Jan Philipp Albrecht

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Jan Philipp Albrecht (2022)

Jan Philipp Albrecht (* 20. Dezember 1982 in Braunschweig) ist ein deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Vom 1. September 2018 bis zum 2. Juni 2022 war er Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein im Kabinett Günther I und gehörte zuvor von 2009 bis 2018 dem Europäischen Parlament an. Seit dem 1. Juni 2022 ist er gemeinsam mit Imme Scholz Stiftungsvorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.

Aufgewachsen ist Albrecht, der die deutsche und die französische Staatsbürgerschaft besitzt,[1] in Siegen und Wolfenbüttel.

Albrecht studierte von 2003 bis 2008 Rechtswissenschaften und hat beide juristische Staatsexamina bestanden.[2] Er arbeitete unter anderem im Europäischen Parlament und am Walter-Hallstein-Institut für Europäisches Verfassungsrecht der HU Berlin. Er führt einen Doppel-Master der Universitäten Hannover und Oslo in europäischer Rechtsinformatik und war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und des DAAD.

Seit 1999 ist Albrecht Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Von 2001 bis 2003 war er Mitglied des Kreisvorstandes seiner Partei in Wolfenbüttel. 2001 gründete Albrecht die dortige Grüne Jugend, war Sprecher des Braunschweiger Regionalverbandes[3] und von 2002 bis 2005 Mitglied im niedersächsischen Landesvorstand des Parteijugendverbandes. Von 2006 bis 2008 war Albrecht Sprecher des Bundesverbandes der Grünen Jugend und vertrat diese in Parteivorstand und Parteirat der Grünen.[4] Er übte verschiedene Ämter und Positionen auf Landes- und Bundesebene der Partei aus.

Albrecht wirkte in verschiedenen politischen Themengebieten, etwa der Innen-, Justiz- und Rechtspolitik, der Europapolitik und der Energie- und Umweltpolitik.[5] Unter anderem hat Albrecht gegen den Einsatz von Tornado-Kampfflugzeugen der Bundeswehr beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 erfolgreich geklagt.[6][7] Er tritt für die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung[8] ein und war einer der zahlreichen Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen.[9] Albrecht ist Mitorganisator des „Grünen Polizeikongresses“, auf dem innenpolitische Aspekte diskutiert wurden, darunter etwa die Ausstattung der Polizei, bessere Zusammenarbeit verschiedener Behörden und Möglichkeiten zur Kriminalitätsbekämpfung ohne Überwachung.[10] Seit seiner Schulzeit in der Nähe des Atommülllagers Asse II vertritt Albrecht Positionen der Anti-Atomkraft-Bewegung.[11] Zudem setzt er sich gegen Rechtsextremismus ein und war Mitglied der Rechtsextremismus-Kommission von Bündnis 90/Die Grünen.

Jan Philipp Albrecht (2010)

Bei der Europawahl 2009 zog Albrecht über die Bundesliste der Grünen in das Europäische Parlament ein.[12]

Albrecht wurde im Frühjahr 2012 zum Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die geplante Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) der Europäischen Union benannt.[13] In einem Zeit-Artikel aus dem Jahr 2013 werden Albrechts Arbeit um die DS-GVO dargestellt und die gegenläufigen Bestrebungen der Lobby-Vertreterin Erika Mann beleuchtet. Albrecht handelte dem Artikel nach eine Fassung der DS-GVO aus, die einen Kompromiss über rund 4.000 Änderungswünsche darstellt.[14] Der Dokumentarfilm Democracy – Im Rausch der Daten stellt die Entstehung der Datenschutz-Grundverordnung dar und begleitet Albrecht in seiner Rolle als Abgeordneter und als „Vater der DSGVO“, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung.[15]

Albrecht war für die Fraktion Grüne/EFA Mitglied im Innen- und Justizausschuss und von 2009 bis 2014 stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments. Ab 2014 war er stellvertretendes Mitglied im Binnenmarktausschuss.[16] Zudem war er Mitglied der Delegation des Europäischen Parlaments zum Staat Israel sowie stellvertretendes Mitglied der Delegationen zu Australien und Neuseeland sowie Japan. Albrecht war Sprecher der Europa-Union Parlamentariergruppe im Europäischen Parlament.

