Kloster Weißenburg (Elsass)

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Stiftskirche Peter & Paul in Wissembourg, Teil des früheren Klosters

Kloster Weißenburg ist eine im 7. Jahrhundert gegründete ehemalige Benediktinerabtei (1524–1789: Kollegiatstift) in Weißenburg (franz. Wissembourg) im Elsass im heutigen Frankreich.

Geschichte

Das Kloster Weißenburg gilt in der modernen Geschichtswissenschaft als eine Gründung des Speyerer Bischofs Dragobodo, worauf eine Traditionsnotiz aus dem Jahr 661 hinweist.[1]

Durch Stiftungen des Adels und lokaler Grundbesitzer gewann das Kloster Besitz und Ländereien im Elsass, der Pfalz und im rechtsrheinischen Ufgau. So wurden Herren- und Knechtshöfe errichtet und eine systematische Landwirtschaft zur Gewinnung von fruchtbarem Ackerboden eingeführt.

Weißenburg entwickelte sich zu einem der reichsten und auch kulturell bedeutendsten Klöster des Fränkischen Reichs und späteren Karolingerreichs. Bereits im Jahr 682 konnte es für die hohe Summe von 500 Solidi Salinenanteile in Vic-sur-Seille kaufen, 760 erhielt es unter anderem den Mundatwald.

Ein frühes Zeugnis der deutschen Sprache und Literatur bildet das Evangelienbuch, das der Weißenburger Mönch Otfrid von Weißenburg um 860 schuf. Damals unterstand das Kloster dem Abt Grimald von Weißenburg, einer hervorragenden Persönlichkeit der damaligen Reichskirche; er war zugleich auch Abt des Klosters St. Gallen und Kanzler König Ludwigs des Deutschen.

Einen bedeutenden Verlust an Besitzungen erfuhr das Kloster, als sich im Jahr 985 der salische Herzog Otto insgesamt 68 dem Kloster gehörende Orte aneignete („Salischer Kirchenraub“).

Um 1100 war es für das inzwischen reich gewordene Kloster Weißenburg wichtig, sich vom Bischof von Speyer und dessen Einfluss zu distanzieren. Zu diesem Zweck konstruierte man eine andere Tradition über die Entstehung des eigenen Klosters und scheute sich auch nicht, dies mittels gefälschter Urkunden darzustellen (wobei bemerkt werden muss, dass Urkundenfälschung im Mittelalter nichts ungewöhnliches war). Im Falle Weißenburgs berief man sich auf den Merowingerkönig Dagobert I., der das Kloster angeblich im Jahr 623 gegründet haben sollte.

Vor allem der Übergang von der Eigenbewirtschaftung der Klostergüter zur Vergabe als Lehen zog den Verlust der meisten Besitzungen nach sich, da die Lehnsträger mit der Zeit ihr Lehen als Allod, als freies Eigentum, betrachteten. Dadurch verflüchtigte sich der einst so umfangreiche Klosterbesitz immer mehr. Im 16. Jahrhundert waren von den einst Tausenden von klostereigenen Höfen noch genau drei Höfe (Steinfeld, Schweighofen und Koppelhof) sowie das Zehntrecht in Weißenburg und Bergzabern mit einem jährlichen Ertrag von 1500 Gulden übrig geblieben.

Bereits zur Zeit des Niederganges versuchte der 1262–1293 regierende Abt Edelin, durch eine Erfassung des Klosterbesitzes den Verlust der Klostergüter zu stoppen und verlorene Güter zurückzugewinnen. Dieses Verzeichnis, Liber Edelini oder Liber Possessionum genannt, wird gegenwärtig im Landesarchiv Speyer aufbewahrt. 1524 wurde das völlig verarmte Kloster auf Drängen des letzten Abtes, Rüdiger Fischer, in ein weltliches Kollegiatstift umgewandelt, das 1546 mit dem Hochstift Speyer vereinigt wurde.

Der gefürstete Propst von Weißenburg hatte im Reichstag eine Virilstimme im Reichsfürstenrat des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation inne. Im Zuge der Französischen Revolution wurde das Stift 1789 aufgelöst.

