Brittnau

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Brittnau
Wappen von Brittnau
Wappen von Brittnau
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Zofingenw
BFS-Nr.: 4274i1f3f4
Postleitzahl: 4805
UN/LOCODE: CH BTA
Koordinaten: 638494 / 234592Koordinaten: 47° 15′ 40″ N, 7° 56′ 50″ O; CH1903: 638494 / 234592
Höhe: 454 m ü. M.
Fläche: 13,67 km²
Einwohner: 4130 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 302 Einw. pro km²
Website: www.brittnau.ch
Karte
Karte von Brittnau
Karte von Brittnau
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Brittnau (schweizerdeutsch ˈbrɪt.nɔʊ)[2] ist eine Einwohnergemeinde im Bezirk Zofingen im Schweizer Kanton Aargau. Sie liegt im Wiggertal und grenzt an den Kanton Luzern.

Geographie

Das Dorfzentrum befindet sich unmittelbar westlich der Wigger auf einer erhöht liegenden Seitenterrasse. Parallel zur Wigger, in einer Entfernung von durchschnittlich 250 Metern, fliesst der Altachenbach, der gleichzeitig die Grenze zum Kanton Luzern bildet. Das flache, lang gezogene Gebiet dazwischen ist vollständig überbaut. Einen Kilometer nördlich des Dorfzentrums liegt am Westrand der Wigger-Ebene der Ortsteil Hard. Westlich der Ebene erstreckt sich eine hügelige Zone mit dem Chilchberg (583 m ü. M.), dem Stockhubel (546 m ü. M.) und dem Schürberg (532 m ü. M.). Sowohl die dazwischen liegenden Seitentäler (Graben und Vorstadt) als auch die Hochebene des Schürbergs sind ebenfalls überbaut. Ganz im Süden erhebt sich der Heidenhubel (614 m ü. M.), ein Ausläufer des Brettschellenbergs.[3]

Die Talzone und der Schürberg gelten historisch als «innere Gemeinde». Westlich der drei Hügel (im Einzugsgebiet der Pfaffneren) ist die so genannte «äussere Gemeinde». Diese umfasst die kleinen Weiler und Einzelhöfe Bergacker, Bösenwil, Bötschishalden, Fennern, Geissbach, Grod, Leidenberg, Liebigen, Mättenwil, Rossweid, Sennhof und Wilacker.[3]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1367 Hektaren, davon sind 473 Hektaren bewaldet und 162 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt befindet sich auf dem Heidenhubel auf 614 Metern, die tiefste Stelle auf 433 Metern an der Wigger.

Nachbargemeinden sind Murgenthal im Westen, Vordemwald im Nordwesten, Strengelbach im Norden, Zofingen im Nordosten sowie die luzernischen Gemeinden Wikon im Osten, Langnau bei Reiden im Süden und Pfaffnau im Südwesten.

Geschichte

Funde auf dem Chilchberg belegen eine Besiedlung während der Jungsteinzeit, auf dem Schürberg wurden römische Münzen und ein alamannisches Grab aus dem 7. Jahrhundert entdeckt. Die erste urkundliche Erwähnung von Pritinuova («wassernahes Land des Prito») erfolgte im Jahr 893, in einem Zinsrodel des Fraumünsters in Zürich. Diese Ortsnamensform geht auf die althochdeutsche Bezeichnung für «wassernahes Land des Prito» zurück.[2]

Die Grundmauern der Kirche stammen aus der Zeit um das Jahr 1000. Das Dorf Brittnau und die umliegenden Weiler waren damals Bestandteil des Amtes Aarburg, das im Besitz der Grafen von Frohburg war. Sie verkauften das Amt 1299 an die Habsburger, die damit die hohe Gerichtsbarkeit besassen. Die niedere Gerichtsbarkeit teilten sie sich mit den Herren von Büttikon, die auf dem nahe gelegenen Schloss Wikon residierten.

1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau; Das Gebiet um Brittnau gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. 1516 verkauften die Herren von Büttikon ihren Anteil an den Herrschaftsrechten den Bernern. Diese übten nun die alleinige Macht über Brittnau aus und führten 1528 die Reformation ein. Das Kloster St. Urban (auf dem Gebiet des katholischen Standes Luzern gelegen) blieb aber wichtigster Grundbesitzer und Lehnsherr. Am 26. Juli 1547 zerstörte ein verheerender Brand das Dorf, das danach wieder aufgebaut wurde.

Im März 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Der westlich der Wigger gelegene Teil des Amts Aarburg gehörte zunächst zum Kanton Bern (Distrikt Langenthal) und wurde dann im März 1803 dem Kanton Aargau angefügt.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren weite Teile der Bevölkerung verarmt. Allein zwischen 1851 und 1855 wurden 155 Einwohner dazu gezwungen, nach Nordamerika auszuwandern, um die Fürsorgekosten zu senken. Die Eisenbahnlinie AarauOltenEmmenbrücke war zwar bereits am 9. Juni 1856 eröffnet worden, doch Brittnau erhielt erst 1910 einen Bahnhof (zusammen mit Wikon). Nach einer Wachstumsphase bis etwa 1930 stagnierte die Bevölkerungszahl mehrere Jahrzehnte lang. Seit Eröffnung der Autobahn A2 im Jahr 1980 ist wieder ein verstärktes Wachstum feststellbar; die Gemeinde entwickelt sich immer mehr zu einem Vorort von Zofingen.

