Rechnitz
gemeinde Rechnitz
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Wappen | Österreichkarte | |
Wappen von Rechnitz | ||
Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Burgenland | |
Politischer Bezirk: | Oberwart | |
Kfz-Kennzeichen: | OW | |
Fläche: | 43,77 km² | |
Koordinaten: | 47° 18′ N, 16° 26′ O | |
Höhe: | 366 m ü. A. | |
Einwohner: | 2.997 (1. Jän. 2023) | |
Bevölkerungsdichte: | 68 Einw. pro km² | |
Postleitzahl: | 7471 | |
Gemeindekennziffer: | 1 09 19 | |
NUTS-Region | AT113 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Marktgemeinde Rechnitz 7471 Rechnitz | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Engelbert Kenyeri (SPÖ) | |
Lage von Rechnitz im Bezirk Oberwart | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Rechnitz (ungarisch: Rohonc, kroatisch: Rohunac, Romani: Rochonca) ist eine Marktgemeinde im Bezirk Oberwart im Burgenland in Österreich.
Geografie
Die Marktgemeinde Rechnitz liegt am Südhang des Günser Gebirges am Fuße des 884 m hohen Geschriebensteins. Das waldreiche Mittelgebirge geht dort in Wein- und Obstgärten über, daran schließen sich die weiten Felder in den Ausläufern des pannonischen Tieflandes.
Der Ort liegt direkt an der Grenze zu Ungarn in der Nähe von Szombathely (Steinamanger). Nachbargemeinden sind Markt Neuhodis und Schachendorf im Süden sowie jenseits des nördlichen Berglandes Lockenhaus.
Sonniges, mildes Klima begünstigt Ackerbau, Forstwirtschaft sowie Wein- und Obstbau, wobei dem Marillenanbau hier besondere Bedeutung zukommt.
Geschichte
Der Ort entwickelte sich unter dem Schutz von Schloss Rechnitz. Seit 1348 ist Rechnitz Marktgemeinde.
Der Ort gehörte, wie das gesamte Burgenland, bis 1920/21 zu Ungarn (Deutsch-Westungarn). Seit 1898 musste aufgrund der Magyarisierungspolitik der Regierung in Budapest der ungarische Ortsname Rohonc verwendet werden. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde nach zähen Verhandlungen Deutsch-Westungarn in den Verträgen von St. Germain und Trianon 1919 Österreich zugesprochen. Der Ort gehört seit 1921 zum neu gegründeten Bundesland Burgenland (siehe auch Geschichte des Burgenlandes).
Der Ort hatte eine jüdische Gemeinde, die sich wahrscheinlich schon im 15. Jahrhundert hier ansiedelte. Bereits im Jahr 1649 wird eine Synagoge erwähnt, 1718 wurde ein größerer Neubau für die Mitglieder der jüdischen Gemeinde errichtet. In der Mitte des 19. Jahrhunderts lebten 859 Juden in Rechnitz. Heute erinnern nur noch die „Judengasse“ und der jüdische Friedhof an diese Zeit.[1]
Nach Rechnitz benannt ist der, bislang nicht entzifferte, Codex Rohonczi, welcher in der ungarischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrt wird.
Rechnitz in der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurden in Rechnitz an zwei Stellen Zwangsarbeiter untergebracht, im „Lager Wald“ und in den Schlossanlagen. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurden mit der Bahn etwa 600 Zwangsarbeiter, vor allem ungarische Juden, nach Burg transportiert, um bei der Errichtung des so genannten Südostwalls Hitlers eingesetzt zu werden. Etwa 200 von ihnen, die erschöpfungs- und krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten konnten, wurden jedoch bis nach Rechnitz zurücktransportiert und dort am 24. und 25. März 1945 beim Massaker von Rechnitz ermordet.
