Aus-/Neubaustrecke Hannover–Hamburg

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Die Aus-/Neubaustrecke Hannover–Hamburg ist ein sich in Planung befindliches Vorhaben zur Steigerung der Kapazität der seit 2012 zum Überlasteten Schienenweg erklärten[1] Schienenverbindung zwischen Hannover und Hamburg. Im Rahmen des als Planungsbeschleunigungsgesetz bezeichneten Gesetzes wurde das Projekt als eigenständiges Projektbündel des Bundesschienenwegeausbaugesetz aus dem optimierten Alpha-E + Bremen ausgegliedert. Durch seine Positionierung im Vordringlichen Bedarf des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege[2] wurde dem Projekt durch das Planungsbeschleunigungsgesetz ein „Überragendes öffentliches Interesse“ ausgestellt.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorläuferprojekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Ideen für eine weitere, schnell befahrbare Trasse zwischen Hamburg und Hannover lassen sich bereits in den frühen 1960er-Jahren bei der Deutschen Bundesbahn finden. Diese zwischen Celle und Hamburg geplante Strecke wurde jedoch nie umgesetzt.

Y-Trasse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der hohen Belastung der Bahnstrecke Lehrte–Hamburg-Harburg stellte die Bahn 1992 das als Y-Trasse bekannte Projekt vor. Angedacht waren drei ypsilonförmig zulaufende Neubaustrecken. Diese sollten als mit 300 km/h befahrbare Schnellfahrstrecken ausgeführt werden. Insbesondere Anwohner protestierten stark gegen den Trassenvorschlag, aber auch verschiedene Verbände wie der Verkehrsclub Deutschland oder Pro Bahn positionierten sich aus verschiedenen Gründen gegen die Y-Trasse.

Alpha-E[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die umfangreichen Anwohnerproteste wurde im Rahmen des Dialogforum Schiene Nord anstatt der Y-Trasse das Projekt Alpha-E anfänglich entwickelt und empfohlen. Dieses Projekt sah anstelle eines Neubaus mehrere Streckenausbauten vor. Auf der Verbindung Hannover – Hamburg war primär ein dreigleisiger Ausbau auf einem Teil der Strecke vorgesehen. Da jedoch die ursprünglichen Varianten ein Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von <1 aufwiesen, wurden sie im BVWP 2030 letztlich unter „Kein Bedarf“ eingestuft. Ein erweitertes Projekt wurde als „optimiertes Alpha-E mit Bremen“ in den „vordringlichen Bedarf“ aufgenommen. Es enthielt auch ein Teilprojekt „ABS/NBS Hamburg – Hannover“ und wurde mit einem NKV von 1,0 ausgewiesen.

Planung und weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem im Dezember 2017 vom Bund die Finanzierungszusage für das Teilprojekt ABS/NBS Hamburg–Hannover erteilt wurde, begannen Anfang 2018 die Grundlagenermittlung und die Vorplanung.[4] Im Rahmen einer Sensitivitätsprüfung wurden für eine neue Bahnstrecke mögliche Grobkorridore nach raumordnerischen und umweltfachlichen Kriterien gebildet. Als Suchraum wurde ein Bereich gewählt, der 10 km westlich der Bundesautobahn 7 beginnt und 10 km östlich der Bestandsstrecke endet.[5] Die Ergebnisse wurden im Oktober 2021 vorgestellt.

Überlasteter Schienenweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Fahrplanwechsel 2012 wurde die Bestandsstrecke zwischen Hannover und Hamburg auf dem Abschnitt Uelzen–Stelle zum überlasteten Schienenweg erklärt. Zu dem Zeitpunkt bezifferte die Deutsche Bahn die Auslastung auf 126 %,[6] Ende 2023 auf 147 %.[7]

