Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland

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Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland
(ASB)
Logo
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 1888
Sitz Köln
Vorsitz Knut Fleckenstein
Umsatz 134.600.000 Euro (2021)
Beschäftigte 41.000 (2021)
Freiwillige 20.000 (2018)
Mitglieder 1.484.495 (2022)
Website www.asb.de
100 Jahre ASB: deutsche Briefmarke von 1988

Der Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. ist eine politisch und konfessionell unabhängige Hilfs- und Wohlfahrtsorganisation mit Sitz in Köln. Er ist Gründungsmitglied des Internationalen Samariterbundes.

Geschichte

Die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts führte zu einer dramatischen Zunahme an Arbeitsunfällen. 1877 entstand daher in England die „St. John’s Ambulance Association“ des Johanniterordens. In vielen Städten wurden Sanitätsschulen eingerichtet und freiwillige Helfer ausgebildet.

Im Sommer 1881 lernte der deutsche Chirurg Friedrich von Esmarch (1823–1908) in London diese Organisation kennen und gründete nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine „Samariter-Schule“. Zahlreiche Lehrschriften des „Deutschen-Samariter-Bundes“ entstanden. Sie richteten sich jedoch in erster Linie an leitende Beamte des Gesundheitswesens und waren für die breite Masse der Arbeiter unerschwinglich.

1888 ergriffen sechs Berliner Zimmerleute die Initiative und setzten gegen viele Widerstände den ersten „Lehrkursus über die Erste Hilfe bei Unglücksfällen“ am 29. November 1888 durch. Diese Zimmerleute waren nicht nur die Gründerväter des ASB; durch ihre Initiative haben sie auch der Notfallrettung in Deutschland wesentliche Impulse gegeben. Bald wurden diese Schulungen zu einer regelmäßigen Einrichtung des Vereines, der 1895 seinen Namen in „Samariterkursus für Arbeiter und Arbeiterinnen“ änderte und ab 1896 als „Arbeiter-Samariter“ in der Öffentlichkeit auftrat.

1909 schlossen sich auf einer Gründerversammlung in Magdeburg 11 Arbeiter-Samariter-Kolonnen zum Arbeiter-Samariter-Bund zusammen. Erster Sitz des Bundes war Berlin. 1923 wurden die beiden Chemnitzer Samariter Theodor Kretzschmar und Eugen Richter zum Bundesvorsitzenden und Bundesschatzmeister des ASB gewählt. Damit ging die Verlegung des Sitzes des ASB nach Chemnitz einher. Im dortigen Bundeshaus wurde auch die ASB-eigene Sanitätstasche, die „Chemnitz-Tasche“ hergestellt. 1933 waren im ASB etwa 50.000 Mitglieder aktiv.

Nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler wurde der ASB unter nationalsozialistische Leitung gestellt. Da viele Mitglieder jedoch nicht bereit waren, sich gleichschalten zu lassen, traten viele aus dem Bund aus, was am 1. August 1933 zu dessen Verbot führte.

Nach 1945 unterdrückte in der sowjetischen Besatzungszone die Sowjetische Militäradministration in Deutschland eine Wiedergründung des ASB, der demzufolge auch in der späteren Deutschen Demokratischen Republik nicht existierte. In Westdeutschland bemühten sich unmittelbar nach Kriegsende ehemalige Arbeiter-Samariter in verschiedenen Regionen Deutschlands, ohne voneinander zu wissen, um die Wiedergründung des ASB. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland entwickelte der ASB schnell überregionale Strukturen. Im April 1952 fand die Neugründung des ASB Deutschland e.V. statt. Der Sitz des Bundesverbands wurde zunächst Hannover, mit dem Bau des neuen Bundeshauses erfolgte der Umzug nach Köln-Sülz. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands entstand der ASB 1990 in den neuen Bundesländern neu.

