Stadt- und Gemeindewerke

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Ein Heizkraftwerk der Karlsruher Stadtwerke

Stadt- und Gemeindewerke (manchmal zusammengefasst unter dem Oberbegriff Kommunalwerke) sind kommunale Unternehmen (d. h. öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen im mehrheitlichen Besitz einer oder mehrerer Kommunen), die im öffentlichen Auftrag technische Dienstleistungen und Versorgungsleistungen, insbesondere im Bereich der Grundversorgung und der Daseinsvorsorge der Bevölkerung, erbringen oder kommunale Infrastruktur bereitstellen.[1]

Bezeichnungen

Aufgrund der Tatsache, dass bis zum Ende des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich Städte eigene Wirtschafts- und Infrastrukturbetriebe unterhielten, hatte sich die Bezeichnung Stadtwerke als Sammelbegriff für alle derartigen kommunalen Unternehmen eingebürgert. Da aber seit der Liberalisierung der Versorgungsmärkte zunehmend auch Kommunen (Gemeinden) ohne Stadtstatus gleichartige Betriebe gegründet haben, der Begriff Stadtwerke aber nicht-städtische Gemeinden nicht mit einschließt, wird in neuerer Zeit häufig von "Stadt- und Gemeindewerken" gesprochen.[2] Diese Kombination ist - ebenso wie die verbreitete Paarformel "Städte und Gemeinden" - eine eigentlich unnötige Doppelung, da der Begriff Gemeinden streng nach Definition Städte bereits mit einschließt. Da aber Stadtwerke ein etablierter Begriff ist, wurde dieser stehengelassen und nur ergänzt. "Gemeinde[werke]" steht in dieser Kombination also nicht als Sammelbegriff für alle Arten von Gemeinden, sondern für die nicht-städtischen. Als Sammelbegriff wird eher die (eigentlich synonyme) Bezeichnung Kommunalwerke verwendet.[1]

Insbesondere bei nicht-städtischen Kommunen finden sich diverse neutrale Alternativbezeichnungen; bei Kommunalzusammenschlüssen je nach Art beispielsweise Verbandsgemeindewerke (für Verbandsgemeinden) oder Kreiswerke (für Landkreise). Statt Werke finden sich alternativ auch die Bezeichnungen (Technische) Dienste oder Betriebe, Wirtschafts-, Service- oder Versorgungsbetriebe.

Alle diese Bezeichnungen werden fast ausschließlich im Plural, wie ein Pluraletantum, benutzt.

Die Bezeichnung Stadtwerke ist kein stehender Rechtsbegriff, wobei im Körperschaftsteuerrecht diese Tätigkeiten als die eines „Versorgungsbetriebes“ definiert werden.

Gelegentlich wird die Bezeichnung „Stadtwerke“ auch für Unternehmen im Privatbesitz verwendet[3], jedoch ist dies als Eigenbezeichnung privater Unternehmen wettbewerbsrechtlich unzulässig.[4]

Rechtlicher Status und Organisation

In Deutschland und Österreich sind Stadtwerke im Regelfall privatwirtschaftlich organisierte Betriebe in der Rechtsform einer AG oder GmbH.

Manche, wie etwa die Stadtwerke Köln, sind eine reine Beteiligungsgesellschaft, die an operativ tätigen Unternehmen beteiligt ist.

Insbesondere in den 1980er- und 1990er-Jahren wurden Stadtwerke vielfach im Rahmen einer Privatisierung - meist als Maßnahme zur Sanierung der kommunalen Haushalte - in Teilen oder als Ganzes an privatwirtschaftliche Unternehmen und Investorengruppen veräußert bzw. die Aufgaben wurden an Privatunternehmen vergeben. In neuerer Zeit ist jedoch eine Tendenz zur Rekommunalisierung zu beobachten.[5]

Die ursprüngliche Kommunalisierung dieser Betriebe geht auf die Bewegung des Munizipalsozialismus am Ende des 19. Jahrhunderts zurück.