Sanierung Bestandsstrecke und 15 neue Züge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen der 2022 angekündigten Generalsanierung sollte die Bestandsstrecke ursprünglich 2026 umfangreich saniert werden. Dazu sollten während einer ca. halbjährigen Vollsperrung technische Anlagen erneuert und ggf. durch neuere Anlagen ersetzt werden. Auf Vorschlag des Landesverkehrsministers des Landes Niedersachsen Olaf Lies wurden die Sanierungsarbeiten auf 2029 verschoben. Die gewonnene Zeit soll in Planungen investiert werden, um erste Ausbauvorhaben des Projektes Alpha-E auf der Bahnstrecke Lehrte–Hamburg-Harburg zu realisieren.[8] Der im Alpha-E geplante Ausbau reiche nach Aussage von Staatssekretär Michael Theurer jedoch nicht aus, um den geplanten (Mehr-)Verkehr aufzunehmen.[9] Die Deutsche Bahn spricht von bis zu 15 zusätzlichen Zugverbindungen zwischen 6 und 22 Uhr, die durch die Maßnahmen ermöglicht werden. Der genaue Umfang hänge von den Finanzierungszusagen der Einzelmaßnahmen ab. Ende 2023 war für alle projektierten Maßnahmen mit Ausnahme von Lärmschutzwänden die Finanzierung gesichert.[7]

Genehmigungsbeschleunigungsgesetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da die Relation zwischen Hamburg und Hannover zu dem Kernnetz der Transeuropäischen Netze – Verkehr gehört, fällt sie unter die Richtlinie (EU) 2021/1187 „Raschere Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V)“. Um diese Richtlinie der Europäischen Union umzusetzen, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr das im Allgemeinen als Genehmigungsbeschleunigungsgesetz bezeichnete Gesetz (eigentlicher Titel: „Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1187 über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes“) erarbeitet. Dieses Änderungsgesetz schreibt einen zeitlich begrenzten Genehmigungszeitraum vor. Explizit heißt es dort nach einer Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in § 20, dass das Planfeststellungsverfahren innerhalb von vier Jahren abzuschließen ist. Eine einmalige Verlängerung dieser Frist ist möglich.

Des Weiteren spaltet das Gesetz das zuvor als Optimiertes Alpha-E mit Bremen bekannte Projekt in zwei verschiedene Projektbündel auf. Die acht vorher im „optimiertes Alpha-E mit Bremen“ enthaltenen Ausbauprojekte fallen in das Projektbündel mit der laufenden Nummer 3, die ABS/NBS Hannover – Hamburg in das mit der Nummer 2. Der Name Optimiertes Alpha-E mit Bremen wurde aus dem BSWAG entfernt. Beiden Projektbündeln wurde ein „Überragendes öffentliches Interesse“ ausgestellt. Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vom 28. Dezember 2023 trat das Gesetz am folgenden Tag in Kraft.[3]

Deutschlandtakt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Deutschlandtakt sieht für Züge auf der Relation zwischen den Taktknoten Hannover Hbf und Hamburg Hbf eine Fahrzeit von 59 bzw. 63 Minuten mit Halt in Hamburg-Harburg vor.[10] Die aktuell gefahrene Strecke ermöglicht im Fahrplan 2024 nur eine Fahrzeit von 74 Minuten für die Direktverbindung und 89 Minuten mit Halten an den größeren Bahnhöfen Celle, Uelzen, Lüneburg und Hamburg-Harburg.

Neue Zugzahlen 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr erarbeitet gemäß dem Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Regierung die Zugzahlen der Verkehrsprognose für das Jahr 2040.[11] Die Ergebnisse dieser Auswertung werden im Jahr 2024 erwartet.[12] Da ein Aus- bzw. ein Neubau in der Lage sein muss, diesen prognostizierten (Mehr-)verkehr aufnehmen zu können, werden diese Zahlen erwartet.[7]

Varianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Variantenübersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vier farbig markierte, mögliche Eisenbahntrassenverläufe zwischen Hannover und Hamburg
Trassenverläufe der verschiedenen Streckenvarianten

Die Deutsche Bahn stellte im Rahmen der Vorplanung vier Varianten zur weiteren Untersuchung vor.

  • Die blaue Variante stellt einen reinen Bestandsausbau dar. Hier würde die bestehende Strecke durchgängig auf eine Viergleisigkeit ausgebaut werden.
  • Die gelbe Variante umfasst zu großen Teilen die identische Ausbaustrecke, zweigt jedoch vor Uelzen auf eine als „Ortsumfahrung“ bezeichnete Neubaustrecke ab und schließt erst wieder hinter Lüneburg an die Bestandsstrecke an.

Die beiden weiteren Varianten stellen nahezu vollständige Neubaustrecken dar. Beide Varianten wurden entsprechend dem Prinzip der Verkehrswegebündelung parallel zu Fernstraßen geplant. Während bei beiden Varianten in Teilen direkt an der Autobahn geplant wird, liegt die Trasse auf längeren Abschnitten auch einige Kilometer abseits der Fernstraßen.

