Wikipedia:Kurier/Ausgabe 12 2009
Mission: Der Kurier ist das Boulevardblatt der Wikipedia-Gemeinschaft. Nicht neutral, nicht enzyklopädisch, aber hoffentlich unterhaltsam und informativ berichtet er, was die Wikipedia gerade bewegt.
Die Million ist da …
… und wird schon heftig diskutiert. Septembermorgens statistische Auswertungen dieser unübersichtlichen Liste ergaben, dass es sich um den US-amerikanischen Botaniker Ernie Wasson handelt, dem der Jubiläumsartikel gewidmet ist. Typisch für Wikipedia ist allerdings, dass dieser Artikel nur neun Minuten nach der Erstellung natürlich einen Löschantrag verpasst bekommen hat. Als Alternative brachte NCC1291 den Shorttracker Robert Seifert ins Spiel. Doch egal, welcher Artikel nun genommen wird, eins steht fest: Die Wikipedia hat mehr als eine Million Artikel. Diskussionen darüber gab es in letzter Zeit genug, dennoch kann man es eigentlich nicht zu oft sagen: Herzlichen Glückwunsch, deutschsprachige Wikipedia! In knapp neun Jahren mehr als eine Million Artikel zu sammeln, viele davon ordentlich bis gut, einige sogar auf herausragendem Niveau, das ist schon eine Spitzenleistung! (IP, Schlesinger, 27.12.)
Nachtrag: Der Löschantrag war zwischenzeitlich von Matthiasb entfernt worden, ist jetzt aber mit neuer Kraft (sprich: neuen Argumenten) wieder eingesetzt worden. Mittlerweile hat die Löschdiskussion nach nur gut fünf Stunden mehr als 30 kB und besitzt gute Chancen, schon bald in diese Liste einzusteigen. Im Übrigen gab es den Vorschlag, einfach einen neuen Artikel als millionsten zu küren. (IP, 27.12.)
Nachtrag 2: Nachdem der Löschantrag mehrere Male entfernt und wieder eingesetzt worden war, stand der millionste Artikel heute Nacht in der Löschprüfung. Dabei entschieden zwei Administratoren gleichzeitig, dass Ernie Wasson behalten wird. Der Umfang des Artikels hat sich übrigens innerhalb eines Tages mehr als verdoppelt; Neozoon hat sogar ein Bild Wassons ergänzt. Herzlichen Dank an alle Verbesserer! (IP, 28.12.)
Nachtrag 3: Rekordverdächtig war am Tag des Eine-Million-Meilensteins auch die Zahl der neu erstellten Artikel: Allein in der Minute der Meilenstein-Erreichung um 11:33 Uhr wurden 162 neue Artikel erstellt, in der Stunde ab 11:00 Uhr waren es 389 und im Laufe des Tages gab es mehr als 1100 Neuanlagen (LA-bereinigt). Normalerweise wird durchschnittlich alle 3–4 Minuten ein neuer Artikel erstellt, etwa 450 am Tag. (SP, 28.12.)
Nachtrag 4: Die Zahl der Neueinstellungen in den entscheidenden Minuten war etwa sechsmal so hoch wie zum 750.000. Artikel am 17. Mai 2008. Damals wurden in den ausschlaggebenden zehn Minuten etwa 40 Artikel eingestellt. Diese Zahl wurde diesmal in zehn Sekunden erreicht. In einer Sekunde wurden bis zu zehn Artikel eingestellt. Einen Rekord dürfte auch die Gesamtzahl der am 27. Dezember eingestellten Artikel bilden. Diese wurde bisher weder am 17. Mai 2008 (etwa 520 Artikel) noch bei einem der Artikelmarathons (bis etwa 900 Artikel) erreicht. (Toffel)
Fazit: Diesen Zahlen nach zu urteilen, scheint das gemeinsame Projekt Wikipedia also, trotz aller Kritik, bestens zu funktionieren. (--Anima, --Schlesinger 10:32, 31. Dez. 2009 (CET))
Wikipedia und Persönlichkeitsrechte
Täglich kommt es vor, dass ein Betroffener sich durch Einträge in der Wikipedia in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sieht, manchmal ist er mit dieser Einschätzung im Recht, manchmal nicht. Dabei wird oft nicht hinreichend differenziert, ob es um einen Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia oder um einen Eintrag z.B. in der englischsprachigen Wikipedia geht. Weiterhin wird oft durcheinandergeworfen, ob sich ein Gerichtsverfahren gegen einen spezifischen Autor wendet, oder ob, wie in diesem Artikel zugrunde gelegt, gegen den Diensteanbieter (im Fall der Wikipedia also die Wikimedia Foundation) vorgegangen wird.
