannien keine Bedrohung mehr dar. Hinzu kamen US-amerikanische Interessen, das Land mit seinen Erdöl-Vorkommen besser zu erschließen. So wurde seit Ende der 1920er Jahre unter Reza Schah die Transiranische Eisenbahn als Nord-Süd-Strecke zwischen persischem Golf und Kaspischem Meer errichtet und 1938 in Betrieb genommen. Die streckenweise überaus schwierige Topografie erforderte etwa 3.000 Brücken und zahlreiche Tunnel, 120 davon allein im Zāgros-Gebirge.
Während des Zweiten Weltkriegs kam es zur Anglo-sowjetischen Invasion Irans. Der Bahnbetrieb wurde von US-amerikanischen (3.473 Soldaten) und sowjetischen Truppen übernommen und als „Persischer Korridor“, eine Nachschubroute über die amerikanische Güter in die Sowjetunion befördert wurden, betrieben.[2] Dabei kamen auch amerikanische Diesellokomotiven der Baureihe ALCO RSD-1 zum Einsatz.[3]
Ausbau
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde unter Mohammad Reza Schah das Netz weiter ausgebaut und mit der Elektrifizierung erster Abschnitte begonnen. Durch das preiswert zur Verfügung stehende Erdöl ist der ökonomische Druck in dieser Richtung allerdings gering und der überwiegende Teil des Netzes wird heute mit Diesellokomotiven und Dieseltriebwagen betrieben.
Nach 1979 verlangsamte sich der Ausbau zunächst aufgrund der Islamischen Revolution und des Ersten Golfkriegs. Seit Beginn der 90er Jahre wurde der Ausbau des Netzes wieder verstärkt vorangetrieben.
Ausbau des Streckennetzes:[4]
Strecke | Länge km |
Baudatum |
Täbris–Dscholfa | 148 | 1912–1916 |
Zahedan–Mirjaveh | 94 | 1920–1921 |
Teharan–Bandar Torkaman | 461 | 1928–1938 |
Teheran–Bandar-e Imam Chomeini | 928 | 1928–1939 |
Ahwas–Chorramschahr | 121 | 1942–1943 |
Sar Bandar–Meschhed | 12 | 1950–1951 |
Garmsar–Meschhed | 812 | 1938–1958 |
Teheran–Täbris | 736 | 1939–1959 |
Gorgan–Bandar Torkaman | 35 | 1960–1961 |
Täbris–Bazargan | 192 | 1912–1971 |
Ghom–Zerend | 847 | 1939–1971 |
Isfahan–Zarrin Schahr | 111 | 1969–1972 |
Zerend–Kerman | 80 | 1975–1979 |
Bafq–Bandar Abbas | 626 | 1982–1995 |
Meschhed–Sarachs | 165 | 1993–1997 |
Aprin[5] –Maleki (Iran) | 24 | 1993–1997 |
Bad–Meybod | 254 | 1996–1998 |
Aprin–Mohammediya-2 | 122 | 1994–1999 |
Chadormalu–Meybod | 219 | 1992–1999 |
Mohammediya-2–Mohammediya-1 | 6 | 1994–1999 |
Bafq–Kaschmar | 800 | 1992–2001 |
Isfahan–Schiras | 506 | 2009 |
Kerman–Zahedan | 546 | 2009 |
Technische Parameter
Aufgrund der sehr gebirgigen Topografie im Landesinneren – die Strecken steigen vom Meeresspiegel bis auf etwa 2.500 m an – sind beim Bahnbau oft in großem Umfang Kunstbauten erforderlich.
Der überwiegende Teil des Netzes wurde in Normalspur errichtet. Im grenznahen Gebiet zu den nördlichen Nachbarn gibt es zum Anschluss an deren Netze kurze Strecken in russischer Breitspur. Die Spurwechselanlagen zum Übertritt von Fahrzeugen auf die Breitspur befinden sich in den iranischen Grenzbahnhöfen. Die Bahnstrecke Zahedan–Quetta nach Pakistan weist insgesamt eine Spurweite von 1676mm auf. In Zahedan fahren die Breitspur-Züge aus Richtung Pakistan und die aus dem Westen in je einen eigenen Bahnhof ein. Es gibt es keine Spurwechselanlage, Güter müssen umgeladen werden.
Die elektrifizierten Abschnitte des iranischen Eisenbahnnetzes wurden mit Technik für 25 kV / 50 Hz ausgestattet.
Organisation
Die Eisenbahninfrastruktur wird als Staatsbahn von der Eisenbahngesellschaft der Islamischen Republik Iran (persisch شركت راه آهن جمهوری اسلامی ایران sherikat-e rah ahan jomhuri-ye eslami-ye iran) (IRIR oder RAI) betrieben.
Die Gesellschaft untersteht der Aufsicht des Ministeriums für Straßen und Verkehr. Soweit die IRIR als Eisenbahnverkehrsunternehmen tätig ist, wird dieser Verkehr durch zwei getrennte Tochterfirmen durchgeführt:
- Die Raja Rail Transportation fährt seit 1996 Personenzüge[6][7]
- Die Railway Transportation Company betreibt den Güterverkehr.
Darüber hinaus gibt es im Iran eine Reihe weiterer – überwiegend privatrechlich organisierte und nicht der IRIR gehörende Unternehmen –, die Dienstleistungen im Bereich des Eisenbahnverkehrs anbieten.
