Eidgenössische Volksinitiative «für eine gesicherte AHV – Energie statt Arbeit besteuern!»

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Die Eidgenössische Volksinitiative «für eine gesicherte AHV – Energie statt Arbeit besteuern» verlangte den ökologischen und sozialen Umbau des Steuersystems der Schweiz. Sie wurde 1996 von den Schweizer Grünen eingereicht und 2001 von Volk und Ständen abgelehnt.[1]

Inhalt der Initiative[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Reduktion der Steuern auf Arbeit bei gleichzeitiger Einführung einer Energiesteuer sollten drei Ziele gleichzeitig erreicht werden:

  1. Senkung der Umweltbelastung
  2. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
  3. Sicherung der Sozialwerke

Damit sollten gleichzeitig mehrere Lenkungswirkungen erzielt werden: Durch die Verteuerung der fossilen Energie sollte deren Verbrauch vermindert werden, und durch die Senkung der Abgaben, welche die Erwerbsarbeit belasten, sollte ein Anreiz geschaffen werden, mehr Menschen statt Maschinen arbeiten zu lassen.[2]

Die Einnahmen der Energiesteuer wären namentlich an die Altersversicherung (AHV) und Arbeitslosenversicherung (ALV) breit an die Bevölkerung zurückerstattet worden.

Text der Volksinitiative[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

I

Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt:

Art. 41quater (neu)

Der Bund erhebt zur teilweisen oder vollständigen Finanzierung der Sozialversicherungen eine Steuer auf nicht erneuerbaren Energieträgern und auf Elektrizität von Wasserkraftwerken mit mehr als einem Megawatt Leistung.

II

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt:

Art. 24 (neu)

1 Bei einer Herabsetzung des Rentenalters werden mit dem Erlös der Energiesteuer nach Artikel 41quater die entstehenden Mehrkosten gedeckt.

2 Der Erlös der Energiesteuer wird darüber hinaus zur sozialverträglichen Reduktion der Beiträge der Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen für AHV, IV, EO und ALV sowie der Beiträge der Selbständigerwerbenden für AHV, IV und EO verwendet. Nichterwerbstätige, die ein im Gesetz bestimmtes Mindesteinkommen nicht erreichen, erhalten im Umfang der durchschnittlichen energiesteuerbedingten Mehrbelastung eine Steuerrückerstattung.

3 Die Energiesteuer wird in regelmässigen, voraussehbaren Schritten eingeführt. Das Gesetz kann für Härtefälle befristete Steuererleichterungen vorsehen.[3]

Beratung in den Eidgenössischen Räten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Geschäft wurde im Nationalrat zuerst behandelt. Die Sprecher der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie Ulrich Fischer und John Dupraz betonten zu Beginn der Debatte, dass es nach Auffassung der Kommissionsmehrheit demokratiepolitisch bedenklich sei, kurz nach der Ablehnung der drei Energievorlagen am 24. September 2000 durch Volk und Stände das Thema erneut vorzulegen. Von Bürgerlichen wurde zugleich kritisiert, dass auch Abgaben auf Wasserkraftwerke anfallen und nicht nur auf Öl, Gas und atomare Brennstoffe. In der Gesamtabstimmung entschied der Nationalrat mit 120 zu 65 Stimmen, die Initiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Vor allem die Mitglieder aus der Sozialdemokratischen, der Grünen und Evangelischen Fraktion stimmten für die Vorlage und somit für eine annehmende Abstimmungsempfehlung. Im Ständerat wurde die Vorlage aus ähnlichen Gründen mit 24 zu 4 Stimmen abgelehnt.

In der Schlussabstimmung wurde der Bundesbeschluss, mit dem die Bundesversammlung die Initiative offiziell zur Ablehnung empfahl[4], im Nationalrat mit 119 zu 65 Stimmen und im Ständerat einstimmig angenommen.[5]

Volksabstimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abstimmungsfrage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

«Wollen Sie die Volksinitiative ‹für eine gesicherte AHV – Energie statt Arbeit besteuern!› annehmen?»

Haltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die GPS, SPS, EVP und CSP befürworteten die Vorlage; FDP, CVP, SVP, LPS, PdA, SD, EDU, FPS und Lega lehnten sie ab.[6]

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Initiative «Energie statt Arbeit besteuern» – amtliche Endergebnisse[7]
Kanton Ja (%) Nein (%) Beteiligung (%)
Kanton Zürich Zürich 27,0 % 73,0 % 40,31 %
Kanton Bern Bern 24,2 % 75,8 % 38,70 %
Kanton Luzern Luzern 20,2 % 79,8 % 41,41 %
Kanton Uri Uri 20,1 % 79,9 % 39,21 %
Kanton Schwyz Schwyz 16,0 % 84,0 % 45,89 %
Kanton Obwalden Obwalden 16,7 % 83,3 % 43,50 %
Kanton Nidwalden Nidwalden 13,9 % 86,1 % 41,00 %
Kanton Glarus Glarus 19,1 % 80,9 % 35,62 %
Kanton Zug Zug 18,1 % 81,9 % 44,41 %
Kanton Freiburg Freiburg 18,7 % 81,3 % 37,76 %
Kanton Solothurn Solothurn 20,6 % 79,4 % 37,66 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt 30,6 % 69,4 % 43,22 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 23,6 % 76,4 % 37,95 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen 27,6 % 72,4 % 59,37 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 20,9 % 79,1 % 43,49 %
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 14,3 % 85,7 % 37,28 %
Kanton St. Gallen St. Gallen 20,3 % 79,7 % 37,10 %
Kanton Graubünden Graubünden 22,3 % 77,7 % 33,19 %
Kanton Aargau Aargau 18,8 % 81,2 % 33,09 %
Kanton Thurgau Thurgau 21,4 % 78,6 % 37,37 %
Kanton Tessin Tessin 22,8 % 77,2 % 31,51 %
Kanton Waadt Waadt 22,6 % 77,4 % 29,54 %
Kanton Wallis Wallis 16,9 % 83,1 % 30,33 %
Kanton Neuenburg Neuenburg 21,6 % 78,4 % 48,07 %
Kanton Genf Genf 27,0 % 73,0 % 42,16 %
Kanton Jura Jura 23,9 % 76,1 % 35,63 %
Eidgenössisches Wappen Schweizerische Eidgenossenschaft 22,9 % 77,1 % 37,85 %

Abstimmungskampf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenige Monate vor der Abstimmung über diese Volksinitiative war eine Vorlage mit gleicher Stossrichtung mit 55,5 % Nein-Stimmen abgelehnt worden.[8] Dies hatte zur Folge, dass die folgende Abstimmung unter dem Eindruck einer Wiederholung stand.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolf Linder, Christian Bolliger, Yvan Rielle (Hrsg.): Handbuch der eidgenössischen Volksabstimmungen 1848 bis 2007. Haupt, Bern / Stuttgart / Wien 2010, ISBN 978-3-258-07564-8, S. 608.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Botschaft des Bundesrates vom 13. Mai 1998 (PDF; 1,7 MB) in swissvotes.ch
  • Initiative «Energie statt Arbeit besteuern» (Memento vom 14. Februar 2015 im Internet Archive). Informationen des Eidgenössischen Finanzdepartements, 8. Februar 2006

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vorlage Nr. 481. Übersicht. Volksabstimmung vom 02.12.2001. Abstimmungsergebnis bei der Bundeskanzlei; abgerufen am 20. Januar 2022.
  2. Energie statt Arbeit besteuern: Weniger Lohnnebenkosten? swissinfo.ch, 30. Oktober 2001; abgerufen am 20. Januar 2022.
  3. Eidgenössische Volksinitiative 'für eine gesicherte AHV – Energie statt Arbeit besteuern!' In: bk.admin.ch. Abgerufen am 28. November 2021 (Schweizer Hochdeutsch, letzte Änderung: 13. Januar 2022).
  4. Bundesbeschluss über die Volksinitiative «für eine gesicherte AHV – Energie statt Arbeit besteuern!» In: fedlex.admin.ch. Bundeskanzlei, 22. Juni 2001, abgerufen am 18. Januar 2022.
  5. "Für eine gesicherte AHV - Energie statt Arbeit besteuern!". Volksinitiative. In: Geschäftsdatenbank Curia Vista. Schweizer Parlament, abgerufen am 18. Januar 2022 (Schweizer Hochdeutsch, mit Links zu Bericht und Gesetzesentwurf der Kommission, zu den Ratsverhandlungen und weiteren Parlamentsunterlagen).
  6. Initiative «Energie statt Arbeit besteuern». swissvotes.ch (Verlaufsdokumentation; mit Bildmaterial der Ja-Kampagne); abgerufen am 20. Januar 2022.
  7. Vorlage Nr. 481 Resultate in den Kantonen. In: bk.admin.ch. Bundeskanzlei, abgerufen am 18. Januar 2022 (Schweizer Hochdeutsch).
  8. Vorlage Nr. 466. Übersicht. Volksabstimmung vom 24.09.2000. Verfassungsartikel über eine Energielenkungsabgabe für die Umwelt (Gegenentwurf zur zurückgezogenen ‹Energie-Umwelt-Initiative›). bk.admin.ch; abgerufen am 20. Januar 2022.