Boswil

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Boswil
Wappen von Boswil
Wappen von Boswil
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Muriw
BFS-Nr.: 4228i1f3f4
Postleitzahl: 5623
UN/LOCODE: CH BOS
Koordinaten: 666194 / 239314Koordinaten: 47° 18′ 5″ N, 8° 18′ 50″ O; CH1903: 666194 / 239314
Höhe: 456 m ü. M.
Fläche: 11,78 km²
Einwohner: 3031 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 257 Einw. pro km²
Website: www.boswil.ch
Karte
Karte von Boswil
Karte von Boswil
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Boswil (schweizerdeutsch: ˈboːs.məl)[2] ist eine Einwohnergemeinde im Bezirk Muri im Schweizer Kanton Aargau und liegt im mittleren Bünztal.

Geographie

Das Dorf am westlichen Rand des flachen Bünztals liegt am Fusse des Lindenbergs. Zwei Täler unterteilen dessen Osthang: In Richtung Süden erstreckt sich das bis zu 90 Meter tiefe Tobel des Wissenbachs, in Richtung Westen das bedeutend weniger ausgeprägte Tal des Forstbachs. Oberhalb der Quelle des Forstbachs, zwischen dem Egghau (651 m ü. M.) und dem Kamm des Lindenbergs befindet sich eine Hochebene mit dem Feldenmoos, einem in den 1940er Jahren ausgebeuteten Hochmoor mit zwei Weihern. Forstbach und Wissenbach vereinigten sich im Dorfzentrum, letzterer mündet nach etwas mehr als einem Kilometer in die Bünz. Ein Gebietsstreifen von über drei Kilometern Länge erstreckt sich im Norden über die Bünzebene bis fast nach Waltenschwil.[3]

Die Hauptsiedlung Boswil besteht aus den Ortsteilen Unterdorf, Oberdorf, Vorstatt und Ritzizil, die alle zusammengewachsen sind. Das Neubauviertel östlich der Bahnlinie ist mit Bünzen zusammengewachsen. Der Weiler Sentenhof, ein ehemaliger Gutshof des Klosters Muri (535 m ü. M.), liegt über zwei Kilometer südlich des Dorfes an der Gemeindegrenze, auf der östlichen Seite des Wissenbachs. Der Weiler Wissenbach liegt westlich des gleichnamigen Bachs auf (622 m ü. M.), ebenfalls an der südlichen Gemeindegrenze.[3]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1178 Hektaren, davon sind 258 Hektaren bewaldet und 128 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt befindet sich auf 704 Metern im Tannhölzli auf dem Kamm des Lindenbergs, der tiefste auf 429 Metern an der Bünz.

Nachbargemeinden sind Waltenschwil im Norden, Bünzen im Nordosten, Besenbüren und Aristau im Osten, Muri im Südosten, Buttwil im Süden, Bettwil im Südwesten und Kallern im Westen.

Geschichte

Panorama von Boswil, aufgenommen an der Strasse von Kallern nach Boswil

Während der Jungsteinzeit, zwischen 8000 und 10'000 v. Chr., liessen sich am damaligen fischreichen Bünzersee erstmals Siedler nieder und machten sich sesshaft. Der See verlandete später zu einem Moor. Im Jahre 2007 wurde im Gebiet Eibolde südlich von Boswil ein frühbronzezeitliches Grossgefäß gemeinsam mit vier Tassen und eine benachbarte Feuergrube entdeckt. Das 82 cm hohe und an der breitesten Stelle 85 cm weite, tief in den Boden eingelassene Gefäß war für Vorräte bestimmt.[4] Um 1930 kam ein keltischer Friedhof aus der Zeit um 350 bis 325 v. Chr. zum Vorschein. Zeugen der Römerzeit sind Mauerreste von Gutsbetrieben an verschiedenen Standorten. Die im Jahr 1111 geweihte St. Martinskapelle steht auf den Fundamenten eines römischen Wohnkomplexes.[5]

Die erste urkundliche Erwähnung von Bozwila erfolgte in einer Urkunde des Grossmünsters in Zürich. Diese Urkunde ist zwar nicht datiert, stammt aber laut neuesten Forschungsergebnissen aus der Zeit zwischen 874 und 887. Der Ortsname stammt vom althochdeutschen Pozinwila und bedeutet «Landgut des Pozo».[2] Ein weiterer Grundbesitzer war das Fraumünster in Zürich, das gegen Ende des 9. Jahrhunderts in Boswil eine Kirche errichten liess. Das Patronatsrecht ging zuerst an die Habsburger über, um 1380 an die Herren von Hallwyl und schliesslich 1483 an das Kloster Muri. Die Habsburger waren die Landesherren und Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit.

Im Jahr 1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau und Boswil war nun Hauptort des gleichnamigen Amtes in den Freien Ämtern, einer Gemeinen Herrschaft. Bei einem Brand im Jahr 1649 brannte ein Drittel des Dorfes nieder. Nach dem Zweiten Villmergerkrieg von 1712 teilten die siegreichen reformierten Orte Zürich, Bern und Glarus das Freiamt in zwei Teile. Sie zogen dabei eine schnurgerade Linie von der Kirche in Oberlunkhofen zum Galgen in Fahrwangen. Diese Linie verlief genau durch Boswil und sogar mitten durch einige Häuser. Das Dorf wurde in seiner Entwicklung gehemmt, weil nun zwei verschiedene Rechtssysteme galten. Im März 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein und riefen die Helvetische Republik aus. Boswil wurde wiedervereinigt und war nun eine Gemeinde im Distrikt Muri des kurzlebigen Kantons Baden, seit 1803 gehört sie zum Kanton Aargau.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte die Industrialisierung ein. Am 1. Juni 1875 wurde der Abschnitt Wohlen–Muri der Aargauischen Südbahn eröffnet. Ab 1870 wurde im Sumpfgebiet Bünzmoos, das durch die Verlandung des Bünzersees entstanden war, Torf abgebaut. In den 1930er und 1940er Jahren entstanden einige Torfausbeutungsbetriebe, die auf einer Fläche von über 200 Hektaren bis in eine Tiefe von sechs Metern Torf abtrugen. Weitere Betriebe siedelten sich an und Boswil entwickelte sich zu einem Industriestandort. Mit zwei Ausnahmen während des Zweiten Weltkriegs und der Wirtschaftskrise der 1970er Jahre stieg die Bevölkerungszahl kontinuierlich an.

