Emil Ludwig

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Emil Ludwig

Emil Ludwig (* 25. Januar 1881 in Breslau; † 17. September 1948 in Ascona) war ein deutscher und später Schweizer Schriftsteller, der sich auf psychologisch deutende Biografien weltgeschichtlich hervorragender Persönlichkeiten spezialisierte und damit Welterfolge erzielte.[1][2]

Ludwig war Sohn des Augenarztes Hermann Cohn (1838–1906), der 1883 den Namen Ludwig annahm. Emil Ludwig konvertierte 1902 vom Judentum zum Christentum. Er studierte Rechtswissenschaft und wurde 1904 in Breslau mit einer Arbeit zur „Verletzung des Berufsgeheimnisses“[3] zum Dr. iur. promoviert, entschied sich jedoch für eine journalistische und schriftstellerische Laufbahn. In Berlin gehörte er zum Choriner Freundeskreis. 1906 siedelte er in die Schweiz über. 1914 wurde er Journalist in London und war während des Ersten Weltkriegs als Korrespondent für das Berliner Tageblatt in Wien und Istanbul. Ludwig gab 1922 nach der Ermordung Walther Rathenaus öffentlich das Christentum auf. Er zog 1922 wieder in die Schweiz und lebte als freier Schriftsteller in Ascona. 1932 erwarb er das Schweizer Bürgerrecht. 1940 zog er in die USA, wo er in Südkalifornien lebte und in Zusammenarbeit mit der US-Regierung antifaschistische Texte publizierte. Nach dem Kriegsende kehrte er in die Schweiz zurück.

Ludwig war Verfasser populärwissenschaftlicher und spannender Romanbiographien. „Dabei ging es um die Schicksale großer Menschen auf Grund genauer Quellenstudien mit wirkungsvoller Montage von Zitaten und moderner psychologischer Analyse. Seine Biographien waren sehr erfolgreich und wurden in viele Sprachen übersetzt.“[4]

Emil Ludwigs Bücher waren bereits in den 1920er Jahren vielfach ins Englische übersetzt worden, weswegen er auch in seinem US-Exil von eigenem Einkommen leben konnte. Spätestens seit 1930 war er Hitler ein Dorn im Auge, als er in der britischen Sunday Times einen Artikel veröffentlichte, in dem er sich die Nazis an die Macht wünschte, weil sie dann offen ihre Unfähigkeit zu regieren bloßlegen würden.[5] Seine Bücher wurden 1933 von den Nationalsozialisten verbrannt (siehe Liste der 1933 verbrannten Bücher). Der Korrespondent der Times vermeldete am 10. Mai 1933, dass unter den auf dem Berliner Opernplatz ab 23.30 Uhr von Studierenden verbrannten Büchern auch die von Ludwig waren. Propagandaminister Joseph Goebbels sprach bei dieser Gelegenheit von „jüdischen Asphalt-Literaten“.

Besonders bekannt wurde sein in viele Sprachen übersetztes Buch Mord in Davos über die Erschießung des Nationalsozialisten und NS-Landesgruppenleiters Wilhelm Gustloff in dessen Wohnhaus im schweizerischen Davos durch den aus Deutschland emigrierten David Frankfurter. Emil Ludwig würdigte Frankfurter in seiner Publikation als den neuen David, der den Riesen Goliath erschlug. Das Buch war in der Schweiz und Deutschland verboten. Goebbels lehnte Ludwigs Buch besonders stark ab, wie aus der Tagebucheintragung vom 6. November 1936 deutlich wird: „‚Der Mord in Davos‘, ein gemeines jüdisches Machwerk … Da kann man zum Antisemit werden, wenn man es nicht schon ganz und gar wäre. Diese Judenpest muss ausradiert werden. Ganz und gar. Davon darf nichts übrig bleiben.“[6]

Robert Neumann schilderte Ludwig 1947 als Goetheaner, der sich als dessen geistiger Erbe gerierte in vermeintlicher Konkurrenz zu Thomas Mann, den er als „Usurpator“ bekämpfte. „Es stand schlimm um Ludwig […], nicht nur die klassischen Plastiken (in dessen Haus am Berghang in Moscia) sahen aus wie Marmor und waren Gips.“[7]

Sein Nachlass befindet sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Werke (Auswahl)