Albrecht betreute als Europaabgeordneter die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen.[17] Mit fast einstimmigen Voten der entsprechenden drei Landesparteien wurde er auf dem Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen zur Europawahl 2014 von den Delegierten mit 97,38 % der Ja-Stimmen wieder aufgestellt.[18] Im Zuge seiner Nominierung als Landesminister in Schleswig-Holstein gab Albrecht sein Mandat im Europäischen Parlament zum 3. Juli 2018 an seinen Listennachfolger Romeo Franz ab.[19]

Öffentliche Ämter

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Zum 1. September 2018 übernahm Albrecht das Amt des Ministers für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein.[20] Hierfür hatte ihn der Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen nach der Wahl von Robert Habeck zum Grünen Bundesvorsitzenden nominiert.[21] Albrecht wurde damit auch stellvertretendes Mitglied des Bundesrates. Neben zahlreichen Initiativen in den Konferenzen der Landwirtschafts- und Umweltminister von Bund und Ländern hat sich Albrecht für die Ausrichtung von Energie- und Digitalisierungsministertreffen eingesetzt.[22] Seine Amtszeit endete am 2. Juni 2022, mit der Führung der Geschäfte des Umweltministeriums wurde Finanzministerin Monika Heinold beauftragt.[23]

Albrecht gehört der Mitgliederversammlung der Heinrich-Böll-Stiftung an.[24] Im Oktober 2021 gab er bekannt, für den Vorstand der Stiftung zu kandidieren.[25] Am 4. Dezember wurde er gemeinsam mit Imme Scholz zum Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung gewählt. Er trat das Amt zum 1. Juni 2022 an.[26]

Digitalisierung

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Albrecht stritt bereits als Europaabgeordneter in den Verhandlungen zum sogenannten Telekom-Paket[27] sowie bei der Debatte um Internetsperren[28] für den Schutz von Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet. Nachdem Albrecht immer wieder die Vereinbarkeit des ACTA-Abkommens mit dem EU-Recht in Zweifel gezogen hatte und in einer Entschließung des Europäischen Parlaments die Veröffentlichung der Verhandlungsdokumente erwirken konnte, wurde das Abkommen im Zuge massiver öffentlicher Kritik durch das Europäische Parlament abgelehnt.[29] Bei den Verhandlungen zu den Handelsabkommen TTIP und TiSA war Albrecht Berichterstatter für den Innen- und Justizausschuss und hat in diesem Zusammenhang erreicht, dass das Europäische Parlament sich gegen jede Aufweichung der EU-Datenschutzregeln im Rahmen dieser Handelsabkommen ausgesprochen hat. Albrecht gehört zu den Initiatoren der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union, die Ende November 2016 veröffentlicht wurde.

Als Digitalisierungsminister des Landes Schleswig-Holstein brachte Albrecht die Umstellung der IT-Infrastruktur des Landes auf Open Source auf den Weg. Neben der bereits weitgehend erfolgten Umstellung der Rechenzentren und Server-Infrastruktur soll auch die Anwenderoberfläche bis 2025 auf Anwendungen mit offenen Quellcodes umgestellt werden.[30] Zudem forderte er eine stärkere digitalpolitische Koordinierung auf Bundesebene und war Initiator eines regelmäßigen Treffens der für Digitalisierung zuständigen Landesminister.[31]

Bereits vor seiner Vereidigung als Landwirtschaftsminister setzte sich Albrecht für Bundeshilfen bei der Erntekrise 2018 ein. Dass der Bund den Bauern aufgrund der Ernteschäden durch die Dürre Hilfen in Höhe von 340 Millionen Euro zugesagt hat, fand Albrecht richtig.[32] Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Landwirtschaft sich an die veränderten Klimabedingungen anpassen und zur Milderung des Klimawandels beitragen müsse. Er setzt sich dafür ein, dass im Rahmen der EU-Agrarförderung diejenigen Landwirte belohnt werden sollten, die besonders klimafreundlich wirtschaften, und Deutschland seine Zustimmung zur Agrarreform von einer stärkeren Konditionierung der Fördermittel an Klima- und Umweltschutz abhängig macht.[33]

