Gesetz über digitale Märkte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Flagge der Europäischen Union

Verordnung (EU) 2022/1925

Titel: Verordnung (EU) 2022/1925 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor und zur Änderung der Richtlinien (EU) 2019/1937 und (EU) 2020/1828 (Gesetz über digitale Märkte)
Kurztitel: Gesetz über digitale Märkte
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Digital Markets Act, DMA
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Wettbewerbsrecht
Grundlage: Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere Artikel 114
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Inkrafttreten: 1. November 2022
Anzuwenden ab: Artikel 3 Absätze 6 und 7, Artikel 40, 46, 47, 48, 49 und 50: 1. November 2022
Artikel 42 und 43: 25. Juni 2023
Sonst: 2. Mai 2023
Fundstelle: ABl. L 265 vom 12.10.2022, S. 1–66
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist in Kraft getreten, aber noch nicht anwendbar.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Das Gesetz über digitale Märkte (kurz GDM, französisch Règlement sur les Marchés numériques, englisch Digital Markets Act; DMA) ist eine Verordnung der Europäischen Union, die Teil eines Regelungspakets ist, welches sicherstellen soll, dass digitale Märkte, auf denen „Torwächter“ (Gatekeeper; also Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktmacht und Netzwerkeffekten den Marktzugang für andere kontrollieren) tätig sind, bestreitbar sind und bleiben, also dass andere Marktteilnehmer Wettbewerbsdruck auf diese Gatekeeper ausüben können und Fairness und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Akteure auf den digitalen Märkten in der EU gewährleistet werden.[1]

Im Juli 2020 trat die Verordnung (EU) 2019/1150 in Kraft, welche neue Regeln für Transparenz und Rechtsbehelfsmechanismen für Unternehmen festlegt, die Online-Plattformen nutzen.[1] Trotz dieser Initiativen haben eine Reihe aktueller Berichte und Studien jedoch gezeigt, dass einige große Plattformen zunehmend zu Online-Gatekeepern werden.[2][3][4][5]

Weiterer Bestandteil des Regelungspakets ist das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), das den digitalen Binnenmarkt vollenden soll.[6][7]

Am 6. Juli 2022 wurde das Gesetz vom EU-Parlament verabschiedet und am 12. Oktober 2022 als Verordnung (EU) 2022/1925 im Amtsblatt der EU verkündet.[8]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenige marktbeherrschende digitale Plattformen können aufgrund ihrer Größe verhindern, dass Konkurrenten auf dem Markt eine Chance haben. Um die Macht dieser so genannten „Gatekeeper“ zu begrenzen, will die EU strengere Vorgaben machen und die großen Onlinekonzerne stärker regulieren[9].

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die EU-Kommission hat die Pläne für die Verordnung im Dezember 2020 vorgestellt. Im September 2021 stimmte der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments zu. In seiner Sitzung am 14. und 15. Dezember 2021 beschloss das Europäische Parlament den Bericht zum Vorschlag für das Gesetz über digitale Märkte.[10][11][12] Der angenommene Bericht[13] wird nun im Trilog zwischen Parlament und Rat verhandelt. Seit Anfang Mai 2023 gilt das Gesetz über digitale Märkte. Unternehmen, die zentrale Plattformdienste bereitstellen, sind verpflichtet, dies innerhalb von zwei Monaten der Kommission zu melden und sämtliche relevanten Informationen zu übermitteln. Die Kommission hat anschließend eine Frist von 45 Arbeitstagen, um einen Beschluss zur Benennung eines spezifischen Gatekeepers zu treffen. Die benannten Gatekeeper müssen sicherstellen, dass sie innerhalb von sechs Monaten nach dem Beschluss der Kommission alle im Gesetz über digitale Märkte vorgesehenen Verpflichtungen erfüllen.[14]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verordnung sieht vor, dass Konzerne mit mehr als 80 Milliarden Euro Marktkapitalisierung als digitale Torwächter zu fassen sind, wenn sie mindestens eine Plattform kontrollieren.[15] Torwächter wie Amazon oder Apple dürfen eigene Produkte und Dienstleistungen nicht mehr bevorzugen. Marktmächtige Messaging-Dienste wie WhatsApp müssen Nachrichten an Benutzer anderer Dienste erlauben.[16] Verbraucher dürfen nicht daran gehindert werden, sich an Anbieter außerhalb der Plattform zu wenden und auch nicht daran gehindert werden, Software und Apps zu deinstallieren. Personalisierte Werbung ist nur mit Zustimmung des Nutzers erlaubt.[15]

