„Hermann Lübbe“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Revert: Nicht begründete/nachvollziehbare Löschung. Bitte begründen! (Zusammenfassung und Quellen oder ggf. Diskussionsseite nutzen.)
Zeile 9: Zeile 9:


Hermann Lübbe ist seit 1951 verheiratet und hat vier Kinder. Zeitweilig bewohnt er seinen Nebenwohnsitz in [[Havixbeck]] bei [[Münster (Westfalen)|Münster]]. Seine Tochter [[Gertrude Lübbe-Wolff]] ist seit April 2002 [[Richter]]in am [[Bundesverfassungsgericht]], seine Tochter Weyma Lübbe Professorin für Praktische Philosophie an der [[Universität Leipzig]].
Hermann Lübbe ist seit 1951 verheiratet und hat vier Kinder. Zeitweilig bewohnt er seinen Nebenwohnsitz in [[Havixbeck]] bei [[Münster (Westfalen)|Münster]]. Seine Tochter [[Gertrude Lübbe-Wolff]] ist seit April 2002 [[Richter]]in am [[Bundesverfassungsgericht]], seine Tochter Weyma Lübbe Professorin für Praktische Philosophie an der [[Universität Leipzig]].

Wie 2007 bekannt wurde, war Lübbe Mitglied der NSDAP, wobei umstritten ist, ob er diese Mitgliedschaft aktiv durch seine Unterschrift besiegelt hat oder ob er ohne eigenes Wissen Mitglied wurde.<ref>http://www.spiegel.de/panorama/zeitgeschichte/0,1518,494425,00.html</ref>

Lübbe war zeitweilig Mitglied der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]].


== Werk ==
== Werk ==

Version vom 6. Februar 2008, 14:58 Uhr

Hermann Lübbe (* 31. Dezember 1926 in Aurich (Ostfriesland)) ist ein bekannter deutscher Philosoph der Gegenwart.

Biografie

Lübbe studierte ab 1947 Philosophie, Theologie und Soziologie in Göttingen, Münster und Freiburg im Breisgau (u. a. bei Joachim Ritter und Heinrich Scholz). Nach seiner Promotion mit einer Arbeit zur Vollendung der Ding-an-sich-Problematik im Werke Kants (1951) in Freiburg war er Assistent von Gerhard Krüger in Frankfurt am Main, wo er u.a. Seminare von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno besuchte, sowie Universitätsassistent in Erlangen und Köln. 1956 habilitierte er sich in Erlangen mit einer Schrift über Die Transzendentalphilosophie und das Problem der Geschichte und lehrte dann als Dozent, später als Professor an den Universitäten Erlangen, Hamburg, Köln und Münster.

1963–69 war er ordentlicher Professor an der damals neu gegründeten Ruhr-Universität Bochum, von 1966–69 gleichzeitig Staatssekretär im Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen. 1969 wechselte er in das Amt des Staatssekretärs beim Ministerpräsidenten und ging als ordentlicher Professor für Sozialphilosophie an die ebenfalls neugegründete Universität Bielefeld (1969–73). 1970 gab er den Staatssekretärsposten auf. Von 1971–91 war Lübbe ordentlicher Professor und seit der Emeritierung 1991 Honorarprofessor für Philosophie und Politische Theorie an der Universität Zürich. Seit Mai 2004 ist er „Senior Fellow“ an der Universität-Gesamthochschule Essen.

In den Jahren 1975–78 fungierte Lübbe als Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland. Er ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften des In- und Auslandes und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. den Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik (1990) und den Preis der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung (1995). 1996 erhielt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und im Jahre 2000 das Ehrendoktorat der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität München.

Hermann Lübbe ist seit 1951 verheiratet und hat vier Kinder. Zeitweilig bewohnt er seinen Nebenwohnsitz in Havixbeck bei Münster. Seine Tochter Gertrude Lübbe-Wolff ist seit April 2002 Richterin am Bundesverfassungsgericht, seine Tochter Weyma Lübbe Professorin für Praktische Philosophie an der Universität Leipzig.

Wie 2007 bekannt wurde, war Lübbe Mitglied der NSDAP, wobei umstritten ist, ob er diese Mitgliedschaft aktiv durch seine Unterschrift besiegelt hat oder ob er ohne eigenes Wissen Mitglied wurde.[1]

Lübbe war zeitweilig Mitglied der SPD.

Werk

Lübbes Werk zeichnet sich durch eine große thematische und methodologische Spannweite, das durchgängige Bemühen um Aktualitäts- und Praxisbezug und die zeitgeschichtliche Konkretion philosophischer Überlegungen sowie durch einen oft polemisch-engagierten, sprachstilistisch versierten Duktus aus. Frühe Arbeiten beschäftigen sich u.a. mit begriffs- und ideengeschichtlichen Zusammenhängen (Politische Philosophie in Deutschland, 1963; Säkularisierung, 1965) und Autoren wie Ernst Mach, Ludwig Wittgenstein, Edmund Husserl oder Wilhelm Schapp (Bewusstsein in Geschichten, 1972).

