„Henryk M. Broder“ – Versionsunterschied

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*[[Günter Grass]]: ''präpotenter Wichtigtuer'', ''sprachloser Schwätzer''<ref>http://www.achgut.de/dadgd/view_article.php?aid=3275&ref=0</ref>
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Version vom 6. November 2007, 16:28 Uhr

Henryk M. Broder 2007

Henryk Modest Broder (* als Henryk Marcin Broder am 20. August 1946 in Katowice, Polen)[1] ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller.

Als Publizist beschäftigt er sich vorwiegend mit Themen wie der deutschen Vergangenheitsbewältigung, dem Nahostkonflikt und Israel, der deutschen Linken (vor allem im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Antiamerikanismus und des Antizionismus, vorübergehend auch mit der Wiedervereinigung) sowie dem Islamismus.

Kennzeichnend für seinen Stil ist sowohl die recherchierende und informierte Kolumne als auch die pointierte Polemik. Broder schreibt für das Magazin Der Spiegel und die Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel. Er ist Mitherausgeber des Jüdischen Kalenders, einer jährlich erscheinenden Text- und Zitatensammlung deutsch-jüdischer Kultur.

Werdegang

Broder entstammt einer polnisch-jüdischen Familie, mit der er 1958 über Wien nach Deutschland kam und zunächst in Köln lebte. Der spätere Journalist studierte dort Volkswirtschaft und Jura. Ende der 1960er Jahre arbeitete er in Hamburg – gleichzeitig mit dem heutigen Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust und dem Fotografen Günter Zint – als Autor bei den St. Pauli-Nachrichten. In den 70ern schrieb er für das Satiremagazin Pardon und das Magazin Spontan. 1981 begann er kurzzeitig in Israel zu arbeiten, veröffentlichte aber weiterhin u. a. in Zeit, Profil, Weltwoche und Süddeutscher Zeitung. In den 1980er Jahren moderierte Broder mit Elke Heidenreich und anderen die SFB-Talkshow Leute aus dem Café Kranzler in Berlin.

Tätigkeiten und Themen

Broder schrieb mehrere Bücher über das deutsch-jüdische Verhältnis und über Antisemitismus und Antiamerikanismus in der deutschen Gesellschaft. Er wirft den Europäern vor, gegenüber Diktatur, Islamismus und Terrorismus Appeasement-Politik zu betreiben. Von Anfang an unterstützte er den Irakkrieg und den Sturz Saddam Husseins.

Broder ist Mitglied des publizistischen Netzwerks „Die Achse des Guten“, in dessen Weblog er das Tagesgeschehen kommentiert.

Broder über Antisemitismus

Der Antisemitismus ist ein zentrales Thema in Broders Veröffentlichungen.

Sein 1986 erschienenes Buch Der ewige Antisemit führte zu einer heftigen Kontroverse, weil Broder seine Analysen nicht auf den extremistischen Rand der Gesellschaft, sondern auf progressive und bürgerliche Positionen richtete, wobei er insbesondere linke und linksalternative Weltbilder in den Vorwurf des Antisemitismus einbezog. Er bezeichnet den Antisemitismus als ein „Amalgam“, das selbst entgegengesetzte Überzeugungen (links/rechts, atheistisch/gläubig, internationalistisch/nationalistisch) verbinde.[2]

Der Bruch mit der Linken

Broder hatte Mitte der 1970er Jahre die Existenz eines linken Antisemitismus noch in Frage gestellt. Seine Meinung änderte er nach der Entebbe-Entführung (Operation Entebbe) im Jahr 1976. Die Selektion jüdischer Passagiere durch deutsche Terroristen der Revolutionären Zellen habe ihn dabei weniger aufgeregt, weil man diese „auf das Konto einiger Verrückter und Polit-Gangster“ habe schieben können, mit denen er nichts zu tun gehabt habe. „Entsetzt“ hätten ihn allerdings die Reaktionen aus seinem politischen Umfeld, mit dem er gegen den Vietnamkrieg demonstriert habe. Broder zitiert dazu (von ihm keinen eindeutigen Quellen zugewiesene) Äußerungen, in denen die Befreiungsaktion der Israelis mit „Blitzkriegen der Hitlerfaschisten“ verglichen worden seien. „Unisono“ sei Israel als Aggressor verurteilt und die „flagrante Verletzung der Souveränität eines Mitgliedstaates der Vereinten Nationen“ beanstandet worden. Darüber hinaus habe es eine „Solidarisierung eines erheblichen Teils der westdeutschen Linken mit Idi Amin“ gegeben.[3] Noch im Jahr 1998 hob Broder die Reaktion auf Entebbe als Wendepunkt und seinen endgültigen Bruch mit „dem Rest der Linken“ hervor.[4]

