Bob-Weltmeisterschaft 1938

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7. Bob-Weltmeisterschaft 1938
Männer Frauen
Sieger
Zweierbob NS-Staat Gerhard Fischer
Rolf Thielecke
Viererbob Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Frederick McEvoy
David Looker
Charles Green
Chris Mackintosh
Wettbewerbe
Austragungsorte Schweiz Natureisbahn St. Moritz (Zweierbob)
NS-Staat Olympia-Bobbahn in Garmisch-Partenkirchen (Viererbob)
1937
1939

Die 7. Bob-Weltmeisterschaft wurde am 29. und 30. Januar 1938 zunächst im Viererbob auf der Olympia-Bobbahn im deutschen Wintersportort Garmisch-Partenkirchen, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1936, und am 9. und 10. Februar 1938 im Zweierbob auf der Olympia-Eisbahn im schweizerischen St. Moritz ausgetragen.

Viererbob[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Viererbob-Weltmeisterschaften auf der Olympia-Bobbahn in am Riessersee hatten sich neben den üblichen Teams aus Europa auch wieder ein Team aus den USA angemeldet. Der Bronzemedaillengewinner im Viererbob vom Vorjahr, Donald „Donna“ Fox war mit seiner Crew, bestehend aus Clifford Gray, James Bickford und Bill Dupree Mitte Januar 1938 per Schiff nach Europa gereist und kam rechtzeitig in Oberbayern an. Gleichzeitig sollte Fox in einer Art Funktionärsfunktion bei Gesprächen die Ausrichtung der nächsten Bob-WM in Lake Placid unter Dach und Fach bringen.[1] Allerdings hatte der New Yorker nicht die besten Erinnerungen an die nicht unumstrittene Bobbahn, war er doch bei den Olympischen Spielen im Training gestürzt und durch einen anderen Piloten ersetzt worden.[2] Francis Tyler wurde mit der Crew von Donna Fox Sechster im olympischen Viererbob-Wettbewerb. Nun wollte Fox es besser machen, doch bereits im Training ging er das Rennen zu forsch an und sein Bob flog in der berüchtigten Bayern-Kurve aus der Bahn. Fox verletzte sich an der Wirbelsäule, Anschieber Clifford Gray brach sich zwei Rippen.[3] Damit war das Kapitel Weltmeisterschaft für die Amerikaner schon erledigt, denn Pilot Donna Fox musste noch eine Weile im Krankenhaus verbringen. Dass diese Verletzung letztlich seine Sportlerkarriere beendete, konnte er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ahnen.

Darüber hinaus nahm mit der Schweiz eine weitere Bob-Nation nicht an der WM teil. Offizieller Grund waren die zur gleichen Zeit stattfindenden Schweizer Viererbob-Meisterschaften, an denen allerdings kein Spitzenathlet teilnahm, denn die Schweizer Asse Capadrutt und Musy waren mit Aufgaben der Landesverteidigung betraut. Wahrer Grund war wohl letztlich die Verstimmung zwischen dem schweizerischen und dem deutschen NOK, die beim Amateurstatus für Olympiaathleten bei Winterspielen gegensätzliche Meinungen hatten. Die fehlende Konkurrenz focht den Titelverteidiger, den Briten McEvoy nicht an. Bereits im ersten Lauf hatte das Enfant terrible der Bobszene die Konkurrenz mit Wettkampfbestzeit geschockt. Lokalmatador Hanns Kilian, der nach seinen Differenzen mit dem deutschen Sportführer Hans von Tschammer und Osten vor heimischer Kulisse wieder starten durfte, lag nach dem ersten Tag schon fast zwei Sekunden zurück. Vor ihn hatte sich noch der Thüringer Gerhard Fischer geschoben, allerdings nur mit dem hauchdünnen Vorsprung von einer Hundertstel. Für eine weitere positive Überraschung sorgte der Bob Österreich I mit den Lorenz-Brüdern, der sich auf Rang vier mit reichlich 2 Sekunden Rückstand zu Kilian einfand. Für damalige Bahnverhältnisse war bei diesem Rückstand ein Medaillengewinn kein Ding der Unmöglichkeit.[4]