Sinnhaftigkeit eines Rechtsstreits für den Betroffenen
Es ist das Wesen eines Rechtsstaates, dass ein Betroffener sein Recht auch einklagen kann. Das ist nicht moralisch „böse“, selbst wenn er sich gegen eine gemeinnützige Organisation wendet. Allerdings ist es im Bereich der Persönlichkeitsrechte mehr als fraglich, ob man als Betroffener seine Position durch ein öffentlich werdenden Rechtsstreit irgendwie verbessern kann, selbst wenn man vor Gericht obsiegen sollte. Im Gegenteil dürfte aufgrund des Streisand-Effektes, also des öffentlichen Hochkochens der ganzen Angelegenheit anlässlich des Prozesses, der Schaden den Nutzen sogar deutlich überwiegen.
Umgang der Wikipedia mit rechtlichen Problemen
Die Wikipedia versucht zu vermeiden, dass einem Betroffenen irgendwelche unnötigen Nachteile entstehen. Das Support-Team unter info-de@wikimedia.org besteht zwar nur aus Freiwilligen, die nicht den Diensteanbieter, also die Wikimedia-Foundation in den USA, vertreten, kann aber bei Problemen hinsichtlich der deutschsprachigen Wikipedia häufig helfen. Wenn ein Betroffener wirklich im Recht ist, findet sich in der Regel eine diskrete Lösung. Keine Aussicht auf Erfolg haben natürlich Anfragen, mit denen ein Betroffener z.B. einfach nur bestimmte Artikel seinem eigenen Geschmack gemäß geändert wissen möchte.
Wann ist ein Betroffener nun aber im Recht?
Zwischen den grundgesetzlich geschützten Rechten Pressefreiheit, Rundfunkfreiheit, Meinungsfreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht andererseits besteht ein echter Zielkonflikt: Möchte man das eine stärker betonen, muss man zwangsläufig das andere vernachlässigen. In den USA, dem Sitz der Wikimedia-Foundation, wird der Presse- und Rundfunkfreiheit im internationalen Vergleich sehr großer Raum gegeben (1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, „First Amendment“). In Deutschland spielt im internationalen Vergleich der Datenschutz, aber auch der Schutz der Persönlichkeitsrechte eine besonders große Rolle. Daraus ergibt sich, dass ein US-amerikanisches Gericht den gleichen Sachverhalt mitunter ganz anders ausurteilen würde als ein deutsches Gericht!
Zuständigkeiten im internationalen Recht
Ob im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung ein deutsches Gericht für einen Fall mit Auslandsbezug (also eine Streitigkeit, welche z.B. die englischsprachige Wikipedia betrifft) zuständig ist, bemisst sich nach dem Internationalen Zivilverfahrensrecht. Ergibt sich die Zuständigkeit des deutschen Gerichts, bestimmt nun das deutsche Internationale Privatrecht, das materielle Recht welchen Staates auf den Fall anzuwenden ist. Dabei ist es durchaus möglich, dass ein deutsches Gericht das materielle Recht eines fremden Staates anzuwenden hat! Die Frage, inwieweit deutsche Urteile im Ausland oder ausländische Urteile in Deutschland vollstreckt werden können, bemisst sich wieder nach dem Internationalen Zivilverfahrensrecht.