Ein Teil der Bibliothek gelangte im 17. Jahrhundert in die Herzog August Bibliothek nach Wolfenbüttel, das Klosterarchiv ging größtenteils in den Wirren der Revolutionszeit zugrunde.

Territorium

Im Jahr 1764 zählte der weltliche Staat der gefürsteten Propstei Weißenburg folgende Stellen und Bestandteile (heutige Schreibweise):[2]

  1. Das Propsteiamt mit einem Hofmeister, Propsteirat, Sekretäre, Baumeister und Boten
  2. das Staffelgericht in Weißenburg mit neun Beamten
  3. die Fauthei Schlettenbach mit vier Beamten und mit den Orten Bobenthal, Bundenthal, Bärenbach, Finsternheim und Erlenbach
  4. das Propsteigericht im zweibrückischen Amt Kleeburg mit drei Beamten
  5. die Ämter Altenstadt und St. Remig mit elf Beamten und den Orten Großsteinfeld, Kleinsteinfeld, Kapsweyer, St. Remig, Schweighofen, Schleithal und Oberseebach
  6. die Schaffnerei zu Hagenau mit zwei Beamten für das Kloster zu St. Walbourg
  7. die Schultheißerei Uhlweiler bei Hagenau

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts umfasste das Territorium Propstei Weißenburg etwa 28 Quadratmeilen mit 50.000 Einwohnern.

Liste der Äbte von Weißenburg

Der Theologe und Historiker Kaspar Brusch überliefert in seiner erstmals 1551 erschienenen Klosterchronik[3] auch für das Kloster Weißenburg eine Äbteliste, die freilich teilweise fiktiv ist (zumindest für die angeblich vor Dragobodo regierenden Äbte – vergleiche schon den vielsagenden Namen „Principius“ des vermeintlich 1. Abtes). Darauf weist Brusch selbst hin („Nihil enim de his Abbatibus primis aliud scriptum reperi, quorum seriem etiam ac successionem aliquid erroris habere non dubito“. Als Quelle für die Äbte vor Adalbertus (Nr. 23) gibt er eine Auskunft an, die er vom seinerzeitigen Bischof von Speyer erhalten habe).

Benediktinerdenkmal an der Stiftskirche St. Peter & Paul in Wissembourg
  • Principius
  • Cheodonius
  • Radefridus
  • Ehrwaldus
  • Instulphus
  • Astrammus
  • Gerbertus
  • Ehrimbertus
  • Dragobodo (zugleich Bischof von Speyer)
  • Charialdus
  • Bernhardus (oder Wernharius; später Bischof von Worms)
  • David
  • Wielandus
  • Grimald, (um 825–839)
  • Odgerus (oder Odogarius, 839–847, auch Erzbischof von Mainz)
  • Grimald, (847–872, zum zweitenmal)
  • Volcoldus
  • Gerochus
  • Voltwicus
  • Mimoldus
  • Adelhardus
  • Gerrichus
  • Ercarmius
  • Adalbertus (Abt seit 966, im Jahr 968 Erzbischof von Magdeburg, dort gestorben 981)
  • Sanderadus (970 bis 985. Seine Amtszeit endete offenbar gewaltsam im Zusammenhang mit dem sogenannten Salischen Kirchenraub)
  • Gisillarius (985 bis 989)
  • Gerrichus (989 bis 1001)
  • Sigebodo (1001 bis 1002)
  • Luithardus (1002 bis 1032. Während seiner Amtszeit, im Jahr 1004, brannte das Kloster ab)
  • Volmar (1032 bis 1043)
  • Arnoldus (1043 bis 1055, seit 1051 auch Bischof von Speyer)
  • Samuel (1055 bis 1097; vgl. „Neue deutsche Biographie“, Bd. 22, S. 411.)
  • Stephanus
  • Menigandus
  • Ulrich
  • Werinharus
  • Ernestus
  • Benedictus
  • Engiscalus
  • Gundelacus (oder Gundericus)
  • Godefridus
  • Walramus (oder Wolframus; 1197 bis 1224)
  • Chuno (1222 bis 1248)
  • Conradus (1248 bis 1251)
  • Friedricus (1251 bis 1262)
  • Edelinus (1263 bis 1293)
  • Wilhelmus (1293 bis 1301)
  • Egidius (1301 bis 1312)
  • Bartholomaeus (1312 bis 1316)
  • Wilhelmus (1316 bis 1322)
  • Johannes (1322 bis 1337)
  • Eberhardus (1337 bis 1381)
  • Hugo (1381 bis 1402)
  • Johann II. von Veldenz (1402 bis 1434; Teilnehmer am Konzil von Konstanz)
  • Philipp Schenk von Erbach (1434 bis 1467), Bruder des Mainzer Erzbischofs Dietrich Schenk von Erbach
  • Jakob von Bruck (1468 bis 1472)
  • Henricus (1475 bis 1496)
  • Wilhelmus (1496 bis 1500)
  • Rudigerus (1500 bis 1545; Während seiner Amtszeit wurde das völlig verarmte Kloster im Jahre 1524 in ein weltliches Kollegiatstift umgewandelt, das 1546 mit dem Hochstift Speyer vereinigt wurde.)

