Eidgenössische Volksinitiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!»

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Die eidgenössische Volksinitiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!» ist eine Volksinitiative der Jungsozialisten (JUSO), über die am 28. Februar 2016 abgestimmt wurde. Die Initiative wurde von Volk und Ständen verworfen.

Initiative[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einreichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initiative wurde am 24. März 2014 mit 115.942 gültigen Stimmen eingereicht.[1]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Volksinitiative verlangte, gewisse spekulative Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die sich auf Agrarprodukte beziehen, zu verbieten. Der Bund sollte sich zudem dafür einsetzen, solche Geschäfte auf internationaler Ebene zu bekämpfen. Damit wollten die Initianten spekulative Geschäfte mit Nahrungsmitteln begrenzen und stabilere Preise auf den internationalen Agrarmärkten erreichen. Dadurch sollte insbesondere die Ernährungslage in Entwicklungsländern verbessert werden.[2]

Wortlaut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

I
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 98a (neu) Bekämpfung der Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln
1 Der Bund erlässt Vorschriften zur Bekämpfung der Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln. Dabei beachtet er folgende Grundsätze:
a. Banken, Effektenhändler, Privatversicherungen, kollektive Kapitalanlagen und ihre mit der Geschäftsführung und Vermögensverwaltung befassten Personen, Einrichtungen der Sozialversicherung, andere institutionelle Anleger und unabhängige Vermögensverwalter mit Sitz oder Niederlassung in der Schweiz dürfen weder für sich noch für ihre Kundschaft und weder direkt noch indirekt in Finanzinstrumente investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Dasselbe gilt für den Verkauf entsprechender strukturierter Produkte.
b. Zulässig sind Verträge mit Produzenten und Händlern von Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln über die terminliche oder preisliche Absicherung bestimmter Liefermengen.
2 Der Bund sorgt für einen wirksamen Vollzug der Vorschriften. Dabei beachtet er folgende Grundsätze:
a. Aufsicht- sowie Strafverfolgung und -beurteilung sind Sache des Bundes.
b. Fehlbare Unternehmen können unabhängig von Organisationsmängeln direkt bestraft werden.
3 Der Bund setzt sich auf internationaler Ebene dafür ein, dass die Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln weltweit wirksam bekämpft wird.

II
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:

Art. 197 Ziff. 10 (neu)
10. Übergangsbestimmung zu Art. 98a (Bekämpfung der Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln)
Treten innerhalb von drei Jahren nach Annahme von Artikel 98a durch Volk und Stände die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen nicht in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg; diese gelten bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen.

Argumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pro[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jungsozialisten und Befürworter der Initiative sind der Ansicht, dass Spekulationen mit Nahrungsmitteln die Nahrungsmittelpreise zusätzlich in die Höhe treiben. Es wird argumentiert, dass diese von Spekulationen verursachten teuren Preise zu einer Zunahme des Welthungers führen und daher verboten werden müssten. Reine Termingeschäfte sowie auch der Handel von Agrar-Rohstoffen wäre weiterhin erlaubt. Jedoch sollen branchenfremde Investoren und Spekulanten aus den Terminmärkten ausgeschlossen werden.
Jean Ziegler, in seiner Rolle als UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, spricht sich für die Annahme der Initiative aus. Er sieht in der Spekulation nicht den einzigen, aber den wichtigsten Grund für steigende Nahrungsmittelpreise.[3][4]

Contra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gegner der Initiative halten das Verbot für den falschen Weg. Argumentiert wird, dass die Spekulation mit Nahrungsmitteln die Preise nicht oder kaum in die Höhe treibe. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Spekulation mit Nahrungsmitteln positiv auf den Markt auswirke und die Preise bei Grundnahrungsmitteln sogar stabilisiert.[5]

Volksabstimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bundesrat und die Bundesversammlung empfahlen Volk und Ständen, die Initiative abzulehnen.[6]

Die Schweizer Stimmberechtigten stimmten am 28. Februar 2016 über die Initiative ab.[7] Die Initiative wurde mit einer Mehrheit von 59,9 % der Abstimmenden abgelehnt. Ebenso stimmte die Mehrheit der Kantone dagegen. Lediglich in den Kantonen Basel-Stadt und Jura gab es eine knappe Mehrheit für die Initiative.[8]

Ergebnisse nach Kantonen
  • Ja (1 1/2 Stände)
  • Nein (19 5/2 Stände)
  • Kanton
    Ja
    (%)
    Nein
    (%)
    Beteiligung
    (%)
    Kanton Aargau Aargau 37,6 62,4 64,3
    Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 38,4 61,6 66,6
    Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 32,6 67,4 59,6
    Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 40,4 59,6 63,4
    Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt 50,4 49,6 66,6
    Kanton Bern Bern 41,6 58,4 61,0
    Kanton Freiburg Freiburg 40,1 59,5 63,6
    Kanton Genf Genf 45,5 54,5 55,4
    Kanton Glarus Glarus 37,5 62,5 57,9
    Kanton Graubünden Graubünden 38,1 61,9 61,0
    Kanton Jura Jura 50,5 49,5 55,3
    Kanton Luzern Luzern 35,9 64,1 68,0
    Kanton Neuenburg Neuenburg 45,6 54,4 57,6
    Kanton Nidwalden Nidwalden 30,8 69,2 73,6
    Kanton Obwalden Obwalden 31,5 68,5 73,6
    Kanton Schaffhausen Schaffhausen 44,0 56,0 75,8
    Kanton Schwyz Schwyz 33,4 66,6 68,9
    Kanton Solothurn Solothurn 40,2 59,8 64,1
    Kanton St. Gallen St. Gallen 37,3 62,7 62,5
    Kanton Tessin Tessin 41,8 58,2 68,0
    Kanton Thurgau Thurgau 38,3 61,7 59,7
    Kanton Uri Uri 35,8 64,2 73,3
    Kanton Waadt Waadt 43,5 56,5 58,5
    Kanton Wallis Wallis 36,1 63,9 63,3
    Kanton Zug Zug 32,1 67,9 69,9
    Kanton Zürich Zürich 40,4 59,6 65,0
    Eidgenössisches Wappen Schweizerische Eidgenossenschaft 40,1 59,9 60,16

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. Mitteilung der Bundeskanzlei vom 17. April 2014.
    2. Botschaft des Bundesrates vom 18. Februar 2015.
    3. Abstimmungs-Arena: Initiative gegen Nahrungsmittelspekulation, Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Sendung vom 15. Januar 2016, online abgerufen am 6. Februar 2016.
    4. Jean Ziegler: «Spekulanten töten Millionen». Aargauerzeitung vom 16. Januar 2016, online abgerufen am 6. Februar 2016.
    5. Abstimmungs-Arena: Initiative gegen Nahrungsmittelspekulation, Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Sendung vom 15. Januar 2016, online abgerufen am 6. Februar 2016.
    6. Bundesbeschluss vom 25. September 2015.
    7. Abstimmungsvorlagen für den 28. Februar 2016. In: Website der Bundeskanzlei. 7. Oktober 2015 (Medienmitteilung).
    8. Vorläufige amtliche Endergebnisse In: Website der Bundeskanzlei. Abgerufen am 5. März 2016.