Struktur

Organe

Der Bundesvorstand besteht aus

  • Knut Fleckenstein, Bundesvorsitzender, LV Hamburg
  • Hans-Werner Loew, stellvertretender Bundesvorsitzender, LV Bayern
  • Uwe Borchmann, stellvertretender Bundesvorsitzender, LV Mecklenburg-Vorpommern
  • Ludwig Frölich, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Hessen
  • Karl-Eugen Altdörfer, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Baden-Württemberg
  • Thomas Schmidt, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Brandenburg
  • Christine Theiss, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Bayern
  • Oberfeldarzt Georg Scholz, Mitglied des Bundesvorstandes und amtierender Bundesarzt, LV Nordrhein-Westfalen
  • Krimhild Niestädt, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Sachsen-Anhalt
  • Michael Stricker, Mitglied des Bundesvorstandes, LV Nordrhein-Westfalen
  • Simon Dagne, Bundesjugendleiter, LV Rheinland-Pfalz [1]

Von 1985 bis zu ihrem Tod 2008 war die ehemalige SPD-Politikerin und ehemalige Bundestagspräsidentin Annemarie Renger Präsidentin des ASB. Seit 27. April 2013 ist Franz Müntefering Präsident des ASB. Von 2006 bis 2010 war Admiraloberstabsarzt a.D. Karsten Ocker Bundesarzt.

Verbände

In der Bundesrepublik Deutschland bestehen neben dem Bundesverband 16 Landesverbände und 206 regionale Gliederungen (Regional-, Kreis- und Ortsverbände). Der ASB hat ca. 1,2 Mio. Mitglieder. Die Bundesgeschäftsstelle hat ihren Sitz in Köln. Die Landesverbände sind jeweils eigenständige eingetragene Vereine. Je nach Struktur des Landesverbandes sind die regionalen Gliederungen wiederum eigenständige Vereine (z.B. in Nordrhein-Westfalen), aber auch unselbständige Gliederungen (z.B. in Hessen). Der ASB hatte im Jahr 2012 ca. 33.000 hauptamtliche und 16.000 ehrenamtliche Mitarbeiter.

Einrichtungen

Mit 172 Altenheimen, 223 Pflegediensten und anderen Angeboten gehört der ASB zu den größten deutschen Anbietern in der Altenhilfe. Im Jahr 2012 leistete der ASB in Deutschland 553.128 Einsätze der Notfallrettung inklusive 660 Einsätze der Baby-Notarztwagen. Dazu kommen 2.418 Einsätze der Primärluftrettung. Außerdem führte der ASB 471.751 Krankentransporte, 23.423 Interhospital-Transfers und 2.786 Einsätze im Rahmen des Krankenrückholdienstes durch.

Arbeiter-Samariter-Jugend

Die Arbeiter-Samariter-Jugend (ASJ) ist der Jugendverband des Arbeiter-Samariter-Bundes. Ihre Anfänge reichen bis in die 1920er Jahre zurück. Sie ist integrierter und integrierender Bestandteil des Erwachsenenverbandes, hat aber innerhalb der Gesamtorganisation eine Sonderstellung. Diese ist in den zur Satzung des ASB gehörenden Richtlinien festgeschrieben. Mitglieder des ASB bis einschließlich 26 Jahren sind gleichzeitig auch Mitglieder der ASJ.

Entsprechend seinem Erwachsenenverband gliedert sich die ASJ in Orts-, Kreis-, bzw. Regionalverbände, Landesverbände und in den Bundesverband. Die jeweilige ASJ-Organisationsstufe trägt den Namen des entsprechenden ASB-Verbandes bzw. des Landes. Auf Bundesebene trägt sie den Namen ASJ Deutschland.

Die jungen Samariter sind mit ca. 100.000 Mitgliedern in allen Bundesländern vertreten. Die ASJ legt Wert auf zeitgemäße Freizeitangebote, die Toleranz, Selbstbewusstsein, Verständnis und Mitmenschlichkeit fördern. Sie will die Werte durch gemeinsames Handeln für Jugendliche erlebbar machen.

