Essaouira

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Essaouira
الصويرة
ⵎⵓⴳⴰⴹⵓⵔ
Wappen von Essaouira
Essaouira (Marokko)
Essaouira (Marokko)
Essaouira
Basisdaten
Staat: Marokko Marokko
Region: Marrakesch-Safi
Provinz: Essaouira
Koordinaten 31° 31′ N, 9° 46′ WKoordinaten: 31° 31′ N, 9° 46′ W
Einwohner: 69.493 (2004[1])
Höhe: 10 m
Blick auf die Medina
Blick auf die Medina
Blick auf die Medina
Hafentor (Porte de la Marine)
Hafenmauer mit Turm (Scala du Port)
Stadtmauer am Meer (Scala de la Kasbah)
Altstadt

Essaouira (arabisch الصويرة, DMG as-Ṣawīra ‚Die Eingeschlossene‘, Zentralatlas-Tamazight ⵎⵓⴳⴰⴹⵓⵔ Mugaḍur) ist eine Hafenstadt mit etwa 85.000 Einwohnern an der marokkanischen Atlantikküste in der gleichnamigen Provinz in der Region Marrakesch-Safi. Vor der Unabhängigkeit Marokkos wurde die Stadt auch Mogador genannt. Dieser Name geht vermutlich auf die Portugiesen zurück und wird heute nur noch für die vorgelagerte Insel verwendet. Die gesamte Altstadt (Medina) von Essaouira wurde im Jahr 2001 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.[2]

Lage

Mit dem südlich gelegenen Agadir ist Essaouira über die kurvenreiche N 1 verbunden (Entfernung etwa 175 km) und mit dem östlich gelegenen Marrakesch über die N 8 und die R 207 (Entfernung ebenfalls etwa 175 km).

Verkehr

Der Flughafen Mogador liegt etwa 15 Kilometer südöstlich des Stadtzentrums und ist mit einem Linienbus zu erreichen. Vom Busbahnhof aus gibt es zahlreiche manchmal auch regelmäßige Verbindungen zu allen Großstädten des Landes.

Bevölkerung und Wirtschaft

Die größtenteils aus den Berberdörfern Südmarokkos zugewanderte Bevölkerung spricht Marokkanisches Arabisch und die heimatlichen Berberdialekte des Tamazight. Haupterwerbszweige der Stadt sind Fischfang (hauptsächlich Sardinen und Seeaal) und der Fremdenverkehr. Bedingt durch sein mildes Winter- bis heißes Sommer-Klima wird Essaouira vor allem von Touristen aus den marokkanischen Großstädten besucht, verzeichnet aber auch steigende Besucherzahlen aus Europa, wobei die Franzosen in der Überzahl sind.

Geschichte

Der Ort war eine phönizische Gründung unter dem Namen Migdol, die später von den Puniern (unter Hanno II) und den Römern beherrscht wurde. Ausgrabungen seit den 1950er Jahren belegen eine frühphönizische Niederlassung aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Historische Quellen lassen vermuten, dass es sich hierbei um die bei Plinius erwähnte ‚Purpurinsel‘ handeln könnte.

Stadt und Insel Mogador sind ein Forschungsschwerpunkt des Deutschen Archäologischen Instituts Madrid. Zusammen mit der Erforschung der spanischen und portugiesischen Westküste untersucht man das Gebiet auf die Aktivitäten der Phönizier, die hier bereits den Handel mit West- und Südafrika kontrollierten. Neueste Grabungen lassen vermuten, dass die in der Bucht von Essaouira gelegenen Islas de Mogador (auch Islas Purpurinas), den äußersten Außenposten der antiken Welt darstellten. Die Phönizier sollen hier Purpurschnecken gezüchtet haben. Aber auch die Hinterlassenschaften der Jungsteinzeit werden untersucht, so fanden sich eine große Zahl sogenannter Escargotières – Abfallhaufen, die aus Muschelresten, Schneckengehäusen, Holzkohle und anderen Zeugnissen dafür bestehen, dass die Menschen der Jungsteinzeit von Meeresfrüchten lebten. Für 2007 war eine neue Grabungskampagne auf der Insel Mogador und dem gegenüberliegenden Festland geplant.

Die westmarokkanische Küste gehörte zur römischen Provinz Mauretania Tingitana mit der Hauptstadt Volubilis. Im Jahre 429 n. Chr. eroberten die Vandalen den Norden der Provinz, den dann im Jahre 533 der oströmische General Belisar einnahm. Zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert schlossen sich mehrere regionale Berberstämme der Herrschaft der arabischen Umayyaden an, die auch den Süden Spaniens beherrschten. Im 11. Jahrhundert, der Zeit der Almoraviden, integrierte Yusuf ibn Taschfin (reg. 1070–1106), der Gründer von Marrakesch, die Region um Essaouira in sein Reich.

Im 15. und 16. Jahrhundert eroberten die Portugiesen einige Gebiete an der marokkanischen Atlantikküste. Im Jahr 1506 begannen sie mit dem Bau der Hafenbefestigungen. Sultan Mulai Abdelmalek aus der Dynastie der Saadier setzte das Prinzip des Festungsbaus im Jahre 1628 fort. Den Namen der Festung, Mogador, sollen die Portugiesen mit Respekt für den heute noch als Schutzpatron der Stadt verehrten islamischen Heiligen Sidi Mogdul gewählt haben. Dieser soll nach der Legende ursprünglich ein Schotte namens Mac Donald gewesen sein, der sich einst hierher abgesetzt hatte, zu Lebzeiten verehrt und posthum zu einem Marabout erhöht wurde.[3]

1765 begann der Alawiden-Sultan Sidi Mohamed Ben Abdallah mit dem Ausbau Essaouiras zum − zu seiner Zeit − größten Seehafen Marokkos. Der französische Gefangene Théodore Cornut wurde mit der Planung der Festungsbauwerke und einzelner Stadtteile beauftragt.

