Bundesfighter II Turbo

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Bundesfighter II Turbo
Entwickler OsterreichÖsterreich Colour Colliders
Publisher Deutschland funk
Leitende Entwickler
Veröffentlichung
  • Browser:
    • 21. September 2017
  • MacOS, Windows:
    • 21. September 2017
Plattform Webbrowser, MacOS, Windows
Spiel-Engine Unity
Genre Kampfspiel
Spielmodus Einzelspieler, 2-Spieler
Steuerung Tastatur
Medium Browser, Download
Sprache Englisch

Bundesfighter II Turbo ist ein 2017 im Auftrag von Browser Ballett entwickeltes Browserspiel, in welchem Spieler die Spitzenkandidaten der Bundestagswahl 2017 gegeneinander antreten lassen können[1]. Sowohl namentechnisch als auch inhaltlich stellt es eine Parodie von Capcoms Street Fighter II Turbo dar.

Als die Staatsanwaltschaft Stuttgart sich trotz einer Strafanzeige weigerte, gegen die Nutzung von Hakenkreuzen in dem Satirespiel zu ermitteln, erlangte Bundesfighter II Turbo mediale Aufmerksamkeit, stieß die Debatte um verfassungsfeindliche Symbole in Videospielen in Deutschland neu an und führte schlussendlich zu einer Reform des Regelwerks der USK.[2]

Spielmechanik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als klassisches spritebasiertes 2D-Kampfspiel stehen sich während eines Kampfes zwei Charaktere gegenüber, welche das Ziel haben, die Lebensanzeige ihres Gegenübers durch Angriffe zu leeren. In Anlehnung an die Street Fighter-Reihe stehen hierfür jedem spielbaren Charakter ein Schutzschild, verschiedene „light attacks“ und „heavy attacks“ mit je einer Sprung- und Ducken-Variation sowie zwei Spezial-Attacken (deren Aktivierung eine über den Kampfverlauf gefüllte „Power Bar“ voraussetzt), zur Verfügung. Zudem hat jeder Charakter eine eigene Stage.

Spieler haben die Wahl zwischen einem Story-Modus, in welchem gegen eine Reihe von computergesteuerten Gegnern angetreten werden muss, oder einem Versus-Modus, in welchem zwei menschliche Spieler die Charaktere kontrollieren.[3]

Charaktere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die spielbaren Charaktere in Bundesfighter II Turbo sind satirische Darstellungen der Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2017 von CDU, SPD, Linke, FDP, AfD und B90/Grüne[4].

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz nach der Veröffentlichung erhielt Bundesfighter II Turbo überwiegend positive Rezensionen.

Spiegel Netzwelt beschrieb das Spiel als „abgespeckte 'Street Fighter'-Version“, welche „durchaus Spaß“ mache, bezeichnete jedoch eine der Spezialattacke Merkels, bei welcher der drei Monate zuvor verstorbene Helmut Kohl als Engel vom Himmel fällt, als „makaber“[1]. Ghacks Technology News lobte den Humor des Spiels, merkte jedoch an, dass dieser wohl vor allem Spieler mit Interesse an deutscher Politik anspräche[7]. Eurogamer empfahl Bundesfighter II Turbo allen, die „zumindest mal etwas Spaß, Unterhaltung und Aggressivität im Wahlkampf verspüren“ wollen[8]. Quick-Save.de wies darauf hin, dass das eigentlich kostenlose Browserspiel aufgrund seiner Finanzierung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk praktisch 17,50 € kosten würde, schloss aber mit dem Fazit: „Trotz der marginalen Probleme mit der Steuerung bekommt der Spieler hier endlich echten Wahlkampf geboten. Genauso wie er es verdient hat.“[9]

Hakenkreuz-Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sprung-Variation der „heavy attack“ des spielbaren Charakters Gauland zeigt den rechtsextremen Politiker, wie er seine Gliedmaßen in einer Weise anwinkelt, welche seinen gesamten Körper wie ein Hakenkreuz aussehen lässt.