Nahostkonflikt

Broder sieht die Aufmerksamkeit für den Nahostkonflikt, dem er andere Konflikte (etwa Tibet und Darfur) mit höheren Opferzahlen oder längerer Konfliktdauer gegenüberstellt, als ein Indiz für Antisemitismus. Er kritisiert zudem das Niveau vieler Äußerungen zu diesem Konflikt und bezweifelt die Kompetenz und Neutralität der in den Medien präsenten Akteure. In seiner Darstellung gewinnt das Wort "Nahostexperte" eine ironische Dimension. Viele fühlten sich berufen, zu dem komplexen Thema eine Meinung zu vertreten und sich zu Experten aufzuschwingen: „Es gehört nicht viel dazu, um ein Nahostexperte zu werden. Es ist ein ungeschützter Beruf, der jedem Bruchpiloten offen steht. Wer es bei DSDS nicht mal ins Sechzehntelfinale schaffen würde, wer als Künstler oder Schriftsteller nicht weit gekommen ist und am liebsten Offene Briefe schreibt, wer den Dativ nicht vom Genitiv und einen Statisten nicht von einem Statiker unterscheiden kann, wer als Eventmanager beim Ballermann versagt hat, der wird Nahostexperte.“[5]

Antizionismus

Broder betrachtet den Antizionismus als eine Form des Antisemitismus: „Es gibt keinen Antizionismus, der seinen Ursprung nicht im Antisemitismus hätte.“ „Ein antizionistischer Jude ist tendenziell ein Antisemit. Der Antizionismus ist für Nichtjuden wie für Juden nur eine Ausrede, ihren Antisemitismus sozusagen in einer politisch aseptischen Form präsentieren zu können.“[6] Für diese Definition von Antizionismus als notwendigerweise antisemitisch wurde er u. a. von Thomas Rothschild kritisiert. „Daß man mit guten Gründen Antizionist sein könne, [werde dadurch] undiskutiert ausgeschlossen.“ Broders Charakterisierung des jüdischen Antizionismus komme „– jedenfalls in dieser Pauschalität – einer Denunziation“ gleich.[7]

Islamismus

Viele der in den letzten Jahren von Broder veröffentlichten Beiträge beschäftigen sich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus sowie der seiner Ansicht nach unzureichenden kritischen Auseinandersetzung mit diesen Phänomenen in Teilen der europäischen Gesellschaft und Medien. Broder kritisiert aber auch generell die Haltung der Moslems: „Ich kämpfe gegen 1,5 Milliarden Moslems in aller Welt, die chronisch zum Beleidigtsein und unvorhersehbaren Reaktionen neigen.[8]

Ihre vorläufige Zusammenfassung fanden seine Ausführungen in seinem 2006 erschienenen Buch Hurra, wir kapitulieren! Von der Lust am Einknicken. In ihm plädiert Broder für die nachdrückliche Verteidigung der von ihm als gefährdet angesehenen Meinungsfreiheit und die einschränkungslose Verurteilung von terroristischen Anschlägen und wendet sich gegen das in seinen Augen falsche öffentliche Bild von den Terroristen: „Ich gebe zu, ich bin ein wenig neidisch auf die Terroristen. Nicht nur wegen der Aufmerksamkeit, die sie erfahren, sondern wegen der idealistischen Motive, die ihnen unterstellt beziehungsweise zugesprochen werden. Wer ein Auto klaut und damit einen Menschen an einer Kreuzung totfährt, der ist ein Verbrecher. Wer sich mit einer Bombe im Rucksack in einem Bus in die Luft sprengt und andere Passagiere mitnimmt, der ist ein Märtyrer, ein gedemütigter, erniedrigter, verzweifelter Mensch, der sich nicht anders zu helfen wusste. Worum ich die Terroristen am meisten beneide, ist der Respekt, der ihnen gezollt wird. Haben sie einmal bewiesen, wozu sie imstande sind, betreten Experten den Tatort und erklären, man dürfe sie nicht noch mehr provozieren, man müsse mit ihnen reden, verhandeln, sich auf Kompromisse einlassen und ihnen helfen, das Gesicht zu wahren. Nur so könne man sie zur Vernunft bringen und Schlimmeres verhüten.“[9]

