„Bitumen“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bitumen2.jpg|mini|Aus Erdöl gewonnenes, zähflüssiges Bitumen]]
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'''Bitumen''' ({{laS|''pix tumens''}}, „ausschwitzendes Pech“, „Erdpech“, „Gräberpech“) nach [[DIN]] 55946, [[DIN EN]] 12597, ist die Bezeichnung für die bei der schonenden Aufbereitung von [[Erdöl]]en gewonnenen, dunkelfarbigen, ''halbfesten'' bis ''springharten'', [[Schmelzen|schmelzbaren]], [[Makromolekül|hochmolekularen]] [[Kohlenwasserstoffe|Kohlenwasserstoff]]-Gemische und die in [[Kohlenstoffdisulfid|Schwefelkohlenstoff]] ''löslichen'' Anteile der [[Asphalt (Geologie)|natürlichen Asphalte]] sowie [[Ozokerit|Erdwachs]], [[Montanwachs]].
'''Bitumen''' ({{laS|''pix tumens''}}, „ausschwitzendes Pech“, „Erdpech“, „Gräberpech“) [[DIN EN]] 12597, ist die Bezeichnung für die bei der schonenden Aufbereitung von [[Erdöl]]en gewonnenen, dunkelfarbigen, halbfesten bis springharten, klebrigen [[Kohlenwasserstoffe|Kohlenwasserstoff]]-Gemische. Es ist auch in [[Naturasphalt]] vorhanden. Bitumen haben wegen gesundheitlicher Vorteile das früher eingesetzte [[Steinkohlenteer|Steinkohleteer]] ersetzt, und werden heutzutage mit dem gleichen Zweck vor allem im [[Straßen- und Wegebau|Straßenbau]] und für Abdichtungsarbeiten eingesetzt. Bei Bitumen handelt es sich um ein [[Kolloid|kolloidales]] System aus einem Dispersionsmittel, den Maltenen, und die darin dispergierten Anteilen Asphaltene und Erdölharze.


== Begriffsabgrenzung ==
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[[Datei:Woman spinning-Sb 2834-IMG 0921-black.jpg|mini|[[Relieffragment mit Spinnerin]]. Relief aus Bitumen]]
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Die Nutzung von Bitumen beginnt bereits in der [[Antike]]. Bitumenreste als [[Fragment]]e von Dichtmaterial, die mehr als 3000 Jahre älter sind als die in [[Ras al-Dschinz|Ra’s al-Jins]] im [[Oman]] (2400–2300 v. Chr.) gefundenen, haben Archäologen in ''as-Sabiyah'' (Kuwait) entdeckt. In einem [[Neolithikum|neolithischen]] Dorf am Rand einer [[Lagune]] fanden sie neben den zu erwartenden [[Arabien|arabischen]] [[Artefakt (Archäologie)|Artefakten]] auch solche der [[Mesopotamien|mesopotamischen]] [[Obed-Zeit|Obed-Kultur]]. 3000 v. Chr. wurde es erstmals nachweislich in der Stadt [[Hīt]] an natürlichen Austrittsstellen gefördert. Zahlreichen Beschreibungen zufolge muss der Ort ein Zentrum der damaligen Asphaltindustrie gewesen sein. Im 26. Jahrhundert v. Chr. entstand im [[Irak]] eine [[Kalkstein]]tafel umrahmt mit [[Muscheln]] und Bitumen in [[Tell Asmar]]. In [[Assyrien]] wurde 2200 v. Chr. der [[Altar]] im [[Mausoleum]] von ''Bur-sin'' mit Bitumen bestrichen.
Die Nutzung von Bitumen beginnt bereits in der [[Antike]]. Bitumenreste als [[Fragment]]e von Dichtmaterial, die mehr als 3000 Jahre älter sind als die in [[Ras al-Dschinz|Ra’s al-Jins]] im [[Oman]] (2400–2300 v. Chr.) gefundenen, haben Archäologen in ''as-Sabiyah'' (Kuwait) entdeckt. In einem [[Neolithikum|neolithischen]] Dorf am Rand einer [[Lagune]] fanden sie neben den zu erwartenden [[Arabien|arabischen]] [[Artefakt (Archäologie)|Artefakten]] auch solche der [[Mesopotamien|mesopotamischen]] [[Obed-Zeit|Obed-Kultur]]. 3000 v. Chr. wurde es erstmals nachweislich in der Stadt [[Hīt]] an natürlichen Austrittsstellen gefördert. Zahlreichen Beschreibungen zufolge muss der Ort ein Zentrum der damaligen Asphaltindustrie gewesen sein. Im 26. Jahrhundert v. Chr. entstand im [[Irak]] eine [[Kalkstein]]tafel umrahmt mit [[Muscheln]] und Bitumen in [[Tell Asmar]]. In [[Assyrien]] wurde 2200 v. Chr. der [[Altar]] im [[Mausoleum]] von ''Bur-sin'' mit Bitumen bestrichen.
Fast ausschließlich nur aus [[Susa (Persien)|Susa]], Hauptort des Reiches von [[Elam (Altertum)|Elam]] (heutiges [[Iran]]) sind Bitumenobjekte bekannt. Bitumen wurde erhitzt und formte dann eine harte [[Matrix]]-artige Masse, in der Szenen und Figuren geritzt wurden.<ref>Daniel T. Potts, in: Touraj Daryaee (Hrsg.): ''The Oxford Handbook of Iranian History.'' Oxford, New York 2012, ISBN 978-0-19-973215-9, S.&nbsp;49.</ref>
Fast ausschließlich nur aus [[Susa (Persien)|Susa]], Hauptort des Reiches von [[Elam (Altertum)|Elam]] (heutiges [[Iran]]) sind Bitumenobjekte bekannt. Bitumen wurde erhitzt und formte dann eine harte [[Mastix]]-artige Masse, in der Szenen und Figuren geritzt wurden.<ref>Daniel T. Potts, in: Touraj Daryaee (Hrsg.): ''The Oxford Handbook of Iranian History.'' Oxford, New York 2012, ISBN 978-0-19-973215-9, S.&nbsp;49.</ref>
[[Hängende Gärten der Semiramis|Die hängenden Gärten]] sollen mit Bitumen abgedichtet gewesen sein. [[Herodot]] beschreibt 500 v.&nbsp;Chr. Fördermethoden von „Erdpech“ aus erdölhaltigen Brunnen auf [[Zakynthos]]. [[Strabon|Strabo]] schreibt 100 v.&nbsp;Chr. über die Gewinnung von „Erdpech“ am [[Totes Meer|Toten Meer]]. Zur gleichen Zeit erwähnt [[Diodor]] die antike Bitumenindustrie. Nach dieser [[Goldenes Zeitalter|Blütezeit]] geriet Naturasphalt über Jahrhunderte hinweg in Vergessenheit. Die [[Antikes Griechenland|Griechen]] hatten kein besonderes Interesse an dem Werkstoff, die [[Römer]] besaßen kaum Asphaltvorkommen. Bis ins [[Mittelalter]] spielten bituminöse Stoffe praktisch nur in der [[Magie]], in der [[Heilkunde]] und in der [[Einbalsamierung]] von [[Mumie]]n eine Rolle. Mit der Zeit der [[Aufklärung]] und der [[Zeitalter der Entdeckungen|Entdeckungsreisen]] (15.&nbsp;Jh.) wurde Naturasphalt wieder entdeckt. In der Zeit der [[Renaissance]] waren [[Dachgarten|Dachgärten]] populär und diese wurden mit Bitumen abgedichtet.<ref>Manfred Hegger, Volker Auch-Schwelk, Matthias Fuchs, Thorsten Rosenkranz: ''Construction Materials Manual.'' Birkhäuser, 2006, ISBN 978-3-7643-7570-6, S.&nbsp;62.</ref>
[[Hängende Gärten der Semiramis|Die hängenden Gärten]] sollen mit Bitumen abgedichtet gewesen sein. [[Herodot]] beschreibt 500 v.&nbsp;Chr. Fördermethoden von „Erdpech“ aus erdölhaltigen Brunnen auf [[Zakynthos]]. [[Strabon|Strabo]] schreibt 100 v.&nbsp;Chr. über die Gewinnung von „Erdpech“ am [[Totes Meer|Toten Meer]]. Zur gleichen Zeit erwähnt [[Diodor]] die antike Bitumenindustrie. Nach dieser [[Goldenes Zeitalter|Blütezeit]] geriet Naturasphalt über Jahrhunderte hinweg in Vergessenheit. Die [[Antikes Griechenland|Griechen]] hatten kein besonderes Interesse an dem Werkstoff, die [[Römer]] besaßen kaum Asphaltvorkommen. Bis ins [[Mittelalter]] spielten bituminöse Stoffe praktisch nur in der [[Magie]], in der [[Heilkunde]] und in der [[Einbalsamierung]] von [[Mumie]]n eine Rolle. Mit der Zeit der [[Aufklärung]] und der [[Zeitalter der Entdeckungen|Entdeckungsreisen]] (15.&nbsp;Jh.) wurde Naturasphalt wieder entdeckt. In der Zeit der [[Renaissance]] waren [[Dachgarten|Dachgärten]] populär und diese wurden mit Bitumen abgedichtet.<ref>Manfred Hegger, Volker Auch-Schwelk, Matthias Fuchs, Thorsten Rosenkranz: ''Construction Materials Manual.'' Birkhäuser, 2006, ISBN 978-3-7643-7570-6, S.&nbsp;62.</ref>


Im Jahr 1556 schreibt [[Georgius Agricola]] in Deutschland über die Eigenschaften von Bitumen und seine Gewinnung in bitumenhaltigen Quellen. 1704 beschreibt [[Michael Bernhard Valentini]] die Eigenschaften des ''Juden-Leim, Juden-Pech'' oder ''Asphaltum''. Die [[Destillation]]sanlage der ''Gebrüder Dubinin'' liefert in [[Russland]] 1832 neben [[Petroleum]] kleine Mengen an Bitumen. Wenige Jahre danach entstehen in den [[USA|Vereinigten Staaten]] die ersten größeren Anlagen zur Gewinnung von Bitumen. Etwas später, im Jahre 1873, wird durch die Anwendung der so genannten [[Blasendestillation]] die kontinuierliche Gewinnung von Bitumen möglich. Zu dieser Zeit (1888) wird die erste Form der [[Nadelpenetration|Penetration]] durch ''H.&nbsp;C.&nbsp;Bowen'' entwickelt.
Im Jahr 1556 schreibt [[Georgius Agricola]] in Deutschland über die Eigenschaften von Bitumen und seine Gewinnung in bitumenhaltigen Quellen. 1704 beschreibt [[Michael Bernhard Valentini]] die Eigenschaften des ''Juden-Leim, Juden-Pech'' oder ''Asphaltum''. Die [[Destillation]]sanlage der ''Gebrüder Dubinin'' liefert in [[Russland]] 1823 neben [[Petroleum]] kleine Mengen an Bitumen.


