Oberhörlen

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Oberhörlen
Gemeinde Steffenberg
Wappen von Oberhörlen
Koordinaten: 50° 50′ N, 8° 25′ OKoordinaten: 50° 50′ 4″ N, 8° 25′ 12″ O
Höhe: 418 m ü. NHN
Fläche: 7,1 km²[1]
Einwohner: 781 (30. Jun. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 110 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. April 1972
Postleitzahl: 35239
Vorwahl: 06464
Luftaufnahme Oberhörlen
Luftaufnahme Oberhörlen

Oberhörlen (mundartlich Uwwernhelle oder Hoelle) ist ein Dorf im Hessischen Hinterland und als solches ein Ortsteil der Gemeinde Steffenberg im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Geografische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberhörlen liegt in einem Talkessel im Gladenbacher Bergland, das sich am Ostrand des Rheinischen Schiefergebirges zur Hessischen Senke hin erstreckt.[3] Es ist der flächenmäßig größte Ortsteil von Steffenberg. Er besitzt außerdem den größten Waldbestand der Gemeinde, welcher vorwiegend aus Mischwäldern besteht.

Namensgeber ist die Hörle, die nach ca. 4 Kilometern in die Perf, einen Nebenfluss der Lahn, mündet. Der Mattenberg (577 m) ist die höchste Erhebung in der Dorfgemarkung.

Nachbarorte sind Oberdieten (Gemeinde Breidenbach) im Norden, Niederhörlen im Osten, Gönnern und Lixfeld (beide Gemeinde Angelburg) im Süden und Simmersbach (Gemeinde Eschenburg) im Westen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte Oberhörlens vor dem 13. Jahrhundert n. Chr. liegt bislang im Dunklen. Sie setzt erst nachweisbar mit den in der Gegend residierenden Adelsgeschlechtern ein und ist eng mit den Herren von Breidenbach verbunden. Oberhörlen selbst wurde zum ersten Mal im Jahr 1327 als „Horla“ urkundlich erwähnt.[4]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Oberhörlen:

„Oberhörle (L. Bez. Gladenbach) evangel. Pfarrdorf; liegt 312 St. von Gladenbach, und gehört dem Freiherrn von Breidenstein. Der Ort hat 49 Häuser und 314 Einwohner, die evangelisch sind, so wie 1 Kirche und 1 Mühle. – Oberhörle hieß mit Niederhörle früher Zweyhorle. Um das Jahr 1639 wurden hier gute Eisensteine gefunden, und 1731 wurde Stahlstein, auch Bleierz angetroffen. Der Ort gehörte bis in die neuesten Zeiten, mit Frechenhausen, Lixfeld und Simmersbach, zum Gerichte Lixfeld. Außerdem bestand zu Oberhörle noch ein besonderes Gericht mit 12 Schöffen, Vogtgericht und Vogtschöffen genannt.“[5]

Gebietsreform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. April 1972 wurde Oberhörlen in die neue Gemeinde Steffenberg eingegliedert.[6]

Flurnamen und ihre Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Grube, Im Nickel, Bei der Eisenkaute; Diese Flurnamen weisen auf Erzvorkommen und ehemaligen Abbau hin. 1639 wurde in Oberhörlen Eisenstein gefunden, 1731 Stahlstein und Bleierz.[1]

Am gebrannten Stock

Dieser Name dürfte auf eine ehemalige Köhlerei verweisen.[1]

Galgenberg

Oberhörlen war seit Anfang des 16. Jahrhunderts Gerichtsvorort des Gerichts Lixfeld. Das Plateau, auf dem heute die Schutzhütte steht, mit dem steil aufragenden Felsen darüber war wohl einst eine Hinrichtungsstelle, die gemäß mittelalterlichem Brauch an einer weithin sichtbaren Stelle und im Grenzbereich eines Gerichtsbezirks lag. Oberhörlen unterstand ab dem 13. Jahrhundert der Gerichtsbarkeit der Herren von Breidenbach, deren Herrschaftsbereich auf heutigem Simmersbacher Gebiet an das der Grafen von Nassau grenzte. Die Grenze verlief hier wahrscheinlich über den Bergrücken, und die Hinrichtungsstelle am 541 m hohen Galgenberg befand sich somit in markanter Lage an der Grenze der Breidenbacher Gerichtsbarkeit.

