Ferdinand von Schirach

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Juni 2012 um 12:11 Uhr durch H.Albatros (Diskussion | Beiträge) (→‎Literatur: Gliedrg.+Ergzg.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ferdinand von Schirach (2009)

Ferdinand von Schirach (* 1964 in München) ist ein deutscher Strafverteidiger und Schriftsteller.

Leben und Werk

Von Schirach ist Sohn des Münchner Kaufmanns Robert von Schirach (1938–1980) und Frau Elke (geb. Fähndrich, * 1942)[1] und Enkel des NS-Reichsjugendführers Baldur von Schirach. Er wuchs in München und Trossingen auf und besuchte das Jesuiten-Kolleg St. Blasien, über das er anlässlich der Missbrauchfälle im Spiegel schrieb.[2] Nach seinem Studium in Bonn und seinem Referendariat in Köln und in Berlin ließ er sich 1994 als Rechtsanwalt nieder, spezialisiert auf Strafrecht. Von Schirach gilt als „Promi-Anwalt“ und vertrat unter anderen den BND-Spion Norbert Juretzko, ferner Günter Schabowski im so genannten „Politbüroprozess“. Er machte im Rahmen der Liechtenstein-Affäre von sich reden, als er Strafanzeige gegen den Bundesnachrichtendienst erstattete oder als er im Namen der Familie des verstorbenen Schauspielers Klaus Kinski Strafanzeige gegen den Berliner Datenschützer erstattete, als dieser der Veröffentlichung der Krankenakte Kinskis zustimmte. Schirach ist ausschließlich auf dem Gebiet des Strafrechts tätig.

Im August 2009 veröffentlichte Schirach das Buch Verbrechen im Piper Verlag, das 54 Wochen auf der Bestseller-Liste des Spiegels blieb. Der Erzählband mit Kurzgeschichten basiert auf Fällen aus seiner Kanzlei. Die Rechte an dem Buch wurden in über 30 Länder verkauft. Unter anderem haben Verbrechen Verlage wie Éditions Gallimard in Frankreich, Alfred A. Knopf, Inc. in den USA, Chatto and Windus in England oder Salamandra in Spanien gekauft. Das Hörbuch Verbrechen, gelesen von Burghart Klaußner, ist 2009 bei Der Audio Verlag erschienen.

Die Constantin Film kaufte die Filmrechte an dem Buch.[3] Doris Dörrie drehte im Jahre 2012 nach einer Geschichte daraus den gleichnamigen Film Glück.[4] Die Fälle aus dem Kurzgeschichtenband Verbrechen werden zudem 2012 als Mini-Serie im ZDF gezeigt.[5][6] Hier wird Josef Bierbichler die Hauptrolle des Anwalts Friedrich Leonhardt spielen, Produzent ist Oliver Berben.[7]

Im August 2010 erschien, ebenfalls im Piper Verlag, sein zweites Buch Schuld. Wie der Band Verbrechen enthält es kurze Erzählungen aus dem anwaltlichen Alltag.[8][9] Sofort nach Erscheinen war es auf Platz 1 der Bestsellerliste des Spiegels. Das von Burghart Klaußner gelesene Hörbuch gewann den deutschen Hörbuchpreis 2011.[10] Die Constantin Film kaufte auch die Filmrechte an diesem Buch.[11]

Weitere Erzählungen Schirachs erschienen in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im Spiegel. Seit Juni 2010 schreibt Schirach eine Kolumne im Spiegel mit dem Titel Einspruch.[12]

