Jan Assmann

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Jan Assmann 2007

Jan Assmann (* 7. Juli 1938 in Langelsheim als Johann Christoph Assmann) ist ein deutscher Ägyptologe, Religionswissenschaftler, Kulturwissenschaftler und Emeritus der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Leben und Wirken

Jan Assmann wuchs in Lübeck und Heidelberg auf. Er ist verheiratet mit der Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann. Sie haben gemeinsam fünf Kinder. Jan Assmann lebt heute in Heidelberg und Konstanz. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen.

Assmann studierte Ägyptologie, Klassische Archäologie und Gräzistik in München, Heidelberg, Paris und Göttingen. 1966/1967 erhielt er ein Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo. Hier arbeitete er von 1967 bis 1971 als freier Mitarbeiter und Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Seit 1967 engagierte sich Assmann in Theben-West bei einer epigraphisch-archäologischen Feldarbeit für die Beamtengräber der Saiten- und Ramessidenzeit und leitete ab 1978 ein Forschungsprojekt in Luxor (Oberägypten).

Jan Assmann habilitierte sich im Jahre 1971 und folgte 1976 einem Ruf an die Ruperto Carola (Universität Heidelberg) auf den Lehrstuhl für Ägyptologie, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2003 lehrte. Es folgte eine Honorarprofessur für allgemeine Kulturwissenschaft an der Universität Konstanz, die er heute noch ausübt.

Forschungsaufenthalte im Inland und Ausland

Gastprofessuren

Theorie des kulturellen Gedächtnisses

Als Kulturwissenschaftler entwickelte Jan Assmann mit seiner Frau Aleida Assmann die Theorie des kulturellen Gedächtnisses und wurde international bekannt.[2]

Entstehung des israelitischen Monotheismus

Weiter über den engeren ägyptologischen Kreis hinaus bekannt wurde Assmann durch seine Deutung der Entstehung des Monotheismus, dessen Anfänge seiner Auffassung zufolge mit dem Zeitpunkt des Auszugs der Israeliten aus Ägypten verbunden sind.[3] Assmann betrachtet es als dringende Notwendigkeit, mehr Verständnis für die Kulturen aufzubringen, die nicht dem Monotheismus anhängen.[3] In diesem Zusammenhang erklärt Jan Assmann den theologischen Wandel vom göttlichen Pluralismus zum israelitischen Monotheismus:

„Ich sehe die Aufgabe unserer philologischen Beschäftigung mit den biblischen Texten darin, sie zu historisieren, also zu sagen: Das hatte seinen Ort in einer bestimmten Zeit. Aus dieser Zeit heraus versteht man die Sprache. […] Ich lese etwa das fünfte Buch Moses so, dass mit ‚Kanaan‘ eigentlich die eigene heidnische Vergangenheit gemeint ist. Und der glühende Hass auf die Kanaanäer, der sich in diesen Texten ausdrückt, ist in Wahrheit ein retrospektiver Selbsthass, ein Hass auf die Vergangenheit, von der man sich befreien möchte.“[4]

Damit einhergegangen sei die Entwicklung eines absoluten Wahrheitsbegriffs, der langfristig das pluralistische Nebeneinander des antiken Pantheons unmöglich gemacht habe und tief in das kulturelle Gedächtnis des modernen Menschen eingegangen sei. Seither sei für den Monotheismus ein „Preis“ zu zahlen, der unter anderem in intensiven religiösen, kulturellen und politischen Auseinandersetzungen bestehe.[5]