Der zweite Wettkampftag begann mit einer großen Überraschung. McEvoy verriss seinen dritten Lauf komplett und verlor über zweieinhalb Sekunden auf Kilian. Urplötzlich führte nun der dreifache Weltmeister aus Garmisch mit 25 Hundertsteln Vorsprung vor dem Briten. Doch im letzten Lauf versagten dem Bayer die Nerven. Während Kilian fast zwei Sekunden langsamer als im dritten Lauf war, fuhr Mc Evoy seine zweitbeste Laufzeit und gewann am Ende noch recht souverän mit über 3 Sekunden Vorsprung seinen dritten Weltmeistertitel. Im Rennen um Silber fehlten Gerhard Fischer am Ende reichlich sieben Zehntel auf Kilian, so dass Fischer Bronze gewann. Die Konkurrenz dahinter fuhr am zweiten Tag deutlich schlechter, schon der französische Bob auf Rang vier lag fast sieben Sekunden hinter dem Bronzeplatz.[5]

Platz Land Sportler 1. Lauf[4] 2. Lauf[4] 1. Tag[4] 3. Lauf[5] 4. Lauf[5] Gesamt[6]
1 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich GBR Frederick McEvoy
David Looker
Charles Green
Chris Mackintosh
1:22,14 1:24,59 2:46,73 1:29,38[7] 1:24,23[7] 5:40,32
2 NS-Staat GER II Hanns Kilian
Werner Windhaus
Bobby Braumüller
Franz Kemser
1:24,02 1:24,59 2:48,61 1:26,83 1:28,62 5:44,06
3 NS-Staat GER I Gerhard Fischer
Lohfeld
H. Fischer
Rolf Thielecke
1:23,45 1:25,15 2:48,60 1:29,09 1:27,13 5:44,84
4 FrankreichFrankreich FRA Louis Balsan
?
?
?
2:50,95 1:30,34 1:28,29 5:51,79
5 Osterreich AUT I Franz Lorenz
Richard Lorenz
?
?
1:25,08 1:25,76 2:50,84 1:29,00 1:33,29 5:53,13
6 Italien 1861 ITA Francesco De Zanna
?
?
?
2:57,07 1:30,48 1:33,38 6:00,93
7 Osterreich AUT II Karl Wagner
Josef Fuchs
?
?
1:26,81 1:30,62 2:57,43 1:34,63 1:33,36 6:05,72

Zweierbob[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Abschluss einer Sportwoche, bei er es auch bereits hochkarätig besetzte Bobrennen gab, fand nun schon zum vierten Mal ein Teil der Bob-Weltmeisterschaften in St. Moritz statt. Sahen die Zuschauer bis dahin immer die Viererbobs, gingen nun erstmals die Zweierbobs, in der Schweiz auch Boblets genannt, an den Start. Titelverteidiger war der frisch gekürte Viererbob-Weltmeister, der Brite Mc Evoy, am Start waren neben den Deutschen Gerhard Fischer und dem Viererbob-Weltmeister von 1931, Werner Zahn, auch der Schweizer Fritz Feierabend und der eigentlich als Automobilrennfahrer bekannte Schweizer Hans Ruesch. Aus Übersee vertrat Jack Heaton die amerikanischen Farben, aber auch aus Kanada war ein Bob am Start. Die Überraschung des ersten Wettkampftages war letztlich nicht die Führung von Gerhard Fischer, sondern der zweite Platz des bis dahin eher nur Fachleuten bekannten Max Houben aus Belgien. Auch der vierte Platz von Titelverteidiger Mc Evoy, den er sich zeitgleich mit Fritz Feierabend teilt, war nicht unbedingt erwartet worden. Allerdings waren auf der gut präparierten Ban die Zeitabstände seit Jahren eher klein, so dass selbst der auf Platz acht liegende Hans Ruesch noch Medaillenhoffnungen hegen konnte.[8]

