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Chimamanda Ngozi Adichie

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Chimamanda Ngozi Adichie (2013)

Chimamanda Ngozi Adichie (* 15. September 1977 in Enugu) ist eine nigerianische Schriftstellerin und Aktivistin. Ihr international rezipiertes und vielfach ausgezeichnetes Werk gilt als herausragendes Beispiel junger afrikanischer Literatur und des feministischen Postkolonialismus.[1][2]

Adichies Familie stammt aus Abba im nigerianischen Bundesstaat Anambra. Sie wurde als fünftes von sechs Kindern geboren und wuchs in der Universitätsstadt Nsukka in einem einst auch von Chinua Achebe bewohnten Haus auf. Ihre Muttersprache ist Igbo. Adichies Vater war Mathematik-Professor.[3]

Nach ihrem Schulabschluss begann sie ein Medizin- und Pharmaziestudium in Nigeria. Mit 19 Jahren zog sie für ein Studium in die USA.[4] 2001 schloss sie dort ein Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften summa cum laude ab.[5] Von 2005 bis 2006 war Adichie „Hodder Fellow“ an der Princeton University, 2008 erhielt sie an der Yale University einen Masterabschluss in Afrikanistik.[4]

Adichie lebt in Nigeria und den USA. Sie ist mit dem Mediziner Ivara Esege verheiratet und hat mit ihm eine Tochter (geb. 2016) und zwei Zwillingssöhne (geb. 2024).[1]

Adichie verfasst ihre Texte in englischer Sprache. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, ihr vielfach ausgezeichneter Roman Americanah aus dem Jahr 2013 wurde zu einem weltweiten Bestseller. Das Werk wurde von der New York Times in eine Liste der bedeutendsten fiktionalen Bücher des 21. Jahrhunderts aufgenommen.[6]

In ihrem vielbeachteten TED-Talk The Danger of a Single Story von 2009[7] verknüpft Adichie eigene Erfahrungen mit Fragen globaler Machtverhältnisse und Repräsentationsweisen und setzt sich mit den Gefahren einseitiger Geschichten und Darstellungsweisen auseinander. Sie legt dar, wie durch die Verengung der Perspektive Stereotype und Klischees entstehen, so etwa bei dem von westlichen Industriestaaten verzerrten Bild von Afrika.[7] Der Vortrag wurde einer der reichweitenstärksten TED-Talks überhaupt.

2014 veröffentlichte sie ihr Buch We Should All Be Feminists (deutsch: Mehr Feminismus! Ein Manifest), basierend auf ihrem gleichnamigen TEDx-Talk.[8][9] Die Pop-Sängerin Beyoncé sampelte auf ihrem Track ***Flawless folgenden Satz aus Adichies Vortrag: „Feminist(in): Eine Person, die an die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichheit der Geschlechter glaubt.“[10] In den 2010er-Jahren wurde Adichie dadurch und durch Kooperationen mit Mode- und Kosmetikmarken zu einer Popkultur-Ikone: So brachte das Label Dior T-Shirts mit dem Slogan „We Should All Be Feminists“ heraus, und Adichie trat als Gesicht der Marke No 7 auf.[6] Zugleich distanzierte sie sich von Beyoncés Feminismus-Verständnis, das „der Notwendigkeit von Männern ziemlich viel Raum gebe“; modische Sichtbarkeit nutze sie als bewusste Gegenrede zu der Annahme, Schönheit und Intellekt schlössen einander aus.[6]

2017 wurde Adichie in die American Academy of Arts and Sciences sowie als auswärtiges Ehrenmitglied in die American Academy of Arts and Letters[11] gewählt. Sie hat mehrere Ehrendoktortitel verliehen bekommen, u. a. 2016 von der Johns Hopkins University,[12] 2017 von University of Edinburgh,[13] und 2019 von der Universität Freiburg (Schweiz).[14][15] Sie wurde 2019 in die Anthologie New Daughters of Africa aufgenommen, in der Margaret Busby die bedeutendsten Schwarzen Autorinnen der letzten zwei Jahrhunderte zusammentrug.

Im September 2021 traf sie sich im Schauspielhaus Düsseldorf zu einer öffentlichen Diskussion mit der damals amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel.[16] Am 21. September 2021 hielt sie bei der Eröffnungszeremonie des Ethnologischen Museums Berlin und des Museums für asiatische Kunst am Humboldt Forum eine Rede.[17]

Nach einer zwölfjährigen Pause kehrte Adichie 2025 mit dem Roman Dream Count zur Fiktion zurück.[6] In dem Buch verknüpft sie vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie die Lebenswege von vier afrikanischen Frauen mittleren Alters in Nigeria und den USA, die zwischen Zugehörigkeit, Mutterschaft und Selbstbestimmung stehen.[18] Adichie greift dabei wieder zentrale Themen ihrer Arbeit auf, vor allem das Leben zwischen Afrika und Diaspora. Einer der Erzählstränge ist angelehnt an die Vergewaltigungsvorwürfe der Hotelmitarbeiterin Nafissatou Diallo gegen den französischen Politiker Dominique Strauss-Kahn. Adichie selbst beschreibt diese Referenz als „Geste zurückgegebener Würde“.[6] Das Buch stieß auf geteilte Resonanz.[19] In einer positiven Rezension im Guardian wird die eigensinnige Erzählinstanz gelobt, zugleich kritisiert, dass der Roman aus zwar starken, aber nur lose verbundenen Strängen bestehe und „kleiner als seine Autorin“ wirke.[6] Positiv hervorgehoben wird zudem Adichies ungeschönter, sachlicher Blick auf Körperlichkeit und weibliche Erfahrungen (u. a. Geburt, Erkrankungen, Sexualität) sowie die satirischen Blog-Passagen, die man als Kommentar auf maskuline Verantwortung in Reproduktionsfragen und als Distanzierung von woke-Progressivismen in den USA verstehen könne.[6]