Alle zwei Jahre findet der Bundesjugendwettbewerb der ASJ statt. Drei Tage lang ermitteln ASJ-Gruppen ihre Einzel- und Gruppensieger in den Bereichen Allgemeinwissen, Kultur und Erste Hilfe. Teilnehmen können jeweils die Siegermannschaften der Landesjugendwettbewerbe. Im Wechsel mit dem Bundesjugendwettbewerb finden alle zwei Jahre Kindertage für die Sechs- bis Zwölfjährigen der ASJ statt.

Durch Ferienfreizeiten und internationale Jugendbegegnungen ermöglicht die ASJ ihren Mitgliedern vielerlei Einblicke in Lebensweise und Kultur von Jugendlichen anderer Nationen.

Alle vier Monate erscheint ASJ am Puls, die Zeitschrift der Arbeiter-Samariter-Jugend, mit Neuigkeiten zur Jugendarbeit, Hintergrundbeiträgen, Berichten von Freizeiten, Tipps und Hinweisen.

Aufgaben

Ein Rettungswagen des ASB samt Mannschaft
Ein typischer Rettungswagen des ASB auf Einsatzfahrt

Zu den Kernaufgaben zählen:

Kritik

Am 14. September 2010 berichtete Plusminus über unlautere Methoden des ASB, neue Mitglieder zu werben.[3] Das ARD-Wirtschaftsmagazin warf der Hilfsorganisation vor, dass private Drückerkolonnen in ASB-Kleidung und mit ASB-Fahrzeugen unter Vorgabe falscher Tatsachen (der Bund hätte 15.000 Zivildienststellen gestrichen oder würde in Abhängigkeit privater Spenden seine Mittel bereitstellen) Mitglieder werben. Der ASB Berlin bestätigt auf seiner Homepage den Einsatz "selbstständiger Außendienstmitarbeiter", die als "Mitarbeiter einer Werbeagentur" tätig seien und pro Mitgliederwerbung 40 Euro Provision erhalten. Im Hinblick auf einen Jahresbeitrag von 50 Euro und eine Mitgliedschaft von durchschnittlich 10 Jahren rechne sich das.[4]

Zum 1. Oktober 2013 wurde der ASB Mitglied im Deutschen Spendenrat. Dieser sieht es als seine Aufgabe an, die Einhaltung ethischer Grundsätze im Spendenwesen in Deutschland zu wahren. Dagegen trägt der ASB nicht das DZI-Spendensiegel.[5] Nach eigenen Angaben hat er sich bewusst gegen dessen Beantragung entschieden. Zu den angeführten Gründen gehören die Kosten für das DZI-Spendensiegel, die sich derzeit für den ASB auf 12.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer belaufen würden. Diese Summe wolle der Verein vorzugsweise für seine gemeinnützigen Aufgaben verwenden.[6]

Am 10. Juni 2011 wurde vom Amtsgericht Köln, Az. 71 IN 244/11, das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des ASB-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen e.V. eingeleitet. Wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds wurde das Verfahren am 12. Dezember 2011 nach § 212 InsO eingestellt.[7]

Transparenz

Bei einem 2014 von Phineo im Auftrag von Spiegel Online veröffentlichten Test der Wirkungstransparenz von 50 Spendenorganisationen erhielt ASB Deutschland e.V. nur einen Wert von 1,4 von 5 möglichen Punkten. Die Organisation landete damit auf einem der letzten Plätze der 50 getesteten Organisationen.[8]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ASB: Gremien und Personen
  2. asb.de: Wasserrettung im ASB Abgerufen am 12. Juli 2011.
  3. Drückerkolonnen für Arbeiter-Samariter-Bund auf Mitgliederfang http://www.presseportal.de/pm/69086/1680948
  4. http://www.asb-berlin.de/mitmachen_helfen/mitgliedschaft/stellungnahme.html Stellungnahme ASB Berlin zur Mitgliederwerbung
  5. Liste aller Spenden-Siegel-Organisationen (A-Z)
  6. Erklärung des ASB zu Transparenz
  7. Derwesten.de: Indiso reißt Samariter in die Pleite Abgerufen am 8. Februar 2013.
  8. Phineo (2014): Wirkungstransparenz bei Spendenorganisationen (PDF)