Mit der erfolgreichen [[Erdölbohrung]] in den US-Staat [[Pennsylvania]] 1859 begann der erste große Erdölboom des 19. Jahrhunderts. Aus dem Erdöl gewann man zunächst durch Destillation Leuchtöle für Lampen. Etwas später, führte man weitere Destillationen durch und erkannte dass die Destillationsrückstände verschiedene positive Eigenschaften haben. Im Jahre 1873, wird mit der Anwendung der so genannten Blasendestillation die kontinuierliche Gewinnung von Bitumen industriell möglich. Im Jahr 1888 wird schließlich mit dem Penetrationstest durch H. C. Bowen ein erstes Prüfverfahren für Bitumen entwickelt
1905 wird das erste Fachbuch zur Verarbeitung von Bitumen durch ''C.&nbsp;Richardson'' veröffentlicht. Ein Jahr später wird in Deutschland ein [[Patent]] auf die erste „Bitumenemulsion“ angemeldet. Bitumen findet sich wenige Jahre später als [[Isolator (Elektrotechnik)|Isolation]] in elektrischen Anlagen, zur Abdichtung von [[Zündschnüre]]n und Hausdächern. Auch im Wasserbau wird das Bitumen zur Abdichtung von [[Staudamm|Staudämmen]] verwendet.


1906 wird in Deutschland ein [[Patent]] auf die erste „Bitumenemulsion“ angemeldet. Bitumen findet sich wenige Jahre später als [[Isolator (Elektrotechnik)|Isolation]] in elektrischen Anlagen, zur Abdichtung von [[Zündschnüre]]n und Hausdächern. Auch im Wasserbau wird das Bitumen zur Abdichtung von [[Staudamm|Staudämmen]] verwendet.
Im Jahr 1936 wird erstmals die Prüfung für den [[Erweichungspunkt RuK]], im folgenden Jahr die für den [[Brechpunkt nach Fraaß]] entwickelt. Am Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] diente Bitumen als Brennsatz für [[Feststoffraketentriebwerk|Feststoffraketen]]. Zudem fand es Verwendung als [[Klebstoff]] bei der [[Brikett]]herstellung und als Bestandteil von [[Isolierband|Isolierbändern]]. Im Jahr 1957 kommt es zur Entwicklung von [[Schaumbitumen]]. Zehn Jahre später wird das für die heutige Anwendung sehr wichtige „polymermodifizierte Bitumen“ entwickelt und getestet.

Im Jahr 1936 wird erstmals die Prüfung für den [[Erweichungspunkt RuK]], im folgenden Jahr die für den [[Brechpunkt nach Fraaß]] entwickelt. Zudem fand es Verwendung als [[Klebstoff]] bei der [[Brikett]]herstellung und als Bestandteil von [[Isolierband|Isolierbändern]]. Im Jahr 1957 kommt es zur Entwicklung von [[Schaumbitumen]]. Zehn Jahre später wird das für die heutige Anwendung sehr wichtige „polymermodifizierte Bitumen“ entwickelt und getestet.

Die wichtigste Anwendung finden Bitumen im Straßenbau, in den 2000er Jahren lag der Anteil von Straßenbaubitumen bei ca. 75%. Vorallem als in den 1970er Jahren die Verwendung von Teer im Asphalt in Westdeutschland verboten wurde und stattdessen Bitumen eingesetzt wurden stieg die Nachfrage an Straßenbaubitumen rasant an.


== Eigenschaften ==
== Eigenschaften ==
Bitumen sind [[Kolloid|kolloide]] Systeme aus drei unterschiedlichen Molekültypen. Ölige niedermolekulare Anteile, sogenannte Maltene, mit molaren Massen von 500 bis 1500 g/mol bilden das Dispersionsmittel. Darin sind zum einen schmelzbare, lösliche Erdölharze mit guter Klebfähigkeit und einer Teilchenmasse von 1000 bis 1500 u, und zum anderen sogenannte Asphaltene - unschmelzbare, unlösliche Bestandteile mit Teilchenmassen von 5000 bis 9000 u - dispergiert. <ref>{{Literatur |Titel=Wendehorst Baustoffkunde |Datum=2011 |DOI=10.1007/978-3-8348-9919-4 |Online=http://dx.doi.org/10.1007/978-3-8348-9919-4 |Abruf=2019-08-14}}</ref>
Die Bitumen sind [[kolloid]]e Systeme (meist [[Sol-Gel-Prozess|Sole]]), die in einer öligen Grundmasse ([[Maltene]]), dunkle, [[Harz (Material)|harz]]- bis [[kohle]]nartige kohlenstoffreichere Teilchen von mittlerer relativer [[Molekülmasse]] von 300 bis 3000 enthalten ([[Asphaltene]]).<ref name="Bene">Roland Benedix: ''Bauchemie für das Bachelor-Studium:'' Springer Vieweg, 2014, ISBN 978-3-658-05423-6.</ref>

Bitumen besteht hauptsächlich aus hochmolekularen [[Kohlenwasserstoffe]]n (langkettig; [[Aliphaten|aliphatisch]] und [[Aromaten|aromatisch]]) und enthält des Weiteren chemisch gebunden in geringen Anteilen [[Schwefel]], [[Sauerstoff]], [[Stickstoff]] und einige Spuren von [[Metalle]]n. Es ist in Wasser praktisch unlöslich ([[hydrophob]]) und wird daher beispielsweise verwendet, um empfindliche Stoffe und Bauteile gegen Wasser zu schützen. Bitumen gehört zu den [[thermoplast]]ischen Stoffen, das heißt, seine [[Viskosität]] ist temperaturabhängig: Bei [[Abkühlung]] wird es [[Sprödigkeit|spröde]], bei [[Erwärmung]] durchläuft es stufenlos alle Zustände von ''fest (glasartig)'' über ''zähflüssig'' und zwischen 150&nbsp;°C und 200&nbsp;°C ''dünnflüssig''. Bei steigenden Temperaturen fängt es an, sich langsam zu [[Zersetzung (Chemie)|zersetzen]], es verliert dann seine [[Plastizität (Physik)|plastischen]] Eigenschaften. Bitumen verfügt über keinen festen [[Schmelzpunkt]] wie z.&nbsp;B. Wasser, sondern es hat einen [[Schmelzbereich]], weil die zahlreichen Komponenten der Kohlenwasserstoffmischung verschiedene Schmelzpunkte besitzen.
Bitumen besteht hauptsächlich aus vielen verschiedenen langkettigen Kohlenwasserstoffen (aliphatische sowie aromatische) und Kohlenwasserstoffderivaten. Der Massenanteil von Kohlenstoff liegt bei 80-85%, von Wasserstoff bei 7-10%. Weitere Bestandteile sind in geringen Anteilen Sauerstoff , Schwefel, Stickstoff und einige Spuren von Metallen.

Bitumen ist in Wasser praktisch unlöslich (hydrophob) und auch gegen Wasserdampf weitgehend undurchlässig. Es wird daher beispielsweise verwendet, um empfindliche Stoffe und Bauteile gegen Wasser zu schützen. Es lassen sich in der Praxis jahrelange Wassereinwirkungen nur an der Oberfläche nachweisen.

Die Eigenschaften des Bitumens beruhen auf der kolloiden Systemstruktur. Die Struktur ändert sich bei Erwärmung von einem Sol- zu einem Gelzustand. Daher sind die meisten Eigenschaften von der Temperatur abhängig. So gehört Bitumen zu den thermoplastischen Stoffen, das heißt, auch seine Viskosität ist temperaturabhängig: Bei Abkühlung wird es spröde, bei Erwärmung durchläuft es stufenlos alle Zustände von fest (glasartig) über zähflüssig und zwischen 150 °C und 200 °C dünnflüssig. Bei steigenden Temperaturen fängt es an langsam zu altern, die Ölanteile verdampfen und das Bitumen verhärtet sich. Bitumen verfügt über keinen festen Schmelzpunkt wie z. B. Wasser, sondern es hat einen Schmelzbereich, weil die zahlreichen Komponenten der Kohlenwasserstoffmischung verschiedene Schmelzpunkte besitzen.