Am Abend des 29. März 1945 überschritt das 37. Garde-Schützenkorps der 9. sowjetischen Gardearmee die österreichische Grenze bei Rechnitz und eroberte den Ort nach mehrstündigen Gefechten gegen drei Volkssturmbataillone. Am 1. April gelang es dem SS-Panzergrenadierbataillon 11, Rechnitz nach heftigen Kämpfen zurückzuerobern. Der Kommandeur der Einheit, SS-Sturmbannführer Willi Schweitzer, wurde für die Rückeroberung mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Nach fünf Tagen musste sich die Waffen-SS jedoch wieder aus Rechnitz zurückziehen, um nicht eingeschlossen zu werden, worauf der Ort wieder von der Roten Armee besetzt wurde.[2] Bei diesen Kampfhandlungen wurde das Schloss Rechnitz fast völlig zerstört und anschließend abgetragen.[3]
Rechnitz während des Ungarischen Volksaufstandes 1956
Während des ungarischen Volksaufstandes kam es am 23. November 1956 bei Rechnitz zum gefährlichsten Vorfall der Grenzüberwachung: Drei russische Soldaten drangen bei der Verfolgung ungarischer Flüchtlinge über die österreichische Staatsgrenze vor und schossen auf eine einschreitende Zollwachpatrouille. Anschließend versuchten sie ein junges Mädchen zu vergewaltigen, wurden jedoch von einer Gendarmeriepatrouille gestellt und zum Niederlegen der Waffen aufgefordert. Während einer der Soldaten verhaftet werden konnte, flüchteten die anderen zwei Richtung Grenze; bei einem anschließenden Schusswechsel wurde einer der Flüchtenden getötet, der andere konnte entkommen. Die Sicherheitsdirektion alarmierte daraufhin das Bundesheer, das einen verstärkten Infanteriezug des Infanteriebataillons 2 nach Rechnitz verlegte, um die Bevölkerung zu beruhigen und vor möglichen Übergriffen zu schützen. Am 26. November wurde der Leichnam des erschossenen Soldaten in Anwesenheit des russischen Verteidigungsattachés, Oberst Makowskij, mit militärischen Ehren an die Russen in Ungarn übergeben. Der gefangene russische Soldat wurde erst am 1. Dezember, nach Intervention der sowjetischen Botschaft in Wien, den Russen übergeben. Der Grenzeinsatz wurde erst am 23. April 1957 offiziell beendet.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung
Politik
Bürgermeister ist Engelbert Kenyeri von der SPÖ.
Die Mandatsverteilung (23 Sitze) in der Gemeindevertretung ist: 14 SPÖ und 9 ÖVP.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Tourismus
Im Ort gibt es einen durch Aufstauen des Rechnitzbaches entstandenen Badesee und eine Kartbahn. Der Naturpark Geschriebenstein-Írottkő ist mit seinen Wander- und Ausflugsmöglichkeiten ein beliebtes Erholungsgebiet. Im Zuge der Förderung von Tourismus und Wirtschaft erhielt das Gebiet im Süden von Rechnitz den Namen Weinidylle Südburgenland.
Städtepartnerschaften
- Alzey in Rheinland-Pfalz, Deutschland (seit 1981)
- Lábatlan, Ungarn (seit 2003)
Vereine
- SV Rechnitz
- ASKÖ Tennis-, Fitness- und Freizeitclub Rechnitz
- Trachtenmusikkapelle
- Rotes Kreuz Ortstelle
- Weinbauverein
- Volkstanzkreis
- einige Chöre
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter
- Karl Josef Batthyány (1697–1772), General und Feldmarschall
- Gustav Pick (1832–1921), Musiker und Komponist von Wienerliedern
- Franz Binder (1881–1944), Polizeibeamter und Politiker
- Alois Hofer (1892–1976), Maurer und Politiker
- Franz Stampf (1899–1981), Kaufmann und Politiker
- Margit von Batthyány (geborene Thyssen-Bornemisza) (1911–1989), NS-Kollaborateurin
- Christian Kolonovits (* 1952), Komponist und Dirigent
Personen mit Beziehung zur Stadt
- Ferenc Faludi (1704–1779), ungarischer Dichter und Gelehrter
Einzelnachweise
- ↑ Rechnitz auf der Website des Österreichischen Jüdischen Museums
- ↑ Die Kämpfe im Bezirk Oberwart
- ↑ Walter Kalina: Die Brigittakapelle in Wien 20 (1650/51). „...in capella a nobis nuper in sylva Thaber inter pontes Danuby extructa...“, in: Bundesdenkmalamt (Hg.): Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege. LIX, 2005, Heft 3/4, S. 252.
Weblinks
- 10919 – Rechnitz. Gemeindedaten der Statistik Austria
- Naturpark Geschriebenstein-Irottkö
- FAZ: Rechnitz: Das Dorf der alten Dame (Ausgabe vom 2. November 2007)