Schriften und Werke

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Auszeichnungen und Ehrungen

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Commons: Chimamanda Ngozi Adichie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b James Copnall: Steak Knife. In: The Times Literary Supplement. 2011, S. 20 (englisch).
  2. Khuê Phạm: Chimamanda Ngozi Adichie: "Es ist schwierig. Sehr schwierig!" In: Zeit Magazin. 5. Februar 2020, abgerufen am 26. September 2022.
  3. Jan Schapira: Starautorin Adichie: „Der Wahnsinn von Boko Haram muss aufhören“ - WELT. In: Die Literarische Welt. 17. Mai 2014, abgerufen am 26. September 2022.
  4. a b The Chimamanda Ngozi Adichie Website. In: cerep.ulg.ac.be. Abgerufen am 26. September 2022.
  5. CHIMAMANDA NGOZI ADICHIE auf MARABOUT.DE - PORTRAIT/BIOGRAFIE. In: marabout.de. Abgerufen am 26. September 2022.
  6. a b c d e f g Nesrine Malik: Chimamanda has returned to fiction after 12 years. But is the author stuck in the 2010s? In: The Guardian. 20. August 2025, abgerufen am 20. August 2025 (englisch).
  7. a b Chimamanda Ngozi Adichie: The danger of a single story. In: ted.com. Juli 2009, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  8. Wir sollten alle Feministen sein | Chimamanda Ngozi Adichie | TEDxEuston auf YouTube, 14. April 2013, abgerufen am 28. September 2022.
  9. Rupert Hawksley: Why we should all be feminists. In: telegraph.co.uk. 31. Oktober 2014, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  10. Meredith Haaf: US-Sängerin Beyoncé - Inszeniert als vollständige Frau - Kultur - SZ.de. In: sueddeutsche.de. 3. September 2014, abgerufen am 28. September 2022.
  11. Search Results for “Chimamanda Ngozi Adichie” – American Academy of Arts and Letters. In: artsandletters.org. Abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  12. Eight to receive Johns Hopkins honorary degrees at commencement ceremony. In: hub.jhu.edu. 22. April 2016, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  13. Acclaimed author receives honorary degree. In: ed.ac.uk. 28. August 2017, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  14. Université de Fribourg | Universität Freiburg: Chimamanda Ngozi Adichie: Literature, Power and the Academy auf YouTube, 18. November 2019, abgerufen am 28. September 2022.
  15. Actualités - Université de Fribourg - L'écrivaine nigériane Chimamanda Ngozi Adichie devient docteure honoris causa de l'Université de Fribourg. In: unifr.ch. 7. November 2019, abgerufen am 28. September 2022 (französisch).
  16. Lothar Schröder: Merkel: „Wir sollten alle Feministinnen sein.“ In: Rheinische Post. 9. September 2021, S. D1.
  17. Humboldt Forum: Ceremony for the Opening of the Ethnologisches Museum and the Museum für Asiatische Kunst auf YouTube, 22. September 2021, abgerufen am 28. September 2022.
  18. NDR: "Dream Count": Vier Frauen, vier Lebenswege, vier Sehnsüchte. Abgerufen am 26. April 2025.
  19. Perlentaucher: Dream Count
  20. The O. Henry Prize Collection. In: penguinrandomhouse.com. Abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  21. Chimamanda Ngozi Adichie wins PEN Pinter Prize – The Irish Times. In: irishtimes.com. 12. Juni 2018, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  22. Der Titel der Doktorin honoris causa geht an Chimamanda Ngozi Adichie, Publikation der Universität Freiburg, 15. November 2019, abgerufen am 16. Februar 2023.
  23. Chimamanda Ngozi Adichie gewinnt Hesse-Preis - news.ORF.at. In: orf.at. 2. Juli 2020, abgerufen am 28. September 2022.
  24. Women's Prize for Fiction Announcing the Women's Prize for Fiction 'Winner of Winners' - Women's Prize for Fiction. In: womensprizeforfiction.co.uk. Abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  25. Mashokane Mahlo: Africa's 50 Most Powerful Women - Forbes Africa. In: forbesafrica.com. 6. März 2020, abgerufen am 28. September 2022 (englisch).
  26. Chimamanda Receives Havard’s W. E. B. Du Bois Medal – Independent Newspaper Nigeria. Abgerufen am 12. Oktober 2022.
  27. Oskar Piegsa: Mehr Widerspenstigkeit wagen! In: zeit.de. 21. September 2025, abgerufen am 21. Oktober 2025.