Raute

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Eigenschaften einer Raute:
Jeweils zwei Seiten sind zueinander parallel und die Verbindungslinien der gegenüberliegenden Ecken schneiden einander im rechten Winkel

Eine Raute oder ein Rhombus (von altgriechisch ῥόμβος rhómbos)[1] ist in der Geometrie ein ebenes Viereck mit vier gleich langen Seiten. Gegenüberliegende Seiten sind parallel und gegenüberliegende Winkel gleich groß.

Etymologie

Das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache sieht eine Verwendung des geometrischen Begriffs „Raute“ (mittelhochdeutsch rūte von althochdeutsch rūta, entlehnt von lateinisch ruta) seit dem 14. Jahrhundert und nennt die Entstehung „dunkel“. Den Auflagen von 1934 bis 1975 zufolge ergebe sich ein Rhombus, wenn die Spitzen der vier Kronblätter der Rautenblüte durch Geraden verbunden würden. Die Erstverwendung in der Geometrie sei für 1539 bezeugt. Spätere Auflagen enthalten diese Erklärung nicht mehr und führen nur eine fachsprachlich gleichbedeutende spätmittelhochdeutsche Form rūta an.[2] Botanische etymologische Lexika weisen darauf hin, dass die Weinraute keine rhombische Laubblattspreite habe.[3] Dem Etymologischen Wörterbuch von Wolfgang Pfeifer zufolge entstand der Begriff durch die „zuerst in der Heraldik auftretende geometrische Figur in der stilisierten vierteiligen Blütenform der Pflanze“ als Entlehnung aus lateinisch rūta, griechisch rhȳtḗ (ῥυτή) („Bitterkraut“).[4]

Bezeichnungen und Darstellungen

Doppelkreuz, Rhombus und Stern auf einer Rechenmaschine

Neben „Raute“ werden die Ausdrücke „Rhombus“ (Plural: Rhomben) und „Karo“ verwendet. Beispielsweise heißt ein Webmuster bei Textilien: „Karomuster“.

Ein Quadrat, das auf der Spitze steht, wird manchmal ebenfalls verallgemeinernd als Raute bezeichnet.

Rautenformen als Schriftzeichen finden sich in Unicode im Block Geometrische Formen, beispielsweise ◆ (U+25C6 black diamond „vollflächiges Karo“), ◇ (U+25C7 white diamond „hohles Karo“) und ◊ (U+25CA lozenge „Rhombus“).

In der Heraldik heißen rautenförmige Elemente auch Wecke und Spindel, das auf die Spitze gestellte Quadrat auch Kantenwürfel.

Eigenschaften

Eine Raute ist ein ebenes Viereck mit vier gleich langen Seiten. Alternativ lässt sich die Raute als Parallelogramm definieren, dessen Diagonalen einander rechtwinklig schneiden (siehe orthodiagonales Viereck).

Für jede Raute gilt:

Die Raute kann charakterisiert werden als

  • Parallelogramm mit zwei benachbarten gleich langen Seiten
  • Parallelogramm mit orthogonalen Diagonalen
  • Parallelogramm mit einer Diagonalen, die einen Innenwinkel halbiert
  • Drachenviereck mit paarweise parallelen Seiten
  • Viereck mit orthogonalen Diagonalen, die einander halbieren
  • Viereck mit zwei Diagonalen, die einen Innenwinkel halbieren
  • Parallelogramm mit einer Diagonalen, die einen Innenwinkel halbiert

Um eine Raute zu konstruieren, sind zwei Bestimmungsstücke, z. B. die Seitenlänge und ein Winkel, notwendig.

Formeln

Rautendekor am Giebel des Südquerhauses der St Julien, Chauriat, Auvergne
Mathematische Formeln zur Raute
Flächeninhalt
Umfang
Seitenlänge
Länge der Diagonalen
Höhe
Inkreisradius
Innenwinkel

Kombinationen mehrerer Rauten

Rautendekor am Giebel des Südquerhauses der Kirche St Étienne in Beauvais, Picardie

Zum Stern („Rautenstern“) schließen sich nur Rauten, deren Zentriwinkel (also der Winkel in der Spitze, in der man sie aneinanderlegt) gleich mit einer natürlichen Zahl ist. Sie bilden dann einen -zackigen Stern. Das gilt nicht für den dreidimensionalen Fall, hierbei lassen sich auch anderswinklige Rauten in ihrer Spitze aneinanderfügen und ergeben dann pyramidenförmige Spitzen.

Parkettierungen mit Rauten

Rhombendach der Marienkirche in Dortmund

Polyeder mit Rauten

Einige Polyeder haben Rauten als Seitenflächen, zum Beispiel die Rhomboeder. Die Oberfläche von Rhombendodekaeder und Rhombentriakontaeder, zweier catalanischer Körper, besteht aus kongruenten Rauten. Rhomboeder, Rhombendodekaeder und Rhombentriakontaeder sind Polyeder, die ausschließlich von Rauten begrenzt sind. Die genannten Polyeder sind drehsymmetrisch, d. h., sie können durch Drehung um bestimme Rotationsachsen auf sich selbst abgebildet werden.

Rauten in Architektur, Kunst und Design

Ein aus Kieselsteinen gelegtes Rautenmosaik in der altmakedonischen Hauptstadt Pella stammt aus alexandrinischer Zeit (siehe Abbildung oben). Beliebt waren abstrahierte Rautenmuster als apotropäische Zeichen in der Kunst der Berber im Maghreb. In der europäischen Kunst sind sie dagegen nur selten anzutreffen, Beispiele finden sich etwa im Dekor der Südseite der Prioratskirche St-Julien in Chauriat oder im Giebel des Nordquerhauses der Kirche St Étienne in Beauvais.

Das Rhombendach ist ein Turmdach, das sich aus vier rautenförmigen Dachflächen zusammensetzt. Die Dachschrägen sind gegenüber den Giebelwänden um 45 Grad versetzt.

Die Rhombus- oder Rautenschalung wird zur Verkleidung von Fassaden oder für Sichtschutzwände eingesetzt. Der Querschnitt der liegend montierten Latten bildet ein Parallelogramm. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Latten bilden rautenförmige Latten an der Vorderseite eine Tropfkante aus.

Weblinks

Commons: Raute – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Raute – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Rhombus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (zeno.org [abgerufen am 5. September 2020]).
  2. Raute. In: Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 11. Auflage 1934, 21. Auflage 1975, 25. Auflage 2011.
  3. Ruta. In: Helmut Genaust: Etymologische Handbuch der deutschen Pflanzennamen. 3. Auflage 1989. Im Anschluss Ruta graveolens L. In: Friedhelm Sauerhoff: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. 2. Auflage. 2004.
  4. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Online, abgerufen am 5. September 2020.
  5. Bewiesen von Jewgraf S. Fedorow 1891, nach Ian Stewart: Fünfeckige Kacheln. In: Spektrum der Wissenschaft. Januar 2000, S. 106–108 (Abb. S. 108).