Island-Reisetagebuch

Abseits seiner thematischen Schwerpunkte ist 2005 bei Spiegel-Online eine Sammlung von Einzelbeiträgen über Island entstanden.[10]

Würdigungen und Auszeichnungen

Bei seiner Dankesrede zum Börne-Preis 2007

Broder wurde in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „erbarmungsloser Provokateur und klassischer Unruhestifter“ beschrieben, der die „Fähigkeit des Auf-den-Punkt-Bringens, des Erkenntnis fördernden Vereinfachens“ besitze. Damit halte er „das schlechte Gewissen der Deutschen“ wach (Süddeutsche Zeitung). Die Jury des Schubart-Literaturpreises rückte Broders „streitbares wie kenntnisreiches Werk“ in die „freiheitliche und republikanische Tradition des deutschsprachigen Journalismus“. Es sei Broders „bleibende[s] Verdienst […], stets prägnant und präzise argumentierend für das jüdisch-deutsche und das deutsch-israelische Verhältnis einzutreten“.

1986 erhielt Broder den Hauptpreis des 5. Internationalen Publizistikwettbewerbs in Klagenfurt für die politische Satire „Das 12. Bundesland“. Im Jahre 2005 folgte der Schubart-Literaturpreis der Stadt Aalen. Für seine Online-Publizistik wurde Broder im Januar 2007 vom Medienmagazin V.i.S.d.P. mit dem „Goldenen Prometheus” ausgezeichnet. Die Begründung für Broders Wahl lautete: „Henryk M. Broder ist der Onlinejournalist des Jahres, weil er im Karikaturenstreit die Frage gestellt hat, wo eigentlich all die dänischen Fahnen herkommen. […] Er ist polemisch und politisch absolut unkorrekt, manchmal möchte man jubeln, weil endlich mal jemand Klartext schreibt, manchmal möchte man ihm widersprechen.

Am 24. Juni 2007 bekam Broder in der Frankfurter Paulskirche den Ludwig-Börne-Preis 2007 überreicht.[11] Focus-Herausgeber Helmut Markwort, der den Preisträger alleine festlegen durfte, bezeichnete Broder in seiner Begründung als „freien Geist, der leidenschaftlich und feurig schreibt, oft polemisch und ohne Rücksicht auf ‚political correctness’, aber immer unabhängig und überraschend“. Die Entscheidung für Broder stieß auch auf Protest, zum Beispiel von Alfred Grosser (siehe folgenden Abschnitt). Auch während der Verleihung gab es vereinzelte Proteste.[12]

Kritik an Broder

An Broders Islamkritik

Anlässlich der Verleihung des Börne-Preises warf Alfred Grosser Broder fehlende Empathie für das Leiden der Palästinenser vor: „Henryk M. Broder brandmarkt ständig alle und jeden, die sich um das Leiden der Anderen sorgen. Als Jude fühle ich mich verpflichtet, dieses Leid nicht zu ignorieren“.[13]

Evelyn Hecht-Galinski, die Tochter des früheren Zentralratsvorsitzenden Heinz Galinski, warf Broder „Islamphobie“ vor: „Es ist unerträglich, wenn gerade Menschen jüdischen Glaubens oder dem „jüdischen Glauben“ vermeintlich Nahestehende so unverhohlen primitiven Hass verbreiten! Gesteuert, von wem auch immer, Thesen verbreiten, die gefährlich sind und ungewollt (?) (wohl kaum!) einen Flächenbrand entzünden können.“[14]

An Broders Art der Argumentation

Publizistenkollegen Broders kritisierten wiederholt vor allem seine Art der Argumentation.