In einer Vielzahl von Schriften widmet sich Lübbe vor allem Fragen der politischen Philosophie, in deren Rahmen er einen dezidiert liberalen Standpunkt in der Tradition der Aufklärung vertritt, von dem aus sowohl totalitäre Theorien wie insbesondere der Marxismus als auch technokratische Ansätze z.B. in der Nachfolge Helmut Schelskys einer vehementen Kritik unterzogen werden. Gegenüber dem gesinnungsethischen Rigorismus totalitärer „Großideologien“ betont Lübbe dabei die Bedeutung des common sense und der konventionellen Moral für die Ausbildung politischer Urteilskraft. Gegenüber der technokratischen Reduktion politischer Praxis auf ein von Sachzwängen diktiertes Planungshandeln wiederum macht er die Kategorie der Entscheidung geltend, die ein von Wissenschaft und Wahrheitsfragen letztendlich abgekoppeltes und rational bzw. diskursiv nie vollständig auflösbares Element politischen Denkens und Handelns bezeichnet, das sich in Demokratien über Mehrheitsbeschlüsse realisiert. In diesem Zusammenhang ist auch Lübbes Rückgriff auf das Konzept einer Zivilreligion (Rousseau) bedeutsam.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Auseinandersetzung mit „Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse“ (1977), wobei sich die an Karl R. Poppers Historizismusbegriff angelehnte Kritik totalitärer geschichtsphilosophischer Modelle mit einer wissenschaftstheoretischen Rehabilitierung des Historismus verbindet. Da Geschichten stets ein komplexes Konglomerat aus intendierten Handlungen und unintendierten Widerfahrnissen und Nebenfolgen darstellen, lässt sich ihr Verlauf nicht nach allgemeinen Gesetzen prognostizieren, sondern auch und gerade im Hinblick auf seine kontingenten Elemente und dysfunktionalen Resultate nur retrospektiv erzählen. Das Interesse an Geschichten beruht v.a. auf ihrer identitätsstiftenden Funktion als „Prozesse der Systemindividualisierung“.

Die Entstehung und Entwicklung der modernen, wissenschaftlich-technischen Zivilisation ist nach Lübbe durch eine zunehmend beschleunigte Veränderungsdynamik gekennzeichnet, in deren Zuge vertraute Lebensverhältnisse und traditionale Orientierungen in immer größerem Umfang ausfallen. Zu ihr gehört daher zugleich die kompensatorische Ausbildung des historischen Sinns, die im Anschluss an Überlegungen Joachim Ritters v.a. an den Geisteswissenschaften, aber auch an anderen Erscheinungsformen des modernen Geschichtsbewusstseins (z.B. Musealisierung, Denkmalschutz) verdeutlicht wird. Die letztlich aufklärungsresistente Funktion der Religion wird als „Kontingenzbewältigung“ bestimmt.

Lübbes Interventionen in aktuellen politischen Debatten sind zum Teil sehr kontrovers aufgenommen worden. Seine polemische Auseinandersetzung mit dem Aufkommen einer marxistisch orientierten Studentenbewegung und außerparlamentarischen Opposition in der Bundesrepublik Deutschland der späten 1960er Jahre sowie ihren Auswirkungen auf die zeitgenössische Schul- und Hochschulpolitik, vor allem aber die Unterstellung eines Zusammenhangs mit dem Linksterrorismus der 1970er Jahre, stieß bei Verächtern des Liberalismus auf erbitterten Widerspruch und brachte ihm u.a. die Etikettierung „Neokonservativer“ ein.

Schriften (Auswahl)

  • Politische Philosophie in Deutschland (1963)
  • Der Streit um Worte : Sprache u. Politik (1967)
  • Säkularisierung. Geschichte eines ideenpolitischen Begriffs (1971)
  • Hochschulreform und Gegenaufklärung (1972)
  • Bewusstsein in Geschichten (1972)
  • Fortschritt als Orientierungsproblem. Aufklärung in der Gegenwart (1975)
  • Wissenschaftspolitik (1977)
  • Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse (1977)
  • Wozu Philosophie? (1978)
  • Philosophie nach der Aufklärung. Von der Notwendigkeit pragmatischer Vernunft (1980)
  • Zwischen Trend und Tradition. Überfordert uns die Gegenwart? (1981)
  • Zeit-Verhältnisse. Zur Kulturphilosophie des Fortschritts" (1983)
  • Religion nach der Aufklärung (1986, 3. Auflage 2004)
  • Politischer Moralismus. Der Triumph der Gesinnung über die Urteilskraft (1987)
  • Fortschrittsreaktionen. Über konservative und destruktive Modernität 1987
  • Die Aufdringlichkeit der Geschichte. Herausforderungen der Moderne vom Historismus bis zum Nationalsozialismus (1989)
  • Freiheit statt Emanzipationszwang. Die liberalen Traditionen und das Ende der marxistischen Illusionen (1991)
  • Im Zug der Zeit. Verkürzter Aufenthalt in der Gegenwart (1992)
  • Abschied vom Superstaat. Vereinigte Staaten von Europa wird es nicht geben (1994)
  • Zeit-Erfahrungen. Sieben Begriffe zur Beschreibung moderner Zivilisationsdynamik (1996).
  • Die Zukunft der Vergangenheit. Kommunikationsnetzverdichtung und das Archivwesen. (2000)
  • "Ich entschuldige mich". Das neue politische Bußritual (2001)
  • Politik nach der Aufklärung. Philosophische Aufsätze (2001)
  • Wissenschaft und Religion nach der Aufklärung. Über den kulturellen Bedeutsamkeitsverlust wissenschaftlicher Weltbilder (2001)
  • Aufklärung anlasshalber (2001)
  • Medien- und Gesellschaftswandel (2002)
  • Modernisierungsgewinner. Religion, Geschichtssinn, direkte Demokratie und Moral (2004)
  • Die Zivilisationsökumene (2005)

Weblinks

Quellen

  1. http://www.spiegel.de/panorama/zeitgeschichte/0,1518,494425,00.html