Auch das Verhalten gegenüber Chemikalien und chemischen Einflüssen ist bei Bitumen teilweise von der Temperatur abhängig. Bei Raumtemperatur ist Bitumen gegenüber den meisten Chemikalien praktisch resistent. Dazu gehören organische und anorganische Salze, stark polare Lösungsmittel wie Alkohol oder aggressive Wasser, sowie Basen und schwache Säuren wie z.B. Kohlensäure. Einige starke Säuren wie Schwefelsäure und Salpetersäure können jedoch bei erhöhten Temperaturen Bitumen chemisch angreifen. Löslich ist Bitumen in Kohlenwasserstoffen gleicher Herkunft, also Benzin, Öl, Diesel, und auch in vielen anderen organischen Lösungsmitteln wie Benzol, Schwefelkohlenstoff, Trichlorethan, Toluol usw.. Bitumen gilt als schwer entflammbar. Der Flammpunkt liegt generell oberhalb von 220°C. Im Gegensatz zu Straßenpech (Teer) enthält Bitumen keine cancerogenen, polycyclischen Kohlenwasserstoffe und ist biologisch unschädlich.
In Kontakt mit Wasser ist es sehr stabil ([[hydrophob]]). Es lassen sich in der Praxis jahrelange Wassereinwirkungen nur an der Oberfläche nachweisen. Zudem verhält sich Bitumen chemisch stabil gegenüber den meisten anorganischen [[Säuren]] (Ausnahmen: [[Salpetersäure]] HNO<sub>3</sub> und [[Schwefelsäure]] H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub>), [[Basen (Chemie)|Basen]] und [[Salze]]n, stark polaren [[Lösemittel]]n wie Alkohol und Wasser, ist bei höheren Temperaturen aber brennbar. Bitumen ist ''partiell löslich'' oder ''aufquellend'' in flüssigen Kohlenwasserstoffen, wie z.&nbsp;B. [[Motorenbenzin|Benzin]], [[Dieselkraftstoff|Diesel]], [[Öle]]n oder anderen unpolaren Lösemitteln z.&nbsp;B [[Toluol]], [[Trichlorethan]].


Die Eigenschaften bitumenhaltiger Baustoffe werden von folgenden typischen Merkmalen bestimmt:<ref name="Bene" /><ref>Konrad Zilch, Claus Jürgen Diederichs, Rolf Katzenbach, Klaus J. Beckmann (Hrsg.): ''Konstruktiver Ingenieurbau und Hochbau.'' Springer, 2013, ISBN 978-3-642-41839-6, S.&nbsp;1031.</ref>
Die Eigenschaften bitumenhaltiger Baustoffe werden von folgenden typischen Merkmalen bestimmt:<ref name="Bene">Roland Benedix: ''Bauchemie für das Bachelor-Studium:'' Springer Vieweg, 2014, ISBN 978-3-658-05423-6.</ref><ref>Konrad Zilch, Claus Jürgen Diederichs, Rolf Katzenbach, Klaus J. Beckmann (Hrsg.): ''Konstruktiver Ingenieurbau und Hochbau.'' Springer, 2013, ISBN 978-3-642-41839-6, S.&nbsp;1031.</ref>


* Schwer[[Flüchtigkeit|flüchtiges]], schwarzes, hoch-molekulares Kohlenwasserstoffgemisch
* Schwer[[Flüchtigkeit|flüchtiges]], schwarzes, hoch-molekulares Kohlenwasserstoffgemisch
* Geringe [[Dichte]], d.&nbsp;h. 0,92 bis 1,07&nbsp;kg/dm<sup>3</sup> (wie Wasser)
* Geringe [[Dichte]], d.&nbsp;h. 1,01 bis 1,07&nbsp;kg/dm<sup>3</sup> (wie Wasser, Oxidationsbitumen noch geringer)
* Extreme Temperatur-, und Zeitabhängigkeit ([[Viskoelastizität|visko-elasto]]-plastisch), daher auch ''geringe'' [[Hitze|Wärme]]- und [[Feuerwiderstand|Feuerbeständigkeit]]
* Extreme Temperatur-, und Zeitabhängigkeit ([[Viskoelastizität|visko-elasto]]-plastisch), daher auch ''geringe'' [[Hitze|Wärme]]- und [[Feuerwiderstand|Feuerbeständigkeit]]
* Gute Abdichtungseigenschaften gegen Wasser und Dampf ([[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] μ= 50000)<ref>Ekkehard Richter, Richard Jenisch, Hanns Freymuth, Martin Stohrer: ''Lehrbuch der Bauphysik:'' 6. Auflage, Vieweg & Teuber, 2008, ISBN 978-3-519-55014-3, S.&nbsp;235.</ref>
* Gute Abdichtungseigenschaften gegen Wasser und Dampf ([[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] μ= 50000)<ref>Ekkehard Richter, Richard Jenisch, Hanns Freymuth, Martin Stohrer: ''Lehrbuch der Bauphysik:'' 6. Auflage, Vieweg & Teuber, 2008, ISBN 978-3-519-55014-3, S.&nbsp;235.</ref>
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* Geringe [[Wärmeleitfähigkeit]] (0,16&nbsp;W/(m&nbsp;K))
* Geringe [[Wärmeleitfähigkeit]] (0,16&nbsp;W/(m&nbsp;K))
* Große [[Wärmeausdehnung|thermische Ausdehnung]] (6 × 10<sup>−4</sup>/K)
* Große [[Wärmeausdehnung|thermische Ausdehnung]] (6 × 10<sup>−4</sup>/K)
* [[Spezifische Wärmekapazität]] (1,7&nbsp;kJ/(kg·K))<ref>Nabil A. Fouad: ''Bauphysik-Kalender 2016: Schwerpunkt: Bauwerksabdichtung.'' Ernst & Sohn, 2016, ISBN 978-3-433-03128-5, S.&nbsp;641.</ref>
*[[Spezifische Wärmekapazität]] (1,7&nbsp;kJ/(kg·K))<ref>Nabil A. Fouad: ''Bauphysik-Kalender 2016: Schwerpunkt: Bauwerksabdichtung.'' Ernst & Sohn, 2016, ISBN 978-3-433-03128-5, S.&nbsp;641.</ref>
* Geringe [[Elektrische Leitfähigkeit]] bei 30&nbsp;°C beträgt sie lediglich 10<sup>−14</sup> S/cm.<ref>John Read, David Whiteoak: ''The Shell Bitumen Handbook.'' Fifth Edition, Thomas Telford Publishing, 2003, ISBN 978-0-7277-3220-0, S.&nbsp;435.</ref>
* Geringe [[Elektrische Leitfähigkeit]] bei 30&nbsp;°C beträgt sie lediglich 10<sup>−14</sup> S/cm.<ref>John Read, David Whiteoak: ''The Shell Bitumen Handbook.'' Fifth Edition, Thomas Telford Publishing, 2003, ISBN 978-0-7277-3220-0, S.&nbsp;435.</ref>
* Gute Witterungsbeständigkeit (kaum [[Oxidation]] in Luft)
* Gute Witterungsbeständigkeit (kaum [[Oxidation]] in Luft)
* Bitumen enthält im Gegensatz zu ''Steinkohlenteerpech'' sehr wenig [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe|PAKs]]
* Bitumen enthält im Gegensatz zu ''Steinkohlenteerpech'' sehr wenig [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe|PAKs]]
* Weitgehend [[Physiologie|physiologisch]] unbedenklich
* Weitgehend [[Physiologie|physiologisch]] unbedenklich
* [[Recycling|Recyclierbar]]
*[[Recycling|Recyclierbar]]


Die [[Alterung (Chemie)|Alterung]] des Bitumens lässt sich in drei Gruppen einteilen, die miteinander kommunizieren, durch [[Sauerstoff]], [[Sonnenlicht|Licht]] und ''Wärme'':<ref>Norbert Welsch, Jürgen Schwab, Claus Liebmann: ''Materie: Erde, Wasser, Luft und Feuer.'' Springer, 2013, ISBN 978-3-8274-1888-3, S.&nbsp;251.</ref>
Die [[Alterung (Chemie)|Alterung]] des Bitumens lässt sich in drei Gruppen einteilen, die miteinander kommunizieren, durch [[Sauerstoff]], [[Sonnenlicht|Licht]] und ''Wärme'':<ref>Norbert Welsch, Jürgen Schwab, Claus Liebmann: ''Materie: Erde, Wasser, Luft und Feuer.'' Springer, 2013, ISBN 978-3-8274-1888-3, S.&nbsp;251.</ref>

* Verdunstungsalterung (destillative Alterung): Durch Wärme [[Verdunstung|verdunsten]] immer mehr Ölanteile, es kommt zu einer ''Konzentrationserhöhung'' der Asphaltene.
* Verdunstungsalterung (destillative Alterung): Durch Wärme [[Verdunstung|verdunsten]] immer mehr Ölanteile, es kommt zu einer ''Konzentrationserhöhung'' der Asphaltene.
* Oxidative Alterung: Luftsauerstoff reagiert mit Kohlenwasserstoffen bzw. die C-H-Bindungen, was zu einer höheren Konzentration von Asphaltenen führt.
* Oxidative Alterung: Luftsauerstoff reagiert mit Kohlenwasserstoffen bzw. die C-H-Bindungen, was zu einer höheren Konzentration von Asphaltenen führt.
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== Herstellung ==
== Herstellung ==
[[Datei:Worms Tanks.jpg|mini|Tanks bei der Bitumina Spedition+Handel GmbH&Co in [[Worms]]]]
[[Datei:Worms Tanks.jpg|mini|Tanks bei der Bitumina Spedition+Handel GmbH&Co in [[Worms]]]]
Bitumen wird hauptsächlich als Rückstand bei der [[Vakuumdestillation]] von Erdöl gewonnen. Hierbei werden nur spezielle Rohöle zugelassen, fast ausschließlich ''hochschweflige'', „schwere“ Rohöle, wie „Arab Heavy“, „Kuwait“, „Iran Heavy“, „Urals“, „Kirkuk“. ''Niedrigschweflige'', leichte Rohöle wie z.&nbsp;B. [[Brent (Öl)|Brent]] oder [[Forties (Ölfeld)|Forties]] sind gänzlich ungeeignet, da die erforderliche niedrige [[Nadelpenetration]] des Vakuumrückstandes nicht erreicht werden kann. Die Spezial-Vakuumdestillation wird entweder „auf Pen“ gefahren, das heißt, das Sumpfprodukt entspricht bereits der gewünschten Qualität, oder die Nadelpenetration wird durch Mischen mit schwerem [[Vakuumdestillation|Vakuumgasöl]] eingestellt. In Deutschland wurden 2017 etwa 4.289.000 Tonnen Bitumen hergestellt.<ref name="MWV">{{Internetquelle |url=https://www.mwv.de/wp-content/uploads/2016/06/180830_MWV_Jahresbericht-2018_RZ_Web_es_small.pdf |titel=Jahresbericht 2018 |hrsg=[[Mineralölwirtschaftsverband]] |datum=2018-07 |zugriff=2019-04-07 |format=PDF; 7,44&nbsp;MB}}</ref>

Die Bitumen werden nach dem Herstellungsverfahren unterschieden.
Die Bitumen werden nach dem Herstellungsverfahren unterschieden.
* Destillationsbitumen bzw. Straßenbaubitumen auch als ''Penetrationsbitumen'' oder ''Primärbitumen'' bezeichnet.