  • Daniel Bax schrieb in der taz, dass Broder „in routinierter Manier“ nur das berücksichtige, „was in seine Argumentation passt, und was nicht passt, wird eben passend gemacht. Ironischerweise geht Broder dabei genau so vor wie ein islamistischer Scharfmacher, nur eben spiegelverkehrt.“[15]
  • Kai Doering warf Broder im Vorwärts Einseitigkeit vor und nannte seine Art, Debatten zu führen, „ideologisch“.[16]
  • Christian Geyer schreibt in einem grundsätzlich positiven Artikel für faz.net, dass Broder ein „geborener Polemiker“ sei, der „schreckliche Sachen geschrieben“ habe. Broder sei „eine Meinungsschleuder, die grundsätzlich nichts vom einerseits, andererseits hält. Stattdessen wird bei ihm vereinfacht, vereinseitigt und zugespitzt, dass sich die Balken biegen“. Seine Attacken „gegen den vermeintlichen oder tatsächlichen politischen Mainstream“ seien inzwischen „Masche“.[17]
  • Gunter Hofmann kritisiert in der Zeit, dass Broder in seiner Kritik mit der „Vergangenheitskeule“ arbeite.[18]
  • Thomas Rothschild schrieb im Freitag: „Was an Broders Argumenten irritiert, ist nicht ihr Tabubruch, sondern ihre Apodiktik.“ Er verwende in seiner undifferenzierten Islamkritik „Klischees“, die „den Klischees des Antisemitismus zum Verwechseln“ ähnelten.[19] In der Nahostpolitik wirft er Broder eine fundamentalistische Haltung vor. „Wer damals die UdSSR kritisierte, galt als Antikommunist, selbst wenn er andere Modelle, etwa das des Prager Frühlings oder westeuropäischer Reformkommunisten oder lateinamerikanischer Revolutionäre, unterstützte. Die Rede vom ‚antisemitischen Juden‘ oder vom ‚jüdischen Antisemitismus‘ ist ähnlich infam.“[20]
  • Thomas Knauf charakterisierte Broder im Freitag als „würdigen“ Schüler von Tucholsky, Kerr und Kraus, der aber auffällig selbstgerecht agiere.[21]
  • Sonja Zekri schrieb in der Süddeutschen Zeitung, Broder habe „stilistisch schon vor einiger Zeit das Florett gegen die Kettensäge eingetauscht“, und seine kritische Auszeichnung „Schmock der Woche“ sei eine „Art Internet-Pranger“.[22]

Häufig kritisiert werden Broders beleidigende Charakterisierungen politischer Gegner, die in einigen Fällen zu Anzeigen gegen ihn führten (siehe Kapitel über Prozesse). Es folgt eine Liste von Charakterisierungen durch Broder.

Broder wird selber häufig Opfer von heftigen Beleidigungen in Leserbriefen, die er auf seiner Website dokumentiert[36]. Auf diese Briefe reagiert er mitunter im selben Stil[37]

Gerichtsverfahren gegen Broder

Wegen persönlicher Angriffe und umstrittener Zitate stand Broder mehrfach vor Gericht.