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Schliemann, 1932
  • Ein Untergang. Drama in 5 Akten. Berlin 1904.
  • Napoleon (Drama). 1906.
  • Der Spiegel von Shalott. Bruno Cassirer, Berlin, 1907.
  • Die Borgia. Ein Schauspiel. Bruno Cassirer, Berlin, 1907.
  • Tristan und Isolde. Dramatische Rhapsodie. Berlin 1909.
  • Der Papst und die Abenteurer oder Die glücklichen Gärten. Berlin 1910.
  • Bismarck. Ein psychologischer Versuch. Berlin 1911.
  • Manfred und Helena. Roman. 1911.
  • Wagner oder Die Entzauberten. Berlin 1912.
  • Die Reise nach Afrika. Berlin 1913.
  • Richard Dehmel. Berlin 1913
  • Der Künstler. Essays. Berlin 1914.
  • Friedrich Kronprinz von Preußen. Historisches Schauspiel in zehn Bildern. Berlin 1914.
  • Die Fahrten der Emden und der Ayesha. Berlin 1916.
  • Die Fahrten der Goeben und der Breslau. Berlin 1916.
  • Diana. Roman. Berlin 1918.
  • An die Laterne! Bilder aus der Revolution. Berlin 1919.
  • Goethe, in zwei Teilen. Stuttgart 1920.
  • Meeresstille und glückliche Fahrt. Roman. Berlin 1921.
  • Vom unbekannten Goethe. Eine neue Anthologie. Herausgegeben von Emil Ludwig, Berlin 1922.
  • Bismarck : Geschichte eines Kämpfers. Ernst Rowohlt, Berlin 1926. [Neuauflage Paul Zsolnay, Berlin, Wien, Leipzig 1932].
  • Bismarck – nach dem Zusammenbruch. In: Die Weltbühne 17. Jg., Nr. 26, 30. Juni 1921, S. 697–700 [Digitalisat]
  • Am Mittelmeer. 1923.
  • Rembrandts Schicksal. 1923.
  • Shakespeare über unsere Zeit. Eine Anthologie auf das letzte Jahrzehnt. 1923.
  • Shakespeares Sonette. Deutsch von Emil Ludwig, Rowohlt, Berlin 1923.
  • Napoleon (Roman). 1924.
  • Genie und Charakter. 20 männliche Bildnisse. Rowohlt, Berlin 1924 (über Friedrich II., Stein, Bismarck, Stanley, Peters, Rhodes, Lenin, Wilson, Rathenau, Lionardo, Shakespeare, Rembrandt, Voltaire, Byron, Lassalle, Goethe und Schiller, Dehmel und Bang).
  • Wilhelm der Zweite. Rowohlt, Berlin 1925.
  • Meeresstille. Roman eines deutschen Prinzen. 1925.
  • Kunst und Schicksal. Vier Bildnisse. 1927 (über Rembrandt, Beethoven, Weber und Balzac).
  • Der Menschensohn. Geschichte eines Propheten. 1928.
  • Tom und Sylvester. Ein Quartett. 1928, Neuauflage 1933 als Tom und Sylvester – Tessiner Novelle.
  • Juli 14. 1929.
  • Michelangelo. 1930.
  • Lincoln. 1930.
  • Geschenke des Lebens. Ein Rückblick. 1931.
  • Stalin, Unterredung mit dem deutschen Schriftsteller Emil Ludwig. 1931.
  • Schliemann. Geschichte eines Goldsuchers. 1932, verändert 1952 als Schliemann. Die Geschichte der Entdeckung des alten Troja.
  • Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig. 1932 (Elektronische Ressource der DNB).
  • Goethe – Kämpfer und Führer. Festrede der Goethe-Feier im Deutschen Volkstheater, Wien, 20. März 1932.
  • Führer Europas. Nach der Natur gezeichnet. 1934 (Porträts von Nansen, Masaryk, Briand, Rathenau, Motta, Lloyd George, Venizelos, Mussolini und Stalin).
  • Hindenburg und – Die Sage von der deutschen Republik. Querido Verlag, Amsterdam 1935.
  • Der Nil. Lebenslauf eines Stromes. 2 Teile, Querido Verlag, Amsterdam 1935–1937.
  • Mord in Davos. Querido Verlag, Amsterdam 1936, erweitert u. a. um ein Interview mit David Frankfurter als zweite Auflage 1945 als David und Goliath: Geschichte eines politischen Mordes in Zürich erschienen und posthum erneut 1986 Emil Ludwig, Peter O. Chotjewitz, Der Mord in Davos: Texte zum Attentatsfall David Frankfurter, Wilhelm Gustloff, als eine um Beiträge von Chotjewitz und Kreuzer erweiterte Ausgabe, Hrsg. Helmut Kreuzer, März Verlag, Herbstein 1986 ISBN 3-88880-065-X.
  • Cleopatra. Geschichte einer Königin. 1937.
  • Die neue heilige Allianz. Über Gründe und Abwehr des drohenden Krieges. 1938.
  • Roosevelt. Studie über Glück und Macht. 1938.
  • Quartett. Ein unzeitgemäßer Roman. 1938.
  • The Germans. Double History of a Nation. 1941.
  • Bolivar. The Life of an Idealist. 1942.
  • Mackenzie King. A Portrait Sketch. 1944.
  • Stalin. 1945.
  • Der entzauberte Freud. 1946.