Destillationsbitumen erhält man durch Destillation von Erdöl in mehreren Stufen unter vermindertem [[Druck (Physik)|Druck]] bei Temperaturen von 350&nbsp;°C bis 380&nbsp;°C. Auf diese Weise werden ''weiche'' und ''mittelharte'' Sorten gewonnen, die vor allem im Straßenbau Verwendung finden (nach DIN EN 12591 und DIN EN 13924).
• Destillationsbitumen bzw. Straßenbaubitumen auch als Penetrationsbitumen oder Primärbitumen bezeichnet. Destillationsbitumen erhält man durch Destillation von Rohöl in zwei Stufe. In der ersten Stufe wird bei atmosphärischem Druck Benzin, Petroleum, Diesel- und Heizöl verdampft. Der Destillationsrückstand wird danach in der zweiten Stufe unter vermindertem Druck (4 bis 7 kPa) bei Temperaturen von 350 °C bis 380 °C destilliert. Dabei verdampfen weitere Öle (Maschinenöl, Gasöl). Und die dabei nicht verdampften Rückstände sind Bitumen. Auf diese Weise werden weiche und mittelharte Sorten gewonnen, die vor allem im Straßenbau Verwendung finden (nach DIN EN 12591 und DIN EN 13924).


Bitumen wird hauptsächlich als Rückstand bei der [[Vakuumdestillation]] von Erdöl gewonnen. Hierbei werden nur spezielle Rohöle zugelassen, fast ausschließlich ''hochschweflige'', „schwere“ Rohöle, wie „Arab Heavy“, „Kuwait“, „Iran Heavy“, „Urals“, „Kirkuk“. ''Niedrigschweflige'', leichte Rohöle wie z.&nbsp;B. [[Brent (Öl)|Brent]] oder [[Forties (Ölfeld)|Forties]] sind gänzlich ungeeignet, da die erforderliche niedrige [[Nadelpenetration]] des Vakuumrückstandes nicht erreicht werden kann. Die Spezial-Vakuumdestillation wird entweder „auf Pen“ gefahren, das heißt, das Sumpfprodukt entspricht bereits der gewünschten Qualität, oder die Nadelpenetration wird durch Mischen mit schwerem [[Vakuumdestillation|Vakuumgasöl]] eingestellt. In Deutschland wurden 2017 etwa 4.289.000 Tonnen Bitumen hergestellt.<ref name="MWV">{{Internetquelle |url=https://www.mwv.de/wp-content/uploads/2016/06/180830_MWV_Jahresbericht-2018_RZ_Web_es_small.pdf |titel=Jahresbericht 2018 |hrsg=[[Mineralölwirtschaftsverband]] |format=PDF; 7,44&nbsp;MB |datum=2018-07 |zugriff=2019-04-07}}</ref>
# Standard-Straßenbaubitumen (Penetration zw. 20 und 330 [0,1 mm]).
# Standard-Straßenbaubitumen (Penetration zw. 20 und 330 [0,1 mm]).
# Harte Straßenbaubitumen (Penetration zw. 10 und 25 [0,1 mm]), Verwendung für Asphalte mit hohem Modul.
# Harte Straßenbaubitumen (Penetration zw. 5 und 25 [0,1 mm]), Verwendung für Asphalte mit hohem Modul.
# Weiche Straßenbaubitumen (Penetration über 330 [0,1 mm]), Verwendung bei extrem tiefen Temperaturen ([[Skandinavien]]).
# Weiche Straßenbaubitumen (Penetration zw. 250 und 900 [0,1 mm] oder kinematische Viskosität bei 60 °C von 1000 mm²/s bis 16 000 mm²/s), Verwendung bei extrem tiefen Temperaturen ([[Skandinavien]]).


Einsatz für Heißmischgut im Straßenbau und in Sonderfällen für Oberflächenbehandlungen, außerdem für Elektro-Kabel, Emulsionen, Fugenvergussmassen.
Einsatz für Heißmischgut im Straßenbau und in Sonderfällen für Oberflächenbehandlungen, außerdem für Elektro-Kabel, Emulsionen, Fugenvergussmassen.
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Das [[Rheologisches Modell|rheologische]] Verhalten der Bitumen kann man auf verschiedene Weise beeinflussen:
Das [[Rheologisches Modell|rheologische]] Verhalten der Bitumen kann man auf verschiedene Weise beeinflussen:


* Polymermodifizierte Bitumen DIN EN 14023
* Polymermodifizierte Bitumen DIN EN 14023/ TL PmB


Polymermodifizierte Bitumen (PmB) sind Bitumen, die durch das Mischen von Destillationsbitumen und [[Polymer]]en hergestellt werden, wobei sich das ''thermoviskose'' und ''elastoviskose'' Verhalten verändert.
Polymermodifizierte Bitumen (PmB) sind Bitumen, die durch das Mischen von Destillationsbitumen und [[Polymer]]en hergestellt werden, wobei sich das ''thermoviskose'' und ''elastoviskose'' Verhalten verändert.
Die Bezeichnung für PmB erfolgt mit einem zusätzlichen Buchstaben gemäß der „Technischen Lieferbedingungen für polymermodifizierte Bitumen in Asphaltschichten im Heißeinbau“ (TL PmB). Dabei stehen die Buchstaben A und B für Modifizierung mit Elastomeren, der Buchstabe C für Modifizierung mit Thermoplasten und der Buchstabe H für höherpolymerisierte Modifizierung.
Durch Zugabe vom [[Polypropylen]]en erhält man ein (APP)- oder auch [[Plastomer]]bitumen, durch Zugabe von [[Styrol-Butadien-Styrol]], ein (SBS)- oder [[Elastomer]]bitumen. Diese kommen besonders in der Dach- und Bauwerksabdichtung zur Anwendung. Weiter werden [[EPDM]], [[Ethylenvinylacetat|EVA]], ACM ([[Acrylatkautschuk]]) verwendet.

Polymermodifizierte Bitumen weisen eine höhere Kohäsion, größere Plastizitätsspanne, geringere Alterung sowie eine große elastische Rückformung nach Entlastung auf.


Die wichtigsten Anwendungsgebiete von polymermodifizierten Bitumen sind besonders beanspruchte Verkehrsflächen im Straßen- und Flughafenbau und die Herstellung hochwertiger Dach- und Dichtungsbahnen.
Die wichtigsten Anwendungsgebiete von polymermodifizierten Bitumen sind besonders beanspruchte Verkehrsflächen im Straßen- und Flughafenbau und die Herstellung hochwertiger Dach- und Dichtungsbahnen.
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* Oxidationsbitumen DIN EN 13304
* Oxidationsbitumen DIN EN 13304


Oxidationsbitumen oder ''Blasbitumen'' (Mineralgummi, Mineralkautschuk; Mineral rubber) werden in speziellen Reaktoren („Blasanlage“ ''Blasturm'') hergestellt, indem weiche Destillationsbitumen bei Temperaturen zwischen 230&nbsp;°C und 290&nbsp;°C durch Einblasen von Luft weiterbehandelt werden, partiell oxidiert. Hierdurch wird die Nadelpenetration erheblich reduziert, das Bitumen hochschmelzender und fester. Je nach Einsatzprodukt, Temperatur und Blaszeit gewinnt man Bitumensorten mit verbesserter Beständigkeit gegen Kälte und Wärme.
Oxidationsbitumen oder ''Blasbitumen'' (Mineralgummi, Mineralkautschuk; Mineral rubber) werden in speziellen Reaktoren („Blasanlage“ ''Blasturm'') hergestellt, indem weiche Destillationsbitumen bei Temperaturen zwischen 230&nbsp;°C und 290&nbsp;°C durch Einblasen von Luft weiterbehandelt werden. Durch das Einblasen von Luft verändert sich die Struktur der dispergierten Anteile und es bildet sich aus ihnen ein zusammenhängendes Gerüst (Gel-Zustand). Hierdurch wird die Nadelpenetration erheblich reduziert, die Plastizitätsspanne erweitert sich, das Bitumen hochschmelzender und fester. Je nach Einsatzprodukt, Temperatur und Blaszeit gewinnt man Bitumensorten mit verbesserter Beständigkeit gegen Kälte und Wärme.


Oxidationsbitumen werden im Industriebereich zur Herstellung von Dach- und Dichtungsbahnen, von Klebemassen und zur Isolierung von Rohrleitungen eingesetzt. Auch als [[Weichmacher]] für [[Kautschuk]].
Oxidationsbitumen werden im Industriebereich bei extremen Temperaturen eingesetzt. Auch zur Herstellung von Dach- und Dichtungsbahnen, von Klebemassen und zur Isolierung von Rohrleitungen werden sie eingesetzt. In der Gummiindustrie finden sie Anwendung als [[Weichmacher]] für [[Kautschuk]]. Bei der Bezeichnung von Oxidationsbitumen wird überlicherweise der Erweichungspunkt Ring und Kugel (RuK) und die maximale Nadelpenetration angegeben.


