Burg Wallrabenstein
Burg Wallrabenstein | ||
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Staat | Deutschland | |
Ort | Hünstetten-Wallrabenstein | |
Entstehungszeit | um 1390 | |
Burgentyp | Spornburg, Ortslage | |
Erhaltungszustand | Ruine, Mauerreste | |
Ständische Stellung | Grafen | |
Bauweise | einschaliges Mauerwerk | |
Geographische Lage | 50° 16′ N, 8° 14′ O | |
Höhenlage | 219 m ü. NHN | |
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Die Burg Wallrabenstein ist die Ruine einer Burg im Ortsteil Wallrabenstein der hessischen Gemeinde Hünstetten im Rheingau-Taunus-Kreis. Sie gehörte zu Nassau-Idstein.
Geschichte
Graf Walram IV. von Nassau-Idstein, der sich zeitweise auch urkundlich Walrab(e) nannte[1][2][3] und als solcher im Umfeld bekannt war[4][5], Sohn von Graf Adolf I. von Nassau-Idstein, veranlasste den Bau der Burg um 1390. Die Burg diente, zusätzlich zum Bechtheimer Gebück, zur Sicherung der Nordgrenze des nassauischen Territoriums sowie des grenznahen Ortes Holtzhausen, dessen Bewohner sich in der Folgezeit bei der Burg ansiedelten. Nördlich des nassauischen Territoriums zeichneten sich in den zur vormaligen Grafschaft Diez gehörigen Ländereien neue Machtkonstellationen ab. 1390 starb auch der ältere Bruders des Grafen, der streitbare und mächtige Erzbischofs von Mainz, nach dem die Nassauer zunächst nicht mehr den neuen Erzbischof von Mainz stellten. Walram IV. selbst starb am 7. November 1393, 40-jährig, noch bevor sein Sohn Adolf II. von Nassau-Idstein die Burg im selben Jahr fertigstellen ließ. Später verpfändete dieser sie an Henne von Reifenberg. 1406 erfolgt durch neun Schiedsleute die Beilegung eines Zwistes über „Walrabenstein“ zwischen Adolf II. Graf zu Idstein und Hengin von Reifenberg[6]. 1427 wurde „Walrabensteyn“ als Auszahlungsort des Mannlehens der Gebrüder Walpboden von Paffendorf (Pfaffendorf) festgelegt, die auch Burglehnsnehmer der Nassauer waren[7].
Ab 1439 wurde das "Schloß Walrabenstein“ von Graf Johann von Nassau an Marsilius von Reifenberg verpfändet[8] und wohl weiter als Alterssitz genutzt. Während der Mainzer Stiftsfehde schlossen Graf Johann von Nassau-Wiesbaden und Philipp von Katzenelnbogen 1463 einen Vertrag über die Neutralität ihrer beiderseitigen Schlösser, der auch "Walrabenstein" umfasste[9]. Eine Kellerrechnung aus dem Jahr 1549 beweist, dass die Burg da noch bewohnt und in gutem Zustand war. 1551 schrieb allerdings der Bewohner der Burg, Martin Molnfritz (nassauischer Sekretär), an den Grafen Phillipp von Nassau-Idstein wegen des Verfalls der Burg[10]. 1563 wird der Bau der Pforten zu Wallrabenstein mit Beitrag der Gemeinden Bechtheim, Beuerbach und Ketternschwalbach initiiert, der sich jedoch über Jahre hinzieht[11]. 1564 überschreibt Graf Balthasar von Nassau-Idstein (1520–1568) seiner Gemahlin, Gräfin Margaretha von Isenburg (1542–1612/1613), "Schloß und Amt Walrabenstein" mit den Dörfern Beuerbach, Bechtheim, und Kettern-Schwalbach zum Wittum[12]. 1567 verzichtet Gräfin Margaretha von Nassau, Gemahlin des Grafen Balthasar, nach Überweisung des Schlosses, Fleckens und Amtes Wallrabenstein auf alle Erbansprüche an die Wiesbaden-Idsteinschen Lande[13]. 1572 verpfändet Graf Johann von Nassau-Saarbrücken als Vormund des Grafen Johann Ludwig von Nassau-Wiesbaden-Idstein die zur Burg Wallrabenstein gehörigen Güter für 6 Jahre an Löer Henne[14]. 1577 bis 1578 erhielten die von Walderdorff ein Nassau-Idsteiner Burglehen von 6 Gulden im "Schloss Wallrabenstein"[15], von 1484 bis 1711 bestand ein Mannlehen[16].
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurde die Burg teilweise zerstört und unbewohnbar gemacht. 1639 ist im Rahmen von Auseinandersetzungen um die Rechte der Hofleute zu Kirberg die Burgfreiheit der Familien von Wallrabenstein dokumentiert[17]. 1671 bestätigte Johann Graf zu Nassau seinen Untertanen in der Gemeinde Wallrabenstein Freiheit von Frondiensten, Leibeigenschaft und Besthauptabgaben, legte ihnen aber die Verpflichtung auf, nach und nach eine Mauer um den Ort zu bauen sowie Fuhren zu stellen für den Fall des Wiederaufbaus der Burg[18][19]. 1677 pachtet Philipp Schneider die herrschaftlichen Güter zu Wallrabenstein auf 6 Jahre unter Befreiungen von extraordinären Kriegsbeschwerden[20]. 1690 verkauft Georg August Fürst von Nassau für 100 Reichstaler eine Wiese mit dem Schloßberg zu Wallrabenstein an den Schultheißen zu Wallrabenstein, Joh. Philipp Schneider[21]. 1706 kam es zum Verkauf der Burg und nachfolgend zu Streitigkeiten[22][23]. Bis das Anwesen 1984 in den heutigen Privatbesitz gelangte, waren mehr als zwölf Eigentümer zu verzeichnen[24].