Zuständigkeit deutscher Gerichte
Was bedeutet es nun z.B., wenn auf einer englischsprachigen Website (also z.B. der englischsprachigen Wikipedia) vom Ausland aus Namen genannt werden, die aus Gründen des Persönlichkeitsrechtsschutzes in Deutschland eventuell nicht genannt werden dürfte (Fall Sedlmayr)? Nach der aktuellen Rechtsprechung der Landgerichte hinsichtlich internationaler Fälle mit Webseitenbezug wird darauf abgestellt, ob die Internetseite in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar ist. Das LG München hebt im aktuellen Urteil vom 30. Juli 2009 zum Aktenzeichen 7 O 13895/08 hinsichtlich der Bestimmungsgemäßheit die Intention des für die Internetseite Verantwortlichen hervor und stellt „auf die Sichtweise eines neutralen und vernünftigen Beobachters“ ab. Nun ließe sich einerseits argumentieren, dass sich auch eine englischsprachige Enzyklopädie wie die en-Wikipedia ihrer Bestimmung nach an Deutsche in Deutschland wendet. Andererseits würden bei so einer Auslegung deutsche Gerichte rasch für eine Vielzahl von Rechtsverstößen im Internet weltweit zuständig. Dieses Problem erkannte bereits zuvor das Landgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 09.01.2008 zum Aktenzeichen 12 O 393/02: „Es besteht Übereinstimmung darin, dass aufgrund der zwangsläufigen, technisch bedingten Gegebenheit des Mediums Internet nicht bereits durch die bloße Abrufbarkeit einer Webseite von Deutschland aus die internationale Tatortzuständigkeit der deutschen Gerichte begründet werden kann. Es muss vielmehr darauf ankommen, ob die Webseite, gegen die der Verletzte vorgehen möchte, in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar ist. Dies ist sie nur dann, wenn sie einen über die bloße Abrufbarkeit der Webseite hinausgehenden hinreichenden Inlandsbezug aufweist.“ Ob nun ein deutsches Gericht in einem Einzelfall einen solchen „hinreichenden Inlandsbezug“ annimmt oder nicht, bzw. was nun im konkreten Fall die vom LG München herangezogene „Sichtweise eines neutralen und vernünftigen Beobachters“ sein soll, ist leider nicht objektiv hervorsehbar, auch nicht von einem fachkompetenten Juristen, mag der Rechtsunkundige, der einfach nur Klarheit haben möchte, darüber auch noch so sehr schimpfen.
Materielle Rechtslage nach deutschem Recht
In materieller Hinsicht geben die – derzeit noch nicht im Volltext veröffentlichten – Urteile des BGH vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08 (siehe Pressemitteilung des BGH vom 15. Dezember 2009) einige Hinweise, wie ein solcher Fall hinsichtlich der Wikipedia nach deutschem Recht zu entscheiden wäre. Dies wird entweder relevant, wenn es um eine Streitigkeit geht, welche originär die deutschsprachige Wikipedia betrifft, oder wenn es etwa um die englischsprachige Wikipedia geht und ein deutsches Gericht eine entsprechende Zuständigkeit und die Geltung deutschen Rechts annehmen würde. Festzustellen wäre, ob das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen einschließlich eines ggf. bestehenden Resozialisierungsinteresses erheblich beeinträchtigt sind oder nicht. Zu berücksichtigen wäre, ob die fraglichen Aussagen sachlich abgefasst und wahr sind oder nicht. Hinsichtlich der Berichterstattung über die Täter einer Straftat wären die Schwere des Verbrechens, die Bekanntheit des Opfers und das Ausmaß des Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte sowie das Verhalten der Täter nach der Tat zu berücksichtigen. In einem entscheidenden Punkt allerdings passen die BGH-Entscheidungen gar nicht auf die Konstellation in der Wikipedia: Eine wichtige Rolle spielte nämlich die Frage, ob es sich um eine Altmeldung bzw. um eine archivierte Meldung handelt oder nicht. Inwieweit ein in der Vergangenheit abgefasster Wikipedia-Artikel mit einer Presse-Altmeldung vergleichbar ist oder auch nicht, steht in den Sternen. Schwierig wäre dabei die Frage zu beantworten, ob ein in der Vergangenheit abgefasster Wikipedia-Artikel durch spätere Änderungen einen eventuellen Status als „Alt-Artikel“ verlieren könnte und ob es insofern überhaupt sachgerecht wäre, bei einer Online-Enzyklopädie nach in der Vergangenheit abgefassten „Alt-Artikeln“ und neueren Artikeln zu unterscheiden.
Fliegender Gerichtsstand und rechtliche Unsicherheit
Die rechtliche Unsicherheit ist gerade im Bereich des Internetrechts besonders stark, da es sich der Kläger aufgrund der Konzeption des fliegenden Gerichtsstandes weitgehend aussuchen kann, an welches deutsche Gericht er sich wendet. Wenn es sich also nicht gerade um einen offensichtlichen Fall handelt, kann die Gerichtsentscheidung letztendlich davon abhängen, ob etwa das Landgericht Hamburg, das den Persönlichkeitsrechtsschutz so betont wie sonst wohl kein anderes deutsches Gericht, die Sache zu entscheiden hat oder ein anderes Gericht, dessen Richter vielleicht zufälligerweise der Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit mehr Raum geben. Ein klarer Vorteil für einen anwaltlich gut beratenen Kläger bzw. Antragsteller, der sich im Rahmen des fliegenden Gerichtsstandes sein Gericht quasi aussuchen kann und dies natürlich anhand der bisherigen Rechtsprechung der jeweiligen Gerichte tun wird!