Streckennetz
Zentrale Punkte im iranischen Eisenbahnnetz sind Teheran und Ghom, wo jeweils mehrere Strecken aufeinander treffen. Die Hauptstrecken sind:
- Bahnstrecke Täbris–Dscholfa(– Autonome Republik Nachitschewan)
- Transiranische Eisenbahn (Abadan – Teheran – Gorgan
- Bahnstrecke Teheran–Maschad
- Bahnstrecke Ghom–Zahedan
- Nord-Süd-Bahn (Turkmenische Grenze – (Maschad) – Bandar Abbas
- Bahnstrecke Torbat-e Heidarije–Herat, afghanischer Abschnitt noch im Bau
- Bahnstrecke Qazvin–Astara(–Aserbaidschan)
- Bahnstrecke Zahedan–Quetta (Pakistan)
- Bahnstrecke Teheran–Täbris
- Bahnstrecke Van–Täbris (Türkei)
- Bahnstrecke Teheran–Isfahan, Schnellfahrstrecke: 200 km/h
Grenzübergangsstellen gibt es:
- in die Türkei zur Türkiye Cumhuriyeti Devlet Demiryolları (TCDD)[Anm. 1],
- in die Autonome Republik Nachitschewan (Spurwechsel) von Aserbaidschan und früher weiter nach Armenien (aufgrund der Feindschaft zwischen Armenien und Aserbaidschan unterbrochen),
- nach Aserbaidschan (Spurwechsel, nach Baku),
- nach Turkmenistan (Spurwechsel) und
- Pakistan (Spurwechsel).
- Im Bau befindet sich eine Bahnstrecke nach Herat in Afghanistan.
Die Verbindung in den Irak, nach Basra, scheitert seit Jahrzehnten wechselnd an der Feindschaft zwischen Iran und Irak und der innenpolitischen Situation des Iraks. Eine Bahnstrecke zwischen Armenien und dem Iran ist angedacht, wurde aber bisher nicht verwirklicht.
Verkehr
Personenverkehr
2011 beförderte die iranische Eisenbahn 29 Millionen Reisende mit 21 Milliarden Personenkilometern. Das entspricht einem Anteil 11 % des Gesamtverkehrsaufkommens im Land. Die Fernverbindungen werden in der Regel von privaten Anbietern gefahren.[8]
Güterverkehr
2011 beförderte die iranische Eisenbahn 33 Millionen Tonnen Güter bei 22 Milliarden Tonnenkilometern. Das entspricht einem Anteil von 9 % des Gesamtverkehrsaufkommens im Land.
Zukunft
Das Netz wird ständig erweitert, unter anderem durch grenzüberschreitende Strecken nach Afganistan (im Bau)[9], und Turkmenistan (eröffnet).
2014 wurde die grenzüberschreitende Strecke nach Turkmenistan und Kasachstan – und damit der indirekte Anschluss zum Eisenbahnnetz der Volksrepublik China eröffnet.[10][11]
Schienengebundener ÖPNV
In den letzten Jahren wurden schienengebundene Verkehrssysteme in verschiedenen Großstädten des Iran errichtet.
U-Bahnen
Stadtbahnen
Weblinks
- Offizielle Internetseite der Iranischen Bahn (persisch)
- Englischsprachige Raja-Webseite
- Inoffizielle Webseite mit Fahrplänen, Karten, Bildern, Infos (englisch)
- Download des gültigen Fahrplans (persisch)
Einzelnachweise
- ↑ СОГЛАШЕНИЕ О СОВЕТСКО-ИРАНСКОМ ЖЕЛЕЗНОДОРОЖНОМ СООБЩЕНИИ (МОСКВА, 20 ЯНВАРЯ 1958 Г.) Abkommen über den iranisch / sowjetischen Eisenbahnverkehr von 20. Januar 1958 (russisch).
- ↑ Don DeNevi, B. Hall: United States Military Railway Service. Toronto 1992. ISBN 1-55046-021-8, S. 8, 73-77.
- ↑ Jerry A. Pinkepank: The Second Diesel Spotter's Guide. Kalmbach Books 1973, S. 233.
- ↑ Железнодорожное строительство в Иране (Bahnbau in Iran)
- ↑ Bei Aprin handelt es sich laut dem Artikel پیشینه_راهآهن_در_ایران auf fa:wikipedia um die Lokalität bei Eslamschahr, einem südlichen Vorort Teherans bei 35°34'35.39"N / 51°12'36.76"E. Der Zielort Maleki kann angesichts der angegebenen Streckenlänge nur im Bereich von Schahr-e Qods liegen (westlich Teheran, vor Karaj)
- ↑ Homepage von Raja Rail Transportation.
- ↑ The unofficial homepage of Iranian railways.
- ↑ Trains. Auf: Inoffizieller Website zur iranischen Eisenbahn.
- ↑ Golnar Motevalli: Iranian engineer brings roads, rail to Afghan west. In: Reuters v. 17. April 2010.
- ↑ Bericht über die Eröffnungsfeierlichkeiten v. 3. Dezember 2014.
- ↑ Onur Uysal: Kazakhstan-Turkmenistan-Iran Railway to Open Today. In: Rail Turkey. Rail and urban transport in Turkey.