Ehrungen und Mitgliedschaften

Schriften

  • Ägyptische Hymnen und Gebete. Artemis & Winkler, Zürich und München 1975, ISBN 3-7608-3501-5; (= Orbis Biblicus et Orientalis. Bd. 4), zweite verbesserte und erweiterte Auflage, Fribourg/ Göttingen 1999
  • Re und Amun. Die Krise des polytheistischen Weltbilds im Ägypten der 18.-20. Dynastie (= Orbis Biblicus et Orientalis. Bd. 51). Fribourg/ Göttingen 1983
  • Ägypten. Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur. (= Urban-Taschenbücher. Bd. 366). Kohlhammer, Stuttgart 1984
  • Schrift und Gedächtnis. hrsg. v. Jan Assmann, Aleida Assmann und Christof Hardmeier; Fink, München 1984, ISBN 978-3-7705-2132-6
  • Kanon und Zensur. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 1987, ISBN 978-3-7705-2379-5
  • Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen Beck, München 1992, ISBN 3-406-36088-2
  • Ma'at. Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39039-0
  • Stein und Zeit. Mensch und Gesellschaft im alten Ägypten. Fink, München 1991; 3. Auflage 2003, ISBN 3-7705-2681-3
  • Text und Kommentar. hrsg. v. Jan Assmann und Burkhard Gladigow; Fink, München 1995, ISBN 978-3-7705-2969-8
  • Ägypten. Eine Sinngeschichte. Hanser, München 1996, ISBN 3-446-18522-4
  • Schleier und Schwelle. Bd 1: Geheimnis und Öffentlichkeit. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 1997, ISBN 978-3-7705-3096-0
  • Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur. Hanser, München 1998, ISBN 3-446-19302-2
  • Schleier und Schwelle. Band 2: Geheimnis und Offenbarung. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 1998, ISBN 978-3-7705-3171-4
  • Gerechtigkeit. hrsg. v. Jan Assmann, Bernd Janowski und Michael Welker; Fink, München 1998, ISBN 978-3-7705-3227-8
  • Der Schleier der Iris. In: Lettre International. LI 43, Winter 1998 S. 50–53
  • Schleier und Schwelle. Band 3: Geheimnis und Neugierde. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 1999, ISBN 978-3-7705-3355-8
  • Einsamkeit. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 1999, ISBN 978-3-7705-3401-2
  • Religion und kulturelles Gedächtnis. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45915-3
  • Herrschaft und Heil. Politische Theologie in Ägypten, Israel und Europa. Hanser, München 2000, ISBN 3-446-19866-0
  • Weisheit und Mysterium. Das Bild der Griechen von Ägypten. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45899-8
  • Der Tod als Thema der Kulturtheorie. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2001, ISBN 3-518-12157-X
  • Aufmerksamkeiten. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 2001, ISBN 978-3-7705-3551-4
  • Ägyptische Mysterien? hrsg. v. Jan Assmann und Martin Bommas; Fink, München 2002, ISBN 978-3-7705-3650-4
  • Die Mosaische Unterscheidung oder Der Preis des Monotheismus. Hanser, München 2003, ISBN 3-446-20367-2
  • Hieroglyphen. Stationen einer anderen abendländischer Grammatologie. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 2003, ISBN 978-3-7705-3752-5
  • Tod und Jenseits im alten Ägypten. Beck, München 2001, ISBN 3-406-46570-6; Sonderausgabe, 2. Auflage, Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-49707-0.
  • Religionsphilosophische Schriften von Plutarch. hrsg. mit Herwig Görgemanns und Reinhard Feldmeier; Artemis & Winkler, Düsseldorf/ Zürich 2003, ISBN 3-7608-1728-9
  • Die Zauberflöte. Oper und Mysterium. Hanser, München 2005, ISBN 3-446-20673-6
  • Ägyptische Geheimnisse. Fink, München 2004, ISBN 978-3-7705-3687-0
  • Der Ursprung der Geschichte. Archaische Kulturen, das Alte Ägypten und das frühe Griechenland. (mit Klaus E. Müller [Hsg.]), Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94128-2
  • Theologie und Weisheit im alten Ägypten. Fink, München 2005, ISBN 978-3-7705-4069-3
  • Erinnertes Ägypten. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2006, ISBN 3-931659-90-9
  • Thomas Mann und Ägypten. Mythos und Monotheismus in den Josephsromanen. Wolf-Daniel Hartwich (1968–2006) in memoriam. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54977-2
  • Monotheismus und die Sprache der Gewalt. Picus, Wien 2006, ISBN 3-85452-516-8
  • Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte. (begründet von Georg Stadtmüller), erscheint jeweils in zwei Halbbänden 2006 im 57. Jahrgang, Böhlau, Köln, ISSN 0080-5319 (Mitherausgeber 2006)
  • Verwandlungen. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 2006, ISBN 978-3-7705-4195-9
  • Sintflut und Gedächtnis. Erinnern und Vergessen des Ursprungs. hrsg. v. Jan Assmann und Martin Mulsow; Fink, München 2006, ISBN 978-3-7705-4128-7
  • Das kulturelle Gedächtnis: Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 6. Auflage, Beck, München 2007, ISBN 3-406-56844-0
  • Ägyptische Religion. Totenliteratur. Aus dem Ägyptischen übers. u. hrsg. v. Jan Assmann und Andrea Kucharek; Insel, Frankfurt a.M. 2008, ISBN 3-458-70011-0
  • Vollkommenheit. hrsg. v. Jan Assmann und Aleida Assmann; Fink, München 2010, ISBN 978-3-7705-4813-2
  • Magie und Religion. hrsg. v. Jan Assmann und Harald Strohm; Fink, München 2010, ISBN 978-3-7705-4877-4
  • Herrscherkult und Heilserwartung. hrsg. v. Jan Assmann und Harald Strohm; Fink, München 2010, ISBN 978-3-7705-5054-8
  • Religio Duplex. Ägyptische Mysterien und europäische Aufklärung. Verlag der Weltreligionen, Berlin 2010, ISBN 978-3-458-71032-5
  • Steinzeit und Sternzeit: Altägyptische Zeitkonzepte. Fink, Paderborn 2011, ISBN 978-3-7705-5028-9.
  • Exodus. Die Revolution der Alten Welt. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-67430-3.
  • Das Oratorium 'Israel in Egypt' von Georg Friedrich Händel. Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-460-08604-3.
  • Die Zauberflöte. Eine Oper mit zwei Gesichtern (= Wiener Vorlesungen), Picus, Wien 2015, ISBN 978-3-85452-579-0.
  • Totale Religion. Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung, Picus, Wien 2016, ISBN 978-3-7117-2045-0.
Als Herausgeber
  • Die Zauberflöte. Ein literarischer Opernbegleiter. Mit dem Libretto Emanuel Schikaneders und verwandten Märchendichtungen (= Manesse Bibliothek der Weltliteratur.). Manesse, Zürich 2012, ISBN 978-3-7175-2294-2