  • Die dunkelrote Variante wird direkt ab Höhe Burgwedel entlang der Bundesautobahn 7 (A7) geführt. Zwischen der Höhe Walsrode und Soltau verläuft die Trasse einige Kilometer nördlich der Autobahn. Diesem Verlauf folgt die Variante bis zur Höhe des Snow Dome Bispingen, nach welchem sie einige Kilometer östlich von der A7 abrückt. Auf der Höhe Garlstorf kreuzt die Trasse die A7, um ein Stück westlich an der Autobahn zu verlaufen. Das Horster Dreieck und das Maschener Kreuz werden östlich weitlaufend umfahren. Im Norden der Strecke sind zwei Anbindungen vorgesehen: eine für Personenzüge aus und nach Hamburg sinnvoll gelegene entlang der Strecke 2200 und eine weitere südlich des Rangierbahnhofs Maschen gelegene Anbindung über die Strecke 1280.
  • Die pinke Variante fädelt sich einige Kilometer nordöstlicher aus der Bahnstrecke Hannover–Celle aus und folgt ab Höhe Winsen (Aller) erst grob dem Verlauf der Bundesstraße 3 (B3). Dabei wird Bergen (Landkreis Celle) entgegen früherer Planungen[13] östlich umfahren. Nördlich von Bergen wird die Strecke wieder direkt an die B3 angenähert. Nach einer kurzen gemeinsamen Führung mit der B3 wird die Trassierung bis knapp nördlich der Höhe Soltau von Fernstraßen gelöst und grob gerade an den dunkelroten Variantenverlauf östlich an der A7 trassiert. Der restliche Streckenverlauf ist mit der dunkelroten Variante identisch. Die beiden nördlichen Streckenanbindungen sind hier ebenfalls geplant. Durch die eher östliche Führung der pinken Strecke ist eine Nordanbindung von Celle an die Schnellfahrstrecke möglich und auch im Rahmen der pinken Variante geplant.

Der finale Gutachterentwurf des Deutschlandtakts sieht für den Fall einer Neubaustrecke mindestens zwei Überholbahnhöfe für Güterzüge vor. In der Maßnahmenliste sind zwei Überholbahnhöfe mit einer Nutzlänge von 740 m zum Investitionspreis von je ca. 18 Mio. Euro unterstellt.[10]

Vorzugsvariante[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine offizielle Benennung einer Vorzugsvariante ist noch nicht erfolgt. Dieser Prozess ist für die parlamentarische Befassung relevant, da dies die Variante darstellt, über die im Folgenden der Bundestag abstimmt.

Auf dem Statustreffen des Dialogforum Schiene Nord am 15. Dezember 2023 betonte die Deutsche Bahn allerdings, dass nur eine bestandsferne (sprich autobahnparallele) Variante „alle gesetzlichen Ziele wie Engpassfreiheit, optimale Betriebsqualität, Wirtschaftlichkeit und Deutschlandtakt“ erfülle.[7]

Autobahnnahe Regionalhaltepunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seitens der Deutschen Bahn gibt es Überlegungen, die projektierte Schnellfahrstrecke um Regionalhalte für schnellen Regionalverkehr zu ergänzen. Dieses Konzept wurde bereits bei zwei anderen Schnellfahrstrecken umgesetzt: Der IRE 200 bedient auf der SFS Wendlingen–Ulm über den Regionalbahnhof Bahnhof Merklingen – Schwäbische Alb den Regionalverkehr über die Schnellfahrstrecke im Stundentakt. Der München-Nürnberg-Express (MNX) fährt Teile seiner Strecke über die Schnellfahrstrecke Nürnberg–Ingolstadt, wo er die Regionalbahnhöfe Bahnhof Kinding (Altmühltal) und Bahnhof Allersberg (Rothsee) anfährt. Durch die Kombination aus direkterer Linienführung und hohen Geschwindigkeiten für Nahverkehrsverhältnisse (200 km/h für den IRE 200 und 190 km/h für den MNX) lassen für Regionalexpresse sehr gute Verbindungszeiten zu. Da die Schnellfahrstrecken eher ortsabwärts liegen, werden die Regionalhalte oft mit Park-and-Ride-Parkplätzen ergänzt.