Teufelsgraben

Der Teufelsgraben war offenkundig eine Grenzmarkierung. Er kann Teil einer Landwehr, eines mittelalterlichen Grenzsicherungssystems, gewesen sein. Möglicherweise sollte er auch den Personen- und Warenverkehr von Norden nach Süden (und umgekehrt) lenken. Wie die Landwehren besaß vielleicht auch der Teufelsgraben auf seinen Wällen Dornenhecken und dichtes Buschwerk und darf in erster Linie nicht als wasserführender Graben verstanden werden. Das „Gönnersche Wejelche“ könnte ein Durchlass gewesen sein.

Kimmelholz

Diese Bezeichnung hat nichts mit „Kümmel“ zu tun, sondern leitet sich wohl wahrscheinlicher von dem altkeltischen „cammino“ (gepflasterter Weg) ab.[7] Denkbar ist daher, dass durch das Kimmelholz, am Galgenberg vorbei, ein befestigter Weg führte, der eine Verbindung mit dem nassauischen Gebiet darstellte.

Steinbruch Hessel

Im Lahn-Dill-Bergland wurden Ende des 19. Jahrhunderts große und ertragreiche Steinbrüche erschlossen. Bis heute wird hier Diabas („Hinterländer Grünstein“) abgebaut. Aus diesem Material wurden und werden bis heute Werksteine, Grabsteine, Pflastersteine, Splitt, Schotter sowie Fußbodenplatten und Fassadenverkleidungen hergestellt. Der Steinbruch Hessel wurde in den 1880er Jahren in Betrieb genommen. Bis in die 1950er Jahre wurden die Kellergeschosse der Häuser in Oberhörlen meistens aus den Steinen des Steinbruchs erstellt. Auch für öffentliche Gebäude wurde hier schon sehr früh Diabas aus dem Steinbruch verwandt, wie zum Beispiel für die in 1901 erbaute Schule und das Pfarrhaus aus dem Jahr 1913. Gegen Ende der 1950er Jahre wurde der Steinbruch aufgegeben.

Knechtsburg

Den interessantesten Flurnamen trägt wohl die „Knechtsburg“. Seit Generationen wird überliefert, dass es beim Befahren des Wirtschaftsweges, der den heutigen Sportplatz nach Westen hin begrenzt, bei den damaligen eisenbereiften Gespannen „hohl“ geklungen habe.

Es gibt bisher keinerlei Anhaltspunkte, die einen Hinweis geben könnten, aus welcher Zeit der Flurname stammt, warum man die Gegend so nennt, und ob und in welcher Form auf der Knechtsburg eine Wehreinrichtung vorhanden gewesen sein mag. Erinnert man sich an die Erzählungen längst verstorbener Vorfahren, dass das Dorf Oberhörlen ursprünglich am Oberlauf der Hörle gestanden haben soll, dann ist zumindest bemerkenswert, dass dies nur wenige hundert Meter bis zur Knechtsburg sind.