Im 18. und 19. Jahrhundert baute Essaouira seine wichtige Position als Knotenpunkt im Karawanenhandel weiter aus und gelangte zu erheblichem Wohlstand. Nach der französischen Besetzung Timbuktus im Jahre 1893 verlor die Stadt im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung, da ihre wichtigsten Handelsverbindungen unterbrochen wurden.

In der Zeit nach 1967 war die Stadt das Ziel vieler Hippies; auch Jimi Hendrix hielt sich einige Tage in der Umgebung auf.[4]

Sehenswürdigkeiten

Die im 18. Jahrhundert angelegte Medina von Essaouira mit ihrem – für Marokko völlig untypischen – weitgehend symmetrischen Grundriss, geradlinig verlaufenden Straßen und zwei Stadttoren wurde im Jahre 2001 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Eine Kollektion von Kanonen (Bronze und Eisen) aus dem 17. und 18. Jahrhundert steht auf der dem Meer zugewandten Scala de la Kasbah. Im Fischereihafen werden noch Schiffe in traditioneller Manier aus Holz gefertigt, Netze geflickt und Angelschnüre mit Ködern bestückt.

Das Museum Sidi Mohamed Ben Abdallah beinhaltet eine Sammlung von Waffen, Münzen, Kleidung, Musikinstrumenten, Schmuck und Kunsthandwerk (u.a. Teppiche und Gegenstände aus „Thuya“-Holz). Es informiert über die Geschichte der Stadt und ihrer Umgebung sowie über Flora und Fauna der Region (z.B. über den Arganbaum). Eine Spezialität des örtlichen Kunsthandwerks ist die Herstellung von Kunst-, Gebrauchs- und Ziergegenständen aus dem Holz des Sandarakbaumes, der auf französisch auch „Thuya de Barbarie“ genannt wird. Die Stadt beherbergt mehrere Kunstgalerien – überwiegend mit Werken marokkanischer Künstler.

Die Insel Mogador ist ein Vogelschutzgebiet, in dem von April bis Oktober die seltenen Eleonorenfalken brüten. Sie darf ganzjährig nicht betreten werden.

Kultur

Musik

In Essaouira findet seit 1998 jährlich im Juni das Musik-Festival der Gnawa statt. In ihrer traditionellen Musik, die außerhalb des Festivals eine therapeutische Funktion im nächtlichen Derdeba-Tanzritual besitzt, und für Straßenprozessionen spielen die Gnawa-Musiker und Tänzer die Zupflaute Gimbri, die Trommel T'bol und die Eisenklappern Qarqaba.[5]

Film

Orson Welles drehte im Jahr 1952 seine filmische Adaption des Othello-Stoffes in Essaouira.[6] Ridley Scott rekonstruierte hier 2004 das mittelalterliche Jerusalem für seinen Film Königreich der Himmel (Kingdom of Heaven). Seit 2013, also ab der dritten Staffel, ist Essaouira einer der Drehorte der Fantasyserie Game of Thrones.

Freizeit

In der näheren Umgebung der Stadt gibt es mehrere Strände, die auch Möglichkeiten zum Surfen bieten.

Städtepartnerschaften

Essaouira hat partnerschaftliche Beziehungen zu folgenden Städten:

Söhne und Töchter der Stadt

Siehe auch

Ältere Städte an der Atlantikküste Marokkos mit zeitweiligem portugiesischen bzw. spanischen Geschichtshintergrund sind: Tanger, Asilah, Larache, Casablanca, El Jadida, Safi, Agadir und Sidi Ifni; daneben auch Ceuta und Melilla an der Mittelmeerküste.

Literatur

  • Abenteuer Archäologie. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg 2006,1,90, ISSN 1612-9954.
  • Arnold Betten: Marokko. Antike, Berbertraditionen und Islam – Geschichte, Kunst und Kultur im Maghreb. DuMont, Ostfildern 2012, S. 317f, ISBN 978-3-7701-3935-4.
  • Ingeborg Lehmann, Rita Henss: Marokko. Karl Baedeker, Ostfildern 2009, S. 237–245, ISBN 978-3-8297-1251-4.
  • Doris Byer: Essaouira, endlich. Literaturverlag Droschl, Graz 2004, ISBN 978-3-8542-0651-4.

Weblinks

Commons: Essaouira – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bevölkerungsstatistik Marokko
  2. Vorlage:Welterbe
  3. Hubert Lang: Der Heiligenkult in Marokko. Formen und Funktionen der Wallfahrten. (Passauer Mittelmeerstudien, Sonderreihe 3) Passavia Universitätsverlag, Passau 1992, S. 71
  4. Brigitte Tast, Hans-Juergen Tast: And the wind cries Jimi. Hendrix in Marokko, Kulleraugen - Visuelle Kommunikation Nr. 40, Schellerten 2012, ISBN 978-3-88842-040-5
  5. Festival d'Essaouira Gnaoua 2012. festival-gnaoua.net
  6. Brigitte Tast, Hans-Jürgen Tast: Orson Welles – Othello – Mogador. Aufenthalte in Essaouira. Kulleraugen Vis.Komm. Nr. 42, Schellerten 2013, ISBN 978-3-88842-042-9