Funktion und Aufgaben

Typische Leistungen von Kommunalwerken waren oder sind u. a.:

Ver- und Entsorgung

Infrastruktur

Bereitstellung (Aufbau, Pflege und Unterhalt - neudeutsch Facilitymanagement, ...) kommunaler Infrastruktureinrichtungen:

Öffentlicher Verkehr

Die Kommune hat Verantwortung und Versorgungspflicht für den Öffentlichen Verkehr im Gemeindegebiet (ÖPNV) und muss allen Bürgern angemessenen Zugang zu Verkehrsmitteln bieten und somit Mobilität sicherstellen.

Größere Kommunen haben den Bereich ÖPNV oft in separate Verkehrsbetriebe ausgelagert.

Zum Verkehrsbetrieb gehört auch die hierfür notwendige Infrastruktur (siehe oben Abschnitt Infrastruktur).

Zusammenschlüsse

Interessenverbände

Die bundesweite Interessenvertretung in Deutschland findet u. a. über den Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und den Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen statt.

Auf europäischer Ebene sind Kommunalwerke im sektorübergreifenden Europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (engl. European Centre of Enterprises with Public Participation and of Enterprises of General Economic Interest, CEEP) und den Europäischen Verband der unabhängigen Strom- und Gasverteilunternehmen (franz. Groupement Européen des entreprises et Organismes de Distribution d’Energie, GEODE) organisiert.

Gemeinschaftsunternehmen (Verbünde)

Insbesondere seit der Liberalisierung der Energiemärkte Ende der 1990er-Jahre haben sich viele Kommunalwerke in Gemeinschaftsunternehmen oder Konsortien zusammengeschlossen, um Kräfte zu bündeln, Synergien zu erschließen und - auch als Gegengewicht zu den bisher dominierenden Energiekonzernen - gemeinsam am Markt aufzutreten. Die wichtigsten Ziele sind:

  • gemeinsame Beschaffung, dadurch günstigere Einkaufspreise im Energiehandel
  • gemeinsame Entwicklung, Bau und Betrieb von größeren technischen Anlagen, insbesondere Kraftwerken, dadurch bessere Auslastung, geringere Betriebskosten und höhere Erträge
  • gemeinsame Verwaltung und Dienstleistungen, dadurch effektiverer Personaleinsatz und Kostenreduzierung

Siehe auch

Literatur

  • Dietmar Bräunig, Wolf Gottschalk (Hrsg.): Stadtwerke. Grundlagen, Rahmenbedingungen, Führung und Betrieb. 1. Auflage. Nomos, 2012, ISBN 3-8329-7250-1.
  • Horst Wildemann: Stadtwerke: Erfolgsfaktoren europäischer Infrastruktur- und Versorgungsdienstleister. 1. Auflage. TCW Transfer-Centrum, München 2009, ISBN 3-937236-90-2.
  • Franz Schuster: Kommunale Betriebe (= Arbeitshefte zur Kommunalpolitik. Band 4). 2. Auflage. Kommunal-Verlag, 1990.
  • Michael Reich, Adrian Wepner: Zentrale Herausforderungen für Stadtwerke. Hansebuch, Hamburg/Berlin 2004, ISBN 978-3-937613-15-4.
  • E. Gruner, B. Junker: Bürger, Staat und Politik in der Schweiz

Einzelnachweise

  1. a b c Rupert Scholz, Rainer Pitschas: Gemeindewirtschaft zwischen Verwaltungs- und Unternehmensstruktur: Rechts- und Organisationsfragen zur modernen Wirtschaftsführung von gemeindlichen Eigenbetrieben (= Schriften zum Öffentlichen Recht. Band 416). Duncker & Humblot, 1982, ISBN 978-3-428-05146-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Beispiel: Aus «Swiss Citypower» wird «Swisspower». Medienmitteilung. Swisspower, 18. September 2001, abgerufen am 6. Juni 2012.
  3. Eon kann HSE-Anteile an Kommune verkaufen. Handelsblatt, 14. Februar 2012, archiviert vom Original am 21. Februar 2012; abgerufen am 21. Februar 2012.
  4. OLG Frankfurt, Urteil vom 24. November 2011, Az.: 6 U 277/10
  5. Christoph Göbel: Rekommunalisierung von Versorgungsaufgaben. Interkommunale Zusammenarbeit bei der Energieversorgung. Präsentation zum Vortrag im Rahmen der Speyerer Kommunaltage. Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer 2010 (Online als PDF).