Petrópolis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Município de Petrópolis
„Cidade Imperial“
Petrópolis

Bildmontage zu Petrópolis
Petrópolis (Brasilien)
Petrópolis (Brasilien)
Petrópolis
Koordinaten 23° S, 43° WKoordinaten: 23° S, 43° W
Lage des Munizips im Bundesstaat Rio de Janeiro
Symbole
Wappen
Flagge
Gründung Gründung: 16. März 1843 (181 Jahre)
Stadtrechtsverleihung: 1857 (167 Jahre)Vorlage:Infobox Ort in Brasilien/Wartung
Basisdaten
Staat Brasilien
Bundesstaat Rio de Janeiro
Höhe 838 m
Klima tropisches Höhenklima, Cwa
Fläche 791.144 km²
Einwohner 306.678 (2020)
Dichte 0,4 Ew./km²
Schätzung 307.144 Ew. (2021)
Gemeindecode IBGE: 3303906
Postleitzahl 25600-001 bis 25779-999
Telefonvorwahl (+55) 11
Zeitzone UTC−3
Website petropolis.rj (brasilianisches Portugiesisch)
Politik
Stadtpräfekt Rubens José de França Bomtempo (2021–2024)
Partei PSB
Wirtschaft
BIP 13.643.578 Tsd. R$
44.559 R$ pro Kopf
(2019)
HDI 0,745 (hoch) (2010)
Katholische Universität von Petrópolis
Katholische Universität von Petrópolis

Petrópolis, amtlich Município de Petrópolis, ist eine Großstadt im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Petrópolis liegt 60 Kilometer nördlich der Stadt Rio de Janeiro in der Serra dos Órgãos (Orgelgebirge) auf einer Höhe von 838 m über dem Meeresspiegel. Das Gemeindegebiet umfasst rund 791,1 km² (2019), die Bevölkerung wurde im Jahr 2021 auf 307.144 Einwohner, die Petropolitanos genannt werden, geschätzt.[1]

Umliegende Gemeinden sind Areal, Duque de Caxias, Guapimirim, Magé, Miguel Pereira, Paraíba do Sul, Paty do Alferes, São José do Vale do Rio Preto und Teresópolis.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Petrópolis wurde 1825 als Ort von deutschsprachigen, insbesondere Tiroler Einwanderern, gegründet. 1843 wünschte der brasilianische Kaiser Dom Pedro II dort die Errichtung einer kaiserlichen Sommerresidenz.[2] Der gebürtige Mainzer Julius Friedrich Koeler wurde mit der Planung und dem Aufbau beauftragt.[3]

Die benötigten Handwerker und Straßenarbeiter wurden größtenteils in Deutschland als Kolonisten angeworben. Anhand eines historischen Stadtplans vom September 1846 lässt sich die regionale deutsche Herkunft der Kolonisten durch die Namensgebung der zwölf Koloniequartiere erkennen: Bingen, Ingelheim, Mosel, Nassau, Unter-Rheingau, Mittel-Rheingau, Simmern, Unter-Pfalz, Ober-Pfalz, Westphalen, Castellania und Petropolis. Ebenso an den Plätzen: St. Goar, Wiesbaden und Kreuznach. Bis Dezember 1846 kamen weitere Quartiere hinzu, unter anderem Darmstadt und Worms.

Im September 1846 besuchte Ida Pfeiffer auf ihrer ersten Weltreise als eine der ersten ausländischen Gäste die junge Kolonie, da deren schnelle Entwicklung in Rio Aufsehen erregte. Sie berichtet, dass die Kolonisten „verschiedene Gattungen europäischer Gemüse und Früchte, die in den tropischen Ländern nur auf einer bedeutenden Höhe gedeihen, für den Bedarf der Hauptstadt“ anbauen.[4] Damals lebten schon 2101 Siedler in Petrópolis, darunter 1921 Deutsche, und Ende Dezember 1846 belief sich die Einwohnerzahl bereits auf nahezu 2300 Personen.[3]

Plan von Petrópolis (aus Johann Jakob von Tschudi)[5]

1857 wurde der Ort Petrópolis von Kaiser Dom Pedro II zur Stadt erhoben. Zwischen 1894 und 1902 war Petrópolis Hauptstadt des Bundesstaates Rio de Janeiro.[2]