Gerichtsverfahren gegen die Wikimedia Foundation
Selbst wenn aber ein Antragsteller oder Kläger aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverstößen vor einem deutschen Gericht gegen die Wikimedia-Foundation (USA) gewinnen sollte, ist zu bezweifeln, dass er die Entscheidung in den USA auch erfolgreich würde vollstrecken können. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde dies spätestens daran scheitern, dass ein amerikanisches Gericht einen Verstoß gegen den Ordre public erkennt, da der Inhalt der Gerichtsentscheidung nach amerikanischer Ansicht unvertretbar dem 1. Amendment („1. Zusatzartikel“) zur Verfassung, „Freedom of Speech“ widersprechen dürfte. In der Konsequenz hätte der Kläger/Antragsteller zwar einen deutschen Titel, dieser würde ihm aber nicht nur nichts nützen, er würde auch die von ihm ausgelegten Verfahrenskosten nicht erstattet bekommen.
Die Sichtweise der Wikipedia-Autoren
Die Bearbeiter der deutschsprachigen Wikipedia haben zwar keinen rechtlichen Einfluss auf die deutschsprachige Wikipedia, prägen aber deren Praxis. Obwohl auch der Diensteanbieter der deutschsprachigen Wikipedia rechtlich die Wikimedia-Foundation in den USA ist, setzt sich die große Mehrheit der hiesigen Benutzer dafür ein, dass in „unserer“ Wikipedia deutsches, österreichisches und Schweizer Recht beachtet wird, auch wenn dies im Einzelfall nach dem US-amerikanischen Recht unseres Diensteanbieters nicht notwendig wäre. Neben den Diskussionsseiten der Wikipedia-Artikel stehen Betroffenen die im dritten Absatz dieses Artikels beschriebenen Wege offen. Auf anderssprachige Wikipedia-Versionen, also auch die englischsprachige Wikipedia, haben die Bearbeiter der deutschsprachigen Wikipedia hingegen gar keinen Einfluss. (Berlin-Jurist, 16.12.2009)
Enzyklopädie in 140 Zeichen
In den Wirren der Relevanzdiskussion sind eine Reihe von neuen Idee und auch Projekte entstanden – einige eher lahm, andere dagegen hochinteressant. Eines der sehr schönen neuen Konzepte ist twick-it, eine Enzyklopädie im twitter-Stil – und sicher ein schöner Ort, an den man sich bei akutem Wiki-Frust zurückziehen kann. Die Idee: 140 Zeichen sollen ausreichen, einen Begriff zu erklären. Ergebnis sind kurze Lexikoneinträge, die im Idealfall treffend pointiert eine Definition liefern, bsp. etwa
„Schnapszahl "Zufällige Zahl, die eine Symmetrie aufweist, da sich Ziffern oder Ziffernfolgen wiederholen. Z.B. 2323 oder 3366"“
Dabei kann jeder angemeldete Benutzer zu jedem Begriff neue Definitionen beitragen – und alle können bewertet werden mit dem Ergebnis, dass immer die am höchsten bewerteten und im Idealfall besten Artikel an den Top-Positionen (und Schrott ganz unten) stehen – einen Eindruck davon kann man sich sehr gut beim Stichwort Jesus anschauen. Der Kurier wünscht dem Projekt viel Erfolg und allen Teilnehmern viel Vergnügen.nec, 15.12.2009
Zedler-Medaille 2009
Am Abend des 8. Dezember fand im faszinierenden Ambiente zwischen Walskeletten und Mammutexponaten die Verleihung der Zedler-Medaillen 2009 für wissenschaftliche Artikel in der Wikipedia statt. Die Medaillen, die in einer Kooperation der Wikimedia Deutschland e.V. mit der Mainzer Akademie der Wissenschaft und Literatur sowie dem Verlag Spektrum der Wissenschaft verliehen werden, wurden damit zum dritten Mal an Autoren der Wikipedia vergeben. Dabei wurden in diesem Jahr aus den etwa 30 Einsendungen drei Preise inkl. der damit verbundenen Preisgelder in Höhe von 2000,- Euro vergeben.