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Oberhörlen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8][9]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1577: 022 Hausgesesse
• 1630: 021 Hausgesesse (5 zweispännige, 11 einspännige Ackerländer, 5 Einläuftige)
• 1677: 021 Männer, 6 Jungmannschaften, 11 ledige Mannschaften
• 1742: 037 Haushalte
• 1791: 231 Einwohner[15]
• 1800: 230 Einwohner[16]
• 1806: 250 Einwohner, 44 Häuser[13]
• 1829: 314 Einwohner, 49 Häuser[5]
Oberhörlen: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2019
Jahr  Einwohner
1791
  
231
1800
  
230
1806
  
250
1829
  
314
1834
  
331
1840
  
325
1846
  
316
1852
  
318
1858
  
363
1864
  
332
1871
  
308
1875
  
344
1885
  
376
1895
  
419
1905
  
364
1910
  
391
1925
  
426
1939
  
480
1946
  
690
1950
  
633
1956
  
626
1961
  
625
1967
  
649
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
768
2019
  
781
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[17]

Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1829: 314 evangelische (= 100 %) Einwohner[5]
• 1885: 375 evangelische, ein anderer christlicher Einwohner
• 1961: 527 evangelische (= 84,32 %), 62 katholische (= 9,92 %) Einwohner

Erwerbstätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1867: Erwerbspersonen: 49 Landwirtschaft, eine Kirche und Gottesdienst,
• 1961: Erwerbspersonen: 157 Land- und Forstwirtschaft, 159 produzierendes Gewerbe, 21 Handel und Verkehr, 19 Dienstleistungen und Sonstiges.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberhörlener Kirche

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Barocke Kirche mit Pfarrhaus im Ortskern
  • Hörlepanoramaweg – ein zertifizierter Premiumwanderweg im Naturpark Lahn-Dill-Bergland;[18] gehört lt. Deutschem Wanderinstitut in Deutschland zur Spitzengruppe[19].

Vereine und Gruppen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dorfverein „Mer Uwernhöller“
  • Freiwillige Feuerwehr Oberhörlen 1934
  • SSV Hörlen 1954
  • 1. TC Steffenberg 1978
  • CVJM-Posaunenchor
  • Flötenkreis
  • Regenbogenchor
  • Pray-bih (Jugendkreis)
  • CVJM-Mädchen- und Jungen-Jungschar
  • Jugend-Cafe
  • Jugendgruppe „Guggugs 1990“
  • Besuchskreis Gemeindekaffee der ev. Kirche
  • Kaffeekränzchen 1974
  • Aerobics Hotline 1992
  • DRK-Senioren-Tanzgruppe 1987
  • DRK-Gymnastikgruppe

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. Juni 1959 genehmigte der Hessische Minister des Innern das Wappen mit folgender Beschreibung:[20]

Wappen von Oberhörlen
Wappen von Oberhörlen
Blasonierung: „In Rot ein dreistöckiger silberner Kirchturm zwischen zwei halben goldenen Wolfsangeln.“
Wappenbegründung: Das Wappen zeigt die örtliche Kirche.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bis 1823 Patrimonialgericht Grund Breidenbach; 1923: Trennung von Justiz (Landgericht Biedenkopf) und Verwaltung.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Oberhörlen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen Daten Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Steffenberg, abgerufen im März 2020.
  3. @1@2Vorlage:Toter Link/www.steffenberg.deSteffenberg Umweltbericht 2008 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2016. Suche in Webarchiven)
  4. Festschrift Oberhörlen 1984; Steinmann, Bauer, S. 22
  5. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 219 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 350.
  7. Wiktionary:de:camminus
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Die Zugehörigkeit des Amtes Blankenstein anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  11. a b Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 27 ff., § 40 Punkt 6c) (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 7, 430 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 247 (Online in der HathiTrust digital library).
  14. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 416 (Online bei Google Books).
  15. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 191 (Online in der HathiTrust digital library).
  16. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 203 (Online in der HathiTrust digital library).
  17. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  18. Hörlepanoramaweg (Memento vom 11. August 2016 im Internet Archive) Auf der Website der „Region Lahn-Dill-Bergland e. V.“
  19. Extratour Hörlepanoramaweg
  20. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Oberhörlen im Landkreis Biedenkopf vom 20. Juni 1959. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1959 Nr. 25, S. 650, Punkt 555 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).