Infolge starken Niederschlags und der daraus resultierenden Überschwemmungen ereignete sich am 15. Februar 2022 in Petrópolis ein Murgang, durch den mindestens 152 Menschen ums Leben kamen.[6]

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Stadt Land
1872 7.219* ? ?
1900 39.695 ? ?
1920 67.574 ? ?
1940 84.875 55.006 29.869
1950 108.307 75.957 32.350
1960 150.300 120.113 30.187
1970 189.140 154.545 34.595
1980 242.017 202.213 39.804
1991 255.468 249.080 6.388
2000 286.537 270.671 15.866
2010 296.044 281.356 14.688
2021 307.144 ? ?
Die Darstellung von Grafiken ist aktuell auf Grund eines Sicherheitsproblems deaktiviert.

* 1872: 7.219 Einwohner inklusive 433 Sklaven
Quelle: IBGE (2011)[7]

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Petrópolis betreibt der global operierende Konzern General Electric ein Werk zur Überholung und Neuteilfertigung von Flugzeugantrieben. So wird dort zum Beispiel für das CFM56-7 Triebwerk das Verdichtergehäuse gefertigt. Außerdem ist Petropolis ein Zentrum der Textilindustrie mit vielen Geschäften und Fabrikverkaufsstellen. Die Grupo Petrópolis betreibt hier eine Großbrauerei. Deren bekannteste Marke ist Itapaiva, benannt nach einem 15 km weiter nördlich auf der Hauptstraße von Rio liegenden Ort im Município.

Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist auch die 1953 gegründete Universidade Católica de Petrópolis, an der mehr als 5000 Studenten eingeschrieben sind.

Allgegenwärtig erscheint die Tourismusindustrie mit ihren vielen Andenkenläden, die unter anderem in China hergestellte Schneekugeln mit dem kaiserlichen Sommerpalast kostengünstig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Von einer letzten glamourösen Zeit kündet das im Süden des Municípios, nunmehr in Appartements umgewandelte Hotel Quitandinha, wo sich von den 1950er bis in die 1960er Jahre unter der künstlerischen Leitung des ehemaligen ungarischen Fußballtrainers Nicolas Ladanyi Weltstars wie Errol Flynn, Greta Garbo und das Hollywood-Busenwunder Jayne Mansfield einfanden.

Viele vermögendere Bewohner der Stadt Rio de Janeiro, insbesondere mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen befasste Politiker und Unternehmer die öffentliche Aufträge ausführen, haben in Petrópolis Zweitwohnsitze, wo man der oft erdrückenden Sommerhitze der Baixada Fluminense entfliehen kann. Besonders beliebt sind Häuser in sogenannten Condomínios, neudeutsch "Gated Communities", in Itaipava, um so mehr, wenn diese einen Ausblick auf die Berge der Serra dos Órgãos mit ihren bis zu mehr als 2000 Metern hohen Gipfeln ermöglichen.

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Petrópolis ist der Sitz des bedeutendsten brasilianischen Knabenchores Canarinhos. Vom deutschen Franziskaner-Pater Laetus 1942 gegründet, ist der Chor an vielen Sonntagen in den Gottesdiensten der örtlichen Franziskanerkirche zu hören. Konzerttourneen im In- und Ausland sowie zahlreiche Tonträgerproduktionen zeugen vom künstlerischen Niveau.

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der bis heute von Einwanderern aus verschiedenen europäischen Ländern geprägten Stadt sind neben der dominierenden römisch-katholischen zahlreiche andere christliche Kirchen vertreten. Die bekannteste Kathedrale ist die Bischofskirche der katholischen Diözese Petrópolis.

Kriminalität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mordrate 2016/2017 betrug knapp unter 10 Opfer pro 100.000 Einwohner, was etwa ein Drittel der brasilianischen betrug und hinter Teresópolis die zweitniedrigste unter den Großstädten des Staates Rio de Janeiro war.[8]

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Petrópolis wurde 1915 der Serrano Football Club gegründet, der seinen Namen von den Serras, den Berglandschaften der Gegend hat. Der Verein gewann 1929 und 1945 die Meisterschaft des Staates Rio de Janeiro. 1999 gewann Serrano die zweite Liga (Serie B) der Staatsmeisterschaft von Rio de Janeiro, was aber damals nicht zum Aufstieg berechtigte. Bedeutende Spieler waren Kevin Kurányi, Acácio oder Garrincha.