Der Preis für den besten Artikel aus dem Bereich Geisteswissenschaften ging an Gerhard Sattler für den von ihm eingereichten Artikel zur Filbinger-Affäre. In seiner Laudatio lobte Prof. Michael Stolleis die ausgewogene und gut belegte Darstellung dieses Themas und stellte die besondere Brisanz des Themas im politischen Diskurs bis in die letzten Jahre heraus. In den Naturwissenschaften konnte der Artikel Segler (Vögel) von Jürgen Erbs die Jury überzeugen. Überraschend war die spontane Erweiterung durch einen Sonderpreis für einen Artikel, der sich im Grenzgebiet der Natur- und Geisteswissenschaften befand und von beiden Jurys als herausragend bewertet wurde: den Artikel Materialismusstreit von David Ludwig. nec, 09.12.2009
Tropenmuseum Amsterdam spendet 35.000 Bilder
In einem groß angelegten Projekt spendete das Tropenmuseum Amsterdam der Multimediaplattform Wikimedia Commons 35.000 Bilder aus seinen Beständen zu Indonesien und Suriname. Sämtliche Bilder wurden unter der Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 License (CC-BY-SA) veröffentlicht (was sicher noch zu Diskussionen führen wird) und stehen auf einer zentralen Commons-Seite und einer entsprechenden Kategorie zur Verfügung. Die in einer Kooperation mit der niederländischen Wikipedia-Community organisierten Bilder wurden auf Commons mit den niederländischen Bildbeschreibungen eingestellt, die als Kulturgut zur Dokumentation der indonesischen Geschichte insbesondere von Mitarbeitern der indonesischen Wikipedia in ihre Landessprache übersetzt werden sollen. Kleinere Kooperationen wie Wiki loves Art/NL waren dem Projekt vorausgegangen (der Kurier berichtete).
Freiwillige zur Kategorisierung, Übersetzung der Bildbeschreibung und natürlich zum Einbau in die Artikel der Wikipedia sind aufgerufen, sich entsprechend zu beteiligen. Wie die englische Signpost darstellt, stehen hochauflösende Digitalisate auf Nachfrage zur Bearbeitung ebenfalls zur Verfügung und können über die Mitarbeiterin Durova angefordert werden. Die Kooperation war Thema in zwei Radiosendungen in den Niederlanden, diese sind unter 1 (35:45) und 2 (15:50) erreichbar, ein kurzes Video der Mitarbeiterin des Tropenmuseums Susanne Ton ist ebenfalls verfügbar.nec, 02.12.2009
Artikel zum Neujahr
Mit der großen Millionenschlacht (siehe links) ist das Wettrennen um den ersten Artikel eines Jahres zwar nicht zu vergleichen, dennoch finden sich immer wieder an einem 1. Januar um Punkt null Uhr ein paar Benutzer, die statt Böller zu verschießen lieber fleißig Artikel schreiben. So auch in diesem Jahr: Laut Spezial:Neue Seiten gab es um 0:00 drei Neueinstellungen, darunter ein guter, ein durchschnittlicher und ein schlechter Artikel. Gewonnen hat das Wettrennen der durchschnittliche Artikel, dessen Autor Cyclo sich nun zur Belohnung auf der brandneuen Liste der Neujahrsartikel verewigt sehen darf. Allen Neujahrsschreibern einen herzlichen Dank für die Mühen und allen Mitlesenden natürlich ein frohes Neues. S.
Nachtrag: den letzten Artikel im ablaufenden Jahr spendierte uns übrigens um 23:40 Uhr Benutzer:MAYA mit Rifugio Vallanta. César
Wikipedia-Content auf dem 26C3
Zur Zeit läuft der 26. Chaos Communication Congress in Berlin unter dem Motto „Here Be Dragons“. Über die Wikipedia wird auch etwas zu hören sein. Die Diskussion „Wikipedia – Wegen Irrelevanz gelöscht“ findet am Mittwoch, 30. Dezember um 11.30 Uhr statt. Später wird auch die Videoaufzeichnung online gestellt. Über CheckUser und verwandte Aspekte berichtete HaeB in seinem Vortrag „Privacy, openness, trust and transparency on Wikipedia“ (Vortragsfolien). (kr, 29.12.; bdk, 30.12.)
