Privatrecht

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Privatrecht ist dasjenige Rechtsgebiet, das die Rechtsbeziehungen zwischen rechtlich – nicht zwingend auch wirtschaftlich – gleichgestellten Rechtssubjekten (→ natürliche Person, → juristische Person) regelt. Die Bezeichnungen Bürgerliches Recht bzw. Zivilrecht (Verdeutschungen des lat. Terminus ius civile) werden oft synonym zu Privatrecht verwendet, bezeichnen genau genommen allerdings nur einen Teil desselben (nämlich das Gebiet „Allgemeines Privatrecht“; s. u.).

Einteilung des (objektiven) Rechts
Anm.: Das Strafrecht wird zwar, wie auch hier in der Grafik, zumeist als eigenständiges Rechtsgebiet dargestellt beziehungsweise behandelt, zählt jedoch trotzdem formal zum öffentlichen Recht.

Das Privatrecht steht in der Rechtswissenschaft neben dem Öffentlichen Recht (einschließlich des Strafrechts); zur genaueren Abgrenzung siehe Abgrenzung zum Privatrecht. Das Privatrecht sieht – im Gegensatz zum Öffentlichen Recht – eine aus der Privatautonomie abgeleitete Freiheit des Willens vor, die es dem Einzelnen grundsätzlich gestattet, mit anderen in eine Rechtsbeziehung zu treten (oder auch darauf zu verzichten). Diese Freiheit kann allerdings durch eine Vielzahl von tatsächlichen Gegebenheiten eingeschränkt sein, etwa durch ein Monopol oder die finanzielle Leistungskraft des Einzelnen. Sie ist jedoch, davon unabhängig, für das Privatrecht prägend, weil sie eine Gestaltung des Rechts ohne staatlichen Einfluss zulässt. Eines der wichtigsten privatrechtlichen Gestaltungsmittel ist der privatrechtliche Vertrag (siehe auch: Rechtsgeschäft, Vertragsrecht).

Einteilung des Privatrechts

Das Privatrecht gliedert sich zuoberst in

  1. Allgemeines Privatrecht (auch Zivil-/Bürgerliches Recht) und
  2. Sonderprivatrecht (oder Sonstiges Privatrecht).

Für weitere Unterteilungen siehe die entsprechenden Absätze und Grafiken unten.

Während das Bürgerliche Recht grundlegende Regeln über Personen, Sachen und Schuldverhältnisse (in der Schweiz: Obligationen) zusammenfasst, ist das Sonderprivatrecht – gelegentlich auch als Wirtschaftsprivatrecht bezeichnet – weitgehend eigenständig kodifiziert, etwa im Handels-, Arbeits- und Mietrecht, Wettbewerbsrecht etc.

Allgemeines Privatrecht

Gliederung nach dem Pandektensystem

Einteilung des Bürgerlichen Rechtes (Zivilrecht) nach dem Pandektensystem

Die Gliederung nach dem Pandektensystem teilt das Zivilrecht in fünf (beziehungsweise sechs, mit eigenständigem Personenrecht) Teilbereiche ein: Allgemeiner Teil (in der Regel mit Personenrecht), Schuldrecht, Sachenrecht, Erbrecht, Familienrecht. Diesem pandektistischen Schema folgt neben dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) das schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB).

Gliederung nach dem Institutionensystem

Einteilung des Bürgerlichen Rechtes (Zivilrecht) nach dem Institutionensystem

Die Gliederung des Zivilrechtes nach dem Institutionensystem, das nach dem Hauptwerk des klassischen römischen Juristen Gaius benannt ist, ist eine Einteilung nach römischem Recht, die in der Zeit der ersten großen Kodifikationswelle – französischer Code civil, österreichisches Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) – aufgenommen wurde.

Die Einteilung gliedert sich grundsätzlich folgendermaßen:

Das österreichische ABGB folgt diesem Schema, jedoch ohne das Prozessrecht einzubeziehen:

  • Einleitung
  • Personenrecht: Personenrecht (vgl. allgemeiner Teil), Familienrecht
  • Sachenrecht
  • Gemeinsame Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte

Sonderprivatrecht

Handelsrecht

Das Handelsrecht wird als „Sonderprivatrecht der Kaufleute“ bezeichnet.[2] Es beinhaltet Rechtsnormen, die für Kaufleute gelten, mithin Bestimmungen zu Handelsgeschäften, zur Firmierung des Kaufmannes, zu kaufmännischen Hilfspersonen (Handelsmakler, Handelsvertreter, Kommissionäre, Spediteure, Lagerhalter) sowie weiter im Bereich des Gesellschaftsrechts und Regeln über Personen- und Kapitalgesellschaften.