Der 1912 gegründete EC Cascatinha war 1943 Halbfinalist der Staatsmeisterschaft und in den 1990er Jahren kurzfristig in der dritten Klasse der Staatsliga. Der Kaiserburg FC, der in deutschen Nationalfarben und mit Bundesadler auf der Brust antrat, hatte gegen Ende der 2000er Jahre eine kurzlebige Existenz im unterklassigen Staatsfußball. Der 2004 gegründete Estácio de Sá FC aus dem Norden der Stadt Rio siedelte 2011 nach Petrópolis um und hatte seither als Imperial FC einige Episoden im unterklassigen Staatsfußball.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mitte des 19. Jahrhunderts für Pedro II. erbaute Palast ist eine Hauptattraktion der Stadt. Seit 1940 beherbergt er das Museu Imperial, das in seinen weitläufigen Räumen Teile des kaiserlichen Mobiliars, die prächtigen Staatsgewänder, Zepter und Krone des letzten brasilianischen Kaisers ausstellt.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt

Personen mit Beziehung zur Stadt

  • Oswaldo Cruz (1872–1917), brasilianischer Arzt und Bakteriologe, verstorben in Petropolis
  • Leopold Andrian (1875–1951), österreichischer Schriftsteller und Diplomat, ab 1940 in Petrópolis im Exil
  • Alberto Santos Dumont (1872–32), Flugpionier, hatte hier ein Sommerhaus
  • Stefan Zweig (1881–1942), österreichischer Schriftsteller, ab 1941 in Petrópolis, Tod im Exil durch Suizid am 22. Februar 1942
  • Paulo Evaristo Arns (1921–2016), emeritierter Erzbischof von São Paulo und Kardinal deutscher Abstammung, Franziskaner, Befreiungstheologe; 1944–1947 Studium der Theologie in Petrópolis, nach 1950 Seelsorger und Professor an der Katholischen Universität von Petrópolis.
  • Leonardo Boff (* 1938), brasilianischer Theologe, studierte in Petrópolis
  • Kevin Kurányi (* 1982), deutscher Fußballprofi, aufgewachsen in Petrópolis

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Petrópolis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. IBGE: Petrópolis – Panorama. Abgerufen am 19. Januar 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  2. a b Emperor Street. In: World Digital Library. 1860, abgerufen am 24. August 2013.
  3. a b Björn Effgen: Petrópolis. Ein brasilianisches „Versailles“. In: Auswanderungen aus den Regionen des heutigen Rheinland-Pfalz. Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz, abgerufen am 14. Januar 2019.
  4. Ida Pfeiffer: Eine Frauenfahrt um die Welt. Verlag Carl Gerold, Wien 1850, Bd. 1, S. 73. (Digitalisat).
  5. Johann Jakob von Tschudi: Reisen durch Südamerika. F.A. Brockhaus, Leipzig 1866–69, 5 Bde., 1. Bd., zwischen S. 204 und 205. (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10468392~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  6. Número de mortos em Petrópolis chega a 152, segundo Corpo de Bombeiros. Abgerufen am 20. Februar 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  7. Evolução da divisão territorial do Brasil 1872–2010 (= IBGE [Hrsg.]: Documentos para disseminação. Memória institucional. Nr. 17). 2011, ISBN 978-85-240-4208-9, ISSN 0103-6459, Evolução da população, segundo os municípios – 1872/2010, S. 216 (brasilianisches Portugiesisch, ibge.gov.br [PDF; 122,3 MB; abgerufen am 15. Februar 2022]).
  8. Eric Andriolo: Petrópolis é a segunda cidade menos violenta do Rio de Janeiro. In: Diário de Petrópolis. 7. Juni 2017, abgerufen am 29. Juli 2018.
  9. Ruedi Leuthold: Heimatlos im Paradies. In: Zeit Online. Zeit Online GmbH, 18. Februar 2013, abgerufen am 19. Februar 2013.