  • 1986 erwirkte der Intendant des Frankfurter Schauspiels, Günther Rühle, eine einstweilige Verfügung, durch die der Verkauf von Broders Buch Der ewige Antisemit vorübergehend gestoppt wurde. Hintergrund war der Skandal um das Theaterstück Der Müll, die Stadt und der Tod von Fassbinder. Rühle hatte sich trotz öffentlichen Widerspruchs für die Aufführung entschieden; ihm wurde nachgesagt, er habe in diesem Zusammenhang von einem „Ende der Schonzeit für die Juden“ gesprochen. Das Gerichtsverfahren endete in der Hauptsache mit einem Vergleich; Broder zitiert Rühle nun mit „dass der Jude nicht ewig in einem Schonbezirk gehalten werden dürfe“.[38]
  • 2004 schrieb der Soziologe Y. Michal Bodemann in der Süddeutschen Zeitung einen Essay über den Diskurs über Parallelgesellschaften, in dem er allerdings Juden an die Stelle von Türken oder Muslimen setzte, um zu demonstrieren, dass die Empörung über solche Äußerungen von der jeweiligen Ethnie abhänge: „Viele Juden meinen, sie kämen auch ohne Deutschkenntnisse aus. Schulische Aktivitäten, wenn sie denn einmal auf einen Samstag fallen, werden boykottiert. Frauen sind im Judentum auch heute noch Bürger zweiter Klasse. […] Ein Artikel dieser Sorte, erschiene er denn in einer deutschen Zeitung, würde eine Welle der Entrüstung hervorrufen. […] Wenn wir in diesem Bericht jedoch das Wort „Juden“ durch die Wörter „Muslime“ oder „Türken“ ersetzen und den Inhalt etwas umschreiben, dann liegt die Sache ganz anders. Solche Berichte lesen wir fast täglich, sie sind, trotz ihrer Halbinformiertheit, das Selbstverständlichste der Welt.“[41] Broder setzte dem entgegen, „dass man die zugewanderten Juden nicht dazu anhalten muss, ihre Kinder in die Schulen zu schicken und dass die jüdischen Gemeinden, im Gegensatz zu den moslemischen, Deutschkurse anbieten, um den Einwanderern den Einstieg zu erleichtern.“[42] und nannte Bodemann einen „promovierten Schwachkopf“ und „selbstgerechten Trottel“, der so „dumm“ sei, „dass verglichen mit ihm ein Kuhfladen noch als Pizza Margarita durchgehen könnte“. Broder stellte ihn zudem in der Rangfolge seiner Negativauszeichnung „Schmock der Woche“ weit nach oben: „Der nächste Schmock der Woche wird es schwer haben, sich gegen ihn zu behaupten“; er sei „der Megaschmock des Jahres“. Bodemann verklagte Broder wegen dieser Äußerungen auf immateriellen Schadensersatz (Schmerzensgeld); das Gericht schlug Anfang 2007 einen Vergleich über 5000 Euro vor.[43]
  • Unter dem Titel „Holo mit Hajo – Wie zwei Juden für die Leipziger den Adolf machen“ schrieb Broder am 12. September 2005 auf der Achse des Guten: „Mein alter Freund Abraham (Abi) Melzer hat da eine Lücke entdeckt, die er fleißig mit braunem Dreck füllt. Letzten Montag trat er zusammen mit seinem besten Pferd im Stall, dem Berufsüberlebenden Hajo Meyer, an der Leipziger Uni auf, wo der Antisemitismus derzeit als akademischer Zeitvertreib gepflegt wird wie vor ein paar Semestern noch der Marxismus-Leninismus als wissenschaftliche Disziplin. – Ich hatte vor, mir diese beiden Kapazitäten für angewandte Judäophobie aus der Nähe anzusehen, mußte leider wegen eines Malheurs kurzfristig umdisponieren.“[44] Melzer – von Broder regelmäßig in Anspielung auf die Bezeichnung GröFaZ für Adolf Hitler als „GRÖVAZ“ (größter Verleger aller Zeiten) bezeichnet – klagte gegen diese Aussage vor dem Landgericht Frankfurt auf Unterlassung und bekam überwiegend Recht. Vor der Entscheidung kommentierte Broder das Verfahren gegenüber der Süddeutschen Zeitung (in Anspielung auf den Volksgerichtshof) mit den Worten: „Es bleibt der Hautgout, dass die Erben der Firma Freisler entscheiden, was antisemitisch ist und was nicht.“[45] In dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten wurde Broder vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Auch vom Amtsgericht München wurde Broder am 23. April 2007 vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Anders als im Frankfurter Strafbefehl beurteilte der Münchner Amtsrichter den Vergleich mit dem Volksgerichtshof nicht mehr als eine das Frankfurter Gericht ehrverletzende Äußerung. Aus dem Zusammenhang werde deutlich, dass Broder keine geistig-inhaltliche Nähe zu dem nationalsozialistischen Tribunal unterstellt habe.

Werke

Aufsätze

  • Antizionismus − Antisemitismus von links?. In: Politik und Zeitgeschichte. Band 24, 1976, S. 31–46.

