Verena Bentele

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Verena Bentele
Biathlon, Skilanglauf

Persönliche Informationen
Art der Behinderung (Klass.): Sehbehinderung (B1)
Nationalität: Deutschland Deutschland
Geburtstag: 28. Februar 1982 (42 Jahre)
Geburtsort: Lindau (Bodensee)
Medaillen

Verena Monika Bentele (* 28. Februar 1982 in Lindau (Bodensee)) ist eine ehemalige deutsche Biathletin und Skilangläuferin. Von 1995 bis 2011 wurde sie als Blinde viermal Weltmeisterin und zwölfmal Paralympics-Siegerin. Für fünf Goldmedaillen allein bei den Winter-Paralympics 2010 ehrte sie das Internationale Paralympische Komitee bei den Paralympic Sport Awards als „Best Female Athlete“.[1]

Bereits vor Ende ihrer sportlichen Karriere begann sie, sich auf hoher Ebene sozialpolitisch zu engagieren. Von Januar 2014 bis Mai 2018 war sie die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Seit Mai 2018 leitet sie als Präsidentin den größten deutschen Sozialverband VdK.

Seit 2012 ist Bentele Mitglied der SPD.

Herkunft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die von Geburt an blinde Verena Bentele wuchs in Wellmutsweiler im Bodenseekreis in Baden-Württemberg auf dem Bio-Bauernhof ihrer Eltern Peter und Monika auf. Einer ihrer beiden Brüder, Michael Bentele, war ebenfalls Wintersportler und Paralympics-Teilnehmer. Beide sind durch einen vererbten genetischen Defekt sehbehindert.[2]

Verena Bentele besuchte von 1988 bis 1994 die Grund- und Hauptschule für Blinde in Heiligenbronn im Schwarzwald, von 1994 bis 1998 die Landesblindenschule in München und von 1998 bis 2001 die Carl-Strehl-Schule, eine Förderschule für Blinde und Sehbehinderte in Marburg, wo sie ihr Abitur mit Schwerpunkt Wirtschaftslehre machte. Im Jahr 2011 schloss sie ein Magisterstudium mit dem Hauptfach Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und den Nebenfächern Sprachwissenschaften und Pädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit der Note „sehr gut“ ab.[3][4] Ihr Verein ist der PSV München.

Sportliche Karriere

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1995 gelangte Bentele in den nationalen Biathlon-Nachwuchskader und 1996 folgte ihre erste WM-Teilnahme.

Bis 2006 lief sie mit dem Begleitläufer Franz Lankes, danach suchte sie lange erfolglos, sogar per Zeitungsinserat, nach einem Nachfolger. Nach einigen Versuchen mit verschiedenen Begleitläufern und einem schweren Unfall während der deutschen Meisterschaften 2009 in Isny/Nesselwang wagte Bentele einen Neuanfang mit dem erfahrenen, aus Schotten stammenden Begleitläufer Thomas Friedrich. Das Gespann fand schnell zusammen und konnte mit dem Gesamtweltcupsieg im Skilanglauf und im Biathlon im Jahr 2010 bereits erste Erfolge erringen.[5]

2013 bestieg sie mit dem Kilimandscharo den höchsten Berg Afrikas und als erster blinder Mensch auch den Mount Meru im selben Bergmassiv.[6]

Soziales und politisches Engagement

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2008 engagiert sich Bentele für die Christoffel-Blindenmission als Botschafterin. Außerdem ist sie Sportbotschafterin des internationalen paralympischen Komitees IPC. Zudem gehört Bentele dem Kuratorium der Weissen Liste an.[7]

2010 wurde die Sportlerin von der SPD Baden-Württemberg als Wahlfrau für die 14. Bundesversammlung nominiert, die am 30. Juni 2010 den neuen Bundespräsidenten wählte.[8]

Bentele gehörte zum olympischen Wahl-Präsentationsteam für München 2018 am 6. Juli 2011 in Durban, Südafrika.[9] Für diesen Einsatz wurde sie mit der Medaille München leuchtet ausgezeichnet.[10] Am 7. November 2011 erklärte sie das Ende ihrer Sportkarriere.[11] Beruflich hält sie nun für Unternehmen Vorträge über Motivation und Teamarbeit.[12]

Bentele war auch Mitglied der 15. Bundesversammlung, die am 18. März 2012 den Bundespräsidenten gewählt hat. Im Mai 2012 trat Verena Bentele der SPD bei.[13] Auch an der 16. Bundesversammlung 2017 nahm sie als Delegierte teil und wählte den neuen Bundespräsidenten.[14] Sie wurde im Oktober 2012 von Christian Ude (SPD) als Expertin für die Bereiche Sport und Inklusion in seinem Wahlkampfteam zur Landtagswahl in Bayern 2013 benannt.[15]

Seit 2017 ist Bentele Mitglied des Hochschulrates der Deutschen Sporthochschule Köln. Sie war Botschafterin des Vereins Athletes for Ukraine.[16]