* Hochvakuum- und Hartbitumen DIN EN 13305
* Hochvakuum- und Hartbitumen DIN EN 13305


Hochvakuum- und Hartbitumen fallen bei der Weiterbehandlung von Destillationsbitumen in einer zusätzlichen Bearbeitungsstufe an auch durch [[Cracken]] in speziellen „[[Visbreaking|Visbreaker]]-Anlagen“. Sie zeigen eine harte bis springharte Konsistenz. Als ''Hartbitumina'' gelten allgemein Bitumensorten mit einer Nadelpenetration <&nbsp;10.
Hochvakuum- und Hartbitumen, auch Spödbitumen genannt, fallen bei der Weiterbehandlung von Destillationsbitumen in einer zusätzlichen Bearbeitungsstufe an auch durch [[Cracken]] in speziellen „[[Visbreaking|Visbreaker]]-Anlagen“. Sie zeigen eine harte bis springharte Konsistenz. Als ''Hartbitumina'' gelten allgemein Bitumensorten mit einer Nadelpenetration <&nbsp;10. Die Klassifikation erfolgt über den Bereich zwischen Ober- und Untergrenze bei den im Versuch Ring und Kugel ermittelten Erweichungspunkt.


Diese Bitumensorten finden Verwendung bei der Herstellung von [[Gussasphalt]] für [[Estrich]]e im [[Hochbau|Hoch-]] und [[Industriebau]] und bei der Produktion von [[Lack]]en, [[Gummi]]waren und Isoliermaterialien.
Diese Bitumensorten finden Verwendung bei der Herstellung von [[Gussasphalt]] für [[Estrich]]e im [[Hochbau|Hoch-]] und [[Industriebau]] und bei der Produktion von [[Lack]]en, [[Gummi]]waren und Isoliermaterialien.


Aus Bitumen abgeleitete Produkte:
* Spezialbitumen

** Auch werden „gummimodifizierte Bitumen“ (GmB), Gummibitumen enthalten Gummi[[mehl]] und/oder -[[Granulare Materie|granulat]] aus [[Altreifen|Altpneus]], hergestellt.
* Bitumenlösungen
** Wachsmodifizierten Bitumen (WmB),<ref>[http://www.vsvi-blnbbg.de/pdf/EinbauAsphaltamBspL330.pdf ''Modifizierte Bitumen''] auf vsvi-blnbbg.de, abgerufen am 17. August 2016.</ref>
** Fluxbitumen: Sogenannte Fluxbitumen (früher Verschnittbitumen) werden aus einer Mischung von bestimmten Fluxölen (Erdöldestillate) mit weichen Straßenbaubitumen hergestellt.
** sowie eingefärbte (mit Farbpigmenten) und [[Transparenz (Physik)|transparente]] Bitumen ([[synthetisch]] aus polymeren Harzen; Verhalten wie klassische Bitumen) hergestellt.
** Kaltbitumen: Kaltbitumen sind Bitumenlösungen aus weichen bis mittelharten Straßenbaubitumen mit leichtflüchtigen Lösemitteln.
** Es werden auch „Füllstoffbitumen“ mit Gesteinsmehl hergestellt.<ref>[[Eberhard Schunck]], Hans Jochen Oster, Rainer Barthel, Kurt Kiessl: ''Dach Atlas: Geneigte Dächer.'' 4. Auflage, Birkhäuser, München 2002, ISBN 978-3-7643-6896-8, S.&nbsp;132.</ref>
* Bitumenemulsionen
** Temperaturreduzierte Bitumen: Bitumen mit Zusatz von geeigneten [[Additiv]]en (z.&nbsp;B. Wachse, [[Fischer-Tropsch-Synthese|Fischer-Tropsch]]-[[Paraffin]]e, [[Zeolithe (Stoffgruppe)|Zeolithe]]). Mischgutherstellung und -einbau bei niedrigeren Temperaturen möglich (bessere Arbeitsbedingungen, weniger ''Bindemittelalterung'' und [[Emission (Umwelt)|Emissionen]], geringerer [[Energieverbrauch]]).
** Anionische Emulsionen: Bitumen werden in Tropfenform zerteilt und unter Zugabe eines alkalischen Emulgators in heißem Wasser dispergiert.
** Multigrade Bitumen: Chemisch-modifizierte Bitumen (ohne Polymerzusatz) mit ''geringer Temperaturempfindlichkeit'', sie weisen eine reduzierte [[thermale Suszeptibilität]] auf. Das bedeutet, dass sie sich bei hohen Temperaturen wie ein harter und bei niedrigen Temperaturen wie ein weicher Bitumentyp verhalten. Einsatz gegen [[Spurrinne]]nbildung und Ermüdung vor allem für ''Hochmodulasphalte''.
** Kationische Emulsionen: Bitumen werden in Tropfenform zerteilt und unter Zugabe eines sauren Emulgators in heißem Wasser dispergiert
** Nanopartikel-Bitumen.<ref>[https://www.empa.ch/de/web/s604/asphalt-healing ''Asphaltheilung''] auf empa.ch, abgerufen am 31. August 2016.</ref><ref>[http://www.isac.rwth-aachen.de/aw/cms/website/themen/forschung/laufende-forschungsvorhaben/~ukn/nanoasphalt-optimierung-der-gebrauchse/?lang=de ''NANOASPHALT''] auf isac.rwth-aachen.de, abgerufen am 31. August 2016.</ref>
* Bitumenanstrichmittel: Bitumenanstrichmittel können wie Bitumenlösungen oder –emulsionen hergestellt werden. Meist wird jedoch ein härteres Straßenbaubitumen verwendet.


== Natürliche Vorkommen ==
== Natürliche Vorkommen ==
Der größte Anteil von Bitumen wird aus Rohöl gewonnen. Bitumen kommen allerdings auch in natürlicher Weise auf der Erde vor. Sie entstehen dort im Prinzip wie Erdöl: Über Hundertausende Jahre entstehen sie aus den Überreste von organischen Material, wie Kleinstlebewesen, bei erhöhten Temperaturen und Druck unter den oberen Erdschichten.
Neben der Möglichkeit, Bitumen aus Erdöl zu gewinnen, gibt es natürliche Bitumenvorkommen auf der Erde, auch ''Naturbitumen'' genannt.

Es kommt im [[Porenraum]] einiger [[Sedimente und Sedimentgesteine|Sedimentgesteine]] (primär z.&nbsp;B. in [[Schwarzschiefer|Schwarztonsteinen]] wie dem [[Kupferschiefer]]) und in Form von [[Asphaltsee (Geologie)|Asphaltseen]] vor.<ref>&nbsp;Jochen Stark, Bernd Wich: ''Geschichte der Baustoffe.'' Bauverlag, 1998, ISBN 978-3-322-92893-1, S.&nbsp;94.</ref>
Bitumen kommt so in dem Porenraum einiger Sedimentgesteine (primär z. B. in Schwarztonsteinen wie dem Kupferschiefer). Zu dem gibt es natürliche Asphaltseen mit einem nennenswerten Anteil an Bitumen. Der größte natürliche Asphaltsee ist der „Pitch Lake“ in Trinidad und Tobago. Des weitern kommt Bitumen auch in sogenannten Ölsanden gemischt mit Sand und Wasser vor. Die größten Ölsandvorkommen liegen in Kanada, z.B. die Athabasca-Ölsande, und in Venezuela.


== Einteilung ==
== Einteilung ==

Version vom 14. August 2019, 20:21 Uhr

Aus Erdöl gewonnenes, zähflüssiges Bitumen
Natürlich entstandenes Bitumen (Naturasphalt)

Bitumen (lateinisch pix tumens, „ausschwitzendes Pech“, „Erdpech“, „Gräberpech“) DIN EN 12597, ist die Bezeichnung für die bei der schonenden Aufbereitung von Erdölen gewonnenen, dunkelfarbigen, halbfesten bis springharten, klebrigen Kohlenwasserstoff-Gemische. Es ist auch in Naturasphalt vorhanden. Bitumen haben wegen gesundheitlicher Vorteile das früher eingesetzte Steinkohleteer ersetzt, und werden heutzutage mit dem gleichen Zweck vor allem im Straßenbau und für Abdichtungsarbeiten eingesetzt. Bei Bitumen handelt es sich um ein kolloidales System aus einem Dispersionsmittel, den Maltenen, und die darin dispergierten Anteilen Asphaltene und Erdölharze.

Begriffsabgrenzung

Rückstände, die bei der Pyrolyse kohlenstoffreicher Substanzen zurückbleiben, sind nicht als Bitumen, sondern als Teer zu bezeichnen. Da Teer durch die schwarze Farbe und die in erhitztem Zustand zähflüssige Konsistenz Bitumen äußerlich sehr ähnlich ist, werden beide Stoffe nicht selten miteinander gleichgesetzt oder verwechselt. So wird oft davon gesprochen, dass eine Straße „geteert“ wird, wenn die Fahrbahn eine neue Asphaltdecke erhält. Teer unterscheidet sich allerdings in der Herstellung und chemischen Zusammensetzung deutlich von Bitumen. Er wird nicht aus Erdöl, sondern vorwiegend aus Braunkohle und Steinkohle gewonnen und enthält einen hohen Anteil an polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Da diese sehr gesundheitsschädlich sind, dürfen Teerprodukte in Deutschland nicht mehr als Baustoffe verwendet werden. Gemische aus Teer und Bitumen werden bereits seit den 1980er Jahren nicht mehr im Straßenbau genutzt.

Die Gleichsetzung oder Verwechslung von Teer und Bitumen rührt nicht zuletzt daher, dass bis 1983 sowohl Bitumen als auch Teer, Pech und Asphalt unter dem Oberbegriff bituminöse Stoffe zusammengefasst wurden. Heute wird eindeutig zwischen Bitumen und Steinkohlenteerpech unterschieden, da es sich um grundverschiedene Stoffgruppen handelt. Der Oberbegriff für Bitumenprodukte lautet gemäß DIN EN 12597 „Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel“. Auch mit „Asphalt“ dürfen nur bitumenhaltige, also teerfreie Gemische bezeichnet werden.

