Olympische Sommerspiele 1936/Leichtathletik – 100 m (Frauen)

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Olympische Ringe
Sportart Leichtathletik
Disziplin 100-Meter-Lauf
Geschlecht Frauen
Teilnehmer 30 Athletinnen aus 15 Ländern
Wettkampfort Olympiastadion Berlin
Wettkampfphase 3. August 1936 (Vorläufe/Halbfinale)
4. August 1936 (Finale)
Siegerzeit 11,5 s
Medaillengewinnerinnen
Vereinigte Staaten 48 Helen Stephens (USA)
Polen 1928 Stanisława Walasiewicz (POL)
Deutsches Reich NS Käthe Krauß (GER)
1932 1948

Der 100-Meter-Lauf der Frauen bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wurde am 3. und 4. August 1936 im Olympiastadion Berlin ausgetragen. Dreißig Athletinnen nahmen teil.

Olympiasiegerin wurde die US-Amerikanerin Helen Stephens vor der Polin Stanisława Walasiewicz. Bronze gewann die Deutsche Käthe Krauß.

Bestehende Rekorde

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Weltrekord 11,6 s Helen Stephens (Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten) Kansas City, USA 8. Juni 1935[1]
Olympischer Rekord 11,9 s Stanisława Walasiewicz (Polen 1928 Polen) Vorlauf OS Los Angeles, USA 1. August 1932
Halbfinale OS Los Angeles, USA
Finale OS Los Angeles, USA 2. August 1932
Hilda Strike (Kanada 1921 Kanada) Finale OS Los Angeles, USA 2. August 1932

Es gab hier in Berlin zwar mehrere Rennen, in denen die Zeiten unter dem bestehenden olympischen Rekord und auch unter dem Weltrekord lagen. Alle diese Zeiten wurden jedoch von zu starkem Wind unterstützt und konnten deshalb nicht in Rekord- oder Bestenlisten aufgenommen werden. Somit hatte der bestehende olympische Rekord von 1932 weiter Bestand.

Intersexualität bei Frauenwettbewerben

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Auch 1936 war die Problematik der Intersexualität bei Frauenwettbewerben bereits durchaus aktuell. Im Hochsprung belegte Heinrich Ratjen, angetreten als Frau unter dem Namen Dora Ratjen, zunächst den vierten Platz. Zwei Jahre darauf wurden offiziell alle ihre/seine Resultate annulliert, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Heinrich Ratjen ein Mann war.[2]

Auch im Rennen über 100 Meter stellte sich die Frage nach der Geschlechterrolle. Betroffen war Stanisława Walasiewicz, 1932 Olympiasiegerin und hier in Berlin Silbermedaillengewinnerin. Sie wurde 1980 in Cleveland bei einem Raubüberfall, in den sie zufällig hineingeraten war, erschossen. Die nachfolgende Obduktion ergab, dass sie männliche Geschlechtsorgane hatte und sie intersexuell war. Dies hatte jedoch keine offiziellen Auswirkungen auf ihre sportlichen Resultate.[3]

Durchführung des Wettbewerbs

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Die Starterinnen traten am 3. August zu sechs Vorläufen an. Die jeweils zwei besten Athletinnen – hellblau unterlegt – qualifizierten sich für das Halbfinale am selben Tag. Aus den beiden Vorentscheidungen kamen die jeweils besten drei Läuferinnen – wiederum hellblau unterlegt – in das Finale am 4. August.

3. August 1936, 16:00 Uhr
Wetterbedingungen: bedeckt, 20 °C, Rückenwind bei 2,9 m/s[4]
Es sind nicht alle Zeiten überliefert.

Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Emmy Albus Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,4 s
2 Johanna Vancura Osterreich Österreich 12,5 s
3 Hilda Cameron Kanada 1921 Kanada 12,7 s
4 Harriet Bland Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten k. A.
5 Raili Halttu Finnland Finnland
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Helen Stephens Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 11,4 s WR wegen zu starken Rückenwindes nicht anerkannt
2 Jeanette Dolson Kanada 1921 Kanada 12,3 s
3 Grete Neumann Osterreich Österreich 12,9 s
4 Etsuko Komiya Japan 1870Japan Japan k. A.
5 Flora Hofman Jugoslawien Konigreich 1918 Jugoslawien
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Stanisława Walasiewicz Polen 1928 Polen 12,5 s
2 Rauni Essman Finnland Finnland 12,8 s
3 Elisabeth Koning Niederlande Niederlande 12,9 s
4 Marguerite Perrou Dritte Französische Republik Frankreich k. A.
5 Li Sen China Republik 1928 China
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Eileen Hiscock Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 12,6 s
2 Annette Rogers Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 12,8 s
3 Alida de Vries Niederlande Niederlande 13,0 s
4 Charlotte Machmer Osterreich Österreich k. A.
5 Ebba From Finnland Finnland
Claudia Testoni (hier ganz rechts als Finalistin über 80 Meter Hürden, wo sie Vierte wurde) – ausgeschieden als Fünfte des fünften Vorlaufs
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Käthe Krauß Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,1 s
2 Aileen Meagher Kanada 1921 Kanada 12,4 s
3 Audrey Brown Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 12,6 s
4 Vera Romanić Jugoslawien Konigreich 1918 Jugoslawien k. A.
5 Claudia Testoni Italien 1861 Italien
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Marie Dollinger Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,0 s
2 Barbara Burke Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 12,4 s
3 Domnitsa Lanitou-Kavounidou Königreich Griechenland Griechenland 12,8 s
4 Yvonne Mabille Dritte Französische Republik Frankreich k. A.
5 Raquel Martínez Chile Chile

3. August 1936, 17:30 Uhr
Wetterbedingungen: bedeckt, 19 °C, Rückenwind bei ca. 2,4 m/s[4]
Es sind nicht alle Zeiten überliefert.

Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Helen Stephens Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 11,5 s kein WR, zu starker Rückenwind
2 Käthe Krauß Deutsches Reich NS Deutsches Reich 11,9 s
3 Emmy Albus Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,2 s
4 Eileen Hiscock Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich k. A.
5 Aileen Meagher Kanada 1921 Kanada
6 Johanna Vancura Osterreich Österreich
Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Marie Dollinger Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,0 s
2 Stanisława Walasiewicz Polen 1928 Polen 12,0 s
3 Annette Rogers Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 12,1 s
4 Barbara Burke Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 12,2 s
5 Jeanette Dolson Kanada 1921 Kanada k. A.
6 Rauni Essman Finnland Finnland
Finaleinlauf über 100 Meter (v. l. n. r.): Stanisława Walasiewicz (etwas verdeckt), Helen Stephens, Käthe Krauß, Emmy Albus, Annette Rogers, Marie Dollinger

4. August 1936, 16:00 Uhr
Wetterbedingungen: bedeckt, 17,5 °C, Rückenwind bei ca. 3,5 m/s[4]

Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Helen Stephens Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 11,5 s Die Zeiten
waren wegen
zu starken
Rückenwindes
nicht
bestenlistenreif
2 Stanisława Walasiewicz Polen 1928 Polen 11,7 s
3 Käthe Krauß Deutsches Reich NS Deutsches Reich 11,9 s
4 Marie Dollinger Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,0 s
5 Annette Rogers Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 12,2 s
6 Emmy Albus Deutsches Reich NS Deutsches Reich 12,3 s

Helen Stephens war im Vor- und Zwischenlauf bereits 11,4 s und 11,5 s gelaufen, all diese Zeiten konnten jedoch wegen zu starken Rückenwindes nicht anerkannt werden. Das galt auch für die hervorragenden Zeiten der Endlaufteilnehmerinnen.

Im Finale war die hohe Favoritin Stephens sofort deutlich vorne und gewann das Rennen mit klarem Vorsprung. Dahinter kämpften Stanisława Walasiewicz, Olympiasiegerin von 1932, und Käthe Krauß bis zur 80-Meter-Marke um die Silbermedaille, die Walasiewicz sich dann eindeutig vor Krauß sicherte.

Helen Stephens verlor in ihrer kurzen zweijährigen Laufbahn kein einziges 100-Meter-Rennen.[5]
Käthe Krauß gewann die erste deutsche Medaille über 100 Meter.

  • Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 1: 1896–1936, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 2. Auflage 1970, S. 305f

Einzelnachweise

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  1. Weltrekorde. 100 m Frauen, abgerufen am 17. Juli 2021
  2. Das Doppelleben der Dora Ratjen, ndr.de, 18. August 2011, abgerufen am 17. Juli 2021
  3. Matt Tullis, Who was Stella Walsh? The story of the intersex Olympian, sbnation.com, 27. Juni 2013, abgerufen am 17. Juli 2021
  4. a b c The XIth Olympic Games Berlin 1936, S. 693, digital.la84.org, englisch (PDF; 60.845 KB), abgerufen am 18. Juli 2021
  5. The XIth Olympic Games Berlin 1936, S. 609, digital.la84.org, englisch (PDF; 60.845 KB), abgerufen am 18. Juli 2021