Biografien

  • Armin Fuhrer: Emil Ludwig. Verehrt, verfemt, verbrannt. Eine Biografie. Lau Verlag, Reinbek 2021, ISBN 978-3-95768-225-3.
  • Hans-Jürgen Perrey: Emil Ludwig. Biographischer Roman. Dittrich Verlag, Weilerswist-Metternich 2017, ISBN 978-3-943941-88-3.
  • Hans-Jürgen Perrey: Emil Ludwig (1881–1948). Dichter – Kämpfer – Menschenfreund. Dr. Steve-Holger Ludwig, Kiel 2017, ISBN 978-3-86935-323-4.

Weiteres

  • Gieri Cavelty: „J’accuse“ der Schweizer Geschichte. Der Autor Emil Ludwig und sein leidenschaftlicher Essay „Der Mord in Davos“. In: Die Südostschweiz. 7. Mai 2005.
  • Hans Delbrück: E. Ludwig, Wilhelm II. Besprochen von Geh. Regierungsrat Univ.-Prof. Dr. Hans Delbrück. In: Historische Belletristik. Ein kritischer Literaturbericht, Band 133, Heft 3 (1926), S. 37–43.
  • Christoph Gradmann: Historische Belletristik. Populäre Biographien in der Weimarer Republik. Campus, Frankfurt am Main 1993.
  • Christopher Meid: Geschichte als Warnung. „Juli 14“ von Emil Ludwig. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 16 (2013/2014), S. 183–197.
  • Wilhelm Mommsen: „Legitime“ und „illegitime“ Geschichtsschreibung: eine Auseinandersetzung mit Emil Ludwig. München 1930.
  • Johanna W. Roden: Emil Ludwigs’s Political Writing during his U. S. Exile 1940–1945. In: Jahrbuch für internationale Germanistik (Reihe A, Kongressberichte Band 10). Bern 1981.
  • Thomas F. Schneider (Hrsg.): Non Fiktion – Emil Ludwig. Wehrhahn Verlag 2016, ISBN 978-3-86525-546-4 (zugleich 11. Jg., Heft 1/2, der Zeitschrift Arsenal der anderen Gattungen).
  • Sebastian Ullrich: Ernst Kantorowicz und Emil Ludwig. Zwei Kritiker der Weimarer Geschichtswissenschaft und die „Krisis des Historismus“. In: Sozial-Geschichte. 21, Nr. 2, Verlag Peter Lang, 2006, S. 7–33.
  • Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-03962-7. Zu Ludwig S. 181–184.
  • Otto Westphal: Feinde Bismarcks. Geistige Grundlagen der deutschen Opposition 1848–1918. München 1930.

Lexikoneinträge

Commons: Emil Ludwig – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Zu Unrecht weitgehend vergessen: Emil Ludwig, der Hitler-Feind und Wahlschweizer In: Neue Zürcher Zeitung vom 11. September 2023
  2. Volker Ullrich: Der Fall Emil Ludwig. In: Die Zeit. Online10. September 1993 (zeit.de).
  3. Emil Ludwig: Die Verletzung des Berufsgeheimnisses (§ 300 R.St.G.B.). Schatzky, Breslau 1904.
  4. Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur: Autoren. 3. neu bearbeitete Aufl. Stuttgart 1988; dtv Ausgabe 1997, S. 932.
  5. Ludwig on Hitler. In: Financial Times. 27. Sept. 1930, S. 5; und Sunday Times vom Tag darauf.
  6. Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente. Teil I: Aufzeichnungen 1924–1941, 4 Bde. und 1 Bd. Interimsregister, München 1987, hier Band 2, S. 718.
  7. Robert Neumann: Ein leichtes Leben. Autobiografie. S. 382 ff.