Konzeptionell wurden die Bahnhöfe Bergen und Soltauer Heide unterstellt, weitere mögliche Bahnhöfe stellen Wietzendorf, Bispingen, Evendorf und Garlstorf dar. Die vorgestellte konzeptionelle Nahverkehrsverbindung würde von dem angedachten Bahnhof Soltauer Heide aus 30 Minuten bis Hamburg und 40 Minuten nach Hannover benötigen.[7]

Diskurs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fridays for Future[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fridays for Future positionierte sich in einem offenen Brief an den SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil eindeutig für einen autobahnparallelen Streckenneubau. Des Weiteren kritisierten sie unter Verweis auf die induzierte Nachfrage die unterstützte Erweiterung der A7 auf sechs Fahrstreifen und postulierten, dass „alleine eine neue Bahnstrecke den Verkehrsengpass zwischen Hamburg und Hannover sinnvoll auflösen kann“.[14]

NABU[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der niedersächsische Landesverein des NABU befürwortet eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene.[15] Den Bau von Neubaustrecken lehnt der NABU jedoch unter Verweis auf Folgen für die Natur, Ressourcenverbrauch und Ausstoß von CO2 in der Bauphase ab.[16] Auch kritisiert der Verband die Zielsetzung des Deutschlandtaktes für die Verbindung zwischen Hannover und Hamburg, da diese hohe Geschwindigkeiten und damit einhergehend einen hohen Stromverbrauch erfordere. Alternativ befürwortet der NABU das ursprüngliche Alpha-E und einen Ausbau der Bestandsstrecke auf maximal 230 km/h.[17]

Pro Bahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert einen Ausbau der Streckenkapazität. Die Planungen des Alpha-E begrüßt der Verband zwar, fordert aber zusätzlich den Neubau einer Schnellfahrstrecke[18], welche ebenfalls von schnellen Regionalzügen mit bis zu 200 km/h genutzt werden kann.[19] Dies begründet sie zum einen mit besserer Erreichbarkeit der ländlichen Gebiete der Lüneburger Heide und zum anderen damit, dass die bestehende Strecke bereits jetzt überlastet ist und weitere zu erwartende Verkehre mit bisherigen Strecken nicht aufgenommen werden können.

Für die Neubaustrecke fordert der Verband die Errichtung verschiedener Regionalhalte und die Planung zweier[20] Regionalexpress-Linien, die über die Schnellfahrstrecke ländliche Gegenden und Ballungszentren schnell verbinden sollen. Dazu spricht der Verband sich für den Bau „einiger“ Verbindungskurven zu anderen Bestandsstrecken aus, wie beispielsweise zur Bahnstrecke Winsen–Hützel[21], welche laut Forderung in diesem Zusammenhang für den Personenverkehr reaktiviert werden soll. Die Präferenz zum Streckenneubau statt zum Streckenausbau begründet der Verband mit kürzeren möglichen Bauzeiten und geringeren Einschränkungen der Bestandsstrecke.

Durch die Verlagerung der Direktfernzüge zwischen Hamburg und Hannover sollen mehr Trassenkapazitäten zugunsten des Regionalverkehrs, konkret beispielsweise eines halbstündlichen Regionalexpresses zwischen Hamburg und Hannover, zur Verfügung stehen.[22]

Dem damaligen Verkehrsminister Bernd Althusmann und dem Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis Lars Klingbeil warf der Landesverband Pro Bahn ein wahltaktisches Vorgehen im Umgang mit dem Aus-/Neubauprojekt vor.[19][23] Der Nachfolgeregierung Kabinett Weil III warf der Landesverband Populismus und Bruch ihres eigenen Koalitionsvertrags in Bezug auf das Projekt vor.[24]

Verkehrsclub Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verkehrsclub Deutschland befürwortet einen Streckenneubau. Dies begründet er damit, dass der rechnerische Kapazitätsbedarf zwischen Hamburg und Hannover der Kapazität einer zusätzlichen zweigleisigen Hauptbahn entspräche.[25] Durch eine direktere Linienführung eines Neubaus entlang der A7 und B3 anstatt eines Streckenausbaus können langsamere Streckenhöchstgeschwindigkeiten für die Strecke eingeplant werden, um die vom Deutschlandtakt geforderte Fahrzeiten zwischen Hamburg Hbf und Hannover Hbf zu erreichen.[26] Einen reinen Streckenausbau, auch auf vier durchgehende Gleise, kritisiert der VCD zusätzlich aus weiteren Gründen. So müssten dafür entlang der Bestandsstrecke Häuser in Winsen, Lüneburg, Bad Bevensen und Uelzen abgerissen werden.[27] Auch würde die Bestandsstrecke für mindestens 25 Jahre eine Großbaustelle mit Ersatzverkehren und Unterbrechungen werden.[28]