Geschichte

Relieffragment mit Spinnerin. Relief aus Bitumen

Die Nutzung von Bitumen beginnt bereits in der Antike. Bitumenreste als Fragmente von Dichtmaterial, die mehr als 3000 Jahre älter sind als die in Ra’s al-Jins im Oman (2400–2300 v. Chr.) gefundenen, haben Archäologen in as-Sabiyah (Kuwait) entdeckt. In einem neolithischen Dorf am Rand einer Lagune fanden sie neben den zu erwartenden arabischen Artefakten auch solche der mesopotamischen Obed-Kultur. 3000 v. Chr. wurde es erstmals nachweislich in der Stadt Hīt an natürlichen Austrittsstellen gefördert. Zahlreichen Beschreibungen zufolge muss der Ort ein Zentrum der damaligen Asphaltindustrie gewesen sein. Im 26. Jahrhundert v. Chr. entstand im Irak eine Kalksteintafel umrahmt mit Muscheln und Bitumen in Tell Asmar. In Assyrien wurde 2200 v. Chr. der Altar im Mausoleum von Bur-sin mit Bitumen bestrichen. Fast ausschließlich nur aus Susa, Hauptort des Reiches von Elam (heutiges Iran) sind Bitumenobjekte bekannt. Bitumen wurde erhitzt und formte dann eine harte Mastix-artige Masse, in der Szenen und Figuren geritzt wurden.[1] Die hängenden Gärten sollen mit Bitumen abgedichtet gewesen sein. Herodot beschreibt 500 v. Chr. Fördermethoden von „Erdpech“ aus erdölhaltigen Brunnen auf Zakynthos. Strabo schreibt 100 v. Chr. über die Gewinnung von „Erdpech“ am Toten Meer. Zur gleichen Zeit erwähnt Diodor die antike Bitumenindustrie. Nach dieser Blütezeit geriet Naturasphalt über Jahrhunderte hinweg in Vergessenheit. Die Griechen hatten kein besonderes Interesse an dem Werkstoff, die Römer besaßen kaum Asphaltvorkommen. Bis ins Mittelalter spielten bituminöse Stoffe praktisch nur in der Magie, in der Heilkunde und in der Einbalsamierung von Mumien eine Rolle. Mit der Zeit der Aufklärung und der Entdeckungsreisen (15. Jh.) wurde Naturasphalt wieder entdeckt. In der Zeit der Renaissance waren Dachgärten populär und diese wurden mit Bitumen abgedichtet.[2]

Im Jahr 1556 schreibt Georgius Agricola in Deutschland über die Eigenschaften von Bitumen und seine Gewinnung in bitumenhaltigen Quellen. 1704 beschreibt Michael Bernhard Valentini die Eigenschaften des Juden-Leim, Juden-Pech oder Asphaltum. Die Destillationsanlage der Gebrüder Dubinin liefert in Russland 1823 neben Petroleum kleine Mengen an Bitumen.

Mit der erfolgreichen Erdölbohrung in den US-Staat Pennsylvania 1859 begann der erste große Erdölboom des 19. Jahrhunderts. Aus dem Erdöl gewann man zunächst durch Destillation Leuchtöle für Lampen. Etwas später, führte man weitere Destillationen durch und erkannte dass die Destillationsrückstände verschiedene positive Eigenschaften haben. Im Jahre 1873, wird mit der Anwendung der so genannten Blasendestillation die kontinuierliche Gewinnung von Bitumen industriell möglich. Im Jahr 1888 wird schließlich mit dem Penetrationstest durch H. C. Bowen ein erstes Prüfverfahren für Bitumen entwickelt

1906 wird in Deutschland ein Patent auf die erste „Bitumenemulsion“ angemeldet. Bitumen findet sich wenige Jahre später als Isolation in elektrischen Anlagen, zur Abdichtung von Zündschnüren und Hausdächern. Auch im Wasserbau wird das Bitumen zur Abdichtung von Staudämmen verwendet.

Im Jahr 1936 wird erstmals die Prüfung für den Erweichungspunkt RuK, im folgenden Jahr die für den Brechpunkt nach Fraaß entwickelt. Zudem fand es Verwendung als Klebstoff bei der Brikettherstellung und als Bestandteil von Isolierbändern. Im Jahr 1957 kommt es zur Entwicklung von Schaumbitumen. Zehn Jahre später wird das für die heutige Anwendung sehr wichtige „polymermodifizierte Bitumen“ entwickelt und getestet.

Die wichtigste Anwendung finden Bitumen im Straßenbau, in den 2000er Jahren lag der Anteil von Straßenbaubitumen bei ca. 75%. Vorallem als in den 1970er Jahren die Verwendung von Teer im Asphalt in Westdeutschland verboten wurde und stattdessen Bitumen eingesetzt wurden stieg die Nachfrage an Straßenbaubitumen rasant an.

Eigenschaften

Bitumen sind kolloide Systeme aus drei unterschiedlichen Molekültypen. Ölige niedermolekulare Anteile, sogenannte Maltene, mit molaren Massen von 500 bis 1500 g/mol bilden das Dispersionsmittel. Darin sind zum einen schmelzbare, lösliche Erdölharze mit guter Klebfähigkeit und einer Teilchenmasse von 1000 bis 1500 u, und zum anderen sogenannte Asphaltene - unschmelzbare, unlösliche Bestandteile mit Teilchenmassen von 5000 bis 9000 u - dispergiert. [3]

Bitumen besteht hauptsächlich aus vielen verschiedenen langkettigen Kohlenwasserstoffen (aliphatische sowie aromatische) und Kohlenwasserstoffderivaten. Der Massenanteil von Kohlenstoff liegt bei 80-85%, von Wasserstoff bei 7-10%. Weitere Bestandteile sind in geringen Anteilen Sauerstoff , Schwefel, Stickstoff und einige Spuren von Metallen.

Bitumen ist in Wasser praktisch unlöslich (hydrophob) und auch gegen Wasserdampf weitgehend undurchlässig. Es wird daher beispielsweise verwendet, um empfindliche Stoffe und Bauteile gegen Wasser zu schützen. Es lassen sich in der Praxis jahrelange Wassereinwirkungen nur an der Oberfläche nachweisen.

Die Eigenschaften des Bitumens beruhen auf der kolloiden Systemstruktur. Die Struktur ändert sich bei Erwärmung von einem Sol- zu einem Gelzustand. Daher sind die meisten Eigenschaften von der Temperatur abhängig. So gehört Bitumen zu den thermoplastischen Stoffen, das heißt, auch seine Viskosität ist temperaturabhängig: Bei Abkühlung wird es spröde, bei Erwärmung durchläuft es stufenlos alle Zustände von fest (glasartig) über zähflüssig und zwischen 150 °C und 200 °C dünnflüssig. Bei steigenden Temperaturen fängt es an langsam zu altern, die Ölanteile verdampfen und das Bitumen verhärtet sich. Bitumen verfügt über keinen festen Schmelzpunkt wie z. B. Wasser, sondern es hat einen Schmelzbereich, weil die zahlreichen Komponenten der Kohlenwasserstoffmischung verschiedene Schmelzpunkte besitzen.

Auch das Verhalten gegenüber Chemikalien und chemischen Einflüssen ist bei Bitumen teilweise von der Temperatur abhängig. Bei Raumtemperatur ist Bitumen gegenüber den meisten Chemikalien praktisch resistent. Dazu gehören organische und anorganische Salze, stark polare Lösungsmittel wie Alkohol oder aggressive Wasser, sowie Basen und schwache Säuren wie z.B. Kohlensäure. Einige starke Säuren wie Schwefelsäure und Salpetersäure können jedoch bei erhöhten Temperaturen Bitumen chemisch angreifen. Löslich ist Bitumen in Kohlenwasserstoffen gleicher Herkunft, also Benzin, Öl, Diesel, und auch in vielen anderen organischen Lösungsmitteln wie Benzol, Schwefelkohlenstoff, Trichlorethan, Toluol usw.. Bitumen gilt als schwer entflammbar. Der Flammpunkt liegt generell oberhalb von 220°C. Im Gegensatz zu Straßenpech (Teer) enthält Bitumen keine cancerogenen, polycyclischen Kohlenwasserstoffe und ist biologisch unschädlich.

Die Eigenschaften bitumenhaltiger Baustoffe werden von folgenden typischen Merkmalen bestimmt:[4][5]

Die Alterung des Bitumens lässt sich in drei Gruppen einteilen, die miteinander kommunizieren, durch Sauerstoff, Licht und Wärme:[9]

  • Verdunstungsalterung (destillative Alterung): Durch Wärme verdunsten immer mehr Ölanteile, es kommt zu einer Konzentrationserhöhung der Asphaltene.
  • Oxidative Alterung: Luftsauerstoff reagiert mit Kohlenwasserstoffen bzw. die C-H-Bindungen, was zu einer höheren Konzentration von Asphaltenen führt.
  • Strukturalterung: Durch Agglomeration werden Asphaltene und Harze vergrößert.

Dies bewirkt, dass das Bitumen die „Haftfähigkeit“ verliert, verhärtet und rissig wird.

Herstellung

Tanks bei der Bitumina Spedition+Handel GmbH&Co in Worms

Bitumen wird hauptsächlich als Rückstand bei der Vakuumdestillation von Erdöl gewonnen. Hierbei werden nur spezielle Rohöle zugelassen, fast ausschließlich hochschweflige, „schwere“ Rohöle, wie „Arab Heavy“, „Kuwait“, „Iran Heavy“, „Urals“, „Kirkuk“. Niedrigschweflige, leichte Rohöle wie z. B. Brent oder Forties sind gänzlich ungeeignet, da die erforderliche niedrige Nadelpenetration des Vakuumrückstandes nicht erreicht werden kann. Die Spezial-Vakuumdestillation wird entweder „auf Pen“ gefahren, das heißt, das Sumpfprodukt entspricht bereits der gewünschten Qualität, oder die Nadelpenetration wird durch Mischen mit schwerem Vakuumgasöl eingestellt. In Deutschland wurden 2017 etwa 4.289.000 Tonnen Bitumen hergestellt.[10]

Die Bitumen werden nach dem Herstellungsverfahren unterschieden.