Verstoßen die Unternehmen gegen die Vorgaben, können Bußgelder bis zu 20 Prozent des Jahresumsatzes verhängt werden[15], sowie Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen Tagesumsatzes. Bei systematischen Verstößen gegen das Gesetz über digitale Märkte können den Gatekeepern nach einer Marktuntersuchung zusätzliche Abhilfemaßnahmen auferlegt werden. Solche Maßnahmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Verstoß stehen. Falls erforderlich und als letztes Mittel können nicht-finanzielle Abhilfemaßnahmen verhängt werden. Diese Maßnahmen können entweder verhaltensorientiert oder struktureller Natur sein. Dazu zählt auch die Möglichkeit der Veräußerung von Geschäftsbereichen.[17]

Durchsetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als ersten Schritt der Durchsetzung gab die Kommission am 6. September 2023 sechs Unternehmen bekannt, welche als Torwächter gelten[18]:

Unternehmen Online-Vermittlungsdienste Online-Suchmaschinen Online-Dienste sozialer Netzwerke Video-Sharing-Plattform-Dienste nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste Betriebssysteme Webbrowser virtuelle Assistenten Cloud-Computing-Dienste Online-Werbedienste
Alphabet Inc. Google Maps Google Suche YouTube Android Google Chrome Google Ads
Google Play
Google Shopping
Amazon Amazon Marketplace Amazon Advertising
Apple App Store iOS Safari
ByteDance TikTok
Meta Platforms Meta Marketplace Facebook WhatsApp Meta
Microsoft LinkedIn Microsoft Windows für PC

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Tambiama Madiega: Digital markets act. (PDF) In: EU Legislation in progress. Europäisches Parlament, Februar 2022, S. 3, abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
  2. Stigler Committee on Digital Platforms, Final Report. In: University of Chicago Booth School of Business. Stigler Center for the Study of the Economy and the State, September 2019, abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
  3. Jacques Crémer, Yves-Alexandre de Montjoye, Heike Schweitzer: Competition Policy for the digital era. Hrsg.: Europäische Kommission - Generaldirektion Wettbewerb. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg 2019, ISBN 978-92-76-01946-6, doi:10.2763/407537 (englisch, europa.eu [PDF; 1,3 MB]).
  4. Jason Furman, Diane Coyle, Amelia Fletcher, Derek McAuley, Philip Marsden: Unlocking digital competition, Report of the Digital Competition Expert Panel. Hrsg.: HM Treasury. ISBN 978-1-912809-44-8 (gov.uk [PDF; 3,0 MB]).
  5. Martin Schallbruch, Heike Schweitzer, Achim Wambach: Ein neuer Wettbewerbsrahmen für die Digitalwirtschaft - Bericht der Kommission Wettbewerbsrecht 4.0. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, September 2019, abgerufen am 13. April 2022.
  6. Europäische Kommission: The Digital Services Act package. In: digital-strategy.ec.europa.eu. 25. März 2022, abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
  7. Neue EU-Regeln sollen Internetriesen Grenzen setzen. In: Reuters. Dezember 2020, archiviert vom Original am 14. Dezember 2020; abgerufen am 30. Juni 2021.
  8. EU-Parlament stimmt strengeren Regeln für Internetplattformen zu. In: Zeit Online. 5. Juli 2022, abgerufen am 6. Juli 2022.
  9. tagesschau.de: Neues EU-Digitalgesetz: Strenge Regeln für Internetriesen. Abgerufen am 15. April 2023.
  10. Andreas Schwab: Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Gesetz über digitale Märkte). (A9-0332/2021). In: europarl.europa.eu. Europäisches Parlament, 30. November 2021, abgerufen am 13. April 2022.
  11. Protokoll - Ergebnis der namentlichen Abstimmungen - Anlage. (PDF; 1,3 MB) 14. Dezember 2021. In: europarl.europa.eu. Europäisches Parlament, 13. Januar 2022, abgerufen am 13. April 2022.
  12. Protokoll - Ergebnis der namentlichen Abstimmungen - Anlage. 15. Dezember 2021. In: europarl.europa.eu. Europäisches Parlament, 31. Dezember 2021, abgerufen am 13. April 2022.
  13. Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Gesetz über digitale Märkte) (COM(2020)0842 – C9-0419/2020 – 2020/0374(COD)). (P9_TA(2021)0499). In: europarl.europa.eu. Europäisches Parlament, 15. Dezember 2021, abgerufen am 13. April 2022.
  14. Das Gesetz über digitale Märkte: für faire und offene digitale Märkte. Abgerufen am 27. November 2023.
  15. a b c Digitale-Märkte-Gesetz der EU / Wie die EU digitale Gatekeeper regulieren will, Deutschlandfunk, 15. Dezember 2021, abgerufen am 15. Februar 2022.
  16. Matt Perault: Europe’s New Tech Regulations Leave Open a Big Question: How Will They Work? Abgerufen am 21. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  17. Das Gesetz über digitale Märkte: für faire und offene digitale Märkte. Abgerufen am 27. November 2023.
  18. Europäische Kommission: Gesetz über digitale Märkte: Kommission benennt sechs Torwächter. 6. September 2023, abgerufen am 7. September 2023.