Zum Schutz von Natur und Anwohnern fordert der VCD zudem längere Tunnelabschnitte in offener Bauweise.[25]

Die Kommunikation und Aussagen der Landes-Verkehrsminister und weiterer Landespolitiker zu diesem Thema kritisiert der VCD als „Bashing[29], „Populismus[28], „eine genaue Umkehrung der Tatsachen“[30] oder als „Wahlkampf[28].

Der Landesregierung Niedersachsens wirft der VCD des Weiteren politisches Kalkül in ihrer Position zu dem insgesamt viergleisigen Aus-/Neubau vor. Durch die unterschiedlich hohe politische Unterstützung der Schienenhinterlandverkehre der Seehäfen Jade-Weser-Port und Hamburger Hafen wolle die niedersächsische Landesregierung dem größten Seehafen Deutschlands Marktanteile abringen.[29]

Bürgerinitiativen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen die Planung und Umsetzung einer neuen Schnellfahrtrasse gibt es zahlreiche Bürgerinitiativen (BI). Viele dieser BI bestehen noch aus Zeiten der Y-Trassen-Planung. Sie setzen sich für die Umsetzung der Alpha-E Variante des Vorgängerprojektes ein. In einer gemeinsamen Erklärung vom 15. Oktober 2023 fordern 12 der circa 30[31] BI unter anderem eine vollständige Umsetzung des Vorgängerprojektes Optimiertes Alpha-E plus Bremen im Bestand, keine Vorfestlegung auf Neubaustrecken durch legislative Vorgänge und eine Grundlagenbereitstellung durch andere Institutionen als die Deutsche Bahn, welche die BI als nicht unabhängig ansieht.[32]

Die BI Y-Monster spricht hier von „Wolkenkuckucksheim-Prognosen“. Die BI Aktionsbündnis gegen Trassenneubau greift hierbei auch die Prognosen zum Wachstum des Hamburger Hafen an, welche für die Prognosen auf dem Schienenkorridor Hannover–Hamburg zentral seien. Der Deutschlandtakt wird von der BI Y-Monster mit Planwirtschaft verglichen, die geforderte Kantenfahrzeit als „utopisch“ und die daraus sich ergebende Fahrgeschwindigkeit als „völlig überzogen“ bezeichnet. Ein viergleisiger Ausbau sei nicht benötigt.[33]

Auch Umwelt- und Klimaschutzaspekte werden von der BI genannt: Hochgeschwindigkeitsverkehr sei zu energieintensiv. Eine Neubaustrecke würde ihre CO2-Bilanz nicht amortisieren, da der Straßenverkehr in absehbarer Zeit dekarbonisiert werde.[33]

Die BI Aktionsbündnis gegen Trassenneubau verweist auf die Ergebnisse einer von fünf BI[34] bei dem Beratungsbüro Vieregg-Rössler in Auftrag gegebenen Studie, welcher zufolge sich mit einigen Um- und Ausbauten am Bestand der Verkehr abbilden ließe.[35] Dem in der Studie vorgeschlagenen Ausbaukonzept liegen laut Deutscher Bahn allerdings falsche eisenbahnbetriebliche Grundannahmen zugrunde und es „löse den Verkehrsengpass im Korridor Hamburg–Hannover nicht auf“.[36]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Niedersächsische Landespolitiker wie der ehemalige Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) und sein sowohl Vorgänger als auch Nachfolger Olaf Lies (SPD) lehnen jegliche Form eines Aus- oder Neubaus, der über den Projektumfang des Alpha-E in seiner ursprünglichen Form hinausgeht, ab. In einer Pressemitteilung vom 15. Dezember 2023 bekräftigte das Niedersächsische Verkehrsministerium seine Auffassung, dass das Alpha-E „kapazitiv und wirtschaftlich tragfähig“ sei.[37]

SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil setzt sich aktiv unter Verweis auf das Ergebnis des Dialogforum Schiene Nord aus dem Jahr 2015 gegen eine Neubautrasse ein. Ein in Klingbeils Wahlkreis gelegenes Industriegebiet an der Autobahn wäre von beiden autobahnparallelen Trassenvarianten teilweise betroffen.[38] Nach Planungsstand von 2022 müssten hier eine Spielhalle, ein Fast-Food Restaurant, sowie eine Kartbahn der Bahntrasse weichen.[13]

Industrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe und die Arbeitsgemeinschaft Niedersächsische Seehäfen fordern den Bau einer Neubautrasse zur Bewältigung ihrer Hinterlandverkehre.[39]

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die technische Ausstattung der Strecke sind noch keine offiziellen Planungen bekannt. In Aus- und Neubauvarianten ist eine Ausstattung mit ETCS vorgeschrieben.[40][41]

Andere Schnellfahrstrecken auf TEN-V Korridoren, wie zum Beispiel die 2022 in Betrieb gegangene Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm, nutzen beispielsweise ETCS Level 2 ohne Signale als Zugsicherungssystem.

Kosten und Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gesamte geplante Kosten sind noch nicht bekannt. Der finalisierte Gutachterbericht zum Deutschlandtakt unterstellt der ABS/NBS jedoch einen Preis von knapp unter 3,5 Milliarden Euro.[10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Überlastete Schienenwege. (PDF; 409 kB) DB InfraGO AG, Dezember 2022, abgerufen am 6. März 2024.
  2. BGBl. 2023 I Nr. 409
  3. a b Bundesgesetzblatt Teil I: Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1187 über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 18. Februar 2024.
  4. Bahn stellt Pläne für Großprojekt „Alpha E“ vor. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 10. Januar 2018, abgerufen am 20. Juli 2022.
  5. Uelzen Süd–Hannover/Lehrte. Bahnprojekt Hamburg/Bremen–Hannover. DB Netz, abgerufen am 5. Februar 2022.
  6. N. Doll, S. Fründt, E. A. Ginten, T. Heuzeroth, B. Nicolai, A. Tauber, D. Wetzel: Das unfassbare deutsche Infrastruktur-Desaster. In: Welt. 12. Mai 2013, abgerufen am 6. März 2024.
  7. a b c d e Präsentation der DB Netz AG zum Statustreffen des Dialogforum Schiene Nord. (PDF) DB Netze AG, abgerufen am 18. Februar 2024.
  8. Bahnstrecke Hannover-Hamburg: Bund und Land weiter uneins. 2. August 2023, abgerufen am 6. März 2024.
  9. Hallo Niedersachsen: Streit um Bahnstrecke zwischen Hannover, Hamburg und Bremen | ARD Mediathek. Abgerufen am 24. März 2024.
  10. a b c Abschlussbericht zum Zielfahrplan Deutschlandtakt Grundlagen, Konzeptionierung und wirtschaftliche Bewertung. (PDF) SMA und Partner AG, Intraplan Consult GmbH, VIA Consulting & Development GmbH im Auftrag des Bundesministerium für Digitales und Infrastruktur, 1. September 2022, abgerufen am 5. März 2024.
  11. Koalitionsvertrag: Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. (PDF) Abgerufen am 5. März 2024.
  12. Verkehrsprognose 2040. 2. Juni 2023, abgerufen am 5. März 2024.
  13. a b Präsentation der DB Netz AG zum Statustreffen Dialogforum Schiene Nord am 15.09.2022. (PDF) 15. September 2022, abgerufen am 20. März 2024.
  14. Offener Brief an SPD-Chef Lars Klingbeil. Fridays for Future, abgerufen am 18. Februar 2024.
  15. Ein neues Mobilitätskonzept tut Not. NABU Niedersachsen, abgerufen am 5. März 2024.
  16. NABU begrüßt SPD-Beschluss zum Bahnstreckenausbau – Ausbau der Bestandsstrecken ist klima- und naturschonender als ein Neubau. NABU Niedersachsen, 20. Juni 2023, abgerufen am 5. März 2024.
  17. NABU kritisiert Bahn-„Dialog“. NABU Niedersachsen, 22. Januar 2022, abgerufen am 5. März 2024.
  18. Fahrgastverband PRO BAHN stellt sich hinter die Neubaustrecken von Hannover nach Bielefeld und Hamburg sowie die Wunderline. 24. März 2023, abgerufen am 18. März 2024.