Sehenswürdigkeiten

Kirche Brittnau mit Storchennest

Die aus dem Mittelalter stammende Kirche wurde beim Dorfbrand von 1547 vollständig zerstört, nur ein kleiner Teil der Nordmauer blieb erhalten. Die Fertigstellung der neuen Kirche verzögerte sich bis 1585. Im Jahr 1641 wurde das Kirchenschiff um einen Drittel verlängert. Die Grabplatte der Verena von Büttikon am Chorbogen trägt die Jahreszahl 1520.

Am Ufer der Wigger steht die 1603 erbaute Mühle, ein solider Bau unter einem geknickten Satteldach. Auffälligstes Merkmal ist der daran angebaute achteckige Treppenturm mit spitz zulaufendem Zeltdach. Im Ausserdorf steht ein 1752 aus Holz erbauter Kornspeicher.[4]

Bis 1927 waren freilebende Störche in Brittnau heimisch, danach waren sie verschwunden. 1960 bezogen im Rahmen des gesamtschweizerischen Wiederansiedlungsversuchs vier algerische Jungstörche das neu erstellte Storchennest auf der Turnhalle. In jahrzehntelangen Bemühungen wurden deren Nachkommen in einem eigens erstellten Gehege aufgezogen und wieder sesshaft gemacht. Nach Lockerung der Gehegehaltung 1995 erhielten die Störche nur noch in Ausnahmefällen Futter und zogen jeweils im Spätherbst in ihre Winterquartiere. Seit 2001 gilt der Wiederansiedlungsversuch als gelungen, Störche gehören mittlerweile zum Ortsbild und überwintern teilweise vor Ort. Das Gehege wurde im Frühjahr 2007 abgerissen.[5]

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Rot über grünem Dreiberg weisser Schräglinksfluss.» Der Schrägfluss erschien erstmals 1581 auf dem Kelch der Pfarrkirche von Brittnau. 1811 wurde auf dem Gemeindesiegel ein Dreiberg hinzugefügt. 1963 schlug die kantonale Wappenkommission vor, auf den Dreiberg zu verzichten, was der Gemeinderat jedoch ablehnte.[6]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung:[7]

Jahr 1850 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Einwohner 2249 2229 2615 2972 3070 2888 2822 3091 3400

Am 31. Dezember 2008 lebten 3640 Menschen in Brittnau, der Ausländeranteil betrug 7,4 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 65,9 % reformiert, 21,3 % römisch-katholisch und 1,1 % moslemisch; 0,9 % gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 96,1 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 1,2 % Italienisch, 0,7 % Portugiesisch.[8]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Zofingen zuständig. Auf kommunaler Ebene gibt es einen Friedensrichter, der auch für die Gemeinden Strengelbach und Vordemwald verantwortlich ist.

Wirtschaft

In Brittnau gibt es gemäss Betriebszählung 2005 rund 700 Arbeitsplätze, davon 24 % in der Landwirtschaft, 19 % in der Industrie und 57 % im Dienstleistungsbereich.[9] Obwohl sich zahlreiche kleine und mittlere Industrie- und Dienstleistungsbetriebe angesiedelt haben, nimmt die Landwirtschaft noch immer eine grosse Bedeutung ein. Die Gemeinde weist die zweitgrösste Ackerbaufläche des Kantons auf. Die meisten Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten in Zofingen und Umgebung.

Verkehr

Brittnau ist über Nebenstrassen erreichbar, liegt aber nur je zwei Kilometer von der Hauptstrasse 2 (OltenLuzern) und dem Anschluss Reiden der Autobahn A2 entfernt. Von Zofingen aus verkehren zwei Linien der Gesellschaft SZR auf verschiedenen Routen nach Brittnau. Die Weiler Grod und Liebigen werden durch die Linie Zofingen–St. Urban erschlossen. Östlich des Dorfzentrums, auf dem Gebiet der Gemeinde Wikon, befindet sich der SBB-Bahnhof Brittnau-Wikon. Hier halten Regionalzüge nach Olten und Luzern.

Hochwasserschutzmassnahmen

In den Jahren 2009/10 werden zwischen der Dorfstrassenbrücke und der Einmündung des Mühlekanals in die Wigger umfangreiche Hochwasserschutzmassnahmen durchgeführt. Ziel dieser mehrere Millionen teuren Bauarbeiten ist es, die in den letzten Jahren durch Hochwasser stark in Mitleidenschaft gezogenen Wohnquartiere nachhaltig zu schützen. Dazu wird das Flussterrain am Westufer der Wigger um mehrere Meter verbreitert, die Böschung mit Steinblöcken stabilisiert sowie die Dorfstrassenbrücke und eine kleinere Fussgängerbrücke komplett erneuert. Zudem muss der am Wiggerufer gelegene Rad- und Fussweg um mehrere Meter verlegt werden.

Bildung

Die Gemeinde verfügt über zwei Kindergärten und drei Schulhäuser, in denen sämtliche Schulstufen der obligatorischen Volksschule absolviert werden können. Die nächstgelegenen Kantonsschulen (Gymnasien) befinden sich in Zofingen und Aarau.

Persönlichkeiten

Weblinks

Commons: Brittnau – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  2. a b Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 110–111.
  3. a b Landeskarte der Schweiz, Blatt 1109, Swisstopo
  4. Michael Stettler: Die Kunstdenkmaeler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Birkhäuser Verlag, Basel 1948.
  5. Storchengehege im Graben. Gemeinde Brittnau, abgerufen am 4. Januar 2010.
  6. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 131.
  7. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden im Bezirk Zofingen, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  8. Gemeindeporträt, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  9. Betriebszählung 2005, Statistisches Amt des Kantons Aargau