Als Browserspiel unterliegt Bundesfighter II Turbo nicht der Kontrolle der USK, weswegen ein Mitglied des VDVC erst nach der Veröffentlichung bei der Staatsanwaltschaft Berlin Anzeige wegen mutmaßlicher Verletzung von Paragraph 86a des deutschen Strafgesetzbuches erstattete[10]. Dieser verbietet die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, unter anderem Symbole des NS-Regimes wie Hakenkreuze[11]. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf Medien, allerdings zusätzlich der Sozialadäquanzklausel, welche die Verwendung im Kontext von Kunst oder Bildung gestattet. Im Jahr 1998 beschloss das Oberlandesgericht Frankfurt im Fall von Wolfenstein 3D ein Urteil, in dessen Zuge Videospiele als weder Kunst- noch Bildungsobjekt definiert wurden.

Dieses führte als Präzedenzfall dazu, dass eine Vielzahl an Videospielen mit historischen Settings entweder nur zensiert oder gar nicht auf dem deutsche Markt erschienen, was sich selbst dann nicht änderte, als Videospiele durch die Aufnahme des Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware in den Deutschen Kulturrat 2008 offiziell als Kunst anerkannt wurden[12]. Dieser Umstand fand jedoch mit der Weigerung der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, wegen Bundesfighter II Turbo zu ermitteln, da dieses in ihren Augen ein Kunstwerk darstelle, zum ersten Mal Anwendung. Zudem hieß es in der offiziellen Begründung der Generalstaatsanwaltschaft: „In der Literatur gilt das Urteil des OLG Frankfurt aus dem Jahr 1998 als überholt.“[10]

Obwohl dies noch keinen neuen Präzedenzfall schuf, reformierte die USK am 9. August 2018 als Reaktion auf die Kontroverse ihr Regelwerk, sodass nun bei der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Videospielen im Einzelfall entschieden wird, ob die Sozialadäquanzklausel anwendbar ist, anstatt dies wie zuvor kategorisch auszuschließen[2].

Silberstein, welcher der Auftraggeber für die Programmierung des Spiels war, gab an, dass dieses vor allem den Zweck verfolgte, junge Wähler zu erreichen und dementierte die Existenz von nationalsozialistischer Symbolik im Spiel mit den Worten: „Das ist doch kein Hakenkreuz, das ist einfach eine Sprungattacke.“[1]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Jörg Breithut: Browserspiel "Bundesfighter II Turbo": Wenn der Schulz-Zug die Biotonne rammt. In: Spiegel Netzwelt. 22. September 2017, abgerufen am 22. April 2023.
  2. a b Sebastian Maas: In Deutschland dürfen Videospiele nun Hakenkreuze zeigen. In: Spiegel Netzwelt. 9. August 2018, abgerufen am 22. April 2023.
  3. CHIP-Redaktion: Download - Bundesfighter 2 Turbo. In: Chip.de. 22. September 2017, abgerufen am 22. April 2023.
  4. Browser Ballett: Bundesfighter 2 Turbo - Das Prügelspiel zum Wahlkampf. In: YouTube. 21. September 2017, abgerufen am 22. April 2023 (englisch).
  5. Fabian Reinbold: Netz-Kult um den SPD-Kandidaten: Schulz? MEGA! In: Spiegel Netzwelt. 31. Januar 2017, abgerufen am 22. April 2023.
  6. Ferdinand Otto: FDP-Wähler: Partei der alten, wohlhabenden Männer. In: Zeit Online. 8. August 2017, abgerufen am 22. April 2023.
  7. Martin Brinkmann: The German Election: Street Fighter II Turbo Style. In: ghacks.net. Softonic, 21. September 2017, abgerufen am 22. April 2023 (englisch).
  8. Benjamin Jakobs: Spielt jetzt Bundesfighter 2 Turbo. In: Eurogamer. 21. September 2017, abgerufen am 22. April 2023.
  9. Sven Festag: Bundesfighter II Turbo • Der letzte Schlag im Wahlkampf. In: Quick-Save.de. 22. September 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Dezember 2023; abgerufen am 9. Februar 2024.
  10. a b Michael Herold: Bundesfighter 2 Turbo - Staatsanwaltschaft ermittelt nicht wegen Hakenkreuz im Spiel, ändert sich die Rechtslage? In: GameStar. 9. Mai 2018, abgerufen am 22. April 2023.
  11. § 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. In: Strafgesetzbuch (StGB). Bundesministerium für Justiz, abgerufen am 22. April 2023.
  12. Dominik Rehermann: Geschichte der Videospiele: vom Technikmotor zum Kulturgut. In: bpb.de. 28. März 2022, abgerufen am 22. April 2023.