Zensurvorwürfe gegen Wikipedia
Das als Satireblatt getarnte Politmagazin Titanic erhebt in seiner aktuellen Januarausgabe schwere Vorwürfe. In der Intellektüllenrubrik Vom Fachmann für Kenner steht auf Seite 42 zu lesen:
»Das Wasser aus der Marienquelle unterhalb der Vatikanischen Gärten gilt ob seines hohen Kupfergehaltes als Ursache für die blutigen Schlieren im Stuhlgang des Papstes. Die blutgetränkten Fäkalien (lat. sanctus faex) werden traditionell durch Gefriertrocknung haltbar gemacht und in Rom als Reliquien verkauft.« Daß diese Information bei Wikipedia keine zehn Minuten stand, ist ein klarer Fall von Zensur. Karlsruhe, übernehmen Sie!
Möglicherweise versucht das Magazin damit jedoch nur davon abzulenken, dass der KURIER kürzlich einer ganz heißen Sache auf der Spur war. Wahrscheinlich wurde der besagte Politiker deshalb auch bereits einen Monat verfrüht zum Thema Depression: Wenn Promis am Leistungsdruck zerbrechen auf das Titelbild gebracht. (32X.28.12.)
Countdown: Noch weniger als 1.000 Artikel …
… bis zum einmillionsten Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia. Werden wir es bis zum 01.01.10 00:00 Uhr geschafft haben? (s2cchst, 25.12.)
Die offiziellen Wetttipps vom Anfang des Jahres finden sich übrigens unter Wikipedia:Wette für 2009. (flo, 25.12.)
CollabSearch: Soziale Suche
Täglich verbringen wir viele Stunden mit der Suche nach Informationen im Internet. Pascal Schrafl stellt sich im Rahmen seiner Masterarbeit an der University of Liverpool die Frage, ob die Suche effizienter gestaltet werden kann, indem das kollaborative Wissen der Suchenden miteinander geteilt wird. Das Ziel ist es, Expertenwissen bei der Suche an andere Suchende weiter zu geben. Zu diesem Zweck hat Pascal Schrafl eine spezielle Suchwebsite entwickelt, deren theoretischen Hintergrund es nun in der Praxis zu prüfen gilt. Dazu bittet er die Leser des Kuriers um Mithilfe. Nach der Anmeldephase (1. Dezember 2009 bis 2. Januar 2010) wird für die angemeldeten Studienteilnehmer während zwei Wochen (4.–17. Januar 2010) eine Website freigeschaltet, mit der die Artikel der deutschsprachigen Wikipedia durchsucht werden sollen. Dabei soll erfasst werden, wie sich die Suche der Teilnehmer innerhalb der zwei Wochen verändert. Zur Studie --(ST, 13.12.)
Designvorschläge für die Wikipedia
Kritik, berechtigter und unberechtigter Art, am Design der Wikipedia hat es bisher gegeben und wird es sicherlich auch in Zukunft immer wieder geben. Denn dafür sind halt die Geschmäcker nun mal bei jedem etwas anders geprägt und wenn wir alle jeweils den gleichen Geschmack hätten, wäre das Leben auch sicherlich etwas langweiliger. Etwas ungewöhnlicher ist es dann aber, wenn jemand, statt nur großartig etwas zu erzählen, versucht, seine Vorstellungen praktisch zu demonstrieren. Einfacher und übersichtlicher als in diesem kurzen Screenvideo von Hannes Tank kann man das im Vergleich zu seinen Erläuterungen dazu nun wirklich kaum machen. Grund für die Überlegungen war seine Diplomarbeit im Fach Kommunikations-Design an der Muthesius Kunsthochschule Kiel im Jahr 2008. -- (fs, 8.12.)
Höher, schneller, weiter …
Zur bisher erfolgreichsten Auflage hat sich der 7. Wartungsbausteinwettbewerb gemausert, der vor gut einer Woche endete. Rekordträchtige 40 Benutzer (darunter 20 „Ersties“) nahmen allein oder in Gruppen teil, um auf spielerische Art und Weise überarbeitungswürdige Artikel zu verbessern – von Architektur, Bergen und Gestein, über Musiker und Filme bis hin zu Sportlern. In 16 Tagen konnten über 500 Artikel verbessert und die gleiche Anzahl an Wartungsbausteinen entfernt werden. Die bisherige Bestmarke vom Mai 2008 wurde bei weitem übertroffen! Für die Auswertung zeigten sich Mentor Freedom Wizard und César verantwortlich.