Siehe auch

Literatur

  • Giulio Angioni: La memoria. In: Fare, dire, sentire: l'identico e il diverso nelle culture. Il Maestrale, Nuoro 2011, S. 226–245.
  • Mirjam-Kerstin Holl: Semantik und soziales Gedächtnis. Die Systemtheorie Niklas Luhmanns und die Gedächtnistheorie von Aleida und Jan Assmann. Königshausen und Neumann, Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2447-8 (zugl. Dissertation, Universität Stuttgart 2002).
  • Gerhard Kaiser: War der Exodus der Sündenfall? Fragen an Jan Assmann anläßlich seiner Monographie „Moses der Ägypter“. In: Zeitschrift für Theologie und Kirche. (ZThK) Nr. 98, 2001, S. 1–24 (Volltext).
  • Jürgen Schraten: Zur Aktualität von Jan Assmann. Einleitung in sein Werk. VS, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-531-16505-9.
  • Johannes Thonhauser: Das Unbehagen am Monotheismus. Der Glaube an den einen Gott als Ursprung religiöser Gewalt? Eine aktuelle Debatte um Jan Assmanns Thesen zur Mosaischen Unterscheidung. Tectum-Verlag, Marburg 2008, ISBN 978-3-8288-9692-5.

Interviews und Gespräche

  • Die Stimmen der Hieroglyphe. Jan Assmann im Gespräch mit Adelbert Reif. In: Lettre International, LI 43, Winter 1998, S. 54–57
  • Totenrituale. Jan Assmann im Gespräche mit Jochen Rack. In: Lettre International, LI 72, Frühjahr 2006, S. 95–99
  • Pharaonendämmerung. Jan Assmann im Gespräch mit Frank M. Raddatz. In: Lettre International, LI 92, Frühjahr 2011, 104–114
  • Anne-Catherine Simon: Glaube muss immer Unglauben bekämpfen. Der Ägyptologe Jan Assmann sieht den Monotheismus als Wurzel der religiösen Gewalt. Ein Gespräch über sein neues Buch „Exodus“, den Kosmotheismus der Ägypter und die Mysterien in Mozarts „Zauberflöte“. Die Presse, 10. Februar 2015

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.humanities.ox.ac.uk/events/humanitas/jan_assmann_interfaith_studies Jan Assmann (Interfaith Studies) bei Humanities Division
  2. Giulio Angioni: Fare, dire, sentire: l'identico e il diverso nelle culture. Nuoro, Il Maestrale, 2011, S. 226–245.
  3. a b Jan Assmann: Tod und Jenseits im Alten Ägypten. Beck, München 2001, ISBN 3-406-49707-1, S. 526.
  4. Welt-Online: Ist eine „Spiegel“-Titelgeschichte massiv antisemitisch? Interview von Hannes Stein mit Jan Assmann. 13. Januar 2007.
  5. Jan Assmann: Die Mosaische Unterscheidung oder Der Preis des Monotheismus. Hanser, München 2003, ISBN 3-446-20367-2.
  6. Thomas-Mann-Preis für Jan Assmann. In: Saarbrücker Zeitung. vom 14. Juli 2011.
  7. N.N.: Jan Assmann erhält Sigmund-Freund-Preis. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2. Juli 2016, S. 6.