Pulvermühle

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Funktionsschema einer Pulvermühle von 1661[1]

In einer Pulvermühle (früher auch Pulverstampfe genannt) wurden nach Erfindung bzw. Verbreitung des Schwarzpulvers im ausgehenden Mittelalter bis zur Neuzeit (etwa 1918) die zur Pulverherstellung notwendigen Zutaten Holzkohle, Schwefel und Salpeter gemahlen oder zerkleinert und zur explosiven Mischung zusammengestellt. Da die zur Herstellung von Holzkohle häufig benutzten Faulbäume besonders in Tallagen anzufinden waren und die meisten Pulvermühlen mit Hilfe von Wasserkraft angetrieben wurden, lagen die Mühlen großteils an Fließgewässern. Wegen der Explosionsgefahren wurden die Mühlen außerhalb von Ortschaften angelegt.

Pulvermühlen dienen nicht nur zur Erzeugung von Schwarzpulver. Sie werden auch in der Metallurgie (Pulvermetallurgie) eingesetzt, um Pulver für Produktionsprozesse zu erzeugen.

Stampfwerk einer rekonstruierten, historischen Pulvermühle im Wasserkraftmuseum von Dimitsana in Griechenland
Karte der einstigen Pulverfabrik Bomlitz mit Schutzwällen um die Produktionsstätten
Irische Gunpowder Mill von Ballincollig, County Cork

Durch das Wasserrad wurden in den Pulvermühlen Rollwerke aus Marmor oder Metall oder Stampfen aus Holz angetrieben, deren Stoßfläche eine Messingummantelung hatte. Die jeweils zu einem Paar angeordneten Stampfen fielen abwechselnd in die Aussparungen des 'Grubenstocks' und zerkleinerten dabei das Mahlgut.

Zuerst wurde der Schwefel und die Holzkohle gereinigt, zerstoßen und gemischt. Der Kalisalpeter wurde mit Wasser angefeuchtet, um unbeabsichtigte Entzündung zu vermeiden, und dann in den Grubenstock gegeben, dort mit den Stampfern fein zerstoßen und durchgemischt. Im Abstand von jeweils einer halben Stunde mussten die Stampfen angehalten und die feuchte Masse gemengt werden. Wiederum alle drei Stunden wurde der Brei aus den einzelnen Stampflöchern des Grubenbaums genommen, zusammengemischt, neuerlich angefeuchtet und wieder in die Löcher des Grubenstocks verteilt. Dieser Vorgang wurde in einem Zeitraum von 30 bis 36 Stunden wiederholt. Danach wurde das Pulver in unterschiedliche Körnungen unterteilt, indem die noch feuchte Masse durch die Löcher eines Siebes getrieben wurde. Eine feinere Körnung bewirkte eine engere Berührung der Pulverteilchen und bewirkte ein gleichmäßiges Abbrennen. Durch die Wahl der Korngröße konnte das Pulver darüber hinaus auf das jeweilige Geschütz abgestimmt werden.

Oft explodierten („zersprangen“) diese Mühlen. Die Ursache konnte ein einzelner Funken sein, der beim Einschlagen eines Nagels entstand, oder elektrostatische Aufladungen, um deren Gefahrenpotential man lange nicht wusste. Die Explosionen ereigneten sich daher oft genug, ohne dass eine Ursache ausgemacht werden konnte. Im Zeitraum von 170 Jahren explodierte z. B. die Mühle in Wöhrd bei Nürnberg achtmal. Um den Schaden einer solchen Pulverexplosion einzugrenzen, wurde oft ein zwei bis drei Meter hoher Erdwall um die einzelnen Mühlen, aber auch Lager- und Verladestätten gezogen, der jeweils zu einer Seite offen war (Hufeisenform), so dass der Explosionsdruck nur das einzelne Gebäude zerstörte, jedoch nicht die benachbarten Anlagen. Reste solcher Wallanlagen, aber auch Mauerreste einer größeren Mühlenanlage finden sich zum Beispiel im Dhünntal nahe Altenberg im Bergischen Land.[2]

Da Schwarzpulver immer noch für spezielle Anwendungen (Sport, Feuerwerk, Wehrtechnik u. a.) benötigt wird, gibt es noch Schwarzpulvermühlen, die in Betrieb sind. Die einzige noch bestehende Pulvermühle in der Schweiz ist die Pulvermühle Aubonne, die 1853 erbaut wurde.[3]

Historische Schwarzpulvermühlen

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Standorte von abgegangenen Pulvermühlen:

Nach der Verstaatlichung 1848 wurden bis 1876 alle Pulvermühlen bis auf vier stillgelegt (Worblaufen, Aubonne, Kriens und Chur).[8] Heute ist nur noch der Betrieb von Aubonne als Schwarzpulvermühle in Betrieb, das Produkt wird weltweit vertrieben.