Am erfolgreichsten Punkte sammelte die Gruppe um Memorino, Louis Bafrance, Ex-Schiri Funkruf und Harro von Wuff mit 64 bearbeiteten Artikeln (524,54 Punkte), gefolgt von Ra'ike, Orci, Carport, Solid State, tmv23, Cvf-ps und Bubenik (490,67 Punkte, 53 Artikel) auf dem Silberrang. Dritter und bester „Einzelkämpfer“ wurde unser Russland-Experte S1, der sich zur Gänze einem einzigen Artikel – dem Leben und Werk Anton Tschechows – widmete. Der russische Schriftsteller dürfte ein heißer Kandidat auf WP:KALP sein. Memorino und Louis Bafrance machten mit ihrem Sieg gleichzeitig das „Double“ perfekt und schlossen gemeinsam mit Ra'ike zu Geher auf, der in der Ewigen Bestenliste aller bisher abgehaltenen Wettbewerbe seine Spitzenposition weiter behaupten konnte.
Noch einmal auf diesem Wege einen riesigen Dank an alle Beteiligten, ohne die dieses Traumergebnis niemals zustande gekommen wäre! (César, 7.12.)
Wie löschhöllig ist die Löschhölle?
Unsere Löschdiskussionen, auch liebevoll Löschhölle bekosenamt, sind gegenwärtig vor allem außerhalb der Wikipedia heftig diskutiert und genießen einen zweifelhaften Ruhm. Wie häufig bei Kritik, enthalten diese mitunter wüsten Vorwürfe mindestens einen kleinen Kern Wahrheit. Auch innerhalb der Wikipedia ist die Löschdiskussion wenig beliebt und wird selbst von gestandenen Wikipedianern gemieden. Es mehren sich die Stimmen, die die raue Atmosphäre in der aktuellen Form als nicht notwendig und einem offenen Projekt wie der Wikipedia nicht angemessen bezeichnen. Um die vage Stimmung mit etwas konkreteren Stimmen zu erden, wurde eine Wikipedia-interne Umfrage Umfrage zum Umgangston in der Löschdiskussion gestartet. Die Umfrage läuft vom 4. Dezember bis Ende Februar und soll etwas Licht ins Dunkel bringen. Das Ergebnis der Umfrage kann Basis und Anregung für eine Verbesserung der Löschdiskussionen werden. > zur Umfrage. (nro, 5.12.)
Wer wird Löschionär?
Die Ende November von Christian Harendt (nicht relevant?) ins Leben gerufene Website loeschpranger.de liefert allen Interessierten eine statistische Auswertung aller von Januar 2009 bis vor zwei Wochen gestellten Löschanträge und deren Antragsteller. Geboten wird eine Auflistung der Anträge mit Begründungen und Markierung, ob erfolgreich oder nicht. Gleiche Listen gibt es auch aufgeschlüsselt auf einzelne Benutzer. Außerdem findet sich eine Hitliste der Antragsteller. In der Kategorie „meiste Anträge“ führt bisher Benutzer:Eingangskontrolle mit 711 Anträgen, gefolgt von Benutzer:Weissbier, der mit 565 Anträgen weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz landet, dicht gefolgt von Benutzer:Der Bischof mit der E-Gitarre. Auch bei der Anzahl der erfolgreichen Löschanträge liegt Eingangskontrolle auf Platz Eins. Die höchste Erfolgsquote mit 96 % konnte Benutzer:ChrisHamburg einfahren, vorgenannte Benutzer sind in dieser Kategorie auf zweistellige Plätze verwiesen.
Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da zufälligerweise im Antragstext genannte Benutzer, etwa die Autoren der Artikel, als Antragsteller zählen können, ebenso Administratoren, die nur einen Schnellöschantrag in einen normalen Löschantrag umgewandelt haben.
Von seinem Erfolg inspiriert kündigte die Eingangskontrolle sogleich an, seinen Vorsprung auszubauen. Weissbier konterte sogleich mit schweren Vorwürfen: Eingangskontrolle spielt unfair. Das Spiel bleibt spannend, der Kurier bleibt für seine Leser am Ball! (D-k, 3.12.)