Bücher

  • Wer hat Angst vor Pornographie? Ein Porno-Report, Melzer, Darmstadt 1970
  • mit anderen: Die Schere im Kopf. Über Zensur und Selbstzensur, Köln 1976
  • Danke schön. Bis hierher und nicht weiter. Mit Beiträgen von Detlef Hartmann, Ulrich Klug, Uwe Maeffert, Ulrich Vultejus, Konkret Literatur-Verlag, Hamburg 1980
  • Der ewige Antisemit. Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls, 1986, Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 3-596-23806-4
  • Die Juden von Mea Shearim, 1986
  • Fremd im eigenen Land. Juden in der Bundesrepublik, 1987
  • Ich liebe Karstadt und andere Lobreden, 1987
  • mit Geisel, Eike: Premiere und Pogrom. Der Jüdische Kulturbund 1933–1941. Texte und Bilder, Siedler, Berlin 1992
  • Erbarmen mit den Deutschen, 1993
  • Schöne Bescherung! Unterwegs im Neuen Deutschland, 1994
  • Volk und Wahn, Goldmann, München 1996 (ISBN 3-455-15004-7)
  • Die Irren von Zion, Hoffmann und Campe, Hamburg 1998 (ISBN 3-455-11242-0)
  • Jedem das Seine, Ölbaum Verlag, Augsburg 1999 (ISBN 3-927217-37-9)
  • www.Deutsche-Leidkultur.de, Ölbaum Verlag, Augsburg 1999 (ISBN 3-927217-43-3)
  • Kein Krieg, nirgends: Die Deutschen und der Terror, Berlin Verlag, Berlin 2002 (ISBN 3-8270-0442-X)
  • Der ewige Antisemit (Neuauflage), Berlin Verlag, Berlin 2005 (ISBN 3-8333-0304-2)
  • Der Nächste bitte! Aufzeichnungen von unterwegs , Ölbaum Verlag, Augsburg 2006 (ISBN 3-927217-61-1)
  • Hurra, wir kapitulieren! Von der Lust am Einknicken, wjs Verlag, Berlin 2006 (ISBN 3-937989-20-X)

TV-Dokumentationen

  • Manchmal waren es Sternstunden – der jüdische Kulturbund 1933-1941 (mit Eike Geisel)
  • Soll sein – Jiddische Kultur im jüdischen Staat (mit Frans van der Meulen)