  • Pulvermühle Bernstein und k.k. autorisiertes Pulverwerk Innerkrems in Micheldorf in Oberösterreich, gegründet vor 1610, Erzeugungsbefugnis zurückgelegt und 1981 liquidiert. Heute u. a. Sacellum Arbeiter- oder Etzelsdorferkapelle, Andachtsstätte zur Erinnerung an die Arbeiterschaft des Pulverwerkes Innerkrems.[9]
  • Pulvermühle im Innenhof des Bauerngutes in der Pulvermühlstraße 1 in Linz (Ortschaft Steg-St. Magdalena). Sie wurde Ende des 18. Jhd. errichtet und brannte 1904 ab. Heute erinnert im Innenhof nur ein kleiner Teil und der Straßenname Pulvermühlstraße daran. Die Pulvermühlstraße wurde 1939 nach dieser im 18. Jhd. aufgelassenen Pulvermühle benannt.[10]
  • Ballincollig Royal Gunpowder Mills, Cork, Irland
  • Faversham explosives industry, Faversham, England
  • Grenelle Mill – Frankreich
  • Poudrerie nationale de Vonges, Vonges, Côte-d’Or, Frankreich
  • Waltham Abbey Royal Gunpowder Mills, Waltham Abbey, Essex, England

Manchenorts verweisen Ortsnamen, Straßen- oder Flurbezeichnungen auf ehemalige Pulvermühlen-Standorte:

  • Peter Nikolaus Caspar Egen: Pulvermühlen. In: ders.: Untersuchungen über den Effekt einiger in Rheinland-Westphalen bestehenden Wasserwerke, hrsg. vom Ministerium des Innern für Handel, Gewerbe und Bauwesen, Teil I-II. A. Petsch, Berlin 1831, S. 176–184 (Google-Books) (detaillierte Darstellung der Mechanik und Technik)
  • Pulvermühle. In: Pierer’s Universal-Lexikon. Band 13. Altenburg 1861, S. 690–691.
Commons: Powder mills – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kupferstich von Georg Andreas Böckler (1661). Quelle: Deutsche Fotothek (Sächsische Landesbibliothek).
  2. Siehe auch: Mühlen im Oberbergischen Land
  3. a b Pulverfabrik Poudrerie d'Aubonne SA in der Schweiz (Memento vom 20. April 2017 im Internet Archive)
  4. Hilde Fendrich: „Den Pulvermacher hat es nicht erdapt“. Der große Knall. In: Müller, Mühlen, Wasserkraft. Band 5 der Reihe Durch die Stadtbrille, hrsg. v. Arbeitskreis Geschichtsforschung, Heimat- und Denkmalpflege Markgröningen, Markgröningen 1995, S. 128–141.
  5. Detlef Sundermann: Am Anfang war die Pulvermühle, in Frankfurter Rundschau vom 17. März 2009
  6. Geschichte der Wöhrder Pulvermühle auf der Website von Nürnberg-Info
  7. Gaudenz Schmid-Lys: Churer Mühlbäche und Pulvermühle.Tardis Verlag, Chur 2013, ISBN 978-3-9524106-1-5.
  8. Bruno Campiotti: Vom privaten und kantonalen Pulver zum eidgenössischen Pulver, Eigenverlag? Bern 1973
  9. Website Regional- und Heimatforscher Karl Mittermayr in Micheldorf/OÖ. (Österreich)
  10. Franz Xaver Rohrhofer: Straßennamen im Stadtteil St. Magdalena/Steg. In: Franz Xaver Rohrhofer (Hrsg.): Linz mal 12. St. Magdalena, Gründberg, Steg. Band 2. Trauner Verlag, Linz 2009, ISBN 978-3-85499-589-0, S. 81 und 85.
  11. Christoph Schennen: Die Pulvermühle war ein gefährlicher Arbeitsplatz, in Speyerer Morgenpost vom 7. Juni 2014, S. 1.