Anlage
Die Ruine zeigt noch die Schildmauer mit sechseckiger Ecktourelle auf der südöstlichen und einer Rundtourelle an der südwestlichen Ecke der Anlage. Darüber hinaus ist noch ein Großteil des Bergfrieds erhalten. In einzelnen Bereichen sind noch Reste des Ringbogenfrieses unterhalb der Brustwehr zu sehen, erkennbar an den Kragsteinen. An der Innenseite der Schildmauer befindet sich ein heute als Schuppen genutzter Fachwerkanbau.
Das Büro des Burgenforschers Dr. Joachim Zeune ordnet die Burg Wallrabenstein wie die nahezu gleichzeitig entstandenen nassauischen Burgen Ardeck und Philippstein dem Typ der Schildmauerburg zu; mit Ardeck hat Wallrabenstein zudem die beiden sechseckigen und runden Ecktürme gemeinsam[25]. Schildmauerburgen waren demnach eine Reaktion auf das Aufkommen weitreichender Wurfmaschinen, die zwischen 1250 und 1400 große Verbreitung fanden.
Die Mauerkronen wie auch die Sockelbereiche der Ruine wurden im Jahr 2022 in großen Teilen saniert, die Kosten teilten sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, der Bund mit dem Sonderprogramm für Denkmalschutz sowie der Eigentümer.
Literatur
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 462f.
- Rolf Müller (Hrsg.): Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990, ISBN 3-89214-017-0, S. 193–195.
- Hünstetter Nachrichten, Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten: Aus dem Gemeindearchiv – Frühe Nachrichten von der Wallrabensteiner Burg. Herausgeber: Gemeinde Hünstetten, Verlag Linus Wittlich Medien KG, Höhr-Grenzhausen, Jahrgang 46 (2017), Nummer 11, Seite 3–4.
Weblinks
- „Burg Wallrabenstein, Rheingau-Taunus-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon (Stand: 9.6.2015) im Landesgeschichtlichen Informationssystem Hessen (LAGIS)
- Burg Wallrabenstein auf der Seite Burgenwelt.org
- Historische Rekonstruktionszeichnung aus Burgrekonstruktion.de
- Auszug Wallrabenstein im Internetauftritt der Gemeinde Hünstetten (abgerufen am 07. April 2023)
- Burg Wallrabenstein auf der Seite EBIDAT - DIE BURGENDATENBANK Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung (abgerufen am 23. September 2023)
- Rheingau-Taunus-Kreis Hünstetten Burgstraße 19 Burg Wallrabenstein auf der Seite Kulturdenkmäler in Hessen des Landesamtes für Denkmalpflege (abgerufen am 9. Oktober 2023)
Einzelnachweise
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 22 Nr. U 1190 [1] abgerufen am 4. August 2023 in Verbindung mit HHStAW Bestand 22 Nr. U 1220 [2] und U 1238 [3]
- ↑ Urkunde: StadtA WI Bestand WI/U Nr. 1, [4] abgerufen am 30. August 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 170, Nr. U 815 [5] abgerufen am 30. August 2023
- ↑ Die Limburger Chronik. Hrsg. von Christian D. Vogel. Marburg 1826; 2. unveränderte Auflage Krieger, Marburg 1828, S. 116 (Digitalisat), abgerufen am 10. September 2023
- ↑ Hünstetter Nachrichten, Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten: Aus dem Gemeindearchiv – Frühe Nachrichten von der Wallrabensteiner Burg. Herausgeber: Gemeinde Hünstetten, Verlag Linus Wittlich Medien KG, Höhr-Grenzhausen, Jahrgang 46 (2017), Nummer 11, Seite 3–4
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 3001 Nr. 2 fol. 11 a [6] abgerufen am 9. August 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 121 Nr. U Walpode 1427 Juli 23 [7] abgerufen am 5. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 40 [8] abgerufen am 7. August 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 131 Nr. U 52 [9] abgerufen am 4. September 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 32a [10] abgerufen am 8. August 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 25 [11] abgerufen am 10. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 130I Nr. U 706 [12] abgerufen am 10. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 130 I Nr. U 737 [13] abgerufen am 15. Oktober 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 156 [14] abgerufen am 4. September 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 121 Nr. Walderdorff 35 [15] abgerufen am 8. August 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 121 Nr. Walderdorff 17 [16] abgerufen am 11. Oktober 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 3036 Nr. HHStAW Abt. 171 Nr. A 42 [17] abgerufen am 9. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 360/527 Nr. 1 [18] abgerufen am 9. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 321 [19] abgerufen am 9. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 332 [20] abgerufen am 9. September 2023
- ↑ Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 373 [21] abgerufen am 9. Oktober 2023
- ↑ Auszug aus der Verkaufurkunde der Burg Wallrabenstein im Internetauftritt der Gemeinde Hünstetten, 4. Seite, "Die Burg wird bürgerlich" [22] abgerufen am 15. Oktober 2023
- ↑ Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 32 [23] abgerufen am 9. August 2023
- ↑ Unser Wallrabenstein - 600 Jahre Burg. Herausgegeben vom Vereinsring Wallrabenstein, Wallrabenstein 1993, S. 39–40 (Ansichtsexemplar einsehbar im Gemeindearchiv Hünstetten [24])
- ↑ Infotafel bei Burg Philippstein: dasLahntal - Der stille Traum der Natur / die lahnburgen / burg philippstein Text und Konzeption: Büro für Burgenforschung Dr. Zeune, Eisenberg-Zell; internet: www.burgenforschung-zeune.de; Gestaltung: designgruppe koop, nesselwang; Copyright: Burgenverlag 2001 Dr. Zeune und Koop.