Literatur

Weblinks

Quellen

  1. Broder selbst gibt an, sein zweiter Vorname sei Modest, was Helmut Markwort als einen Akt ironischer Selbststilisierung bezeichnete, da Modest bescheiden und sittsam bedeutet. In: Helmut Markwort: Waffen gegen die deutsche Elefantenhaut. Über europäische Freiheiten und die Grenzen der Toleranz: Lobrede auf Henry M. Broder. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Juni 2007, S. 34 Und: Christoph Schröder: Eine Stange zwischen die Rippen. In: Der Tagesspiegel, 24. Juni 2007
  2. „Linke Antisemiten, die ihren Marx gelesen haben, können Juden nicht leiden, weil sie Kapitalisten, Ausbeuter und Unternehmer sind. Rechte Antisemiten, die sich auf Dühring, Stoecker oder Marr berufen, hassen Juden, weil sie Revolutionäre, Sozialisten und Skeptiker sind, Träger des zersetzenden Geistes, eine Gefahr für das Abendland, die Moral und das freie Unternehmertum. Gläubige Menschen mögen Juden nicht, weil viele Juden Ketzer und überzeugte Atheisten sind. Freigeister nehmen es den Juden übel, dass sie immer noch an ihrem alten Glauben festhalten. Feministinnen, die keine Zeile von Thomas von Aquin oder Franz von Assisi gelesen haben, sind über die notorische Frauenfeindlichkeit des Judentums voll im Bilde. Tierschützer und Vegetarier regen sich über das koschere Schächten der Tiere auf. Internationalisten machen Juden den Vorwurf, dass sie einen eigenen Staat gegründet haben, und Nationalisten bemängeln, dass noch nicht alle Juden geschlossen hingezogen sind. So sucht sich ein jeder aus, was ihm gerade passt, um seine Leidenschaft zu befriedigen. Egal worum es geht: Der Jud’ ist schuld!“ Broder: Der ewige Antisemit. Neuauflage 2005, S. 60 f.
  3. Der ewige Antisemit. Neuauflage 2005, S. 90 ff.
  4. http://www.br-online.de/alpha/forum/vor9807/19980717_i.shtml
  5. Der Nahe Osten ist für alle da!, 23. Juli 2007
  6. „Wir sind alle traumatisiert“ Interview in Tachles, 14. Juli 2006
  7. Thomas Rothschild: Die Rede vom »jüdischen Antisemitismus«. In: Ossietzky 23/2006.
  8. Gerrit Wustmann: Feindbild Islam: Kommentar zur Verleihung des Ludwig-Börne-Preises an Henryk M. Broder, in: Telepolis, 25. Juni 2007
  9. Hurra, wir kapitulieren!
  10. Das Island-Reisetagebuch bei Spiegel-Online
  11. Text der Rede
  12. FAZ: Broder mit dem Börne-Preis geehrt
  13. taz:: Falsche Wahl: Henryk M. Broder hat den Börne-Preis nicht verdient. 3. Februar 2007.
  14. „Koran und Hakenkreuz“, Süddeutsche Zeitung, 24. Mai
  15. http://www.taz.de/index.php?id=archiv&dig=2006/11/18/a0229
  16. www.vorwaerts.de.
  17. FAZ: Christian Geyer Das Ungetüm vom Dienst
  18. Gunter Hofmann Der Krieg der Erinnerungen Die Zeit 06/1996
  19. http://www.freitag.de/2007/25/07250901.php
  20. Thomas Rothschild: Die Rede vom »jüdischen Antisemitismus«. In: Ossietzky 23/2006.
  21. www.freitag.de
  22. www.sueddeutsche.de
  23. http://www.henryk-broder.de/html/schm_brie.html
  24. http://www.henryk-broder.de/html/schm_broeckers.html
  25. http://www.henryk-broder.de/html/schm_dieckmann.html
  26. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,515278,00.html
  27. http://www.achgut.de/dadgd/view_article.php?aid=3275&ref=0
  28. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/ekel_alfred
  29. http://www.henryk-broder.de/html/tb_moelle.html
  30. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/il_manifesto_tedesco_fuendundzwanzig_armleuchter_ergeben_noch_keinen_kandel
  31. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/horst_eberhard/
  32. http://www.henryk-broder.de/html/tb_sloterdijk.html
  33. http://www.achgut.de/dadgd/view_article.php?aid=3221&ref=8
  34. http://www.henryk-broder.de/html/schm_willemsen.html
  35. http://www.henryk-broder.de/html/tb_fliege.html
  36. www.henryk-broder.de
  37. Beispiel für Reaktionen Broders auf einen Leserbriefschreiber: senile dummbacke, kaputtes großmaul, proto-depp, stück dreck mit PC, seniler schleimer(Quelle:http://web.archive.org/web/20060113074613/www.henryk-broder.com/html/leser2.html).
  38. Der ewige Antisemit, Neuauflage 2005, S. 33.
  39. Der Spiegel, 43/1994
  40. Henryk M. Broder: Der ewige Antisemit. Neuauflage 2005, S. 59.
  41. Y. Michal Bodemann: Unter Verdacht. Süddeutsche Zeitung vom 19. November 2004.
  42. Schmockierende Urteile, 13. Februar 2007 (der Originalartikel ist wegen einer Gerichtsentscheidung nicht mehr abrufbar).
  43. Der Schmock schlägt zurück“, Süddeutsche Zeitung vom 6. Februar 2007, zitiert nach Michael Miersch auf Der Achse des Guten: Ihm schmockt's nicht, 12. Februar 2007.
  44. Henryk M. Broder: „Holo mit Hajo - Wie zwei Juden für die Leipziger xxx xxxxx machen“, 12. September 2005, www.achgut.de, abgerufen am 5. März 2007 – Anmerkung: Die entscheidenden Passagen sind unkenntlich gemacht, aber weiterhin lesbar im Artikel von Sonja Zekri: Die Sache: Broder gegen Melzer. Zionistischer Antizionismus? In: Süddeutsche Zeitung vom 26. Januar 2006, verfügbar.
  45. Süddeutsche Zeitung vom 26. Januar 2006.