  19. a b Ablehnung der Neubaustrecke verspielt zahlreiche Chancen für Niedersachsen. PRO BAHN Landesverband Niedersachsen/Bremen e. V., 3. Februar 2022, abgerufen am 17. März 2024.
  20. PRO BAHN wählt neuen Vorstand und bekräftigt Forderung nach NBS Hamburg – Hannover mit schnellem Regionalverkehr. PRO BAHN Landesverband Niedersachsen/Bremen e. V., 26. Juni 2023, abgerufen am 17. März 2024.
  21. Forderungsliste für Angebotsverbesserungen bei der Deutschlandtaktfortschreibung. (PDF) Fahrgastverband Pro Bahn e.V., 13. Juli 2023, abgerufen am 17. März 2024.
  22. Resolution – Niedersachsen braucht neue Gleise – die Landesregierung muss die Chancen erkennen! (PDF) Fahrgastverband Pro Bahn e.V., 24. März 2023, abgerufen am 17. März 2024.
  23. SPD will Deutschlandtakt und Verkehrswende im Bundestag blockieren. PRO BAHN Landesverband Niedersachsen/Bremen e. V., abgerufen am 17. März 2024.
  24. Alpha-E: Populismus siegt über Vernunft;offener Verstoß gegen Koalitionsverträge in Land und Bund. PRO BAHN Landesverband Niedersachsen/Bremen e. V., 23. September 2023, abgerufen am 17. März 2024.
  25. a b Alpha-E: Neubaustrecken dringend notwendig. 15. Oktober 2020, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  26. VCD Niedersachsen dankt SPD für Deutschlandtakt-Weihnachtsgeschenk. 22. Dezember 2023, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  27. VCD fordert „faire Prüfung“ für Bahn Hamburg – Hannover. 28. November 2022, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  28. a b c Fahrgastverbände: Bahnausbau Hamburg — Hannover braucht Neubaustrecke. 26. September 2022, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  29. a b Gespräch mit Wirtschafts- und Verkehrsminister: Olaf Lies beharrt auf Dreigleisigkeit zwischen Lüneburg und Uelzen gemäß Dialogforum Schiene Nord. 9. Februar 2023, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  30. VCD: Vorgehen der Bahn zum “Alpha-E” ist richtig. 21. Januar 2022, abgerufen am 13. März 2024 (deutsch).
  31. NDR: Streckenausbau Hamburg-Hannover: Bund reicht drittes Gleis nicht aus. Abgerufen am 20. März 2024.
  32. Offener Brief der Überregionalen Bürgerinitiativen (ÜBI) Pro ALPHA-E. 15. Oktober 2023, abgerufen am 20. März 2024 (deutsch).
  33. a b Bahnsinn – Der aktuellste Newsletter. (PDF) 11. Dezember 2023, abgerufen am 20. März 2024.
  34. Veranstaltungen. In: Projektbeirat Alpha-E. Abgerufen am 20. März 2024 (deutsch).
  35. Alpha E – Welche Verkehre brauchen wir? - Aktionsbündnis gegen Trassenneubau. 30. Oktober 2023, abgerufen am 20. März 2024 (deutsch).
  36. Vollumfängliche Gesamtbetrachtung Vieregg Rössler Konzeptionen. (PDF) DB Netze, 9. Juli 2021, abgerufen am 20. März 2024.
  37. Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung: Verkehrsminister Olaf Lies und Projektbeirat Alpha-E fordern von Bund und Bahn, Weg weiterzugehen. 15. Dezember 2023, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. März 2024; abgerufen am 5. März 2024.
  38. Nicht durch meinen Wahlkreis (Bezahlschranke). Der Spiegel, abgerufen am 18. Februar 2024.
  39. Hafenwirtschaft plädiert für neue Bahnstrecke Hamburg-Hannover. Norddeutscher Rundfunk, 9. April 2024, abgerufen am 11. April 2024.
  40. 2002/731/EG: Entscheidung der Kommission vom 30. Mai 2002 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems „Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung“ des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 96/48/EG. In: Europäisches Amtsblatt. 12. September 2002, abgerufen am 5. März 2024.
  41. 2006/679/EG: ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 28. März 2006 über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem „Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung“ des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems. In: Europäisches Amtsblatt. 28. März 2006, abgerufen am 5. März 2024.