Behindertenbeauftragte der Bundesregierung 2014–2018

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. Januar 2014 wurde sie auf Vorschlag von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zur neuen Behindertenbeauftragten der Bundesregierung bestellt.[17][18] Sie war die erste Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, die selbst ein Handicap hat.[19]

Bei den Bayerischen Kommunalwahlen am 16. März 2014 wurde Bentele für die SPD in den Stadtrat der Landeshauptstadt München gewählt.[20] Aufgrund der Doppelbelastung durch das Amt der Behindertenbeauftragten gab sie im Februar 2015 ihr Stadtratsmandat auf.[21]

Im Jahr 2017 vertrat sie in einem Gespräch mit SPIEGEL online eine differenzierte Meinung hinsichtlich der Einführung des Schwer-in-Ordnung-Ausweises.[22]

Das Amt der Behindertenbeauftragten übergab sie am 9. Mai 2018 an den bisherigen Behindertenbeauftragten von Brandenburg Jürgen Dusel,[23][24] da sie selber als Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland nominiert wurde und hier Ulrike Mascher folgen sollte.[25]

VdK-Präsidentin ab 2018

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 16. Mai 2018 ist Verena Bentele gewählte VdK-Präsidentin.[26]

Die Kandidatur lief nicht kritiklos ab, da Bentele – anders als ihre Vorgängerin – eine finanzielle Entschädigung bekommt. Der baden-württembergische Landeschef Roland Sing sah dadurch die gesamte ehrenamtliche Struktur des Verbandes in Frage gestellt.[27] Trotzdem wurde Bentele mit einer Mehrheit von 90,1 Prozent gewählt.[28]

Auszeichnungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser. Die eigenen Grenzen verschieben und Sicherheit gewinnen. Kailash-Verlag, München 2014, ISBN 978-3-424-63092-3.

Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Adelheid Schmidt-Thomé: Verena Bentele. In: Dies.: Ich war die Erste. Bayerische Pionierinnen im Porträt. Allitera Verlag, München 2022, ISBN 978-3-96233-307-2, S. 160 f.
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Verena Bentele – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Literatur von und über Verena Bentele im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Website von Verena Bentele
  • Nordic Paraski Team Deutschland. Offizielle Seite der deutschen Behinderten-Nationalmannschaft
  • Porträt, Daten und Biografie von Verena Bentele in der Hall of Fame des deutschen Sports
  • Verena Bentele. Biographie beim Förderkreis Heimatkunde Tettnang
  • Die Beauftragte. Verena Bentela. In: behindertenbeauftragte.de. Bundesregierung, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. März 2018; (Lebenslauf).
  • Verena Bentele: „Ich bin eine, die immer rennt“. In: Deutschlandfunk. 5. Juni 2022 (MP3; 64,2 MB; 70 min)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. ↑ a b Verena Bentele Named Best Female Athlete by IPC. Internationales Paralympisches Komitee, 12. Dezember 2011, abgerufen am 3. Februar 2020 (englisch).
    Paralympic Games: Verena Bentele wins best Athlete Paralympic Award auf YouTube, 27. Januar 2012, abgerufen am 5. Februar 2023 (englisch; Laufzeit: 1:40 min).
  2. ↑ Florian Kinast: Verena Bentele: „Immer nach vorne schauen“. In: AZ. 19. März 2010, abgerufen am 14. August 2018.
  3. ↑ LMU-Studentin gewinnt Fünffach-Gold in Vancouver. In: Münchner Uni-Magazin. Nr. 2 (2010), ISSN 0940-0141, S. 35 (uni-muenchen.de (Memento vom 1. April 2011 im Internet Archive; PDF; 173 kB)).
  4. ↑ Verena Bentele: Biografie. In: biathlon-bentele.de. Verena Bentele, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Juli 2012; abgerufen am 16. Mai 2018.
  5. ↑ Uwe Marx: „Klappe halten, laufen!“ In: FAZ. Nr. 62, 15. März 2006, S. 12 (faz.net).
  6. ↑ sid: Paralympics-Star Bentele besteigt den Kilimandscharo. In: biathlon-online.de. Gipfelfreunde UG (haftungsbeschränkt), 12. März 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. April 2013; abgerufen am 16. Mai 2018.
  7. ↑ Gremien. Weisse Liste, abgerufen am 17. Oktober 2019.
  8. ↑ 14. Bundesversammlung 2010. Zusammensetzung. In: wahlrecht.de, abgerufen am 16. Mai 2018.
  9. ↑ Ingmar Kreienbrink: Starke Präsentation von München für Olympische Spiele. In: DerWesten. 6. Juli 2011, abgerufen am 16. Mai 2018.
  10. ↑ Christian Krügel, Silke Lode: Wähler sollen über Olympia abstimmen. In: Süddeutsche Zeitung. 27. September 2011, abgerufen am 28. September 2011 (Online-Artikel der Süddeutschen Zeitung).
  11. ↑ (aha/dpa): Paralympics-Star Bentele beendet Karriere. In: Spiegel Online. 8. November 2011.
  12. ↑ (mhs): Biathletin Bentele krönt ihre Karriere. Wintersportlerin aus Tettnang als Weltbehindertensportlerin ausgezeichnet. In: Schwäbische Zeitung. 12. Dezember 2011.
  13. ↑ Susanne Dohrn: „Total spannend“. In: Vorwärts. 5. Juni 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Juni 2012; abgerufen am 28. Juni 2012.
  14. ↑ Diese Promis wählen für die SPD den Bundespräsidenten. In: Vorwärts. 10. Februar 2017 (vorwaerts.de [abgerufen am 11. Februar 2017]).
  15. ↑ Christian Ude eröffnet den Wahlkampf der SPD. In: Spiegel Online. 21. Oktober 2012, abgerufen am 5. Februar 2023.
  16. ↑ Ambassadors. In: athletes-for-ukraine.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Mai 2022; abgerufen am 27. März 2022 (englisch).
  17. ↑ Bentele wird Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. In: Focus Online. 8. Januar 2014, abgerufen am 9. Januar 2014.
  18. ↑ Verena Bentele ist neue Behindertenbeauftragte. In: bundesregierung.de. 15. Januar 2014, abgerufen am 16. Januar 2014.
  19. ↑ Angelika Finkenwirth: Verena Bentele. Blind – na und?! In: zeit.de. 7. April 2017, abgerufen am 16. Mai 2018.
  20. ↑ Julia Lenders, Timo Lokoschat: Der neue Münchner Stadtrat. In: Münchner Abendzeitung. 19. März 2014.
  21. ↑ Andreas Glas: Bentele legt ihr Mandat nieder. In: süddeutsche.de. 10. Februar 2015, abgerufen am 13. Februar 2015.
  22. ↑ Heike Klovert: Hamburgs „Schwer-in-Ordnung-Ausweis“: „Den könnte man allen Menschen ausstellen“. In: SPON. 16. November 2017, abgerufen am 14. Juli 2023.
  23. ↑ Der Beauftragte aktuell: Amtsübergabe an Jürgen Dusel. In: behindertenbeauftragter.de. 9. Mai 2018, abgerufen am 13. Mai 2018.
  24. ↑ Stephan Haselberger: Jürgen Dusel wird neuer Behinderten-Beauftragter. In: tagesspiegel.de. 27. April 2018, abgerufen am 28. April 2018.
  25. ↑ VdK Bayern nominiert Verena Bentele zur Wahl als VdK-Präsidentin. Ulrike Mascher schlägt die Bundesbehindertenbeauftragte als ihre Nachfolgerin vor. In: vdk.de. Sozialverband VdK Deutschland, 13. Februar 2018, abgerufen am 28. April 2018.
  26. ↑ Verena Bentele ist die neue Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Neuwahlen beim Sozialverband VdK Deutschland. Pressemitteilung. In: vdk.de. 16. Mai 2018, abgerufen am 16. Mai 2018.
  27. ↑ VdK-Landeschef gegen mögliche vdk-Bundespräsidentin Bentele. In: Süddeutsche Zeitung. 14. Mai 2018, abgerufen am 7. August 2020.
  28. ↑ Neue VdK-Präsidentin gewählt: Verena Bentele folgt auf Ulrike Mascher – BBSB-Inform –. Pressemitteilung des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenverbundes e. V. In: bbsb.org. 17. Mai 2018, abgerufen am 20. Mai 2018.
  29. ↑ Alexander Mayer (alx): Stadt krönt „Gold-Verena“ zur Ehrenbürgerin (Memento vom 14. Februar 2018 im Internet Archive). In: Schwäbische Zeitung. 25. März 2010, abgerufen am 5. August 2018.
  30. ↑ Bambi-Preisträger. Von Affenmama bis Mauerspecht. In: focus.de. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. November 2010; abgerufen am 16. Mai 2018 (keine Mementos).@1@2Vorlage:Toter Link/www.focus.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  31. ↑ IPC reveals three Paralympic Hall of Fame inductees. In: paralympic.org. 27. Februar 2014, abgerufen am 5. September 2015.
  32. ↑ Auszeichnung für Verena Bentele. In: süddeutsche.de. 30. Oktober 2016, abgerufen am 16. Mai 2018.
  33. ↑ Verleihung des Bayerischen Verfassungsordens 2022. In: bayern.landtag.de, abgerufen am 2. Dezember 2022.
Personendaten
NAME Bentele, Verena
ALTERNATIVNAMEN Bentele, Verena Monika (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Wintersportlerin
GEBURTSDATUM 28. Februar 1982
GEBURTSORT Lindau (Bodensee)
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Verena_Bentele&oldid=244307779“