Bürgerrechte und Sicherheit

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Diskussionsrunde mit Jan Philipp Albrecht auf der re:publica 2013: „Die EU-Datenschutzreform als Balanceakt“

Als Innenexperte der Grünenfraktion machte er sich durch seinen Einsatz für eine andere Sicherheitspolitik in den Verhandlungen zum Stockholmer Programm einen Namen.[34] Albrecht war einer der führenden Kritiker des EU-Abkommens zur Weitergabe von SWIFT-Bankdaten an die US-Behörden[35] und war an der Ablehnung des ersten Abkommens im Februar 2010 maßgeblich beteiligt.[36] Albrecht kritisierte ebenso die Sammlung und Weitergabe von Passagierdaten.[37] Als Berichterstatter des Rechtsausschusses im Europäischen Parlament war Albrecht an der Schaffung von Mindeststandards im Strafverfahren auf EU-Ebene beteiligt.[38]

Albrecht wurde 2014 durch Peter Schaar der Datenschutzpreis der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit überreicht.[39] Ebenfalls 2014 wurde er mit dem International Champion of Freedom Award der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Privacy Information Center ausgezeichnet.

Commons: Jan Philipp Albrecht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hans-Martin Barthold: Jan Philipp Albrecht – Abgeordneter aus Berufung. In: Berufsreport. 15. Mai 2014, abgerufen am 6. März 2018.
  2. Johannes Kulms: Elternzeit für Politiker – Die Gewissensfrage. 30. Januar 2019, abgerufen am 9. August 2019 (deutsch).
  3. Patricia Oswald: Jung-Politiker: Nicht immer konform mit der Partei. In: Braunschweiger Zeitung. 21. Mai 2003, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 3. Mai 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.newsclick.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  4. Jan Philipp Albrecht. Grüne Jugend, archiviert vom Original am 6. Januar 2006; abgerufen am 3. Mai 2010.
  5. Esther Geisslinger: Ex-taz-Praktikant wird Superminister – Ein Talent, das sich beweisen muss. In: taz, die tageszeitung. 29. August 2018, abgerufen am 9. August 2019.
  6. Manuela Pfohl: Im Tiefflug mit dem Grundgesetz kollidiert. In: Stern. 31. August 2007, abgerufen am 3. Mai 2010.
  7. Tornado-Überflug über G8-Demo-Camp war rechtswidrig. In: Zeit online. 8. September 2021, abgerufen am 8. September 2021.
  8. Grünen-Politiker gegen „anlasslose“ Vorratsdatenspeicherung. In: Deutschlandfunk. 28. Dezember 2011, abgerufen am 25. Februar 2012.
  9. Jan Albrecht: Klagen gegen den Verfassungsbruch! In: www.janalbrecht.eu. 10. November 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Januar 2009; abgerufen am 3. Mai 2010.
  10. Alternativer Polizeikongress: Kontakte zum Feind. In: taz. 26. Juni 2011, abgerufen am 25. Februar 2012.
  11. Karl-Ernst Hueske: Asse II ist in Europa noch kein Thema. In: Braunschweiger Zeitung. 19. Januar 2010, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 3. Mai 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.newsclick.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  12. Alphabetisches Verzeichnis der Gewählten nach Parteien: GRÜNE. Bundeswahlleiter, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juni 2009; abgerufen am 3. Mai 2010.
  13. Mehr Daten-Souveränität für den Bürger. In: Deutschlandradio Kultur. 19. Januar 2012, abgerufen am 25. Februar 2012.
  14. Martin Kotynek & Robert Levine: "Das Recht auf Vergessen". In: Die Zeit. 2. Oktober 2013, abgerufen am 12. Oktober 2013.