Für all diese Rechtsgebiete gilt, dass die Normen des allgemeinen Privatrechts subsidiär gelten, sodass z. B. für Handelsgeschäfte grundsätzlich allgemeines Privatrecht gilt, jedoch modifiziert und erweitert durch die Normen des Handelsrechts.

Dieses subsidiäre Verhältnis findet in Deutschland seine Kodifizierung in Art. 2 Abs. 1 EGHGB. In der schweizerischen Rechtstradition wurde ein eigenständiges kaufmännisches Handelsrecht seit jeher abgelehnt, dies mit der Begründung einer demokratischen Gleichheit aller Personen, die eine besondere Behandlung der Kaufleute nicht rechtfertige. Trotzdem finden sich im OR vereinzelt Sonderregeln für den kaufmännischen Verkehr (z. B. Art. 190 OR), die sachgerechte Differenzierungen ermöglichen sollen.

Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (Individualarbeitsrecht) sowie zwischen den Koalitionen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und zwischen Vertretungsorganen der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber (kollektives Arbeitsrecht).

Die Normen des Arbeitsrechtes enthalten vielfach (einseitig) zwingende Vorschriften zugunsten des Arbeitnehmers. Auch hier gelten die Normen des allgemeinen Privatrechts subsidiär.

Weitere Bereiche

Weitere Sonderprivatrechtsbereiche sind z. B. das Mietrecht, das Verkehrszivilrecht, das Konsumentenschutzrecht oder das Wertpapierrecht, wobei anzumerken ist, dass das Mietrecht, das Verkehrszivilrecht und das Konsumentenschutzrecht oft gemeinsam mit dem Bürgerlichen Recht (Schuldrecht/Vertragsrecht) behandelt werden und das Wertpapierrecht eine immanente Nahebeziehung zum Handelsrecht hat.

Kodifikationen

Eine Kodifikation des Zivilrechts erfolgte in Deutschland 1900 mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), in Österreich 1812 mit dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), in der Schweiz 1883 mit dem Schweizerischen Obligationenrecht (OR) und 1912 mit dem Zivilgesetzbuch (ZGB), in Frankreich 1804 mit dem Code civil (Code Napoléon) und in Italien mit dem Codice civile. Besonders der Code civil hatte eine starke Ausstrahlungskraft und war Vorbild für die übrigen Kodifikationen der sogenannten Civil Law Countries.

Bevor das Deutsche Kaiserreich das Bürgerliche Gesetzbuch einführte, gab es in einigen deutschen Teilstaaten bereits ein kodifiziertes Landrecht, so den Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756 in Bayern und das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (ALR). Manche Landrechte basierten auf dem Code civil, z. B. das Badische Landrecht von 1810.

Bereits im Mittelalter hatten viele Territorien des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation ein kodifiziertes Landrecht, das jedoch neben dem Zivilrecht auch andere Rechtsbereiche (z. B. Straf- und Verfassungsrecht) regelte.

Internationales Privatrecht

Bei privatrechtlichen Fällen mit Auslandsbezug (z. B. bei Eheschließung von zwei Personen unterschiedlicher Staatsbürgerschaft, bei einem Schadensfall im Ausland oder bei internationalen Verträgen) bestehen besondere Kollisionsnormen, die bestimmen, welches Privatrecht anzuwenden ist. Dieser Rechtsbereich wird – etwas missverständlich – als Internationales Privatrecht bezeichnet.

Einzelne Rechtsmaterien haben völkerrechtliche Regelungen erhalten, die dann den nationalen Regelungen vorangehen, so insbesondere der internationale Warenkauf durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenverkauf vom 11. April 1980, dem auch Deutschland, Österreich und die Schweiz beigetreten sind.

Die weltweit einzigartige Möglichkeit, privatrechtliche Ansprüche aus jedem Land der Welt vor einem US-Gericht einzuklagen, wird durch den US-amerikanischen Alien Tort Claims Act geregelt.

Literatur

Römisches Privatrecht

Privatrechtsgeschichte der Neuzeit

Weblinks

Wiktionary: Privatrecht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Zivilrecht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Volker Mayer: Wirtschaftsrecht Band 1, Rechtsgeschäftslehre, Schuldverhältnisse, Handelsgeschäfte. 1. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-17-030513-7, S. 11 (Fn. 1 zu Rdnr. 10) und passim.
  2. Volker Mayer: Wirtschaftsrecht Band 1, Rechtsgeschäftslehre, Schuldverhältnisse, Handelsgeschäfte. 1. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-17-030513-7, S. 123 ff.