• Destillationsbitumen bzw. Straßenbaubitumen auch als Penetrationsbitumen oder Primärbitumen bezeichnet. Destillationsbitumen erhält man durch Destillation von Rohöl in zwei Stufe. In der ersten Stufe wird bei atmosphärischem Druck Benzin, Petroleum, Diesel- und Heizöl verdampft. Der Destillationsrückstand wird danach in der zweiten Stufe unter vermindertem Druck (4 bis 7 kPa) bei Temperaturen von 350 °C bis 380 °C destilliert. Dabei verdampfen weitere Öle (Maschinenöl, Gasöl). Und die dabei nicht verdampften Rückstände sind Bitumen. Auf diese Weise werden weiche und mittelharte Sorten gewonnen, die vor allem im Straßenbau Verwendung finden (nach DIN EN 12591 und DIN EN 13924).

  1. Standard-Straßenbaubitumen (Penetration zw. 20 und 330 [0,1 mm]).
  2. Harte Straßenbaubitumen (Penetration zw. 5 und 25 [0,1 mm]), Verwendung für Asphalte mit hohem Modul.
  3. Weiche Straßenbaubitumen (Penetration zw. 250 und 900 [0,1 mm] oder kinematische Viskosität bei 60 °C von 1000 mm²/s bis 16 000 mm²/s), Verwendung bei extrem tiefen Temperaturen (Skandinavien).

Einsatz für Heißmischgut im Straßenbau und in Sonderfällen für Oberflächenbehandlungen, außerdem für Elektro-Kabel, Emulsionen, Fugenvergussmassen.

Das rheologische Verhalten der Bitumen kann man auf verschiedene Weise beeinflussen:

  • Polymermodifizierte Bitumen DIN EN 14023/ TL PmB

Polymermodifizierte Bitumen (PmB) sind Bitumen, die durch das Mischen von Destillationsbitumen und Polymeren hergestellt werden, wobei sich das thermoviskose und elastoviskose Verhalten verändert. Die Bezeichnung für PmB erfolgt mit einem zusätzlichen Buchstaben gemäß der „Technischen Lieferbedingungen für polymermodifizierte Bitumen in Asphaltschichten im Heißeinbau“ (TL PmB). Dabei stehen die Buchstaben A und B für Modifizierung mit Elastomeren, der Buchstabe C für Modifizierung mit Thermoplasten und der Buchstabe H für höherpolymerisierte Modifizierung.

Polymermodifizierte Bitumen weisen eine höhere Kohäsion, größere Plastizitätsspanne, geringere Alterung sowie eine große elastische Rückformung nach Entlastung auf.

Die wichtigsten Anwendungsgebiete von polymermodifizierten Bitumen sind besonders beanspruchte Verkehrsflächen im Straßen- und Flughafenbau und die Herstellung hochwertiger Dach- und Dichtungsbahnen.

Industriebitumen: Bitumen, die nicht im Straßenbau eingesetzt werden:

  • Oxidationsbitumen DIN EN 13304

Oxidationsbitumen oder Blasbitumen (Mineralgummi, Mineralkautschuk; Mineral rubber) werden in speziellen Reaktoren („Blasanlage“ Blasturm) hergestellt, indem weiche Destillationsbitumen bei Temperaturen zwischen 230 °C und 290 °C durch Einblasen von Luft weiterbehandelt werden. Durch das Einblasen von Luft verändert sich die Struktur der dispergierten Anteile und es bildet sich aus ihnen ein zusammenhängendes Gerüst (Gel-Zustand). Hierdurch wird die Nadelpenetration erheblich reduziert, die Plastizitätsspanne erweitert sich, das Bitumen hochschmelzender und fester. Je nach Einsatzprodukt, Temperatur und Blaszeit gewinnt man Bitumensorten mit verbesserter Beständigkeit gegen Kälte und Wärme.

Oxidationsbitumen werden im Industriebereich bei extremen Temperaturen eingesetzt. Auch zur Herstellung von Dach- und Dichtungsbahnen, von Klebemassen und zur Isolierung von Rohrleitungen werden sie eingesetzt. In der Gummiindustrie finden sie Anwendung als Weichmacher für Kautschuk. Bei der Bezeichnung von Oxidationsbitumen wird überlicherweise der Erweichungspunkt Ring und Kugel (RuK) und die maximale Nadelpenetration angegeben.

  • Hochvakuum- und Hartbitumen DIN EN 13305

Hochvakuum- und Hartbitumen, auch Spödbitumen genannt, fallen bei der Weiterbehandlung von Destillationsbitumen in einer zusätzlichen Bearbeitungsstufe an auch durch Cracken in speziellen „Visbreaker-Anlagen“. Sie zeigen eine harte bis springharte Konsistenz. Als Hartbitumina gelten allgemein Bitumensorten mit einer Nadelpenetration < 10. Die Klassifikation erfolgt über den Bereich zwischen Ober- und Untergrenze bei den im Versuch Ring und Kugel ermittelten Erweichungspunkt.

Diese Bitumensorten finden Verwendung bei der Herstellung von Gussasphalt für Estriche im Hoch- und Industriebau und bei der Produktion von Lacken, Gummiwaren und Isoliermaterialien.

Aus Bitumen abgeleitete Produkte:

  • Bitumenlösungen
    • Fluxbitumen: Sogenannte Fluxbitumen (früher Verschnittbitumen) werden aus einer Mischung von bestimmten Fluxölen (Erdöldestillate) mit weichen Straßenbaubitumen hergestellt.
    • Kaltbitumen: Kaltbitumen sind Bitumenlösungen aus weichen bis mittelharten Straßenbaubitumen mit leichtflüchtigen Lösemitteln.
  • Bitumenemulsionen
    • Anionische Emulsionen: Bitumen werden in Tropfenform zerteilt und unter Zugabe eines alkalischen Emulgators in heißem Wasser dispergiert.
    • Kationische Emulsionen: Bitumen werden in Tropfenform zerteilt und unter Zugabe eines sauren Emulgators in heißem Wasser dispergiert
  • Bitumenanstrichmittel: Bitumenanstrichmittel können wie Bitumenlösungen oder –emulsionen hergestellt werden. Meist wird jedoch ein härteres Straßenbaubitumen verwendet.

Natürliche Vorkommen

Der größte Anteil von Bitumen wird aus Rohöl gewonnen. Bitumen kommen allerdings auch in natürlicher Weise auf der Erde vor. Sie entstehen dort im Prinzip wie Erdöl: Über Hundertausende Jahre entstehen sie aus den Überreste von organischen Material, wie Kleinstlebewesen, bei erhöhten Temperaturen und Druck unter den oberen Erdschichten.

Bitumen kommt so in dem Porenraum einiger Sedimentgesteine (primär z. B. in Schwarztonsteinen wie dem Kupferschiefer). Zu dem gibt es natürliche Asphaltseen mit einem nennenswerten Anteil an Bitumen. Der größte natürliche Asphaltsee ist der „Pitch Lake“ in Trinidad und Tobago. Des weitern kommt Bitumen auch in sogenannten Ölsanden gemischt mit Sand und Wasser vor. Die größten Ölsandvorkommen liegen in Kanada, z.B. die Athabasca-Ölsande, und in Venezuela.

Einteilung

Kenndaten von Straßenbaubitumen[11]
Sorte EP RuK in °C Penetration in 1/10 mm Veraltete Bezeichnung
160/220 35–43 (37–43) 160–220 B 200
70/100 43–51 (43–49) 70–100 B 80
50/70 46–54 (48–54) 50–70 B 65
30/45 52–60 (53–59) 30–45 B 45
20/30 55–63 (57–63) 20–30 B 25

Die Eigenschaften verschiedener Bitumenarten werden durch besondere Prüfverfahren untersucht. Diese sind festgelegt in den DIN-Normen für Straßenbaubitumen.[12]

Die wichtigsten Kennzahlen sind: der Erweichungspunkt RuK (EP RuK) DIN EN 1426, der Brechpunkt nach Fraaß DIN EN 12593 und die Werte der Nadelpenetration DIN EN 1427, diese werden für die Bezeichnung der Bitumensorte benutzt (siehe Tabelle).

Eine Analyse weiterer Bitumeneigenschaften kann mit einem Dünnfilm-Prüfofen DIN EN 12607-1 (RTFOT) zur Messung des Luft- und Temperatureffektes auf Bitumen, einem Druckalterungsbehälter. PAV, DIN EN 14769 zur Langzeitalterung von Bitumen nach 5 bis 10 Jahren, einem Dynamischen Scherrheometer DIN EN 14770, oder einem Biegebalkenrheometer zur Ermittlung des Kälteverhaltens und der Biegekriechsteifigkeit DIN EN 14771, erfolgen.

Für Polymermodifiziertes Bitumen werden im Duktilometer die elastische Rückstellung DIN EN 13398, sowie die Streckeigenschaft (Kraft-Duktilität) DIN EN 13589 bestimmt.

Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel werden folgendermaßen unterschieden:

  • Straßenbaubitumen oder Destillationsbitumen
  • Bitumenemulsion (kationisch DIN EN 13808 und anionische, sowie nichtionisch)
  • Fluxbitumen DIN EN 15322
  • Hartbitumen oder Hochvakuumbitumen
  • Kaltbitumen DIN 1995-4
  • Oxidationsbitumen
  • Polymermodifizierte Bitumenemulsion für Dünne Schichten im Kalteinbau
  • Polymermodifiziertes Bindemittel für Oberflächenbehandlungen
  • Polymermodifiziertes Bitumen
  • Bitumenanstrichstoffe
  • Spezialbitumen
Kenndaten von polymermodifiziertem Bitumen[13]
alte Bezeichnung (bis 2007) PmB 130 A PmB 65 A PmB 45 A PmB 25 A PmB 40/100-65 H
Eigenschaft 120/200-40A 45/80-50A 25/55-55A 10/40-65A 40/100-65A 45/80-50C 25/55-55C 10/40-65C
Nadelpenetration in 1/10 mm 120–200 45–80 25–55 10–40 40–100 45–80 25–55 10–40
EP RuK in °C ≥ 40 ≥ 50 ≥ 55 ≥ 65 ≥ 65 ≥ 50 ≥ 55 ≥ 65
Brechpunkt in °C ≤ −20 ≤ −15 ≤ −10 ≤ −5 ≤ −15 ≤ −10 ≤ −5 ≤ −15
Kraftduktilität in J/cm² ≥ 2 ≥ 2 ≥ 3 ≥ 2 ≥ 3 ≥ 2 ≥ 3 ≥ 2
(bei 0 °C) (bei 5 °C) (bei 5 °C) (bei 10 °C) (bei 5 °C) (bei 5 °C) (bei 5 °C) (bei 10 °C)
Elastische Rückstellung bei 25 °C in % ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥50 ≥ 70 NR NR NR
Biegebalkenrheometerwert bei −16 °C in MPa 200 250 300 350 250 300 350 200

Der Bereich zwischen Kältesprödigkeit (Brechpunkt) und Erweichen (Erweichungspunkt) wird als „Plastizitätsspanne“ bezeichnet. Straßenbaubitumen nach DIN EN 12591 weisen in der Regel eine „Plastizitätsspanne“ von etwa 60 °C auf. Größere Spannen bieten beispielsweise polymermodifizierte Bitumensorten nach DIN EN 14023.

Verarbeitung

Asphalttanker Bitumina III

Bitumen ist bei normaler Umgebungstemperatur nicht verarbeitbar oder förderbar. Zum Verarbeiten von Bitumen in ein Endprodukt sind somit Hilfsmittel erforderlich. Die bekannteste Möglichkeit ist das Erhitzen von Bitumen bis zum flüssigen Zustand. Weitere Möglichkeiten sind die Verarbeitung als Bitumenemulsion (Bitumen in Wasser emulgiert), Zugabe von Wasser und Umgebungsluft (Schaumbitumen) oder die Zugabe von Lösemitteln, sogenanntes Verschnittbitumen. Weiterhin werden zur leichteren Verarbeitbarkeit „Fluxmittel“ (petrostämmig) hinzugegeben. Bei den „Fluxmitteln“ handelt es sich um schwerflüchtige Öle (Fluxöle). Eine Erhitzung des so entstandenen gefluxten Bitumens (Fluxbitumen) zur weiteren Verarbeitung bleibt weiterhin notwendig. Seit 2003 werden die petrostämmigen „Fluxmittel“ zunehmend durch Öle aus nachwachsenden Rohstoffen ersetzt.

In Ländern mit kaltem Klima werden Fluxbitumen verwendet, da sie durch den Zusatz von Fluxölen eine niedrigere Viskosität aufweisen.

Verwendung

Verwendung von Bitumen-Schweißbahnen zur Abdichtung eines Flachdaches

Die stofflichen Eigenschaften von Bitumen erlauben eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten im Bauwesen. Im Hochbau wird Bitumen beispielsweise zum Schutz von Gebäudeteilen gegen Wasser verwendet. Dabei kommen Bitumenanstriche zur Verwendung oder verschiedene Bitumenwerkstoffe, z. B. Bitumen-Schweißbahn als Dachabdichtung. Es gibt sie als Bitumenbahnen (Trägereinlagen mit beidseitigen Bitumen-Deckschichten) oder als Polymerbitumenbahnen (Elastomer-(PYE) und Plastomer-(PYP) Bitumenbahnen). Bei der Außenabdichtung von Kellergeschossen kommt unter anderem eine Bitumendickbeschichtung zum Einsatz. Verschiedene Bitumen- oder Butylkautschuk-beschichtete Folien- (Aluminium oder Kunststoff) und Vlies-Bänder werden zur Verklebung, Abdichtung oder Schalldämmung im Bauwesen, Handwerk und Kraftfahrzeugbau eingesetzt.

Eine so genannte bitumenhaltige Haftschicht wird ebenfalls im Hochbau eingesetzt. Sie verbindet z. B. einen Brückenbelag mit der Stahlplatte und schützt den Stahl zugleich gegen Korrosion. In anderer Form findet Bitumen Verwendung als Rückenbeschichtung von Teppichfliesen.

Ist Bitumen dauerhaft der Witterung ausgesetzt, wird es aufgrund von Oxidationsvorgängen spröde und rissig. Oberflächenschutzsysteme oder die Beimischung von Kunststoffen können die Wirkungsdauer der Abdichtung wesentlich verlängern. Bitumenabdichtungen sollten im Normalfall mit einem Gefälle von mindestens 2 % ausgeführt werden, damit das Wasser abfließen kann. Bei geringerem Gefälle kann Wasser stehen bleiben. Wasser beschleunigt den biologischen und chemischen Abbau des Bitumens. Physikalisch schadet das stehen gebliebene Wasser durch Nass-Trockenzonen im Sommer und Eisbildung im Winter.

Verwendung im Straßenbau

Im Straßenbau bildet das Bitumen als Bindemittel zusammen mit den Gesteinskörnungen den Asphalt. Diese Rolle übernahm bis in die 1970er Jahre neben dem Bitumen der Teer, der heute wegen seiner krebserregenden (karzinogenen) Wirkung für den Bereich öffentlicher Auftraggeber verboten ist. Ein generelles Verbot für Teer ist vom Gesetzgeber bisher nicht erlassen worden.

Für die Herstellung von Asphalt werden immer häufiger „Bitumina“ verwendet, die mit Polymeren modifiziert sind. Diese tragen den Namen polymermodifiziertes Bitumen oder kurz PmB. Durch die Zugabe von Naturkautschuk, synthetischen Polymeren oder Schwefel können die Bitumeneigenschaften deutlich beeinflusst werden. So verbessert sich je nach Zugabemenge und Zugabeart die Standfestigkeit und die Haftung an der Gesteinskörnung. Diese Bitumensorte wird daher insbesondere für Fahrbahnbeläge mit hoher Verkehrsbeanspruchung verwendet.

Im Küstenschutz wird Bitumen benutzt, um Buhnen (Wellenbrecher) aus Steinen zusammen zu halten, also zu stabilisieren.

Bitumenplatten werden durch ihr hohes Gewicht und die Zähigkeit auch als geräuschdämpfende Beschichtung in Kraftfahrzeugen, Raumtrennsystemen, an Dusch- und Badewannen, Geschirrspülern sowie Stahlspülbecken verwendet. Einseitig selbstklebend beschichtet, kann man Bitumenplatten als Anti-Dröhn-Matte zum Nachrüsten kaufen. Auch werden Bitumen-Holzfaserplatten hergestellt, diese haben gute wasserresistente Eigenschaften.[14]

In Deutschland wurden 2017 etwa 2.146.000 Tonnen Bitumen verbraucht; 2.020.000 Tonnen wurden exportiert.[10]

Literatur

  • Georg Hansen: Saft, der aus dem Berg ausschwitzt. In: Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau. Jg. 20 (1966), Nr. 6, S. 26 ff.
  • Cinzia dal Maso: Die schwarzen Schiffe von Magan. In: Spektrum der Wissenschaft Spezial. 2003, Nr. 2, S. 34 ff.
  • Edeltraud Straube, Klaus Krass: Straßenbau und Straßenerhaltung. Ein Handbuch für Studium und Praxis. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-503-09067-3.
  • Asphalt und Bitumen (PDF; 4,4 MB), auf ifb.ethz.ch, abgerufen am 31. August 2016.
  • Bitumen (PDF; 2,3 MB), auf unibw.de, abgerufen am 24. September 2016.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Bitumen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bitumen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Daniel T. Potts, in: Touraj Daryaee (Hrsg.): The Oxford Handbook of Iranian History. Oxford, New York 2012, ISBN 978-0-19-973215-9, S. 49.
  2. Manfred Hegger, Volker Auch-Schwelk, Matthias Fuchs, Thorsten Rosenkranz: Construction Materials Manual. Birkhäuser, 2006, ISBN 978-3-7643-7570-6, S. 62.
  3. Wendehorst Baustoffkunde. 2011, doi:10.1007/978-3-8348-9919-4 (doi.org [abgerufen am 14. August 2019]).
  4. Roland Benedix: Bauchemie für das Bachelor-Studium: Springer Vieweg, 2014, ISBN 978-3-658-05423-6.
  5. Konrad Zilch, Claus Jürgen Diederichs, Rolf Katzenbach, Klaus J. Beckmann (Hrsg.): Konstruktiver Ingenieurbau und Hochbau. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-41839-6, S. 1031.
  6. Ekkehard Richter, Richard Jenisch, Hanns Freymuth, Martin Stohrer: Lehrbuch der Bauphysik: 6. Auflage, Vieweg & Teuber, 2008, ISBN 978-3-519-55014-3, S. 235.
  7. Nabil A. Fouad: Bauphysik-Kalender 2016: Schwerpunkt: Bauwerksabdichtung. Ernst & Sohn, 2016, ISBN 978-3-433-03128-5, S. 641.
  8. John Read, David Whiteoak: The Shell Bitumen Handbook. Fifth Edition, Thomas Telford Publishing, 2003, ISBN 978-0-7277-3220-0, S. 435.
  9. Norbert Welsch, Jürgen Schwab, Claus Liebmann: Materie: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Springer, 2013, ISBN 978-3-8274-1888-3, S. 251.
  10. a b Jahresbericht 2018. (PDF; 7,44 MB) Mineralölwirtschaftsverband, Juli 2018, abgerufen am 7. April 2019.
  11. Straube, S. 94.
  12. DIN Normen Bitumen auf arbit.de, abgerufen am 19. August 2016.
  13. Straube, S. 96.
  14. Bitumen-Holzfaserplatten auf materialarchiv.ch, abgerufen am 18. August 2016.