  15. Hendrik Wieduwilt: Genugtuung für den Facebook-Jäger. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. April 2018, abgerufen am 5. Juli 2018.
  16. Jan Philipp Albrecht. In: www.gruene-europa.de. Archiviert vom Original am 5. Januar 2010; abgerufen am 3. Mai 2010.
  17. Insa Gall: Hamburgs neuer Mann in Brüssel: Er will den Norden in Europa vertreten. In: Welt Online. 4. Januar 2010, abgerufen am 3. Mai 2010.
  18. Lisa Caspari: Grünen-Parteitag: Gutes Personal, aber kein Thema. In: ZEIT Online. 9. Februar 2014, abgerufen am 5. März 2014.
  19. Romeo Franz: Der Grüne zieht als erster Sinto ins Europaparlament ein. Er nimmt seine Geige mit. Artikel vom 21. Juni 2018, abgerufen am 3. Juli 2018.
  20. Ein Minister für „Draußen und Digitales“. Abgerufen am 25. August 2018 (deutsch).
  21. Neuer Umweltminister im Norden. Abgerufen am 25. September 2018 (deutsch).
  22. Lina Rusch: Mehr Länderkooperation bei Digitalisierung. In: Tagesspiegel Background. Der Tagesspiegel, 13. März 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Juni 2020; abgerufen am 19. Juni 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/background.tagesspiegel.de
  23. Umweltminister Jan Philipp Albrecht scheidet diese Woche aus dem Amt aus: Ministerpräsident Daniel Günther dankt für gute Zusammenarbeit. In: Pressemitteilung. Der Ministerpräsident – Staatskanzlei, 30. Mai 2022, abgerufen am 10. Juli 2022.
  24. Heinrich-Böll-Stiftung - Mitgliederversammlung
  25. Umweltminister Albrecht vor Wechsel zur Heinrich-Böll-Stiftung. In: NDR.de. Norddeutscher Rundfunk, 26. Oktober 2021, abgerufen am 26. Oktober 2021.
  26. Neuer Stiftungsvorstand ab April 2022: Imme Scholz und Jan Philipp Albrecht mit großer Mehrheit gewählt. In: boell.de. Heinrich-Böll-Stiftung, 4. Dezember 2021, abgerufen am 7. Dezember 2021.
  27. EU-Parlament macht einen ersten Schritt für mehr Grundrechteschutz im Internet. Europagruppe Grüne, 24. November 2009, abgerufen am 27. Februar 2013.
  28. Internetsperren nicht EU-weit verpflichtend. In: www.euractiv.de. 15. Februar 2011, abgerufen am 25. Februar 2012.
  29. Claas Tatje: Einer stellt sich quer. In: DIE ZEIT. 5. Juli 2012, abgerufen am 12. Juli 2012.
  30. Christiane Schulzki-Haddouti: Bye, bye Microsoft, hello Open Source. In: Golem.de. Golem Media, 19. Juni 2020, abgerufen am 19. Juni 2020.
  31. Dietmar Neuerer: „Bei der Umsetzung der Digitalisierung fehlt die politische Führung“. In: Handelsblatt.de. Handelsblatt, 1. März 2020, abgerufen am 19. Juni 2020.
  32. Ein Minister für „Draußen und Digitales“. Abgerufen am 25. August 2018 (deutsch).
  33. Claudia Ehrenstein: Bericht des Weltklimarats: „Wir müssen weg vom Überkonsum“. 8. August 2019 (welt.de [abgerufen am 9. August 2019]).
  34. Jan Zier: Erfolg in Metaphern. In: Die Tageszeitung. 27. November 2009, abgerufen am 3. Mai 2010.
  35. Datenschützer bemängeln Vertragsentwurf zum Bankdatenaustausch mit den USA. In: Heise online. 16. Oktober 2009, abgerufen am 3. Mai 2010.
  36. Claus Hecking: Jan Philipp Albrecht – Mister Anti-Swift. In: Financial Times Deutschland. 10. Februar 2010, archiviert vom Original am 14. Februar 2010; abgerufen am 3. Mai 2010.
  37. Jan Albrecht: Der Verdacht fliegt mit. In: Die Tageszeitung. 28. Oktober 2011, abgerufen am 25. Februar 2012.
  38. "Teil einer neuen Ära". In: Die Tageszeitung. 17. Dezember 2011, abgerufen am 25. Februar 2012.
  39. Meldung auf der GDD-Webpage.