Damit endet die Reihe der Äbte. Die Pröpste des Kollegiatstiftes waren identisch mit den Bischöfen von Speyer.

Zitat

Bernhart Hertzog beschreibt 1592 in der Edelsasser Chronik das Kloster Weißenburg mit folgenden Worten:

„Das Closter Weissenburg Sanct Benedicten Ordens ist der mächtigsten und ältesten Clöszters eines in Teutschland gewesen; wird unter die vier Abteyen des Römischen Reichs gezahlt, ward gebauen in dem Elsass an dem Berg Vogeseo in der Reichsstatt Weissenburg bey dem Fluss die Lautter genannt, welche mitten durch die Staat fleusst, an einem lustigen Ort des Bistumbs; die Alten haben es Witzenburg oder der Weisheit Burg genannt, dieweil die Münch solches Closters jederzeit in guter Lehr gehalten worden.“

Der Name Weißenburg wird auf den Kalkstein der Region zurückgeführt.

Literatur

  • Martin Burkart: Durmersheim. Die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner. Von den Anfängen bis ins frühe 20. Jahrhundert. Selbstverlag, Durmersheim 2002.
  • Christoph Dette (Hrsg.): Liber Possessionum Wizenburgensis. (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Bd. 59). Mainz 1987.
  • Anton Doll (Hrsg.): Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Klosters Weissenburg. 661-864. Eingeleitet und aus dem Nachlass von Karl Glöckner hrsg. von Anton Doll. Hessische Historische Kommission, Darmstadt 1979.
  • Wilhelm Harster: Der Güterbesitz des Klosters Weißenburg. (Programm zum Jahresbericht des K. Humanistischen Gymnasiums Speier), 2 Bände. Speyer 1893–1894.
  • Ernst Friedrich Mooyer: Nekrologium des Klosters Weißenburg, mit Erläuterungen und Zugaben. In: Archiv des historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg 13 (1855), S. 1–67.
  • Wolfgang Schultz: Der Codex Berwartstein des Klosters Weißenburg im Elsaß. (1319) 1343-1489. Neustadt an der Weinstraße 2008, ISBN 978-3-9810865-5-3 (mit Edition).
  • J. Rheinwald: L' abbaye et la ville de Wissembourg. Avec quelques châteaux-forts de la basse Alsace et du Palatinat. Monographie historique. Wentzel, Wissembourg 1863 (Nachdruck: Res Universis, Paris 1992).
  • Johann Caspar Zeuss (Hrsg.): Traditiones possessionesque Wizenburgenses. Codices duo cum supplementis; impensis societatis historicae Palatinae. Speyer, 1842.
Commons: Kloster Weißenburg – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Eugen Ewig: Der Raum zwischen Selz und Andernach vom 5. bis 7. Jahrhundert. In: Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Aktuelle Probleme in historischer und archäologischer Sicht. Sigmaringen 1979 S. 293
  2. Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des kön. bayer. Rheinkreises, Band 2, Speyer: F. C. Neidhard, 1836, S. 158 (Google Books)
  3. Kaspar Brusch: Chronologia monasteriorum Gemaniae praecipuorum, Sulzbach 1681

Koordinaten: 49° 2′ 13″ N, 7° 56′ 32″ O