Sehenswürdigkeiten

Kirche von Boswil

Boswils erste Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert. Von 1487 bis 1498 erfolgte eine Erweiterung im gotischen Stil, aus dieser Zeit stammt der Kirchturm. Nachdem das Gebäude zu klein geworden war, wurde es 1913 profaniert und später samt Pfarrhaus und Odilokapelle an den Kunstmaler Richard Arthur Nüscheler verkauft.[6] Seine Nachkommen veräusserten das Gebäudeensemble an die Stiftung «Alte Kirche Boswil». Mit mehreren Renovationen konnte die alte Bausubstanz erhalten werden. In der alten Kirche werden heute in regelmässigen Abständen kulturelle Veranstaltungen auf hohem Niveau durchgeführt, die teilweise weltweite Beachtung finden. Das alte Pfarrhaus diente zuerst als Altersheim für Künstler, heute ist es eine Pension für Kunstschaffende und Kursteilnehmer.[7]

Nachdem das Nachbardorf Bünzen 1860-62 eine neue Kirche erhalten hatte, beschloss 1867 auch die Kirchgemeinde Boswil einen Neubau. Doch da ein zu Rate gezogener Experte die Erweiterung der bereits bestehenden Kirche empfohlen hatte, verweigerte der Kanton eine Kostenbeteiligung. Nach einem zweiten gescheiterten Projekt im Jahr 1880 entstand schließlich ab 1886 am Dorfrand eine Basilika im neugotischen Stil. Die Einweihung der neuen Pfarrkirche St. Pankraz erfolgte am 12. Oktober 1890.[8]

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Blau zunehmender gesichteter gelber Halbmond.» Die Gemeinde führt das ehemalige Wappen der Herren von Boswil, einem Ministerialengeschlecht der Habsburger. Jahrhundertelang herrschte Uneinigkeit darüber, ob der Halbmond zu- oder abnehmend sei. Das Gesicht erschien erstmals 1734. Im Dezember 2001 legte der Gemeinderat die definitive Variante fest.[9]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung:[10]

Jahr 1765 1850 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Einwohner 709 1249 1246 1425 1463 1663 1904 1871 2191 2308

Am 31. Dezember 2008 lebten 2371 Menschen in Boswil, der Ausländeranteil betrug 12,9 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 69,7 % römisch-katholisch, 14,1 % reformiert, 1,9 % christlich-orthodox und 3,1 % muslimisch; 0,9 % gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 92,2 % gaben Deutsch als Hauptsprache an, 2,2 % Italienisch, 1,4 % Albanisch, 1,3 % Serbokroatisch.[11]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Muri zuständig. Auf kommunaler Ebene gibt es einen Friedensrichter, der auch für die Gemeinden Besenbüren, Bettwil, Bünzen, Kallern, Rottenschwil und Waltenschwil zuständig ist.

Wirtschaft

In Boswil gibt es gemäss Betriebszählung 2005 rund 950 Arbeitsplätze, davon 16 % in der Landwirtschaft, 39 % in der Industrie und 45 % im Dienstleistungssektor.[12] Neben mehreren Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben besitzt die Gemeinde auch eine beachtliche Anzahl von Industriebetrieben, die vor allem in der Bau- und Baunebenbranche oder im Transportwesen tätig sind.

Verkehr

Die vielbefahrene Hauptstrasse 25 zwischen Lenzburg und Sins verläuft mitten durch das Dorf. Weitere Strassen führen in die Nachbardörfer. Als öffentliche Verkehrsanbindung dient der SBB-Bahnhof Boswil-Bünzen an der Eisenbahnlinie AarauRotkreuz, an der Züge der Linie S26 halten.

Bildung

In Boswil werden sämtliche Schulstufen der obligatorischen Volksschule unterrichtet, mit Ausnahme der Bezirksschule, die in Muri besucht werden kann. Die nächstgelegene Kantonsschule (Gymnasium) befindet sich in Wohlen.

Commons: Boswil – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  2. a b Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 98–100.
  3. a b Landeskarte der Schweiz, Blatt 1110, Swisstopo
  4. Andrea Schaer, Erwin Rigert: Zufällig gefunden: Das frühbronzezeitliche Gefäss von Boswil-Eibolde. (PDF) Arbeitsgemeinschaft Prospektion, März 2003, abgerufen am 10. Januar 2010.
  5. Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 145.
  6. Jürg Andrea Bossardt: Die Kirchen von Boswil. In: Schweizerische Kunstführer GSK. Band 650. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Zürich 1998, ISBN 3-85782-650-9.
  7. Künstlerhaus Boswil
  8. Georg Germann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band V: Bezirk Muri. Birkhäuser Verlag, Basel 1967.
  9. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 126.
  10. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden im Bezirk Muri, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  11. Gemeindeporträt, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  12. Betriebszählung 2005, Statistisches Amt des Kantons Aargau