Wie so oft entschied sich der Wettkampf schon im dritten Lauf, wobei die Horseshoe -Kurve der gefürchtete Scharfrichter wurde. Während Max Houben und Jack Heaton wertvolle Zehntel verloren, Gerhard Fischer unbeirrt Laufbestzeiten fuhr und sich somit den Weltmeistertitel sicherte, entbrannte ein Zweikampf zwischen McEvoy und Feierabend. Nach dem dritten Lauf lag der Schweizer mit zwei Zehnteln Vorsprung auf dem Silberrang. McEvoy konterte jedoch im letzten Lauf und nahm Feierabend die entscheidenden drei Zehntel ab, so dass er letztlich mit einem Zehntel Vorsprung vor Feierabend Silber erringen konnte. Max Huben belegte den vierten Platz mit nur einer halben Sekunde Rückstand auf Bronze.[9]

Platz Land Sportler 1. Lauf[8] 2. Lauf[8] 1. Tag[8] 3. Lauf[9] 4. Lauf[9] Gesamt[9]
1 NS-Staat GER I Gerhard Fischer
Rolf Thielecke
1:23,6 1:22,3 2:45,9 1:24,1 1:24,0 5:34,0
2 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich GBR I Frederick McEvoy
Charles Green
1:23,9 1:23,4 2:47,3 1:24,3 1:24,4 5:36,0
3 Schweiz SUI I Fritz Feierabend
Joseph Beerli
1:23,5 1:23,8 2:47,3 1:24,1 1:24,7 5:36,1
4 Belgien BEL II Max Houben
Jacques Mouvet
1:23,3 1:23,4 2:46,7 5:36,6
5 Vereinigte StaatenVereinigte Staaten USA Jack Heaton
James Bickford
1:23,4 1:23,6 2:47,0 5:37,1
6 NS-Staat GER II Werner Zahn
Gatzsch
1:23,2 1:24,7 2:47,9 5:37,2
7 Belgien BEL I René Lunden
Beauffort
1:24,3 1:24,0 2:48,3 5:38,0
8 Schweiz SUI II Hans Ruesch
René Fonjallaz
1:24,6 1:23,8 2:48,4 5:39,8

Medaillenspiegel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Land Gold Silber Bronze Gesamt
1 Deutsches Reich NS Deutsches Reich 1 1 1 3
2 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1 1 0 2
3 Schweiz Schweiz 0 0 1 1

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Fox will sail tonight In: The New York Times. 14. Januar 1938, S. 18 (proquest.com Subskriptionszugriff)
  2. Officials overrules Fox In: The New York Times. 9. Februar 1936, S. 8 (proquest.com Subskriptionszugriff)
  3. Donna Fox an Crew of Bobbers Injured As Sled Hurtles Off Course in Germany In: The New York Times. 30. Januar 1938, S. 67 (proquest.com Subskriptionszugriff)
  4. a b c d Die Bob-Weltmeisterschaften. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 30. Jänner 1938, S. 18 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  5. a b c Viererbob-Weltmeisterschaft. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 31. Jänner 1938, S. 15 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  6. Bobsleigh. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 198, 2. Februar 1938, Ausgabe 03, S. 7.
  7. a b Die internationale Wintersportwoche in Garmisch-Partenkirchen. In: Innsbrucker Nachrichten, 31. Jänner 1938, S. 6, rechte Spalte (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  8. a b c d Zweierbob-Weltmeisterschaften in St. Moritz. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 243, 10. Februar 1938, S. 2
  9. a b c d Zweierbob-Weltmeisterschaften in St. Moritz. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 249, 11. Februar 1938, S. 7

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]