Im September 2011 veröffentlichte Schirach, erneut im Piper Verlag, das Buch Der Fall Collini, das auf Platz 2 der Bestsellerliste des Spiegels einstieg. Das Buch erzählt vom Mord am Industriellen Hans Meyer, der früher NS-Offizier in Italien war. Thematisiert wird das schwierige Gerichtsverfahren, welches aber nicht zum Abschluss kommt, weil der Angeklagte Selbstmord begeht. Thema sind die Urteile der deutschen Nachkriegsjustiz, die milde mit NS-Tätern umgegangen ist, sowie die Problematik der Verjährung an der Beihilfe zum Mord, ausgelöst durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG), an dem der Jurist Eduard Dreher maßgeblich beteiligt war. Zum Erscheinungstag zeigten die Tagesthemen einen Bericht über das Buch.[13] Die WELT sprach von einer „glasklaren Geschichte von bestürzender Amoralität“,[14] der FOCUS von einem „Glücksfall für die deutsche Literatur“.[15] Schirach erklärte in einem Interview mit der ZEIT, dass es ihm nicht um die Frage „Wer war der Mörder?“ geht, sondern um die Frage „Was ist das Motiv?“.[16] In einem Essay im Spiegel äußert sich Schirach erstmals über seinen Großvater Baldur von Schirach. Er schreibt, „Der Fall Collini“ sei keine Aufarbeitung seiner Familiengeschichte, vielmehr schreibe er „über die Nachkriegsjustiz, über die Gerichte in der Bundesrepublik, die grausam urteilten, über die Richter, die für jeden Mord eines NS-Täters nur fünf Minuten Freiheitsstrafe verhängten. Es ist ein Buch über die Verbrechen in unserem Staat, über Rache, Schuld und die Dinge, an denen wir heute noch scheitern.“[17] Der CICERO schreibt,[18] Schirachs Sprache sei ausgehärtet und genau kalkuliert, er stelle sich, anders als Bernhard Schlink, vehement auf die Seite der Opfer. Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger setzte am 11. Januar 2012 eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Bundesministerium für Justiz ein und verwies dabei unter anderem auf den Roman Der Fall Collini.[19]

Alleine in Deutschland verkauften sich die Bücher von Ferdinand von Schirach mehr als eine Million mal (Stand: Februar 2012). In vielen Ländern waren seine Bücher Bestseller.[20]

Auszeichnungen

Werk

Hörbücher

Literatur

Reden
Interviews und Gespräche
Zum Leben und Werk

Einzelnachweise

  1. Baldur Benedict von Schirach. In: Der Spiegel. Nr. 31, 1962 (online).
  2. Ferdinand von Schirach: Eine Jugend im Jesuiten-Internat St. Blasien. In: Der Spiegel. Nr. 6, 2010 (online).
  3. Katja Wirz: Constantin Film sichert sich Filmrechte an Ferdinand von Schirachs Besteller-Erzählband. Constantin Film, 28. Februar 2010, abgerufen am 22. März 2010.
  4. Katja Wirz: GLÜCK Doris Dörrie verfilmt erste Geschichte aus Ferdinand von Schirachs Bestseller-Erzählband „Verbrechen“. Constantin Film, 7. September 2010, abgerufen am 7. September 2010.
  5. Schirachs Fälle gehen im ZDF in Serie. In: B.Z., 30. Juni 2011
  6. Bestseller „Verbrechen“ Schirach – Kurzgeschichten in Kino und TV. Spiegel Online, 6. Juli 2011, abgerufen am 14. Juli 2011.
  7. Alexander Krei: ZDF: Schirachs „Verbrechen“ wird neue Miniserie auf DWDL.de, abgerufen am 5. September 2011.
  8. Georg Oswald: Aller Abgrund ist schwarz. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Juli 2010, abgerufen am 25. Juli 2010.
  9. Uwe Wittstock: Weisheit und Blindheit der Gesetze. Die Welt, 31. Juli 2010, abgerufen am 2. August 2010.
  10. deutscher-hoerbuchpreis.de
  11. CONSTANTIN FILM sichert sich Filmrechte an Ferdinand von Schirachs Kriminalroman „Schuld“. Constantin Film, 30. September 2010, abgerufen am 30. September 2010.
  12. spiegel.de
  13. piper-verlag.de
  14. Jenny Hoch: Glasklare Geschichte von bestürzender Amoralität. Die Welt, 1. September 2011, abgerufen am 2. September 2011.
  15. FOCUS 36/2011, S. 98
  16. Das Dreher-Gesetz. In: Die Zeit, Nr. 36/2011
  17. Du bist, wer du bist. In: Der Spiegel. Nr. 36, 2011 (online).
  18. 10/2011
  19. Einsetzung einer unabhängigen wissenschaftlichen Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Bundesministerium der Justiz, 11. Januar 2012, abgerufen am 13. Januar 2012.
  20. Ferdinand von Schirachs Bücher verkaufen sich mehr als 1 Million mal. Buchmarkt, 14. Februar 2012, abgerufen am 14. Februar 2012.
  21. lemonde.fr
  22. Buchmarkt